Beiträge von Flavia Celerina

    Gerade noch nickte ich Nigrina zustimmend zu, ich hatte auch schon eine passende Antwort parat, als ich durch ein lautes und äußerst vulgär anmutendes Gelächter hinter uns abgelenkt wurde. Wurde unsere Unterhaltung etwa belauscht? Nun ja, das wäre auch kein großes Kunststück gewesen, saßen wir doch schließlich inmitten eines sich füllenden Theaters. Und alleine nur weil wir auf einigen der teureren Plätze saßen, waren wir wohl nicht vor ordinären Störungen gefeit. Bevor ich mich zu dem "lustigen" Gesellen hinter uns umdrehte, zog sich mein Augenlied charakteristisch nach oben.
    Was ich nun hinter mir erblicken mußte, hätte mich keinesfalls in Erstaunen versetzt. Ein glatzköpfiger, massiger und ebenso häßlicher wie niveauloser Möchtegern, wie mir schien. Ich hatte zwar keine Ahnung, um welches Individuum es sich bei ihm handelte und um bei der Wahrheit zu bleiben, verspürte ich auch nicht das Verlangen, ihn näher kennen zu lernen. Nigrina aber, Opfer ihres jugendlichen Leichtsinns, erwiderte sogleich etwas auf seinen Einwurf. So konnte ich mich dem nicht länger entziehen.
    "Gut gesagt, meine liebe Nigrina! Man kann nie genug davon haben - in unseren Kreisen. Jedoch wenn der Reichtum zu plötzlich kommt, weiß man nicht so recht etwas sinnvolles damit anzufangen." Natürlich zielte ich mit dieser Antwort auf die plebejische Herkunft der Virginia ab. Einfach schrecklich, dieser neureiche Mob!
    Unser unbekannte Freund hatte es sich in den Kopf gesetzt, die restliche Zeit, bis endlich das Theaterstück begann, uns mit seinen Einlagen zu unterhalten. Nun ja, ob wir uns nun solange langweilten, oder eine amüsante Unterhaltung mit dem Kerl führten, was machte das schon!
    "Ob rot oder blau ist eine eminent wichtige Frage! Besonders wenn man an der Seite seines Ehemannes in der Öffentlichkeit erscheint," meinte ich, während ich Nigrina einen bedeutungsschwangeren Blick zuwarf.

    "Oh!", war mein einziger Kommentar zu dieser rührenden Geschichte eines jungen Mannes, der unschuldig in die Sklaverei geraten war. Dies erklärte auch die Beschaffenheit seiner Hände, die die Rauheit eines Handwerkers aufwiesen. Ihm nun auch noch mit Mitleidsbekundungen zu kommen, wäre sicher falsch und unpassend gewesen.
    "Mhm, einen custos besitze ich bereits. Erst kürzlich habe ich einen Gallier für diesen Posten erworben, der den Parther ersetzen soll. Aber vielleicht wäre es sinnvoll, wenn ihr beide euch von Zeit zu Zeit miteinander übt. Dafür solltest du dein Latein verbessern, denn ich fürchte, der Gallier spricht kein Griechisch."Vielleicht war es ja doch seine herzzerreißende Geschichte, die mich dazu bewog, ihm gegenüber nachsichtig, ja sogar zuvorkommend zu sein. Und so beschloß ich, sein Talent, welches er zweiffellos besaß, nicht verkümmern zu lassen.
    "Wegen deiner Zukunft brauchst du dir von nun an keine Sorgen mehr zu machen! Du wirst es hier in diesem Haus gut haben, sofern du mir ergeben bist. Dir soll es an nichts mangeln. Du wirst immer genügend Nahrung haben und eine ordentliche Kleidung, welche dich draußen auf der Straße kaum von einem Freien unterscheiden wird," sagte ich, und lächelte ihn dabei aufmunternd zu.
    "Du hast mich heute mit deinem Gesang verzaubert und ich möchte, daß du dieses auch in Zukunft tun wirst. Kannst du auch lesen und Texte vortragen?"

