Beiträge von Flavia Celerina

    Wem sollte ich mich jetzt noch anvertrauen? Wer war verschwiegen genug und trug nicht das nach außen, was in diesem Haus gesprochen wurde und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war? Septima war fort. Die Zwillinge erachtete ich noch als zu jung für meine Sorgen. Antonia hätte ich aufsuchen können, doch vorerst wollte ich nicht, daß Marcus´ kleines Geheimnis und meine daraus resultierende Schmach die Villa verließ. Ich konnte für nichts garantieren, wenn dies meine Familie davon erfuhr. Blieb also nur noch Prisca. Sie war zwar noch nicht verheiratet, doch hätte sie um ein Haar meinen Onkel geehelicht. Wie man so hörte, bestand doch noch die Möglichkeit, sie in die Villa Flavia zu verheiraten. Aulus Flavius Piso, so hieß der mögliche Kandidat. Auch wenn ich nicht viel für ihn übrig hatte, so hätte ich doch eine Verbindung mit ihm zugestimmt, wenn es denn überhaupt so weit kam. Doch deswegen hatte ich Charis nicht zu Prisca geschickt, um sie um ein Treffen zu bitten. Ich war auf der Suche nach einer Schulter, der ich all meinen Kummer anvertrauen konnte. Sie war eine junge Frau, sie würde mich verstehen und sie konnte mir vielleicht auch ein wenig Trost spenden.


    So wartete ich volle Ungeduld in meinem cubiculum auf die Rückkehr meiner Sklavin und Priscas Antwort. Jedes Mal wenn ich vor meiner Tür Schritte vernahm, sah ich gespannt zur Tür. Doch niemand trat ein. Wo sie nur blieb?

    Jeder Schüler kann in der Physikstunde durch Versuche nachprüfen, ob eine wissenschaftliche Hypothese stimmt. Der Mensch aber lebt nur ein Leben, er hat keine Möglichkeit, die Richtigkeit der Hypothese in einem Versuch zu beweisen. Deshalb wird er nie erfahren, ob es richtig oder falsch war, seinem Gefühl gehorcht zu haben.


    Milan Kundera, Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins



    Die Spuren der letzten Nacht waren auch am nächsten Morgen unübersehbar gewesen. Es war nicht einfach gewesen, mit der neuen Situation zurecht zukommen. Vorerst wollte ich auf eine weiteres Aufeinandertreffen mit meinem Mann verzichten. Wieder hielt ich mich nur in meinen Gemächern auf, denn vorerst spürte nicht das Bedürfnis, diese jemals wieder zu verlassen. Jedoch erinnerte ich mich rasch wieder an jene bleierne Tage, an denen ich in meinem cubiculum verschanzt hatte und mich gehen gelassen hatte. Soweit wollte ich es diesmal nicht mehr kommen lassen. Denn ich redete mir ein, für die Zukunft gewappnet sein zu müssen. Wenn sie erst einmal wieder hier war, mußte ich ebenso präsent sein. Ich war mir meiner Rolle aus Herrin des Hauses wohl bewußt. Dabei konnte ich mir keine Schwächen mehr leisten. Marcus sollte in Zukunft in mir die starke, unnahbare Frau erkennen, die sich in der Gegenwart anderer nie wieder zu einer Gefühlsregung anstiften lasen würde. Mir war wohl bewußt, wie schwer dies werden würde.
    Am frühen Nachmittag hatte es mich hinaus in den Garten gezogen. Der Garten, den wir beide doch so liebten und der uns einst zusammengebracht hatte. Die Sklaven hatten mir eine Kline hinausgetragen, auf der ich Platz genommen hatte. Charis hatte mich mit Getränken und Obst versorgt und mich danach allein gelassen. Ich hatte ihr für den Rest des Tages frei gegeben und sie mit einem Beutel voller Münzen in die Stadt geschickt. Erst hatte sie mich ganz verblüfft angeschaut, aber als sie realisiert hatte, daß ich es ernst meinte, hatte sie sich dankend entfernt.
    Nun lag ich hier, inmitten des Grüns und lauschte dem lieblichen Gesang der Vögel und dem Summen der emsigen Bienen. Welch ein Idyll! Wäre da nur nicht die befleckt anmutende Realität gewesen, die immer wieder durchschimmerte, wenn man ihrer gedachte.


    Sim-Off:

    Reserviert :D!

