Beiträge von Flavia Celerina

    Der bittere Nachgeschmack seiner Worte drehten mir dem Magen um. Dieser Mittelweg, den er gegangen war, bedeutete, daß er für mich rein gar nichts empfand, daß es eine ehemalige Sklavin war, der sein Herz gehörte und daß er mir nun auch noch eröffnet hatte, sie und ihr gemeinsames Kind hier einziehen zu lassen. Zweifellos war dies eine äußert subjektive Sichtweise der Dinge. Doch ich besaß nicht mehr die Kraft, noch war ich gewillt dazu, etwas darauf zu entgegnen.
    "Nein," meinte ich nun gänzlich resigniert. "Alles das will ich doch gar nicht. Dein Herz ist so kalt, Marcus und du bist so blind, sonst wüsstest du, was du mir geben könntest. Mehr habe ich nie gewollt." Niedergeschlagen wandte ich meinen Blick von ihm ab. Die halbgepackten Truhen fielen mir ins Auge und die Kleider, die dazu verdammt worden waren, weggeworfen zu werden. Die tunica recta, die achtlos auf dem Bett lag. Sie war nur für einen Tag gemacht worden. Sie diente lediglich nur einer Sache, danach war sie nicht mehr von Nutzen. Allenfalls barg sie Erinnerungen an einen schönen Tag. Ähnlich war es mit mir. Ich diente auch nur einer Aufgabe. Wenn ich sie erbracht hatte, dann war auch ich nutzlos geworden.
    "Wenn ich bleiben soll, dann versprich mir, daß du sie nicht anrühren wirst, bis unser Kind geboren wurde. Mehr verlange ich nicht." Danach konnte er tun und lassen was er wollte… und ich hätte meinen Part erfüllt. Dann stand mir die Welt wieder offen. Dann war ich wieder frei!

    Beim Klang der Kithara erzählte Graeceia davon, wie sie bereits ein halbes Jahr nach dem Tod ihres Gatten erneut geheiratet hatte. Das Glück schien ihr tatsächlich über all die Jahre hold gewesen zu sein. Denn auch ihr jetziger Gatte schien reich begütert zu sein und ließ ihr gegenüber keinen Wunsch unerfüllt. Bei diesen Worten schämte ich mich beinahe dafür, was aus mit geworden war, nachdem ich Lutetia den Rücken gekehrt hatte. Ich schwieg über meine ehelichen Probleme und meiner Nebenbuhlerin, die seit einigen Tagen wieder im Haus lebte. Die Tatsache, daß ich noch nicht schwanger gewesen war, tat ich mit der Ausrede ab, wir hätten ja noch genügend Zeit und wir wollten erst einmal die schönen Seiten des Ehelebens genießen. Ich fühlte mich erbärmlich dabei, als ich meine beste Freundin anlog. Nur im Klang des Kitharaspiels fand ich ein wenig Linderung.
    Als unsere Konversation immer öfters unterbrochen wurde, weil ich lieber der Musik lauschen wollte, war wohl der Augenblick gekommen, in dem Graeceia bemerkte, mit welchen Augen ich den jungen schüchternen Sklaven beobachtete, der uns so gekonnt sein Talent präsentierte. Und als er schließlich zu singen begann, dachte ich, mein Herz müsse zerspringen.


    "Ein Wanderer auf der Straße
    Kennt nicht den Weg, kaum noch sein Ziel
    Es wird schon Nacht, die Venus blinkt
    Und er bräuchte doch gar nicht so viel,
    um zufrieden zu sein..."


    Es gab nichts, was meine Situation hätte besser umschreiben können, als diese Verse. Tränen standen mir deswegen in den Augen, aber auch die liebliche Stimme war es, die so gefühlvoll mich gefangen hatte und mich nicht mehr loslassen wollte.
    Als der Sklave sein Lied beendet hatte sah ich ihm noch für eine Weile in seine schwarzen Augen. Was mochten diese Augen schon alles gesehen haben? Für gewöhnlich verschwendete ich keine Gedanken über die Schicksale von Sklaven. Doch dieser hier hatte mein Herz berührt.
    Ich nahm einige Trauben und beugte mich zu ihm hin. "Darf ich ihn füttern?", fragte ich seine Herrin. "Sein Gesang war einfach unbeschreiblich schön!"