    "Aha, verstehe!", sagte ich nickend.
    "Und wie lange warst du in ihren Diensten?", wollte ich dann noch wissen. Ich sann bereits darüber nach, was er hier tun konnte. Doch bevor ich mich dafür entschied, welcher Aufgabe er zugeteilt werden sollte, wollte ich noch mehr über ihn erfahren. In Bezug auf sich selbst und seine Geschichte, schien er mir sehr verstockt zu sein.
    "Deine Mutter ist tot, aha," Ich sah ihn etwas nachdenklich an. In meinen Worten hatten wenig Mitgefühl gelegen, denn er war nur ein Sklave, dem man keine Pietät schuldig war.
    "Wieso ist sie tot? Und was ist eigentlich mit deinem Vater, ist der auch tot? Ach ja, seit wann bist du Sklave, Wurdest du bereits so geboren?" Das waren eine Menge Fragen, doch ich wollte mehr wissen und vor allen Dingen, wollte ich, daß die Informationen nur so aus ihm heraussprudelten, was sie im Augenblick ganz gewiß noch nicht taten.

    Er war also nicht unglücklich, so sagte er jedenfalls. Möglich, daß es gelogen war, um mich nicht zornig zu machen. Seine Erklärung jedoch klang plausibel.
    "So, deine familia hat dir zu wenig Beachtung geschenkt? Als was hast du ihnen denn gedient? Nur als Sänger?" So wie mir Graeceia erzählte, hatten sie und ihr Mann einen ganzen Stall voll Sklaven, ähnlich, wie es in der Villa Aurelia der Fall war. Schon möglich, daß es dann auch einen gab, der nur zu Unterhaltungszwecken gehalten wurde.
    Mir war gar nicht die Schärfe meines Tons bewußt gewesen, der Sklave jedoch schien davon überrascht zu sein. Misstrauisch sah ich ihm zu, wie er etwas unter seiner Tunika hervorholte. Dieses Etwas stellte sich als ein einfacher Bronzering heraus, der nun in seiner Hand ruhte. Nichts wertvolles. Und mit Bestimmtheit auch nichts, was er seiner früheren Herrin gestohlen hatte. Eine Erinnerung eben, wie er sagte.
    "Eine Erinnerung?" Mein Ton hatte die Schärfe längst verloren. "An wen oder an was?", fragte ich weiter und besah mir seine Hände, die für einen musicus etwas rau waren.

    "Okhaton!", echote ich und sah ihn für einen winzigen Moment voller Ehrfurcht an. Er konnte tatsächlich von sich behaupten, mich beeindruckt zu haben. Und dies nicht nur mit seinem Gesang. Seine ganze Erscheinung war es, die auf mich eine Faszination ausübte.
    Aus seiner rauen Stimme schlussfolgerte ich, daß seine Kehle recht trocken war. Auch eine gewisse Traurigkeit bemerkte ich, weshalb ich mich fragte, wie sein bisheriges Leben verlaufen sein mochte.
    Um seinen Durst zu stillen griff ich nach seinem Becher, der unmittelbar vor meiner Kliene auf dem Boden stand. Ein kleiner Rest befand sich noch darin.
    "Hier, trink!", sagte ich.
    "In deiner Stimme schwingt ein wenig Traurigkeit mit. Bist du etwa unglücklich, weil man dich hier bei mir zurückgelassen hat?", fragte ich ihn ganz unerwartet, als der Sklave den Becher zum Mund führte. Wieder musterte ich ihn, auf seine Antwort wartend. Offenbar hatte ich ihn etwas verlegen gemacht, denn plötzlich tastete er nach etwas, was sich unter seiner Tunika verbarg.
    "Was hast du da? Was ist das? Zeig her!" Zweifellos hatte er meine Neugier geweckt, auch wenn es nur wertloser Tand war, was er da versteckte. Manche Sklaven trugen kleine Erinnerungsstücke bei sich, einen Büschel Haare, ein Fetzen Stoff oder sonstiges, was sie an ihre Familie oder die Zeit vor der Sklaverei erinnerte. Meist duldete ich das. Doch manchmal auch nicht, wenn ich damit die Möglichkeit hatte,einen Sklaven zu bestrafen, der es verdient hatte, zum Beispiel.