    Arbeits- bez. Partybedingt bin ich morgen nicht da. Übermorgen auch nicht und ob ich am Freitag da bin, hängt definitiv vom Wetter ab. :D


    Ach ja, heute Abend schau ich vielleicht noch mal rein. ;)

    Eine solche Option hatte er selbst wohl noch nicht in Betracht gezogen. Doch sie bestand und je länger es sich hinzog, um so größer wurde die Gewißheit, daß dies der Grund war, weshalb ich nicht schwanger wurde. Wahrscheinlich glaubte er nun, eine Frau geheiratet zu haben, die er nicht liebte und die zudem auch noch infertil war. Doch ich allein wußte, daß es nicht so war! Ich konnte Kinder empfangen. Ob ich sie austragen konnte, hatte sich bisher noch nicht bestätigt. Doch ich war nicht unfruchtbar! Mit Ekel dachte ich daran zurück, als ich meinen Zustand gewahr wurde, in den mich diese widerliche Bestie Gorgus gebracht hatte. Es war ganz selbstverständlich gewesen, daß diese Saat niemals aufgehen durfte!
    Ich erinnerte mich, die alte Hexe, die seinerzeit den Abort vorgenommen hatte, hatte erwähnt, daß es hernach schwierig sein konnte, noch einmal ein Kind zu empfangen. Doch ich wollte nicht wahrhaben, was nicht sein durfte. Auch in diesem Punkt sollte ich mir langsam bewußt werden, daß ich in der Realität angekommen war. Ich wollte ihm nun auch nicht mit alten Geschichten kommen, die als Entschuldigung für meine Kinderlosigkeit herhalten sollten. Ich wollte nie wieder ein Wort darüber verlieren, was während meiner Entführung stattgefunden hatte. Es sollte nicht sehen, wie ich litt und bereits gelitten hatte.
    Was also tun, mit der ungeliebten, infertilen Frau? Eine Antwort blieb er mir schuldig, was dies betraf.
    Eine andere Antwort jedoch lieferte er mir. Im Grunde war es nur eine Bestätigung dessen, was ich bereits geahnt hatte. Natürlich ein Junge! Dies war weiteres Salz in meinen Wunden. Doch dies war zu viel des Guten! Ich konnte nicht mehr!
    "Bitte geh jetzt! Geh!" Noch länger in einem Bett neben ihm liegen, das konnte ich nicht! Nicht nach alldem, was ich heute Nacht erfahren hatte.

    Warum sollte er es nicht tun? Ich war mir unschlüssig geworden, ob ich überhaupt noch in der Gunst der Götter stand, wenn sie mir eine solche Bürde auferlegten. Also konnte es durchaus auch möglich sein, daß diese Ehe kinderlos blieb. Und daß er die Fähigkeit besaß, Kinder zu zeugen, hatte er ja bereits bewiesen. So lag es nunmehr an mir selbst, wenn der ersehnte Nachwuchs ausblieb.
    "Ich meinte, was wirst du tun, wenn eine Schwangerschaft ausbleibt? Mittlerweile schwindet meine Hoffnung. Ich glaube fast, die Götter strafen mich. Warum sonst gewähren sie ihr ein Kind und mir nicht? Ist es eigentlich ein Junge oder ein Mädchen? Nein, laß mich raten. Es ist ein Junge, nicht wahr?"
    Dieses Gespräch war so unglaublich deprimierend! Die nächsten Tage und Wochen würden schwer für mich werden. Ich hatte diese neue Situation zu akzeptieren. Anderenfalls mußte ich gehen. Aber war es das wert? War es das wirklich wert? Mich zum Gespött der ganzen Stadt zu machen, nur weil mein Mann eine Geliebte hatte? Dieses Miststück war es nicht wert. Sie würde nie meinen Platz einnehmen können. Das mußte ich mir nur lange genug einreden, bis ich es dann endlich glauben konnte. Trotzdem, ein Traum, mein Traum war heute Nacht zerplatzt.

    Kaum hatte ich es ausgesprochen, so rankten sich meine Gedanken um diese Option. Zu gehen, um nicht das fünfte Rad am Wagen zu sein und Marcus geheimer kleiner Familie im Wege zu stehen. Einfach gehen, wohin wußte ich selbst nicht. Einfach nur nicht mehr präsent sein, um miterleben zu müssen, wie sie wieder hier war und er vor allen Sklaven des Hauses sein Liebesleben ausleben konnte, während ich als die Verschmähte in meinen Räumen versauern mußte.
    Doch sogleich machte er mir diese eine Fluchtmöglichkeit zunichte. Mit einer Selbstverständlichkeit wollte er mich hier haben, an seiner Seite. Was hätte es auch sonst für einen Eindruck gemacht, wäre ich gegangen.
    Auf meine beiden Fragen aber konnte er mir keine Antworten geben. Das mußte ich schon selbst herausfinden. Doch auf eines konnte sich dieses germanische Scheusal gefaßt machen, ich würde ihr Leben zur Hölle machen. Sie sollte wissen, mit wem sie sich angelegt hatte! Das schwor ich mir.
    Sein Angebot, den Parther aus seiner Verbannung wieder zurückbringen zu lassen, empfand ich in jenem Moment als Farce. Der Parther bedeutete mir absolut nichts! Er hatte lediglich als Sündenbock herhalten müssen. Mir tat es in meinem Innersten weh, daß ich Chimerion hatte gehen lassen. Doch davon hatte Marcus natürlich nicht die leiseste Ahnung. Für ihn war der Parther der Übeltäter gewesen und nicht der Thraker.
    "Wie du meinst," antwortete ich belanglos. Lediglich Charis würde sich über seine Rückkehr freuen. Und ich mußte dann dafür sorgen, daß er Verschwiegenheit bewahrte, über das, was war. Doch noch war Phraates nicht zurück. Und bis dahin konnte noch so viel passieren. Eines aber war sicher! Wenn ich ihm den ersehnten Erben gebar, dann war ich wieder frei! Wenn...


