"Gut, ich werde diese Nachricht ausrichten."
Ich blickte die Kleine an.
"Seit wann bist Du eigentlich in Tarraco? Ich habe Dich vorher noch nie hier gesehen?"
"Gut, ich werde diese Nachricht ausrichten."
Ich blickte die Kleine an.
"Seit wann bist Du eigentlich in Tarraco? Ich habe Dich vorher noch nie hier gesehen?"
Ich öffnete die Tür und erblickte eine Sklavin, die nicht sehr lange in Tarraco sein konnte, denn eigentlich waren mir alle Schönheiten in dieser Stadt bekannt.
"Aha. Gut. Tritt ein."
Ich musterte sie von Kopf bis Fuss. Sie hatten unter der Tunika mit Sicherheit einen Wahnsinnskörper.
"Soll ich den Hausherrn rufen, oder kann ich auch die Nachricht entgegen nehmen?"
Ich hörte wie mein Herr meinen Namen rief und betrat umgehend den Garten. Mit einem Blick erkannte ich die Situation, Meridius brauchte nicht einmal etwas zu sagen. Ich nickte nur mit dem Kopf, verschwand nach draussen und kehrte mit mehreren Krügen Weins wieder zurück.
Ich betrat das Zimmer in welchem sich mein Herr und der Gast aus Rom befanden. Anscheinend führten sie gerade ein interessantes Gespräch, denn Meridius bemerkte mein Eintreten nicht.
"Herr!"
Ich wartete bis er sich mir zuwandte und mich aufforderte zu reden.
"Senator Anton ist soeben eingetroffen. Ich habe ihn gebeten im Atrium zu warten."
"Sitzt der Senator in der Sänfte?" fragte ich den Sklaven.
"Er mag eintreten und im Atrium warten. Ich werde meinem Herrn Bescheid geben, dass der Besuch eingetroffen ist."
Irgendein Irrer musste wie behämmert an die Türe klopfen, gerade so, als ob nur Schwerhörige in dieser Casa wohnen würden.
"Ja, Ja! Ich komme ja" rief ich, als ich aus dem Atrium kommend in Richtung der Porta ging und den schweren Eisenriegel, welcher die Türe sicherte, zur Seite zog.
"Wer um alles in der Welt macht hier so einen Lärm?"
Ich erblickte einen Sklaven mittleren Alters und im Hintergrund eine verschleierte Sänfte, welche auf eine Dame schließen ließ, jedoch konnte man sich in den heutigen Zeiten durchaus auch mal täuschen.
"Ja doch, ja! Ich bin ja schon da!" sprach ich zu dem Sklaven.
"Was willst Du denn?"
Ich hatte es nicht anders erwartet. An dem heutigen Tage stand nichts anderes an, als den Ich-befolge-jeden-Befehl-Sklaven zu spielen. Es hieß nur "Gallus" hier, "Gallus" da, mal rief mich der Tribun, mal seine Schwester, zu guter letzt sogar einmal der Gast. Ich war den ganzen Tag nur am rennen, den ganzen Tag mit nichts anderem beschäftigt als anderen die Wünsche zu erfüllen. Aber was solls. Ich kannte das aus Rom. Und in Rom war das ganze noch viel schlimmer gewesen. Meridius war dagegen ein Provinzling, ein Landbewohner hispanischer Abstammung, wenn er Befehle gab, so hatten diese meistens einen Zweck, waren zielgerichtet, primitiv, einfach und berechenbar.
In Rom dagegen gab es Herren, die nur befahlen um des Befehlenswillen, die nichts anderes im Sinn hatten, als ihr Sklaven zu kommandieren, die es lustig fanden, sich selbst zu widersprechen und die sich daran ergötzten, wie andere ihnen willenlos ausgeliefert schienen. Bei diesen Römern war es pure Machtdemonstration, und nicht selten endeten solche Beziehung in einem Blutbad, sei es dass sich ein Sklave das Leben nahm, oder aber seinen Besitzer um die Ecke brachte.
Wenn ich daran dachte, dieser - wie hieß er noch gleich - also der Typ aus Germanien eben, vor knapp einem Jahr in Tarraco, der seinen Herrn mit dem Kissen erstickte, er brachte so viel Unglück über den ganzen Haushalt, alle Sklaven wurden hingerichtet, was in diesem Falle bedeutete, dass es immerhin zwanzig Seelen betraf.