    Es war einfach zu unglaublich, als daß man meine Worte für bare Münze hätte nehmen können. Ein Senator Roms und eine germanische Sklavin! Nein, das war zu absurd und dennoch war es wahr.
    "Nein, leider irre ich mich nicht, Prisca! Dieses germanische Miststück muß ihn verhext haben. Eine andere Erklärung habe ich nicht dafür," erwiderte ich kopfschüttelnd. Es war nicht leicht, ihr die Augen zu öffnen, wenn es um ihren geliebten Onkel ging. Und doch mußte sie einfach in Kenntnis gesetzt werden. Vielleicht konnte sie positiv auf ihn einwirken, damit er sich wieder von dieser Sklavin abwandte. Nun war die Zeit gekommen, sich nach Verbündeten umzusehen. Wenn ich nun Prisca zu meiner Seite dazu zählen durfte, dann war dies bereits ein guter Anfang!


    Auch sie konnte mir nachfühlen, wie erniedrigend es war, abgewiesen worden zu sein, zugunsten einer Anderen. Im Grunde hatte sie ja selbst bereits einiges erlebt. Und auch wenn sie mit mir darüber nie gesprochen hatte, so glaubte ich dennoch, daß auch sie schwer gelitten hatte, nachdem mein Onkel Aquilius all ihre Hoffnungen zunichte gemacht hatte eines Tages seine Frau zu werden, indem er sich einfach aus dem Staub gemacht hatte.


    Doch nun konzentrierte ich mich auf das, was sie mir zu sagen hatte, und was ihr ganz offensichtlich ein schlechtes Gewissen bereitete. Ich frage mich schon, weshalb sie sich an all diesem Unglück die Schuld geben sollte. Sie hatte doch nicht etwa…? Nein, ich wollte es mir erst gar nicht ausdenken!
    Aus Priscas Worten schloß ich, daß selbst Marcus, den ich mittlerweile nur noch für kühl und berechnend hielt, auch Gefühle hatte. Unglücklicherweise offenbarte er sie mir nicht. Nur seiner Nichte und wahrscheinlich auch dieser kleinen Hure. Solange er dazu nicht fähig war, würde niemals so etwas, wie Normalität zwischen uns herrschen.


    "Prisca, ich verstehe dich voll und ganz. Natürlich bedeutet er dir alles und das ist auch gut so! Glaube mir, ich weiß, wovon ich spreche! Ich werde dir auch keinen Vorwurf machen. Du kannst nichts dafür, was er letztlich tut!", ..auch wenn du ihn dazu ermutigt hattest! Ich atmete gleichmäßig weiter, wollte keinen Anlaß zu Spekulationen geben und dennoch war es schwer für mich, das gehörte zu akzeptieren.


    Erst Priscas weitere Worte über ihren Bruder, ließen mich meine Gedanken wenigstens für eine Weile vergessen. Langsam dämmerte es mir, welcher Intention sie gefolgt war. Sie hatte geglaubt, wenn Marcus sein Kind bei sich hatte, oder es wenigstens des Öfteren sehen konnte, dann würden auch die Gefühle zu mir daraus erwachsen, so wie es einst bei Priscas Eltern gewesen war.


    Einen Moment sah ich Prisca schweigend an. Meine Mimik verriet nicht, was in mir vorging, oder für welches Urteil ich mich entschieden hatte.
    "Pegasus ist dein Bruder? Das wußte ich gar nicht! - Und du meinst, wenn auch ich… dieses Kind? Nein, Prisca! Diesen Bastard werde ich niemals dulden können! Und schon gar nicht, wenn seine Mutter in diesem Haus lebt!"
    Niedergeschlagen sackte ich in meinen Stuhl zurück und hielt mir meine beiden Hände vor mein Gesicht! Es war einfach schrecklich und es wurde nicht besser!

