Beiträge von Decima Seiana

    Sim-Off:

    Schöne Vorlage :D


    „Das weiß ich noch nicht“, antwortete Seiana. „Er ist lediglich abberufen worden, hat aber noch keinen neuen Posten erhalten. Das erfährt er erst noch. Aber voraussichtlich wird er in Rom stationiert werden.“ Jedenfalls hatte es danach geklungen, was Faustus erzählt hatte.


    Einigermaßen zufrieden nahm sie dann mit einem Nicken zur Kenntnis, dass er nun offenbar begriffen hatte, worum es ihr in Hinsicht auf Venusia ging. Was nicht unbedingt hieß, dass er sich auch immer entsprechend verhalten würde, aber immerhin. Wenigstens tat er nicht so, als sei er schwer von Begriff – oder alberte weiter herum, wurde frech oder ähnliches. Und gleich darauf überraschte er sie dann tatsächlich. Anstatt weiter darauf herumzureiten, dass sie immer noch nicht verheiratet war, und wie das mittlerweile wirkte in ihrem Alter, ruderte er zurück. Sie hätte wenigstens noch einen Konter von ihm erwartet, irgendeinen Spruch – immerhin, er hatte zielgerichtet einen Finger in eine Wunde gelegt, dass er nun darauf verzichtete, noch herum zu bohren oder Salz hinein zu streuen... wie auch immer. Er unterließ es, und Seiana entspannte sich ein wenig. Nur: sein nächstes Thema war ähnlich schwierig, auch wenn er das bei diesem nicht wissen konnte. „Derzeit schleppend“, antwortete sie, innerlich ein wenig vorsichtig, überlegend, was sie wie sagen sollte. „Uns fehlen Mitarbeiter.“ Kein Wunder – nach der Durchsuchung durch die Prätorianer, die nach allem, was sie wusste, in der Acta noch weniger zimperlich gewesen waren als hier in der Casa, hatten einige beschlossen dass es besser war, nicht mehr wieder zu kommen. „Aber ich gehe davon aus, dass es wieder besser wird, wenn die kühlere Jahreszeit wieder kommt.“
    Und da kam nun das nächste Problem. Was sollte sie ihm sagen, über die Prätorianer? Unter den Sklaven im Haus war es kein Geheimnis, dass sie hier gewesen waren, und das sogar zwei Mal. Allerdings: Pinus war noch jung. Er war nach Rom gekommen, um hier mit seiner beruflichen Laufbahn zu beginnen. In der Familie hatte er noch so gut wie nichts zu sagen. Seiana zögerte noch einen Moment, beschloss dann aber, dass sie erst mal abwarten würde. Wenn Pinus Geschwätz von den Sklaven hörte und sie dann damit konfrontierte, konnte sie ihm immer noch antworten, und spätestens wenn ihre Verlobung mit dem Praefectus Praetorio offiziell wurde, würde Pinus das ein oder andere Detail erfahren. Aber Höflichkeit noch familieninterne Hierarchie geboten bei ihm, dass sie in Vorleistung trat mit solchen Informationen. „Hast du schon eine Idee, wo du dir deine erste Arbeitsstelle suchen möchtest? Und wie sind deine langfristigen Planungen?“ Sofern er solche überhaupt schon hatte.


    Sim-Off:

    Das Sklavengeschwätz kannst du übrigens gern mal mitkriegen und Seiana darauf ansprechen, wenn du möchtest.

    Faustus würde das Warum interessieren, davon ging Seiana aus. Aber ihr war es nur recht, dass der Praefectus mit ihr darin übereinstimmte, dass ihr Bruder nichts erfuhr... oder so wenig wie möglich, hieß das, denn irgendetwas würde sie ihm erzählen müssen. Wie sie dazu gekommen war, mit dem Terentius eine Verlobung einzugehen, und was die Prätorianer im Haus ihrer Familie zu suchen gehabt hatten, denn das hatten ja so ziemlich alle Sklaven mitbekommen. Und Sklaven tratschten. Dass sie, wie der Praefectus sagte, eine gute Partie gemacht hatte, würde allerdings helfen, mutmaßte sie, dass Faustus nicht allzu viele Fragen stellte.