    Ich war es leid zu streiten. Dieser Zwist nahm immer größere Dimensionen an und er brachte uns dazu, Dinge zu sagen, die uns hinterher leidtun würden, weil wir sie gesagt hatten. Allerdings kamen auch tief verborgene Dinge zum Vorschein, deren Bedeutung wir uns vorher gar nicht bewußt gewesen waren.
    Ich war ebenso ratlos, wie Marcus es war. Wir waren weit entfernt von einer Lösung, denn in den letzten Stunden hatten wir uns so weit voneinander entfernt, so daß ein erneutes Aufeinander zugehen unmöglich schien. Dabei wäre es doch so einfach gewesen! Eine kleine Geste nur, die den guten Willen demonstrierte, daß man doch noch nicht miteinander fertig war. Ein kleines Wort nur, welches Kraft gegeben hätte, zur Vergebung und zur Einsicht. Doch nichts von alledem geschah. Nur bleiernes schweigen herrschte zwischen uns.
    Schniefend wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht. Daß ich ausgerechnet jetzt hatte heulen müssen! Doch so abgebrüht war ich einfach nicht, daß ich meine Gefühle außen vor lassen konnte.
    "Gib mir eine Perspektive! Einen Grund, um hierzubleiben und dann bleibe ich. Aber falls du mir nichts anbieten kannst, dann muß ich von hier fort!", sagte ich dann nach einer Weile.

    Ich hatte schon immer einen Hang fürs Theater. Besonders die griechischen Dramen hatten es mir angetan. Für eine kurze Zeit konnte man der Realität entfliehen, konnte seinen Geist frei machen, von dem, was die Gedanken belasteten. Am schönsten war ein solcher Theaterbesuch, wenn man ihn nicht allein tätigte, sondern in Begleitung war. In Begleitung einer Freundin oder einer Verwandten, oder in einer Person, die beides war.
    Die junge Flavia, mit der ich mich verabredet hatte, kannte ich eigentlich noch gar nicht richtig. Ich wußte, sie war die Schwester von Aulus Piso. Auch wenn ihr Bruder nicht unbedingt mein Liebling war, so war ich ihr gegenüber vollkommen uneingenommen. Nigrina war in einem Alter, in dem man sich nach einem Ehemann umschaute. Daß sie das zweiffellos nicht selbst, oder zumindest alleine tat, stand außer Frage. Die gens Aurelia hielt noch einige junge Männer parat, die durchaus angemessen für eine Flavia waren. Eine weitere Verbindung und die daraus erwachsende Festigung der familiären Beziehungen lag daher im Bereich des Möglichen.
    Die Ludi Apollinares hatte ich zum Anlaß genommen, um Nigrina näher kennen zu lernen. Für Wagenrennen hatte ich kein großes Interesse, doch glücklicherweise wurden anläßlich zu den Ludi auch einige Theateraufführungen zu Ehren Apolls gegeben.
    Gemeinsam hatten wir uns in einer aurelischen Sänfte zum Theatrum Marcelli tragen lassen. Bereits im Voraus hatte ich für uns zwei Plätze reservieren lassen, von denen man einen guten Blick auf das Geschehen auf der Bühne hatte. Und nicht nur das! Ebenso war es möglich, von dort aus auch die anderen Theaterbesucher zu beobachten. So versicherte es mir jedenfalls der Sklave, den ich beauftragt hatte.
    Recht vergnügt und voller Vorfreudehatten wir das Theater betreten. Ein Platzanweiser führte uns und die Sklaven, die uns begleiteten zu unseren Plätzen. Und tatsächlich, der Sklave hatte nicht zu viel versprochen!
    "So, da wären wir!", meinte ich lächelnd zu Nigrina, nachdem ich Platz genommen hatte. Es gab nun viele Möglichkeiten, sich die Zeit bis zum Beginn der Aufführung zu vertreiben. Gewisslich war eine davon, Konversation zu treiben. Gesteigert werden konnte die allerdings noch, wenn man seine Blicke zu den anderen Theaterbesuchern schweifen ließ und dann Konversation betrieb.
    "Schau nur, Nigrina! Da drüben sitzt diese aufgeplusterte Virginia Postumia!" Unauffällig wies ich auf eine Frau, die zwei Reihen unter uns zur Rechten saß. "Meine Güte, ihr Dekolleté platzt ja gleich!" Fürwahr, ihr voluminöser Körper war in eine viel zu enge Tunika gezwängt worden. "Ihr Gatte ist einer der reichsten Männer Roms und sie trägt seinen Reichtum auf ihren Hüften!", meinte ich süffisant zu meiner Begleitung.