    Schließlich wandte ich mich zu meinem neuen Sklaven um, der vollkommen verdattert da stand. In Ermangelung seiner Sprachkenntnisse, hatte er wohl nur die Hälfte dessen verstanden, was soeben über sein Schicksal entschieden worden war.
    Indessen schenkte ich ihm ein gütiges Lächeln und betrachtete mir ihn dabei noch einmal genau, nun da er in voller Größe vor mir stand. Ein stattlicher junger Mann mit einem hübschen Gesicht und einer goldenen Kehle, wie ich fand.
    "Von nun an befindest du dich in meinem Besitz. Du bist jetzt mein Sklave," versuchte ich auf Griechisch zu erklären. Es gab noch so vieles, was ich den Sklaven hätte fragen wollen. Doch zuerst war es wohl angebracht, seinen Namen zu erfahren. Desweiteren war von Interesse, welche Fähigkeiten er besaß. Graeceia hatte mir nicht verraten, welche Aufgaben sie ihm für gewöhnlich aufgetragen hatte.
    Ich begab mich wieder zu meiner Kline, trank noch einen Schluck. Dann gab ich ihm ein Handzeichen, er solle an meine Kline herantreten. Am Fußende derselben gebot ich ihm Platz zu nehmen, damit ich mich mit ihm unterhalten konnte.
    "Sag mir, wie hat man dich bisher gerufen?", fragte ich, der Einfachheit halber auf Griechisch.

    Was war es doch schön, in alten Erinnerungen zu schwelgen! Und Graeceia genoß dies auch. Besonders angetan hatte es ihr meine Saba, die unter ihrem Streicheln eifrig schnurrte. Allerdings nach einer Weile hatte sie genug davon uns sprang hinunter auf den Boden. Schmeichelnd strich sie ihren Körper um den Fuß meiner Kline. Dann näherte sie sich interessiert dem ägyptischen Sklaven, den sie zweifellos mochte. Im Gegensatz zu fast all meinen anderen Sklaven suchte sie freiwillig seine Gegenwart, ohne drohend zu fauchen oder gar zu beißen.
    Natürlich war mir dieser Umstand auch aufgefallen und ich kam nicht umhin, meine Freundin darauf hinzuweisen. Sie meinte scherzhaft gleiches würde gleiches suchen, wobei sie natürlich auf die Herkunft des Sklaven anspielte.
    Unglücklicherweise ging die Zeit viel zu schnell vorbei. Graeceia war gewillt, noch am Abend wieder nach Ostia zurückzukehren. Deswegen kam die Zeit, da sie aufbrechen mußte. Eine letze Umarmung, ein letzter freundschaftlicher Kuss, dann wollte ich sie ziehen lassen. Doch bevor Graeceia entschwand, hielt sie noch einmal kurz inne. Sie sah den Sklaven an, der mich mit seiner Stimme so sehr betört hatte. Dann meinte sie plötzlich, sie wolle ihn mir schenken. Ich wußte erst gar nicht, was ich sagen sollte. Ich glaubte sie scherzte, Doch dann gab sie mir unmißverständlich zu verstehen, daß es ihr ernst damit gewesen war.
    So ging sie und nur ihr Sklave, mein Sklave blieb zurück.

    Es war ein Fiasko gewesen! Eine einzige Katastrophe! Und so schrecklich peinlich! Ich hatte mich nicht nur vor meinen eigenen Sklaven zum Affen gemacht, auch die Priester und all jene, die heute im Tempel der Iuno Sospita zugegen waren.
    Nach meinem Zusammenbruch im Tempel, hatten mich die Sklaven in einer atemberaubenden und spektakulären Aktion in meine Sänfte verfrachtet und nach Hause zur Villa Aurelia gebracht. Ich war glücklicherweise wieder zu mir gekommen. Doch eines war sicher, halb Rom hatte diese Geschichte mitbekommen und man konnte davon ausgehen, daß bereits morgen schon die andere Hälfte auch darüber Bescheid wußte. Dann wäre es auch nicht weiter schlimm gewesen, hatte die Acta Wind davon bekommen!
    Nun hatte man mich vorerst einmal im atrium auf eine Kline gehievt . Wie wilde Bienen summten die Sklaven um mich herum, eifrig darum bemüht, mir alles so angenehm wie möglich zu machen.
    "Sollen wir nicht doch besser einen Medicus rufen, Herrin?", fragte Charis bereits zum fünften Mal. Doch ich winkte nur ab. Ein Medicus konnte mir in meiner Situation auch nicht mehr helfen. Es war einfach schrecklich gewesen! Noch immer klangen mir die vernichtenden Worte des Aedituus in den Ohren. Dabei hatte das Zicklein einen so gesunden Eindruck gemacht! Auf nichts war mehr Verlass, auf gar nichts!
    Was mir fehlte, war ein mitfühlender Zeitgenosse, der nachvollziehen konnte, wie es in mir aussah und der mir wieder Mut machen konnte. Jedoch fiel mir niemand auf die Schnelle ein, wer das sein konnte. Also blieb ich einfach liegen und litt weiter.