    In diesem Moment äußerte sie davon jedoch nichts. Den Terentius ging es nichts an, wie ihr Verhältnis zu ihrem Bruder war. Er hatte genug gegen sie in der Hand, auch ohne zu wissen wie nah sie sich standen. Sie lächelte vage. „Vermutlich niemanden. Ich werde dich wissen lassen, wie unsere... Bekanntschaft und die Verlobung zustande kam, so bald ich mit Faustus gesprochen habe.“ Nicht auszudenken, wenn der Terentius dann plötzlich etwas anderes erzählte als sie. „Nachdem die Anschuldigungen damit vom Tisch sind... gegen mich und gegen die Acta“, fügte sie noch an, um sicher zu gehen, dass es auch da keine Schwierigkeiten mehr geben würde – wenn er jetzt nicht widersprach, dann war auch die Acta geschützt durch diese Verbindung –, „wann kann ich meine Unterlagen zurückbekommen?“ Natürlich hoffte sie noch heute, aber darüber sollte sie sich wohl keine Illusionen machen. Noch hatte ihr Bündnis nicht einmal ansatzweise einen offiziellen Charakter, der ihnen beiden die Sicherheit geben würde, dass der andere sich daran hielt.

    [Blockierte Grafik: http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png]


    Groß war der Kerl allemal, er überragte Raghnall doch um ein gutes Stück. Und wie so viele große Menschen schien er ein recht freundlicher Kerl zu sein, was den Gallier schmunzeln ließ. Irgendwie war das häufig so – sahen aus als könnten sie einen zur Cena verspeisen, aber würden einem wohl nicht einmal ein Haar krümmen. Wobei der hier, seinen Informationen nach, als Leibwächter dienen sollte, weshalb dann wieder vielleicht doch ein wenig Vorsicht angebracht war. „Garulf. Theseus. Was darf's denn sein, wenn der Herr nicht dabei ist?“ Raghnall grinste gutmütig und, für den Fall, dass diesen Satz nun nicht wirklich verstanden hatte – immerhin schien sein Latein nicht das Beste zu sein –, verdeutlichte er: „Was ist dir lieber?“


    Bevor er dann allerdings dazu kam, die Frage des Neuen zu beantworten, kam der andere Neue herein, den, den die Decima gekauft hatte. Den Eunuchen. Und was sagte der andere dazu? Aua. So simpel wie treffend, und Raghnall hätte nun am liebsten laut gelacht, aber das verkniff er sich, während er zusah, wie Garulf/Theseus seinem Kollegen half. Naja, da es für ihn nicht so viel zu tun gab, konnte er im Grunde Vorstellungsrunde übernehmen. „Darf ich bekannt machen? Delon, Eunuch, aus, eeeh... Hispania, ausgebildeter Haussklave und gekauft als Leibwächter. Garulf, von seinem Herrn genannt Theseus. Wo du herkommst und was du hier tun sollst müsstest du noch ergänzen. Dein Herr“, er deutete auf Garulf, „ist übrigens Faustus Decimus Serapio, der jüngere Bruder deiner Herrin“, jetzt wanderte seine Hand zu Delon, „die sich Decima Seiana nennt und auch meine Herrin ist. Aber wenn einer der Decimi vor euch steht und euch einen Auftrag gibt, solltet ihr ihn besser erfüllen, egal ob ihr nun dem gehört oder einem anderen.“ Und wieder ein Grinsen. „Und ich heiße Raghnall. Ich bin Gallier... und schon seit Jahren Sklave der Decima.“