    LVDI APOLLINARES


    Nachdem man die sibyllinischen Bücher im Krieg gegen Hannibal befragt hatte, wurden die Ludi Apollinares eingeführt. Zu Ehren Apolls wurden Wagenrennen und Wettkämpfe organisiert, jedoch keine Gladiatorenkämpfe.
    Desweiteren fanden Theateraufführungen statt....



    HEUTE:


    Sophokles
    Antigone


    Sim-Off:


    Wer hier mitschreiben möchte, ist herzlich dazu eingeladen, jedoch ist mein Erzählstrang bereits reserviert! ;)

    [GROSSKOTZ]Auch wenn der blöde Krake sich heute Nachmittag geirrt hat, morgen machen wir das mit Spanien klar und dann packen wir die *duck und umguck*( gell, es sind keine Niederländer zugegen? :D)[SIZE=7] Kääsköpjes [/SIZE] auch noch in die Tasche! Schlaand oh Schlaand :D :D :D[/GROSSKOTZ]

    Es war ein kleiner Lichtblick, in dieser schweren Zeit, die ich gerade durchmachte. Dieser Lichtblick hatte auch einen Namen - Foslia Graeceia, eine liebe Freundin aus hispanischen Jugendtagen und eine entfernte Verwandte meiner Mutter, wie ich allerdings erst später festgestellt hatte.
    Mit Foslia Graeceia hatte mich eine innige Freundschaft verbunden, damals in Tarraco. Leider hatten wir uns nach meiner Hochzeit aus den Augen verloren. Die Briefe, die ich ihr anfangs aus Lutetia geschrieben hatte, hatten sie nie erreicht, da mein damaliger Ehemann es genau verstanden hatte, wie er mich von meinem bisherigen Leben isolieren konnte.
    Doch heute Morgen hatte sie plötzlich vor mir gestanden. Zwar waren inzwischen Jahre vergangen, doch sie hatte sich kaum verändert. Nachdem wir einen netten Vormittag verbracht hatten, lud ich sie schließlich zu mir ein. Wir hatten ja so viel nachzuholen! All die verlorenen Jahre, die schlimmen Stunden voller Verzweiflung, aber auch die kleinen Lichtblicke im Leben waren es, die wir miteinander austauschen wollten.
    Foslia Graeceia hatte alles erreicht, wovon man als junges patrizisches Mädchen nur träumen konnte. Wenige Monate nach meiner ersten Hochzeit war sie verlobt worden. Ein Jahr später heiratete sie schließlich einen hohen Beamten aus gutem Hause. In den darauffolgenden Jahren durfte sie eine erfüllte Ehe erleben, in der sie ihrem Mann vier Kinder gebar. Dann, vor etwa zwei Jahren, starb ihr Mann. Seit einigen Monaten nun, lebte sie in Italia und ausgerechnet heute hatte sie der urbs aeterna einen Besuch abgestattet. Ein ganzer Tross Sklaven hatte sie begleitet. Offenbar war sie auch noch nach dem Tod ihres Mannes gut versorgt.
    Inder Villa Aurelia hatten wir es uns zur Mittagsstunde im atrium gemütlich gemacht. Ich ließ einen kleinen Imbiss servieren lassen und verdünnten Wein und einer von Graeceias Sklaven unterhielt uns mit seinem Gesang und dem Spiel auf der Kithara. Wunderbare kurzweilige Stunden erlebten wir. Und das Spiel des schüchtern wirkenden jungen Sklaven verzauberte mich voll und ganz.