    Sim-Off:

    Reserviert! :D

    Die Wut in mir war unbeschreiblich groß, so groß, wie vor wenigen Tagen, nachdem mir mein Gatte seine Affäre mit dieser Sklavin gebeichtet hatte. Eine kleine Genugtuung war es für mich, daß er mir versprochen hatte, sie nicht anrühren zu wollen, bis unser Kind geboren war. Doch daß sie nun tatsächlich hier war mit ihrem Kind, machte dies fast komplett wieder zunichte.
    Ungeachtet dessen, daß das Kind nun erwachte und unruhig wurde trat ich näher an die Germanin heran. Ganz bestimmt würde sie das nicht ruhiger stimmen.
    Mein Blick war herablassend. Ich gab mir Mühe, das Kind zu ignorieren. Die seltsame Sprache, die aus ihrem Munde kam, als sie versuchte, ihr Kind wieder zu beruhigen, empfand ich als barbarisch und fremd. Es konnte doch nicht ernsthaft Marcus´ Wille sein, daß sein Bastard auf diese Weise aufwuchs, vollkommen ohne Kultur. Sie würde dafür sorgen, daß aus ihm ein halber Wilder wurde. Einfach widerlich, dieser Gedanke! Doch Marcus hatte es sich selbst zuzuschreiben, als er diese Sklavin freigelassen hatte.


    "Du sollst wissen, ich werde dich stets im Auge behalten! Die Wände dieser Villa haben Augen und Ohren! Du tust gut daran, mir nicht allzu oft über den Weg zu laufen!", zischte ich ihr kalt ins Gesicht! Noch einen Moment ruhten meine Augen drohend auf ihrem Gesicht. Dann wandte ich mich von ihr ab. Doch bevor ich nun das atrium verließ, richtete ich noch einmal meinen Blick auf den maiordomus.
    "Ich erwarte dich später in meinem cubiculum!" Da es für mich selbstverständlich war, daß er das tun würde, wartete ich nicht seine Antwort ab und ging.

    Ich überließ den Männern das Verhandeln und verhielt mich passiv. Freilich war ich kein Experte, was die Architektur anbelangte. Mich interessierte nur das Endprodukt, wenn alles fertig war. Allerdings bedeutete das nicht, daß ich etwa nicht aufmerksam zuhörte. Ich dachte schon etwas weiter und stellte mir in Gedanken bereits vor, wie alles aussehen würde, wenn es erst einmal fertig war. Ich würde mich beizeiten nach geeigneten Künstlern umhören müssen, die die Innengestaltung übernehmen sollten. Die Wände sollten nicht einfach nur schlicht angestrichen werden. Ich stellte mir wundervolle Fresken vor mit Landschaftsbildern. Und die Statue einer Göttin, Venus vielleicht, die meine Züge trug und die dem Raum auch nicht abträglich gewesen wäre. Ja, all das ging in meinem Kopf vor, während sich die Männer unterhielten.