Nun ja, er war ein Kümmerling. Und ausserdem ein Germane.
Ich fuhr erschrocken zusammen. Mein Name erschallte durch das ganze Haus. Irgendetwas musste ich diesmal wieder falsch gemacht haben. Ich begab mich sofort zu meinem Herrn.
"Du hast gerufen, Herr?"
Ein neuer Gast war in der Casa Decima eingetroffen. Colonius war sein Name, man sagte er sei ein alter Freund und Nachbar des Hauses, ein Fabier, und ein Anhänger der Russata dazu, der von einer Bildungsreise nach Griechenland zurückgekehrt sei. Er machte auch in der Tat einen gebildeten Eindruck, man schien nicht umhin in ihm einen potentiel einflussreichen Mann zu erkennen, der es mit Geschick und Fließ sehr weit bringen würde. Nun ja, aber was ging es mich schon an. Ich war vom Schicksal für andere Dinge erkoren worden, mir konnte es gleichgültig sein, was ein Römer hier und da zu tun oder nicht zu tun gedachte.
Mit ein paar wenigen Handgriffen war das Zimmer bereit.
"Ja Herr!"
Ich nickte kurz und verließ das Atrium in Richtung Gästezimmer.
Ich betrat das Atrium stellte eine Schale Trauben und einen Krug Wein auf das kleine Tischen neben dem Impulvium.
"Wenn der Herr sonst noch etwas möchte, ich bin nebenan."
Ich war gerade auf dem Weg zu meinen Unterkünften, als mir einfiel, dass das Bad ja mal wieder geputzt werden könnte. Nicht dass ich mich nach solchen Aufgaben sehnte, es gab bei den Göttern angenehmere Beschäftigungen, doch wenn ich es nicht jetzt machen würde, müsste ich es nachher tun, und nachher hatte ich schon etwas anderes vor. Kommen wir unseren Herren zuvor, dachte ich, sie werden es als Eifer und Gehorsam auslegen, dass es reiner Selbstnutzen ist, verstehen sie eh nicht.
Der Römer war wieder abgereist. Folglich hatte ich das Zimmer aufzuräumen und für eventuelle Gäste vorzubreiten. In dieser Casa war auch immer ein ständiges Kommen und Gehen. Es gab eigentlich keinen Monat in dem nicht irgendjemand das Gästezimmer bewohnte. Nun wie auch immer, ich machte mich an die Arbeit, fegte das Zimmer aus, bezog das Bett neu und lüftete kräftig durch. Nachdem ich auch die alten Blumen entfernt und durch neue ersetzt hatte, war das Werk vollendet. Ich verließ den Raum und begab mich in Richtung meiner Unterkunft.
Das Mahl war beendet. Die Herrschaften hatten sich erhoben und auf die Zimmer zurückgezogen. Was zurück blieb, war ein Tisch voller Reste und benutzten Geschirrs, welches ich in die Küche trug und dort abspülte. Nachdem ich alles versorgt hatte und auch das triclinium wieder in neuer Sauberkeit erstrahlte, zog ich mich zurück. Für den heutigen Abend hatte man für mich keine Verwendung mehr.
Das Essen schien sich dem Ende zu nähern. Ich hielt mich jedoch noch klugerweise im Hintergund, räumte nur leere Gefäße ab und ließ das andere Besteck noch stehen, man konnte nicht sicher sein, ob einer der Herren noch einmal zugreifen würden. Vor allem der Römer schien mir, als könnte er noch mehr.
Der Slave denkt sich, sagt es aber nicht, dass der Kerl schon komisch ist, der da redet. Er bleibt stur und pocht auch auf den Kaiser, gerade so als ob er schon die Bürgerrechte hätte. Doch wie war das noch? Kann nicht allein ein Bürger sich auf den Höchsten hier berufen?