    Sim-Off:

    Reserviert! :)

    Mein gespieltes Lächeln wich einer erbosten Mine. Er tat alles, um mir auszuweichen. Letztlich brachte er wieder seinen vermaledeiten Erben aufs Tablett, den ich ihm gebären sollte. Jetzt platze mir aber bald der Kragen!
    "Falls du es noch nicht wußtest, um Kinder zu bekommen, bedarf es zwei! Wenn du ständig in Gedanken bei deiner Hure bist, wie soll ich dann schwanger werden? Kein Wunder, weshalb Iuno mir nicht gnädig ist!", schrie ich ihm jetzt ins Gesicht. Mittlerweile hielt es mich nicht mehr auf dem Stuhl, auf dem ich die ganze Zeit gesessen hatte. Und dann spielte er auch noch auf unsere Ferien an, die uns recht spontan vor einigen Monaten nach Putoelli gebracht hatten.
    "Du wagst es tatsächlich, mich an Puteolli zu erinnern? DU??!! Das ist ja…", mir fehlten die Worte, ich war außer mir vor Zorn, so daß sogar die Ader auf meiner Stirn angeschwollen war.
    "Du hast mir heute Nacht doch bestätigt, daß diese Ehe nichts weiter als eine leere Hülle ist! Und sie hatte auch niemals die Chance, etwas Inhalt zu erhalten. Ich war von Anfang an bereit, dir alles zu geben: Meine Liebe, meine Treue und meine Loyalität. Aber du hast alles davon verschmäht." Der Zorn wich meiner Verzweiflung, die sich bislang erfolgreich zurückgehalten hatte. Doch jetzt drang sie wieder in den Vordergrund.
    "Du hast mir doch schon in unserer ersten Nacht unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß du meine Liebe nicht willst. Ich habe gekämpft um dich, Marcus. Weil ich es nicht glauben wollte. Warum hast du mir das nur angetan?" fragte ich schließlich schluchzend. Doch ich fing mich wieder.


    "Hättest du mit bereits in Puteolli von ihr erzählt, dann hätte ich dich dort schon verlassen," sagte ich, jetzt ganz ruhig und ohne Hohn.
    "Du hast mir niemals Glück geschenkt, nur unsägliches Leid!" Daraufhin wandte ich mich um, damit er nicht die Träne zu sehen bekam, die der Schwerkraft entsprechend, ihren Weg an miener Wange hinunter suchte.

    Mit einer solchen Reaktion hatte ich natürlich gerechnet. Selbstverständlich würde ihm der Abschied von der Alleinherrschaft nicht leicht fallen. Vielleich bekam er aber auch kalte Füße, wegen seiner kleinen germanischen Schlampe. Er dachte wohl, ich wolle sie ihm verbieten.
    "Aber natürlich kann ich das!" antwortete ich und lächelte dabei kühl. Mitunter waren seine Geschlechtsgenossen etwas schwer von Begriff, wen frau plötzlich Forderungen zu stellen begann.
    "Ja… Du achtest mein Wort, jedoch was du letztlich entscheidest, sind zwei Paar Schuhe," erwiderte ich. Wahrscheinlich sah er in mir nun das machthungrige, geldgeile und geltungsbedürftige Ungeheuer, was ich eigentlich gar nicht war und schon gar nicht sein wollte. Ich brauchte sein Geld nicht! Und in der Öffentlichkeit aus seinem Schatten treten, wollte ich auch nicht.
    Ich sah, wie sich in ihm der Zorn mehrte. Als ob er nun auch eingesehen hätte, daß diese tunica recta nur wertloser Tand gewesen war, warf er sie nun auch achtlos aufs Bett. Nein, meine Bedingungen schmeckten ihm absolut nicht!
    "Ach, glaubst du etwa, ich bestehe auf das hier, weil ich dir so deine kleine Hure verbieten könnte? Ach Marcus, hier geht es doch nicht nur um dich und mich. Ich denke da viel weiter. Sicher kann deine kleine Schlampe hier einziehen. Das bißchen Spaß gönne ich dir! Wenn du doch sonst keinen hast! - Ist das nicht schrecklich nett von mir?", noch immer lächelte ich, auch wenn dies kein echtes Lächeln war. Daß ich sie dulden würde, war mein Zugeständnis an ihn. Doch dies würde mein einziges sein.
    "Deshalb solltest du mir nun auch etwas entgegenkommen, in Bezug auf meine Forderungen! Und dabei verlange ich gar nicht, daß du mich wegen jeder Kleinigkeit erst um Erlaubnis fragen mußt. Nur wenn es um Dinge geht, denen mein Interesse gilt, möchte ich, daß du meine Meinung wohlwollend bei deiner Entscheidung berücksichtigst. Wäre das für dich annehmbar? Wenn nicht, dann solltest du jetzt besser gehen, denn dann haben meine Sklaven heute noch viel zu tun!"