    Nachdem wir uns zu Beginn lauthals gestritten hatten, herrschte nun das gegenseitige anschweigen vor und, was mich betraf, die Einsilbigkeit.
    "Ja," antwortete ich nur. Zweifelsohne würden wir uns später sehen, es sei denn, ich würde mich wieder in meinem cubiculum einbunkern, so wie ich es vor einigen Wochen getan hatte. Aber da auch das zwecklos war, würde das Leben so weitergehen, wie bisher. Zäh und lustlos.
    Kurz nachdem er gegangen war, traten sie Sklavinnen wieder ein und mit ihnen an vorderster Stelle Charis, die etwas beunruhigt dreinschaute. Weshalb sie das tat, war mir im Moment einerlei. Daß es etwas mit meinem Mann zu tun hatte, hätte ich nicht ahnen können.
    "Ihr könnt wieder alles auspacken. Wir bleiben hier, fürs Erste!", sagte ich ihnen, ohne dabei durchscheinen zu lassen, welche Gefühle ich dabei hatte. Bei den Sklavinnen trat sofort eine gelöstere Stimmung auf. Sogleich machten sie sich an die Truhen und verräumten alles wieder an seinen alten Platz. Es war bereits Abend, Zeit für die cena, als auch Charis ging, nachdem ich sie entlassen hatte.



    ~finis~

    Ich nickte nur und sah ihn dann wieder an.
    "Gut!", Das war alles, mehr gab es nicht mehr zu sagen. Wir hatten uns alles mitgeteilt, was notwendig und auch was unnötig gewesen war. Dann wich ich wieder seinem Blick aus und wollte mich ihm abwenden, da ich nun glaubte, er würde nun gehen wollen, denn auch ihm durfte es wohl nicht entgangen sein, daß dies nun alles war.
    Jedoch ging er nicht. Seine Entschuldigung kam für mich sehr überraschend, so daß ich ihn voller Verwunderung daraufhin ansah. Mir war in diesem Augenblick nicht klar, ob diese Entschuldigung aufrichtig gewesen war oder ob sie nur als Mittel zum Zweck diente. Erst wollte ich noch etwas erwidern. Die Worte lagen mir bereits auf der Zunge. Doch dann beließ es dabei. Wieder nickte ich nur, aber diesmal sagte ich nichts mehr dazu.


    "Wenn du gehst, dann schick mir bitte die Sklaven wieder herein!", meinte ich dann nach einer Weile. Sie mußten nun alles wieder auspacken und verräumen. Auch die Kleider, die eigentlich zum wegwerfen bestimmt gewesen waren.

    Es war nicht ohne Bedeutung, wie Graeceia Aegyptus, das Heimatland des Sklaven betont hatte. Sie hatte es also nicht vergessen! All die Jahre über war es ihr im Gedächtnis geblieben, diese Vorliebe, die ich schon als junges Mädchen hegte, für das ferne Land am Nil.
    Merklich erhellte sich meine Mine und zu meiner Freude schnappte sich der Sklave nun auch eine Traube. Daraufhin bedankte er sich auch noch, was mir sehr imponierte.
    "Aegyptus!" Rief ich. "Ach, wie lange ich mich schon danach sehne! Leider habe ich es immer noch nicht geschafft, diesem herrlichen Land einen Besuch abzustatten! Weißt du noch, wie wir früher immer Cleopatra gespielt haben?" Da wurden wieder lang verborgene Kindheitserinnerungen wach.
    "Stell dir vor, Marcus, mein Mann hat mir vor einiger Zeit eine ägyptische Katze geschenkt!" Natürlich mußte ich meiner Freundin die Katze sofort zeigen.
    "Charis, geh und hole Saba!", rief ich umgehend meiner Sklavin zu. Charis verbeugte sich andeutungsweise und ging. Wenig später kehrte sie mit meiner Katze auf dem Arm zurück. Saba trug ihr goldenes, mit Lapislazulisteinen verziertes Halsband.
    "Schau, das ist Saba! Eine von Bastets Töchtern."
    Kurzzeitig hatte ich etwas das Interesse an dem Sklaven verloren, denn nun stand meine Katze im Mittelpunkt, die von den Tempelkatzen Ägyptens abstammte.