    SKLAVE - DECIMA SEIANA

    Da der Consul keine Andeutungen darüber machte, was der Germanicus bereits erzählt haben mochte über die Einnahmen und Ausgaben der Schola, beschloss Seiana, zunächst einen groben Überblick zu geben, auch auf die Gefahr hin, dass dann vermutlich die meisten, wenn nicht alle Informationen bereits bekannt waren, die sie nun geben würde. „Nun, zur Gründung erhielt die Schola Atheniensis eine Starthilfe von 5290 Sesterzen. Seit diesem Zeitpunkt finanzierte sie sich lange Zeit ausschließlich durch Spenden und Kursgebühren, in den vergangenen Jahren dann auch durch Einnahmen aus dem Verkauf von Kunstwerken, Texten, Papyri und Malerfarbe. Dem gegenüber stehen die Aufwandsentschädigungen, die den Lehrenden gezahlt werden bei gehaltenen Kursen. Die übrige Arbeit in der Schola wird unentgeltlich oder von Sklaven erledigt, zudem arbeiten auch einige der Lehrenden ehrenamtlich.“ Sie machte eine kurze Pause und ließ die Worte wirken, bevor sie mit der Beantwortung der nächsten Frage fortfuhr: „Dass die Einnahmen aus Kursgebühren derzeit so gering sind, liegt an zwei Gründen. Zum einen wurden die Gebühren von Beginn an bewusst niedrig gehalten, um jedem die Möglichkeit zu geben, sich an der Schola Atheniensis fortzubilden. Den Grundkurs können römische Mitbürger im ersten Anlauf sogar kostenfrei belegen, für die weiterführenden Kurse ist in der Regel nur eine einmalige Gebühr erforderlich – abgesehen von den ständig vorgehaltenen, die jedoch nur einen recht niedrigen Unkostenbeitrag von den Schülern fordern.“ Hier machte Seiana erneut eine kleine Pause, um den Senatoren die Gelegenheit zu geben, das Gehörte auch zu verarbeiten. „Zum anderen scheint das Interesse an Kursen der Schola abzuflauen. Insbesondere Peregrini, die häufig höhere Gebühren zahlen müssen als Römer, haben in der Vergangenheit kaum noch Kurse belegt. Und auch römische Bürger scheinen sich allgemein mit dem Grundkurs und einem weiterführenden Kurs zufrieden zu geben. Dazu kommt ein vergleichsweise geringes Angebot an Kursen, da es uns an Lehrenden fehlt. Das Angebot der ständigen Kurse wurde jedoch nach meinem Amtsantritt wieder aufgestockt, was sich bereits im nächsten Finanzbericht bemerkbar machen dürfte.“ Der dann erstmalig ein komplettes Amtsjahr von ihr umfassen würde. Der jetzt vorliegende Bericht fiel noch zur Hälfte in die Amtszeit ihres Vorgängers Germanicus Avarus, da sie erst ungefähr Mitte des Jahres die Nachfolge als Rectrix angetreten hatte.

    „Die übrigen Ausgaben, die neben den Gehältern aufgeführt sind, setzen sich aus den Entlohnungen für die Subauctores und die freien Mitarbeiter zusammen“, erwiderte Seiana auf die Frage hin. „Wenn sie Artikel abliefern, bekommen sie Aufwandsentschädigungen, die sich nach der Güte der Texte und den Auslagen richten, sowie gelegentlich einen Bonus für eine hervorragende Leistung.“ So viel zu den übrigen Ausgaben. „Was den unausgeglichenen Haushalt betrifft: dass die Acta im Augenblick derart hohe Rücklagen hat, liegt neben der Spendenfreudigkeit von Bürgern und Peregrini daran, dass in den vergangenen Jahren knapp gehaushaltet wurde. Mit anderen Worten: die Entschädigungen für feste und freie Mitarbeiter waren recht niedrig. Der finanzielle Überschuss wurde also letztlich auf dem Rücken der Mitarbeiter erwirtschaftet – daher habe ich nach interner Rücksprache mit den führenden Köpfen der Acta beschlossen, eben diesen Überschuss in vermehrter Form an die Mitarbeiter zurückzugeben. Ein gelegentlich auftretendes Minus kann im Augenblick leicht ausgeglichen werden. Sollte sich das in Zukunft ändern, werden Gehälter, Entschädigungen und Boni selbstredend rechtzeitig angepasst.“

    „Bedauere, Senator“, antwortete der Scriba. „Derzeit ist die Rectrix nicht hier. Wenn du sie sofort sprechen möchtest, suchst du sie am besten in der Casa Decima auf. Um diese Tageszeit ist sie gewöhnlich dort.“ Die Decima hatte einen recht strikten Tagesablauf, damit sowohl in der Acta als auch in der Schola jeder wusste, wann sie wo sein würde, und wann sie wo zu erreichen war, wenn sie wegen irgendetwas gebraucht wurde. „Oder du kommst morgen Vormittag noch einmal vorbei, dann wird sie hier sein.“