    In abwartender Haltung verharrte ich, auf einen Gegenschlag seinerseits wartend. Gerüstet, für alles, was an verbalen Querschlägern auf mich herniederrasseln sollte. Doch weit gefehlt! Eine Bitte lediglich, äußerte er an mich, eine, die dem Ton nach ernst gemeint war. Er bat mich zu bleiben! Hört, hört! Er bat mich! Als er dann meinte, ich solle meiner Familie wegen bleiben, nicht ihm zuliebe, doch wenigstens meiner Familie zuliebe, seufzte ich tief.
    "Ich habe das alles so satt!", kam es aus mir heraus. Und damit meinte ich nicht nur die ewigen Diskussionen um unsere verkorkste Ehe. Natürlich war mir bekannt, was geschah, sobald ich diese Villa und somit auch meine Ehe hinter mir ließ. Der Mob würde über mich herfallen, würde mich zerfleischen. Geifernd würden sie sich ihre dreckigen Mäuler über mich verreißen. Ich wußte, was ich tat war gesellschaftlicher Selbstmord. Die letzte Chance auf Rettung stand dem potentiellen Selbstmörder kurz bevor er zum Sprung in die Tiefe ansetzte, offen. Die letzte Möglichkeit auf Umkehr. Genau an diesem Punkt war ich angekommen, kurz vor dem Sprung in den Abgrund, der den sicheren Tod bedeutete oder die Besinnung auf eine Zukunft, auf ein Weiterleben.
    Eine lange, quälende Pause entstand, die erst durch Marcus wieder durchbrochen wurde. Die Brisanz unserer Unterhaltung, die Folgen meines Wegganges für mich waren mir genauestens bekannt. Und was mir auch bekannt war, waren die Folgen für ihn. Die langjährige Freundschaft zwischen unseren Familien würden dadurch in die Brüche gehen, was sicher weitreichende Folgen hätte. Und dies sicher nicht nur in der Heiratspolitik.
    "Selbstverständlich bin ich mir über die Brisanz unsere Unterhaltung bewußt." Er hatte kein Dummerchen vor sich, auch wenn manche Männer ihre Ehefrauen dafür halten mochten.
    "Nun gut! Dann sehen wir es doch einfach unter dem geschäftlichen Aspekt! Denn nichts anderes war doch diese Ehe von Anfang an. Wenn ich hier bleiben soll, dann nur unter gewissen Bedingungen!" Auch ich meinte es ernst damit und daß ich mich in dieser Angelegenheit auf keine halbherzigen Kompromisse mehr einlassen würde, sollte eigentlich klar sein.
    "Ich verlange eine Mitentscheidungsgewalt über alles und jeden der in dieser Villa lebt und der dir untersteht, sei es Sklave, Klient oder Familienmitglied. Von außen her wird alles so aussehen, als hättest du alleine die Zügel in der Hand, so wie es immer war, doch ich werde ab heute die Entscheidungen gemeinsam mit dir treffen, was in der Villa zu geschehen hat und was nicht. Das ist meine Bedingung, nicht mehr, aber auch nicht weniger!" Ob er bereit war, diesen Preis zu zahlen? Schließlich wäre er dann nicht mehr alleine Herr über das eigene Heim.

    Nicht nur die Sklaven, auch ich sahen überrascht zur Tür, als diese sich öffnete. Offenbar gebärdete sich der Hausherr einmal wieder als solcher, als er einfach so, ohne vorher anzuklopfen, eintrat. Die Sklaven hielten inne in ihrem Tun und als die Aufforderung kam, das Zimmer zu verlassen, sahen sie mich erst an, bevor sie der Anordnung Folge leisteten.
    "Wartet draußen, wir machen gleich weiter!", sagte ich ihnen und entließ sie damit. Ich sah ihnen noch nach, bis auch die letzte Sklavin hinausgetreten war und die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    Erst dann wandte ich meinen Blick an Marcus, dem die tunica recta aufgefallen war, die soeben auf dem Boden gelandet war. Er hatte sie sogar aufgehoben und befühlte den Stoff. Weshalb er das tat, war mir schleierhaft. Auch fragte ich mich, was er hier wollte. Wir hatten uns alles gesagt und mein Entschluß stand fest. Also, was bitte schön, hatte ihn hierher getrieben? Etwa die Einsicht, einen Fehler begangen zu haben? Wohl kaum! So gut kannte ich ihn bereits, um zu wissen, daß dies nie geschehen würde.
    "Was willst du hier?", fragte ich kühl, damit wir uns nicht endlos anschweigen mußten. Natürlich war diese Frage provokant, so sollte es auch sein. Die Zeit, um Süßholz zu raspeln war längst vorbei.