    "Und was, wenn nicht? Wirst du mich dann fortschicken?" Wenn wir schon dabei waren, dann wollte ich auch wissen, was mir bevorstand, wenn die Götter mir nicht wohlgesonnen waren.

    "Wie ich sehe, bist im Besitz einer sehr guten Auffassungsgabe. Das ist sehr gut! Natürlich wirst du mich vorher um Erlaubnis bitten! Ich möchte vorher gerne im Bilde sein, wenn sich meine Sklaven verpaaren. Das wirst du doch verstehen, nicht wahr?" Ein wenig wurde ich ungehalten, über diese Fragerei. Warum mußte jede meiner Anordnungen erst hinterfragt werden? Konnte er mein Wort nicht als Gegeben anerkennen?
    Und schon wieder! Diesmal wegen der Tätowierung. Ich seufzte. "Woher soll ich das wissen? Sie soll im Falle eines Falles Aussage darüber geben, wem du gehörst," gab ich Schultern zuckend zur Antwort und wandte mich zu meiner Sklavin. "Charis, wo kommt diese Tätowierung hin?"
    Die Sklavin sah kurz auf und antwortete. "Für gewöhnlich in den Nacken, Herrin."
    "Nun, jetzt weiß du es! Ich nehme an, das war nun alles. Wenn du noch Fragen hast, dann wende dich an Charis oder behellige Brix damit. Du darfst nun gehen!" Damit entließ ich den Sklaven und hoffte, nun noch etwas Ruhe zu finden.

    Es war weniger die Gravitas, die mich daran hinderte, wie eine wildgewordene Furie zu toben. Vielmehr war es der Schock, der mich vorerst noch ruhig stellte, damit mich dieser abgrundtiefe Schmerz nicht sofort überrannte, der zweifelsohne noch kommen sollte, sobald ich mir klar geworden war, das alles, was ich versucht hatte, sinnlos war. Ich hatte von Anfang an gar keine Chance gehabt, das sollte mir auch bald bewußt werden. Denn sie war mir stets ein Schritt voraus und darüber hinaus würde sie mir auch in Zukunft immer einen Schritt voraus sein. Um mir über die Zukunft klarzuwerden, war ich in diesem Moment noch nicht bereit. Noch schwebte ich in einem Lähmungszustand, der mich festhielt aber mit der Zeit schwächer wurde.
    Allmählich begann es zu sickern. Ich begann zu realisieren, welche Ausmaße seine Worte hatten. Auch wenn das eigentliche Geständnis bisher noch unausgesprochen geblieben war, so hatte ich doch verstanden.
    Ich mußte feststellen, daß alles um mich herum kalt und leblos war und, was noch wesentlich schlimmer war, glaubte ich daß es schon die ganze Zeit so gewesen war, denn niemand liebte mich. Selbst wenn ich nun genauer darüber nachdachte, dann hatte auch Chimerion mich nie wirklich geliebt. Er hatte sich vielleicht mir gegenüber verpflichtet gefühlt hatte. Aber ob dies wahre Liebe war? Ich bezweifelte es. Das angestrebte Ziel also war ein Leben an der Seite eines Mannes, der mich nicht liebte und der im Begriff war, diese Frau, die zweifellos seine Geliebte war, zurück an seine Seite zu holen. Und sein Kind!
    Ohne jede Regung hatte ich so die ganze Zeit verharrt und ins Leere gestarrt. Auch dann, als er meine Hand ergriffen hatte und sie wieder los ließ. Sein Angebot, Fragen zu stellen erschien mir plötzlich als besondere Tortur. Wenn er mich dadurch zwang, über sie nachzudenken oder zuzuhören, wie und seit wann er sie liebte. Wie sehr wollte er mich noch verletzten? Und ich? Wie viel konnte ich noch ertragen?
    "Wie soll ich weiterleben, wenn sie da sein wird? Wie soll ich ihr begegnen, wenn ich sie sehe? Und das werde ich zweifellos, wenn ich hier bleibe." Wenn ich hier blieb…