    Unter anderen Umständen hätte das breite Lächeln des Aedituus sie wohl kurz erstaunt, sie sich vielleicht fragen lassen, was ihn so zum lächeln brachte – vielleicht hätte es ihr sogar ein gutes Gefühl gegeben. Unter den jetzigen bemerkte sie es zwar, reagierte aber kaum darauf, sondern nahm nur die Frage wirklich zur Kenntnis, die er stellte. „Ein größeres.“ Sie machte eine vage Geste hinter sich, zum Eingang des Tempels. „Ich habe alles Nötige bereits dabei, einige Sklaven warten vor dem Tempel mit dem Rind und den übrigen Opfergaben.“ Sie wollte, nein, sie musste das Opfer heute noch durchführen. Also hatte sie sich nicht darauf verlassen, dass der Tempel bis hin zu einer weißen, makellosen Kuh alles Nötige parat haben würde, sondern vorab besorgt, was sie brauchen würde – die kleineren Dinge hatten Sklaven übernommen, bei der Auswahl des Tieres war sie selbst dabei gewesen. „Das Opfer kann heute durchgeführt werden?“

    Der Iunius sagte nichts mehr auf ihre Worte hin, und Seiana konnte nicht recht beurteilen, ob er nichts mehr zu sagen wusste – oder ob es nur daran lag, dass der Sklavenhändler die Aufmerksamkeit auf sich zog. „Nein.“ Die Andeutung eines Lächelns flog über ihr Gesicht, als der Iunius sich erneut an einem Scherz versuchte. „Ein Prätorianer ist er nicht. Aber du wirst mir kaum als Leibwächter zur Verfügung stehen. Und, nun... ich bin häufig unterwegs, auch abends. Und ich habe eine nicht ganz unwichtige Position inne. Ein Leibwächter kann nicht schaden.“, erwiderte sie. Nicht, dass ein solcher sie schützen konnte, wenn die Prätorianer anrückten, das war ihr klar. Aber es gab andere Gefahren, bei denen ein Leibwächter durchaus nützlich sein würde. Aber das war nichts, was sie dem Prätorianer neben sich erzählen musste, genauso wenig wie die Tatsache, dass sie sich endlich wieder sicher fühlen wollte – etwas, das sie im Grunde seit ihrem Besuch bei den Sicinii nicht mehr wirklich gehabt hatte. Die Durchsuchungen der Prätorianer hatten letztlich nur den Ausschlag gegeben, einen Entschluss umzusetzen, den sie schon länger gefasst hatte.


    Als der Iunius dann auf ihren gallischen Sklaven zu sprechen kam, wurde ihr Lächeln tatsächlich ein wenig breiter. „Du meinst Raghnall?“ Der hatte sich mittlerweile zur Sänfte zurückgezogen, als klar geworden war, dass der Iunius sie zunächst begleiten würde. „Er hat einige Vorteile, aber zum Leibwächter eignet er sich wirklich nicht. Es sei denn, Worte könnten einen Angreifer effektiv aufhalten.“ Und dann bräuchte sie wohl nicht einmal wirklich einen Leibwächter. Sie wandte sich wieder dem Sklavenhändler zu, der ihre Frage mittlerweile beantwortet hatte und die Gelegenheit gleich genutzt hatte, den Eunuch anzupreisen. Was er sagte, klang durchaus logisch, aber noch war Seiana nicht ganz überzeugt, und selbst wenn sie es wäre, hätte sie das niemals gezeigt. Sie mochte Geld haben, aber das hieß nicht, dass sie es zum Fenster hinauswarf. „Wenn er tatsächlich so viele Vorteile hat, ist es doch schade, dass er diese niemals wird weiter geben können“, antwortete sie vage. „Wie lange hat diese Unterweisung bei dem Gladiator gedauert? Und wie genau kann er sich noch nützlich machen? Welche Sprachen spricht er, welche Erfahrungen hat er sonst, wenn er vorher nicht als Leibwächter tätig war?“ Sie musterte den Sklaven einen Moment und wandte sich dann direkt an ihn. „Wie ist dein Name?“

    [Blockierte Grafik: http://img51.imageshack.us/img51/2204/iaret.jpg]


    Von dem Moment, als der Knabe zu sprechen begann, hatte Iaret keine Augen mehr für den Vater. Nachdenklich musterte er den jungen Flavius, während dieser von seinen Beschwerden berichtete. Wie der Sklave schon berichtet hatte, wurde sein Augenlicht schlechter – anders als es jedoch häufiger vorkam, war es nicht die Ferne, die dem Knaben Probleme bereitete, sondern die Nähe. „Wann haben deine Beschwerden begonnen?“ begann er, ohne Anklang von Einfühlsamkeit und recht routinemäßig, aber dennoch mit dem nötigen Ernst. Kühle, trockene Finger legten sich an die Schläfen des Jungen, ohne vorher zu fragen oder eine Vorwarnung zu geben, seine Daumen lagen auf den Wangenknochen, und Iaret hob das Gesicht des Flavius leicht an, um seine Augen inspizieren zu können. „Augen auf“, wies er hierzu kurz an, bevor er mit seinen Fragen fortfuhr: „Wie sehr hat sich deine Sehschwäche verschlechtert, seit du die ersten Anzeichen bemerkt hast? Und welche Auswirkungen hat sie auf dich, außer der offensichtlichen?“