    "Das geht mit, das auch, das nicht, aber das…" Auf einem Stuhl sitzend, gab ich Charis monotone Anweisungen, welche Kleidungsstücke sie einzupacken hatte und welche zurückbleiben konnten. Schon einige Stunden ging das so, seitdem sie von ihrem freien Nachmittag zurückgekehrt war.
    Mit einem gewissen Unbehagen, welches sie versuchte, vor mir zu verbergen, hatte sie meinen Entschluß auszuziehen, aufgenommen. Doch sie fügte sich, so wie sie es immer tat, wenn sie mit Neuerungen konfrontiert wurde. Sie versuchte erst gar nicht, mich davon abzubringen, da sie wußte, daß sie so meinen Zorn herausforderte.
    Still war sie an ihre Arbeit gegangen, hatte es nicht einmal gewagt, zu fragen, wohin es von hieraus ging. Hätte Charis mir diese Frage gestellt, ich hätte sie selbst nicht zu beantworten gewußt. Natürlich hätte ich zur Villa Flavia gekonnt, doch dies wäre für mich keine Option gewesen. Mein Ziel mußte außerhalb von Rom liegen. Wenn ich vor diesem Leben floh, dann durfte es nicht halbherzig geschehen.


    "Was soll damit geschehen, Herrin?", fragte Charis zögerlich und hielt mir dabei meine tunica recta entgegen. Dies war mein Hochzeitsgewand, was ich an meinem vermeintlich schönsten Tag im Leben getragen hatte. Konsterniert sah ich zu meiner Sklavin und damit auch zu jenem verhängnisvollen Stück Stoff, den ich einst mit so viel Mühe selbst gewebt hatte.
    "Das bleibt da," antwortete ich voreilig und wollte mich schnell mit etwas anderem beschäftigen. Vielleicht lag es an Charis´ Zögern, die tunica beiseite zu legen, daß sie mir erneut ins Auge fiel. "Nein, wirf es weg!", entschied ich. Aber die Sklavin zögerte immer noch.
    "Meinst du wirklich, Herrin?" Die Sklavin war mutig, so etwas zu fragen! Ich spürte, wie wieder die Wut in mir aufstieg.
    "Sehe ich etwa aus, als ob ich scherze?" Charis schluckte und warf die tunica recta zu Boden, dahin wo alle ausgemusterten Kleidungsstücke gelandet waren, die weggeworfen werden sollten.

    Noch ein wehmütiger Blick zu dem Sklaven, der wirklich zum anbeißen aussah, ein Seufzer und schließlich ein Lächeln, als Antwort für Priscas dankende Worte. Ich hatte ihn mir doch tatsächlich durch die Lappen gehen lassen! Doch ich würde ihm im Auge behalten.
    "Ach, du weißt noch gar nichts davon? Marcus hatte die Idee, die Pferdeställe abreißen zu lassen und einen weiteren Trakt anbauen zu lassen. Dabei soll auch ein neues Peristryl entstehen." Priscas Zugeständnis , mir den Sklaven dafür zu überlassen, milderte etwas das Gefühl, etwas verloren zu haben. Nun ja, es war schon etwas befremdlich, daß außer uns beiden niemand Interesse an dem Sklaven bekundet hatte. Umso besser für uns!
    "Dieser Pöbel ist mit einem solchen Prachtexemplar schlichtweg überfordert! Schau sie dir doch an? Sehen die etwa aus, als könnten sie mit einem Künstler etwas anfangen?", meinte ich beschwichtigend zu Prisca und verwies auf die Menge um uns herum.
    Ja, ja, mit Fortunas Gnade und meiner Gutmütigkeit hatte Prisca bekommen, was sie wollte. Ich hatte nun etwas gut bei ihr. Hoffentlich vergaß sie das nicht!
    "Ach nein, ich habe heute nichts mehr vor, außer mich nun nach Hause zu begeben. Daher werde ich dich sehr gerne begleiten," antwortete ich lächelnd und begab mich wieder zu meiner Sänfte, nachdem ich noch einen letzten Blick dem Sklaven gewidmet hatte.