    Graeceia schien es offensichtlich ein wenig zu belustigen, wie sehr ich von ihrem Sklaven eingenommen war. Ihr nicken und dann das dazugehörige nur zu! waren für mich Aufforderung genug. Ich beugte mich noch etwas weiter vor, damit ich dem jungen Sklaven die Trauben direkt vor den Mund halten konnte. Eigentlich hätte er nun nur noch danach schnappen müssen, denn ich hatte nicht die Absicht, mit ihm ein Spiel zu spielen. Doch mir schwante, er verstand nicht recht. Sein Gesang hatte mir suggeriert, daß er des Lateinischen mächtig war, doch offenbar war es lediglich der Text, in dem er sicher war.
    "Nun nimm schon! Hab keine Angst!", ermutigte ich ihn noch. Allerdings bezweifelte ich, daß er jedes meiner Worte verstand. Dem Aussehen her, ordnete ich ihn nach Achaia, der Levante oder sogar dem Orient ein. Vielleicht verstand er mich ja dann, wenn ich es auf Griechisch versuchte. Also widerholte ich meine Worte auf Griechisch.
    Zu meiner Freundin gewandt fragte ich sie nach seinem Herkunftsland, denn daß er nicht in Rom als Sklave geboren war, stand für mich fest.

    Daß es bis dahin zweifellos ein langer, steiniger Weg werden würde, war mir vielleicht in diesem Moment noch gar nicht bewußt. Denn um ein Kind zu zeugen, bedurfte es mehr als nur Worte. Und im Augenblick hatte ich kein Bedürfnis, ihn so nah an mich herankommen zu lassen. Alleine schon, daß er meine Hand genommen hatte und sie nun hielt, war bereits grenzwertig. Sie lag nun in seiner und mir kam es vor, als gehörte sie gar nicht zu meinem Körper
    Außerdem hegte ich starke Zweifel daran, daß er es tatsächlich so lange aushielt, dieses germanische Weib nicht anzurühren. Womöglich hatte sie ihn damals schon mit ihren Reizen verhext. Was also, wenn er sein Versprechen brach? Wenn ich erst einmal durch die Schwangerschaft für ihn unansehnlich geworden war und ihm auch nicht mehr das bieten konnte, wonach ihm gerade war, dann war es für die Germanin ein Leichtes, ihn mir endgültig wegzunehmen. Im Grunde aber war ich müde, mir darüber jetzt noch den Kopf zu zerbrechen.
    "Gut! Ich nehme dich beim Wort," antwortete ich mit belegter Stimme. Eigentlich hätte dies schon genügt, doch dann überfiel ihn ein seltsames Mitteilungsbedürfnis bezüglich des Bastards, den er mit dieser Sklavin gezeugt hatte. Es mutete fast schon an, als wolle er sich dafür entschuldigen. Oder doch nicht? Vermied er es nicht im letzten Moment, mein Junge zu sagen? Würde er es wagen, diesen Bastard als seinen Sohn anzuerkennen, dann…
    "Bitte!", mahnte ich ihn. Alles sträubte sich in mir, noch mehr von dem Kind und dessen Mutter hören zu müssen. Es war schlimm genug, den Jungen aufwachsen sehen zu müssen.
    Für mich zählte von Stund an nur noch eins: Schwanger zu werden und neun Monate später einen gesunden Sohn zu Welt zu bringen. Damit das geschah, mußte zuerst etwas geschehen, damit Iuno uns ihre Gunst schenkte. Drum war ich mit seinem Vorschlag einverstanden.
    "Gut, je eher desto besser!", antwortete ich emotionslos. Von mir aus hätte die Opferung sofort stattfinden können. Doch freilich bedurfte es einiger Vorbereitungen.