    MEDICUS

    „Salve, Aedituus Galvas Corbis“, grüßte Seiana zurück, auf ihren Lippen das übliche kühle Lächeln, das sie in der Regel selbst dann aufsetzen konnte, wenn ihr überhaupt nicht danach war... selbst dann, wenn sie sich wie jetzt innerlich zum Zerreißen gespannt fühlte. „Mein Name ist Decima Seiana, und du könntest mir in der Tat behilflich sein. Ich möchte Minerva ein Opfer darbringen.“

    Wie dem Consul angekündigt, hatte Seiana sich zu der Sitzung eingefunden, der übernächsten nach der Botschaft des Liktors. Sie hatte noch überlegt, ob sie gleich für die Sitzung am darauffolgenden Tag zusagen sollte, hatte dann aber doch entschieden, dass ihr das schlicht zu kurzfristig war. Der Liktor hatte dem Ianitor der Acta nichts davon gesagt, dass sie irgendetwas vorzubereiten hätte, aber natürlich wollte sie sich dennoch vorbereiten, und dafür brauchte sie einfach ein wenig mehr Zeit als nur einen halben Tag.


    So wartete sie also vor dem Saal, in dem die Senatoren tagten, bis sie gerufen wurde, um einzutreten.

    „Es geht ihm gut“, antwortete Seiana regungslos. Kein Grund, dem Jungen jetzt schon die Verletzung auf die Nase zu binden. Es war besser, fand sie, wenn ihr Bruder das selbst tat, zumal sie keine Lust hatte, von Pinus mit Fragen gelöchert zu werden, die sie ihm ohnehin nicht beantworten würde – weil das dann ganz sicher nicht an ihr war, zu erzählen was passiert war, sondern ihrem Bruder vorbehalten. Aber sie bezweifelte, dass Pinus das auch verstehen würde. „Er wurde abberufen.“ Dann runzelte sie flüchtig die Stirn, als die Sprache auf Venusia kam. „Es geht nicht um dich, deine Art oder darum, wer sie versteht. Oder besser, wer damit klar kommt. Magnus' Tod liegt noch nicht so lange zurück, und ich möchte, dass du dich mit deiner liebreizenden Ader zurückhältst, wenn du seiner Witwe begegnest.“ Venusia würde sich schon zu wehren wissen, aber vielleicht zeigte sich Pinus wenigstens einmal vernünftig.


    Seiana nickte leicht, als er ihr den Gruß seiner Mutter überbrachte, und hörte – nun wieder mit regloser Miene – zu, was Pinus noch erzählte. Nachsichtig sollte sie also sein... und dem Jungen war anzusehen, dass ihm nicht gefiel, dass er ihr das sagen sollte – umso höher war ihm wohl anzurechnen, dass er es dennoch tat. Aber gut, er war ein Decimus. Es wäre schlimm, wenn bei ihm tatsächlich alles verloren wäre.
    Oh, und sie sollte sich auch jeglichen Kommentar verkneifen? Nun lächelte sie kühl. „Vermutlich liegt es in der Natur einer Mutter, ihre Kinder schützen zu wollen“ – obwohl sie sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, was an einem solchen Bengel schützenswert sein sollte –, „aber Nachsicht wird dir nicht helfen, in Rom Fuß zu fassen. Du wirst Steine in den Weg gelegt bekommen, und du wirst sie kaum beiseite räumen können, wenn du verhätschelt wirst.“ Womit sie klar stellte, dass sie nicht vorhatte der Bitte seiner Mutter Folge zu leisten. Es war eine Sache, Verwandten zu helfen und sie nach besten Kräften zu unterstützen, aber eine völlig andere, sie in Samt und Seide zu packen und ihnen – gerade den Jüngeren – alles durchgehen zu lassen.