    War mir seit letzter Nacht einiges klar geworden, dann daß ich keine Lust mehr verspürte, mich zu verstellen. Zwar hatte ich noch unmittelbar nach seinem Geständnis das Bedürfnis verspürt, ihm zu beweisen, daß ich die bessere für ihn war. Nun aber, nachdem ich es ausgesprochen hatte, gehen zu wollen und nicht mehr gewillt war, weiter um ihn zu kämpfen, verspürte ich eine ungemein große Erleichterung!
    Wenn ich ging, dann ging ich weit fort, irgendwohin, wo mich niemand kannte und wo es keinerlei Bedeutung hatte, ob ich nun Flavia Celerina war, die Gattin eines Senators von Rom.
    Und daß er nun nicht einmal den Mumm besaß, mich aufhalten zu wollen, mich in seine Arme einzufangen, war im Grunde nur noch eine Bestätigung dafür.
    Seinen Worten maß ich keinerlei Bedeutung mehr bei. Sie waren leere Hülsen für mich.
    Ich ging langsam von dannen, ohne Umwege direkt in die Villa. Unterwegs gab ich einem der Sklaven die Anweisung, alle die in meinem Besitz befindlichen Sklaven zu mir in mein cubiculum zu schicken.
    Dort teilte ich ihnen mit, daß ich auf eine längere Reise gehen wollte. Sie sollten damit beginnen, alles reisefertig zu machen, damit es morgen, spätestens übermorgen los gehen konnte.
    Als dann am Abend auch meine Charis ganz unbeschwert von ihrem Stadtbummel zurückkam, überraschte ich sie mit den Neuigkeiten. Sie fing sofort damit an, zu packen.

    Priscas Antwort bestätigte meine Vermutung. Hätte ich sie deshalb von nun an meiden sollen? Aber was hatte sie damit zu schaffen? Weshalb hätte ich ihr böse sein sollen? Sie war doch nur zwischen die Fronten geraten und hatte das getan, was man von einem Vertrauten erwartete. Nur war mir bislang noch nicht ganz klar, auf wessen Seite sie stand. Logisch wäre gewesen, hätte sie Partei für ihren Onkel ergriffen. Selbst dann, wenn sie gewußt hätte, was er mit dieser germanischen Schlampe vor hatte?
    Prisca jedoch erwies sich als neutral in dieser Sache. Ich konnte ihr nur beipflichten.
    "Du sagst es, Prisca! Ich hätte nichts dagegen gehabt, wäre sie für ihn nur ein netter Zeitvertreib gewesen. Doch er liebt dieses Flittchen! Kannst du dir das vorstellen, Prisca? Er liebt sie!" Jede Frau unseres Standes hätte sich fragen müssen, was ihn dazu bewogen hatte, sich mit dieser Sklavin einzulassen. Sie für die Befriedigung seiner Lust zu benutzen und sie schlimmstenfalls dabei zu schwängern, war eine Sache, die jede von uns hätte nachvollziehen können, ja sogar akzeptieren können. Doch tatsächlich wahre Gefühle für sie zu entwickeln, das grenzte fast an Wahnsinn!
    Aber offenbar hatte Marcus seine Nichte nicht voll und ganz in Kenntnis gesetzt. Daß er dieses Weib nun samt ihres Balgs herzuholen gedachte, war auch Prisca neu. Mit einer ähnlichen Fassungslosigkeit, mit der ich am Abend zuvor Marcus angeblickt hatte, starrte sie mich nun an.
    "Ja, das will er! Kannst du dir vorstellen, welch eine Demütigung das für mich ist? Ich weiß nicht, was ich tun soll, Prisca! Zum ersten Mal, seitdem ich hier bin, weiß ich nicht, was ich tun soll!", sagte ich, in voller Verzweiflung. Natürlich rechnete ich nicht damit, von Prisca irgendwelche Ratschläge in dieser Sache zu erhalten, denn ich hielt sie einfach noch zu unerfahren dafür. Doch sie konnte sich als diejenige beweisen, dir mit zuhören und vielleicht sogar Trost spenden konnte.
    Doch was war das? Was sagte sie da? Sie war schuld? Ich sah zu ihr auf. Sah sie forschend an, als spräche sie einen mir unbekannten Dialekt, den niemand außer sie selbst verstand.
    "Wie meinst du das, Prisca?", fragte ich vorsichtig. Hatte ich sie am Ende doch völlig falsch eingeschätzt?