Das war mein Stichwort. Die illustre Gesellschaft war an dem Punkt angelangt, ab dem blosser Wein und Trauben nicht mehr reichen würden und das Bedürfniss des Hungers nicht mehr mit noch so vielen galanten Lächeln überspielt werden konnte. Der junge Decimus drängte mit Nachdruck auf das Essen, ich konnte mir gut vorstellen wie er sich mit Heißhunger darauf stürzen würde. Auch die Augen des Magistraten aus Rom blitzten schon gefährlich als ich das Triclinium vorsichtig betrat und die Vorspeisen auf dem zentralen Tischen in der Mitte ausbreitete, das Zucken um seinen Mundwinkel konnte er offensichtlich nicht mehr beherrschen.
"Mein Herr, die Vorspeise ist serviert!"
sprach ich zu Meridius und stellte mich in den Hintergrund, jederzeit bereit auf einen Wink einer der anwesenden Personen zu Diensten zu stehen. Ich hoffte nur inständig, dass es bei diesem Mahle kultiviert zu ging, dass die Decima zu speisen und dabei Anstand und Bescheidenheit zu wahren verstanden, war mir bewusst, doch um den Römer machte ich mir Sorgen. Ein ebensolcher Magistrat hatte bei meinem vormaligen Besitzer mehr als einmal alle Hemmungen verloren, und in römischen Adelskreisen waren Völlerei, künstliches Erbrechen um des Weiteressens willen und der Missbrauch von Sklaven bei Tische nicht selten. Ich ließ mir jedoch meine Gedanken nicht anmerken und gab mich von meiner folgsamen Seite.
Meridius hatte mich in die Küche geschickt. Die Herrschaften wollten essen. Folglich zeigte ich mich von meiner gewohnt folgsamen Seite. Nach vielen Jahren eines Sklavendaseins regte einen nichts mehr auf, man resignierte und gab nach. Das Leben war ja auch eigentlich ok. Zu Hause in Gallien würde ich vermutlich ärmer leben, in der Arena hätte ich vermutlich mein Leben schon ausgehaucht, und so lange man nicht das Pech hatte der Lustknabe eines dekadenten Senators oder wahnsinnigen Caesaren zu werden, konnte man sich in den meisten Fällen gut arrangieren.
'Hallo Tamar. Ist das Essen schon fertig? Die Herrschaften wollen speisen...'
Ich war von hinten an sie herangetreten und biss mich in ihrem Nacken fest, bis sie mich abgewimmelt hatte.
'Sag mal, spinnst Du?'
'Entschuldige!"
'Will ich doch hoffen!'
'Und was ist jetzt?'
'Was?'
'Na mit dem Essen!'
'Ist fertig!'
'Gut!'
Ich versetzte ihr noch einmal einen Klapps auf den Hintern und bewegte mich dann in Richtung Ablage.
'Ich werde dann einfach mal anfangen und die Vorspeise servieren. Wenn wir Glück haben sind die dann nachher schon so voll, dass sie nach dem ersten Hauptgang nicht mal mehr zum zweiten kommen und den Nachtisch haben wir dann für uns selbst...'
Ich zwinkerte der Schönen mit dem Auge zu. Ich wusste, dass sie es nicht mochte, wenn ich mich so spöttisch gab, jedoch, noch MEHR wusste ich, dass sie diese Art auf der anderen Seite auch bewunderte. Es machte mich mutig, es machte mich wild, es machte mich verrucht, und damit trotz meiner sieben Jahre Unterschied interessant.
"Ja, Herr!"
Es war einer dieser beschissenen Tage. Eigentlich wollte ich heute Mittag freinehmen. Ich sollte freinehmen, wenn ich nicht wollte, dass die schöne Tamar auf mich sauer sein würde. Und dann... Dann kam dieser Besuch und Meridius hatte nichts besseres zu tun, als mich diesem abzustellen. Das war das Schicksal eines Sklaven. Man hatte sich damit abzufinden.
Ich stellte die Badeöle, Körperöle und das Rasierzeug des Magistraten auf einen kleinen Schemel, die frische Toga legte ich daneben.
Was wohl Tamar heute machen würde? Sie war schon eine klasse Frau. Nun ja, man konnte nur hoffen, dass das eine Weile halten würde.
Der Magistrat konnte jeden Moment kommen.
Hoffentlich muss ich den nicht durchkneten.
Ich summte ein Liedchen vor mich hin.