    Und dann, plötzlich, war er da. Für einen winzigen Augenblick versuchte Seiana sich zu erinnern, ob Pinus damit immer schon so schnell gewesen war, ob es immer schon bei ihrem ersten Gespräch dazu gekommen war... aber es war wohl müßig darüber zu grübeln. Er war da, dieser eine, spezielle Moment, in dem sie zum ersten Mal – bei diesem Besuch Pinus' – das Bedürfnis verspürte, ihm eine Ohrfeige zu verpassen. Oder mehrere. Was erdreistete der Bengel sich? Der Junge war noch grün hinter den Ohren und sprach sie darauf an, dass sie noch unverheiratet war? „Ich denke nicht, dass dich das etwas angeht“, antwortete sie, und ihre Stimme war so eisig wie ihre Miene. „Und bevor du einen unqualifizierten Kommentar von dir gibst: was ich denke, zählt. Sollte es eine Heirat in diesem Haus geben, wirst du rechtzeitig informiert werden.“

    [Blockierte Grafik: http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png]


    Ravdushara war gegangen – aber Raghnall war da. Neue Sklaven kamen nicht alle Tage her, da konnte man durchaus mal neugierig sein. Naja gut. Ein paar neue waren in letzter Zeit gekommen. Ravdushara zum Beispiel, den kennen zu lernen hatte der Gallier bisher nicht das Vergnügen gehabt, aber das war kein Wunder. Der Bruder der Decima war immerhin recht lange fort gewesen. Ravdushara allerdings hatte sich nun verzogen, was Raghnall mit einigem Interesse beobachtet hatte. Als der Neue wieder auftauchte, grinste er ihm entgegen. „Fertig? Oh, super“, grinste er ihm entgegen. „Ich bin Raghnall, freut mich dich kennen zu lernen.“





    SKLAVE - DECIMA SEIANA

    Der Sklave - diesmal nicht Raghnall - räusperte sich, als die Tür geöffnet wurde. „Salve“, grüßte er dann, bevor er fortfuhr: „Ich soll von meiner Herrin Decima Seiana ausrichten, dass sie zur übernächsten Senatssitzung kommen kann. Sie wird sich rechtzeitig in der Curia Iulia einfinden.“

    [Blockierte Grafik: http://img261.imageshack.us/img261/6518/raghnall.png]


    Übel. Diese Situation war ganz übel. Sogar Raghnall kam nicht umhin, sich das einzugestehen, als er sich plötzlich mit einem heftigen Knall an die Wand geschoben wiederfand, dicht vor ihm den Prätorianer, mit dem er schon heute morgen das Vergnügen gehabt hatte. Und diesmal sah er nicht so aus, als hätte er noch sonderlich viel Geduld übrig. Oder Humor. Aber davon hatte er ja von vornherein nicht viel besessen.


    Der Gallier versuchte gar nicht erst, sich zu befreien oder gar zu wehren. Er wusste sehr genau, wann ein Spiel verloren war, und dieses hier... nun ja. Selbst wenn er sich hätte befreien können, der Prätorianer wusste, wer er war. Ärger würde das so oder so geben, nicht so sehr für ihn, er war ja nur ein Sklave, vielmehr für die Decima, das war Raghnall klar. Im Prinzip hätte es ihm also egal sein können, was weiter geschah. Allerdings: er mochte die Decima, irgendwie. Und er mochte sein Leben bei ihr – es war besser als das der meisten Römer, besser als sein Leben vorher. Es mangelte ihm an nichts; er bekam in aller Regel Aufträge, die ihm entgegen kamen, da die Decima um seine Talente und seine Nachteile wusste; und er genoss sogar einige Freiheiten, die andere Sklaven nicht hatten, konnte sich in Roms Halbwelt herumtreiben und sogar einigermaßen sicher sein, dass die Decima ihn herauspaukte, wenn etwas war – jedenfalls hatte sie das bisher getan. Und das alles für den Preis, dass er es nie zu weit trieb. Und, freilich, ihr dienen musste und nur den Status eines Sklaven hatte, aber irgendetwas war ja immer. Und er bezweifelte doch stark, dass er es wirklich besser hätte treffen können. Freiheit, da war er schon einmal gewesen. Freiheit, das hieß Arbeit, harte Arbeit, wenn man einigermaßen leben wollte, und wenn man arbeitsscheu war und nach anderen Wegen suchte, lebte man gefährlich. Ihn hatte es in die Sklaverei gebracht, genauer gesagt sein Mundwerk und sein Spieltrieb. Nein. Solange ihm nicht jemand gleichzeitig immerwährenden Reichtum versprach, konnte Raghnall auf die sogenannte Freiheit gut verzichten. Und auch darauf, einen neuen Herrn zu bekommen, der womöglich anderes von ihm erwartete. All das führte im Umkehrschluss dazu, dass es für ihn nur von Vorteil war, wenn die Decima so unbeschadet wie möglich aus der Sache herauskam.