    Zitat

    Original von Marcus Vinicius Hungaricus
    Eigentlich sollt ich betrübt sein. Aber dann denk ich mir, daß es für mich auch ok ist, wenn ihr von Argentinien rausgeschmissen werdet. :D


    *räusper* Wie war das denn gleich noch? Die Argentiner gehen Koffer packen? :D :D :D

    Mein Entschluß, zu gehen, wuchs mit jedem Atemzug. Ich hatte erkannt, daß dies die einzige Möglichkeit war, um doch noch eines Tages das zu finden, wonach ich mein Leben lang gesucht hatte. Auilius hatte es damals genau richtig gemacht! Auf dem Höhepunkt seines Erfolges hatte er der Familie und der Stadt den Rücken gekehrt. Wahrscheinlich führte er nun ein unbeschwertes Leben und genoß es, in der Nacht in den Armen seiner liebenden Frau einzuschlafen.
    Nein, zu gehen, war das Beste, was ich noch tun konnte um nicht als unglückliche alte Frau eines Tages zu sterben, die man irgendwann ins Abseits gedrängt hatte. Meine große Schwäche war es einfach, zu sehr meinen Gefühlen nachzuhängen. Ich wußte, wenn ich bliebe, dann würde ich Höllenqualen erleiden.
    Sein energisches Nein, ließ mich erst aufblicken. Ich machte mir deswegen keine Hoffnungen mehr. Er würde sich dadurch nicht umstimmen lassen. Nicht für mich!
    "Ich bin nicht deine Frau, Marcus," antwortete ich entmutigt. "Ich bin nur zierendes Beiwerk, mehr nicht. Etwas, mit dem du dich schmücken kannst und mit dem du vielleicht Eindruck schinden kannst. Aber ich kann so nicht leben, Marcus! Ich habe mir nach dem Tod meines ersten Mannes geschworen, nie wieder nur schmückendes Beiwerk zu sein. Auch ich habe ein Anrecht auf Liebe und Glück! Es tut mir leid!"
    Für mich gab es nichts mehr, was mich noch länger hielt. Es gab nichts mehr zu sagen. Ich strich meine Tunika glatt und war im Begriff mich von der Kline zu erheben. Aufrecht und erhobenen Hauptes, so wollte ich gehen.
    Die Sonne und das schöne Wetter hatten ihre Bedeutung, sowie auch ihre beruhigende Wirkung verloren. Bis Charis aus der Stadt zurück war, wollte ich in meinem cubiculum auf sie warten.

    Natürlich waren mir Priscas interessierte Blicke nicht verborgen geblieben. Sie hatte eben auch einen guten Geschmack. Und als der Grieche endlich seine Sprache fand und sie auch prompt gebrauchte, war ich sehr entzückt davon. Er war nicht nur gutaussehend und künstlerisch begabt, sondern auch noch gebildet dazu. Und das alles für einen Spottpreis von schlappen fünfhundert Sesterzen!


    Zu meinem Leidwesen hegte nun die junge Aurelia ebenfalls den Wunsch, den Sklaven zu erwerben. Nun war ich doch tatsächlich hin und her gerissen. Sollte ich ihn ihr überlassen oder sollte ich es mir mit ihr verscherzen und darauf bestehen, daß ich ihn bekam. Ach, was soll´s, dachte ich. Wenn sie ihn kauft, dann ist er unter dem gleichen Dach. Es wäre töricht gewesen hätten wir uns gegenseitig Konkurrenz gemacht.
    "Na gut! Aber ich nehme dich beim Wort, liebe Prisca! Du kannst ihn haben. Aber ich würde ihn gerne für die Gestaltung des neuen Peristyls haben!", gab ich mit einem Augenzwinkern zurück. Natürlich würde ich trotzdem wachsam bleiben, damit uns nicht noch jemand zuvor kam.