    Erst einmal unschlüssig, was nun zu tun war, blieb Saba inmitten eines Busches stehen. Vor lauter Verlegenheit begann sie ihr Fell zu lecken. Die raue Zunge zog sie hörbar mehrere Male über das Fell, seitlich am Rücken und hielt mittendrin plötzlich inne, als sie erneut den fremden Gesang hörte. Nein, ihre Sinne trügten sie nicht! Diese liebliche Melodie stammte zweifelsohne von einem Kater der ganz besonderen Art! Auch wenn er in den Augen der Zweibeiner nur minderwertig war, so war dies für Saba kein relevantes Kriterium, weshalb sie nicht ihrem Trieb hätte folgen sollen . Nachts waren alle Katzen grau! Dies galt auch für sie und den schwarzfelligen Charmeur, der dort im Garten saß.
    Dies nun war ihr Sommer! Ihr erster Sommer. Sie war nun voll ausgewachsen und endlich bereit sich dem Leben zu stellen, so wie es alle ihre Artgenossen tagtäglich taten.
    Noch zweimal strich die raue Zunge über das weiche Fell, dann nahm sie den Weg wieder auf, folgte den Pfaden, um schließlich hinter einem mächtigen Gewirr aus Ästen und Blättern hervorzutreten. Vorsichtig blieb sie stehen, um zu horchen, zu schauen und zu schnuppern.
    Unmittelbar vor ihr zeichnete sich die Silhouette jenes Verursachers dieser, für Katzenohren, lieblichen Töne, ab. Ein anregendes Schnurren ging von ihm aus.
    Die Kunst war es jetzt, ihn dazu zu bringen, ihr seine Aufmerksamkeit zu schenken. Was hätte wohl näher gelegen, als das scheue "Miau", welches Saba nun aussandte.

    Ich war noch ganz ergriffen, von dem was Piso mir geschildert hatte. Er war eben ein echter Flavier! Da gab es gar nichts zu rütteln. Nur ein echter Flavier würde bis zum umfallen kämpfen, wenn es um die Liebe seines Lebens ging. Fragte sich nur, wie lange sich Piso auf den Beinen halten konnte, wenn es um seine Angebetete ging. Ich wünschte, es käme eines Tages auch für mich der ersehnte Ritter, der um mich bis zum umfallen kämpfen wollte. Mein jetziger hatte in dieser Beziehung schon längst sein Pulver verschossen.
    Ein Krächzen meines Gegenübers brachte mich schließlich in die Realität zurück. Piso fragte nach den Wegen. Welche Wege denn? Konsterniert sah ich ihn an.
    "Wie, was? Welche Wege?" Schließlich rief ich mir meine eigenen Worte wieder in Erinnerung, die ich eigentlich nur so daher gesagt hatte, um ihn dadurch Mut zu machen. Meine Beziehung zu Marcus war denkbar schlecht im Moment! Zwar gaben wir uns die größte Mühe, uns im Beisein der Familie nicht gegenseitig zu zerfleischen. Jedoch ein gutes Verhältnis sah anders aus. Ach herrje, ich ärgerte mich über meine eigene Überheblichkeit.
    Angestrengt sann ich darüber nach, was ich ihm denn nun sagen sollte. Die üblichen Floskeln, wie du mußt Stärke und Präsenz zeigen oder wenn man etwas wirklich will, dann bekommt man es auch, waren bereits viel zu abgedroschen, als daß ich sie Piso als guten Ratschlag ans Herz legen konnte.
    "Nun ja, du solltest Marcus tatsächlich von der Ernsthaftigkeit deiner Absichten überzeugen und du solltest es ihm zeigen, daß du es wert bist!" Na, großartig! Jetzt kam ich doch mit den üblichen Floskeln, die er selbst wahrscheinlich schon allesamt kannte. Was jetzt nur Piso von mir dachte. Er hatte mich wahrscheinlich schon als Lichtgestalt gesehen, als die, die beinahe göttliche Kräfte besaß und die ihm als einzige zur Hilfe kommen konnte. Ein leises Seufzen war zu hören. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Piso begriff, wie wenig Einfluß ich tatsächlich besaß, um positiv auf Marcus einzuwirken.
    Doch dann überraschte mich ein Geistesblick, mit dem ich am allerwenigsten gerechnet hatte.
    "Wie wäre es, wenn du mich demnächst einmal besuchen kommst? Ich werde dann vorher Marcus auf dein Kommen vorbereiten und dann können wir wie erwachsene Menschen miteinander reden. Un Marcus ist mir sowieso noch etwas schuldig!" Nun ja, von dieser offenen Schuld wußte wohl nur ich etwas, wenn überhaupt...