    Die Situation jetzt allerdings gereichte nur dazu, dass es erst mal schlimmer wurde. Raghnall machte sich nichts vor, sein Hiersein warf kein gutes Licht auf seine Herrin. Aber auch wenn das Spiel verloren war... irgendeine Möglichkeit gab es meistens, das Schlimmste zu verhindern. „Wouh“, machte er erst mal, als der Prätorianer ihn anknurrte. „Angefallen werden, scheint's.“ Raghnall wusste schon vorher, dass das wohl eine schlechte Idee war, aber zurückhalten konnte er sich trotzdem nicht.





    SKLAVE - DECIMA SEIANA

    Ion neigte leicht den Kopf. Mehr fiel ihm auch nicht ein, was die Decima noch wissen wollen könnte, und falls es doch etwas gab – dann konnte sie ja den Consul noch mal fragen. Wenn sie ihm denn eh Bescheid geben sollte, zu welcher Sitzung sie kommen würde. „Ich werde es ihr ausrichten“, versicherte er dem Liktor.

    Im Balneum war er, hatte man ihr gesagt. Seiana blieb zunächst stehen, für einen Moment unschlüssig, ob sie Faustus wirklich im Balneum stören sollte. Und beschloss dann schließlich, dass es besser war das nicht zu tun. Wenn er gerade erst angekommen war, war er sicher müde, mehr noch, da er vorgeritten war, während sein Gepäck noch unterwegs war. Sie hatten sich so lange nicht gesehen... da konnte sie auch noch ein wenig warten. So schwer ihr das auch fallen mochte. Und so befahl einem Sklaven, Faustus Bescheid zu geben, so bald er fertig war, und machte es sich einfach im Atrium bequem. Oder auch nicht, denn nach kurzer Zeit war sie schon wieder auf den Beinen und ging herum, bis sie sich schließlich an eine der Säulen in der Mitte lehnte, so dass sie auf das Impluvium sah.

    Impertinent. Der Junge war einfach nur impertinent, daran schien sich nichts geändert zu haben seit seinem letzten Besuch. Man hätte ja hoffen können, dass sich das mit der Zeit änderte, aber noch schien Pinus nicht erwachsen geworden zu sein. Dass er die Frechheit besaß, ihr mit seiner Bemerkung implizit unter die Nase zu reiben, sie sei unhöflich gewesen, machte es nicht besser, und ließ sie sogar ganz flüchtig die Stirn runzeln – allerdings machte sie sich nicht die Mühe, darauf zu antworten. „Das warst du offensichtlich“, lächelte sie zurück, und auch hier machte sie sich nicht die Mühe darauf hinzuweisen, was sie von dieser Aussage hielt. Sie war sich ziemlich sicher, dass Pinus sie verstanden hatte, und mehr war im Grunde nicht nötig.


    Was Pinus allerdings im Anschluss von sich gab, brachte sie dann doch beinahe dazu, kurz die Fassung zu verlieren. Er wollte hier bleiben? In Rom? In dieser Casa? Na hervorragend. Sie hatte sich zum Glück gut genug im Griff, um sich nichts von ihren Gedanken anmerken zu lassen, sondern setzte nur ein weiteres kühles Lächeln auf. „Hervorragend. Alt genug bist du, um deinen Teil beizutragen.“ Sie ließ sich einen Becher mit verdünntem Wein reichen und nippte daran. „Mein Bruder Serapio ist vor kurzem in Rom eingetroffen. Mattiacus ist auch hier, aber man bekommt ihn selten zu Gesicht. Und Venusia und die beiden Kinder sind ebenfalls hier... sie solltest du allerdings am besten in Ruhe lassen.“ Bei den letzten Worten wurde Seianas Tonfall ein wenig schärfer. Sie war sich immer noch nicht sicher, ob Venusia über Magnus' Tod hinweg war, und sie hatte auch noch die Kinder, um die sie sich kümmerte. Es fehlte gerade noch, dass Pinus ankam und ihr irgendwie auf die Nerven ging. „Wie geht es deiner Mutter?“