    Schon beizeiten wurde ein Mädchen von seiner Mutter zur Seite genommen, um ihm den alleinigen Sinn und Zweck seines Daseins zu erläutern. Die ganze Erziehung dieses Mädchens baute darauf, auf daß es eines Tages, wenn die Zeit gekommen war, ganz den Traditionen entsprechend, seine Pflicht erfüllte, eine gute Ehefrau und Mutter zu werden. Von Liebe war niemals die Rede gewesen. Liebe war nur störend für die großartige Aufgabe, die ein Mann und eine Frau zu bewältigen hatten. Liebe und Zuneigung war etwas für Träumer oder für Verfasser von Schnulzengeschichten.
    Ich hatte das gewußt. Auch ich war beizeiten von meiner Stiefmutter zur Seite genommen worden und sie hatte mir damals mit einfachen Worten zu erklären versucht, was eines Tages auf mich zukommen sollte. Als Kind konnte man es kaum erwarten, endlich groß zu werden, um den vorgefertigten Weg zu beschreiten. Und um dann festzustellen, welche Bürde man auferlegt bekommen hatte.
    Ja, so war es mir ergangen. Ich hatte jeden einzelnen Tag im Stillen dafür gebetet, daß all dies eines Tages an mir vorüber gehen mochte, bevor ich daran endgültig zerbrach.
    Nach einer Fehlgeburt und sieben langen Jahren war ich erhört worden. Dann hatte ich geglaubt, wenn ich selbst mein Leben in die Hand nahm, würde ich endlich das erfahren, wonach es mich all die Jahre gedürstet hatte.
    Und jetzt holte mich das Leben erneut ein. Ohne jegliche Regung hatte ich vernommen, was mir Marcus antwortete. Ich fühlte mich an jenen Augenblick mit meiner Stiefmutter zurückerinnert, als ich sieben oder acht Jahre alt war. Auch damals hatte ich still und aufmerksam ihren Worten gelauscht und hätte es niemals gewagt, sie zu fragen, warum das so sein mußte.


    Meine Augen lasteten schwer auf ihm. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, in der ich kein einziges Wort sagte, keinerlei Regung meinen Körper durchfuhr. Lediglich mein Atem, der verdächtig ruhig war, vermochte man zu erahnen.
    Was hätte ich auch darauf erwidern sollen? Hätte ich ihm eine Szene machen sollen, ihn gar aus meinem Bett verjagen sollen? Das hätte nichts daran geändert. Gar nichts. Es war, wie es war.


    "Warum sie? Warum ausgerechnet sie?", fragte ich schließlich, als ich selbst diese Stille nicht mehr ertragen konnte.

    "Mit Gewalt?" Da mußte ich doch grinsen. Offenbar hatte er noch nicht verstanden, was es hieß, Sklave zu sein. "Nun, es ist keine Frage von Gewalt oder Lust! Wenn ich es sage und auch nur dann, wenn ich es sage, kannst du dir sie nehmen. Und sei unbesorgt, sie wird sich fügen, nicht wahr, Charis?"
    Die Sklavin erschrak, als sie ihren Namen fallen hörte, doch sie fing sich rasch wieder, so daß auch gleich darauf ein "Ja, Herrin" zu hören war.
    "Nun, du siehst, deine Sorge ist gänzlich unbegründet." Auch ich nahm nun einen Schluck Wein und betrachtete mir das Gesicht des Galliers genau.
    "Im Augenblick ist das alles." Bevor ich ihn jedoch entlassen konnte, fiel mir noch etwas wichtiges ein.
    "Ach, ehe ich es vergesse, in diesem Haus ist es üblich, die Sklaven mit einer Tätowierung zu kennzeichnen." Zwar waren Charis und Chimerion niemals tätowiert worden, weil dies in der Villa Flavia nicht als notwendig erachtet worden war, doch wollte ich mich mit dem neuen Sklaven gerne diesem Usus beugen. "In den nächsten Tagen wird wohl man sich deiner sicher annehmen. Im Zweifelsfall wende dich einfach an Brix."

    Die Leichtigkeit hatte mich kurz verlassen, als ich über meine erste Ehe gesprochen hatte. Selbst jetzt saß der Schrecken noch tief, die erlittene Pein einfach zu vergessen. Septima konnte sich wirklich glücklich schätzen, daß man sie mit Ursus vermählt hatte. Auch wenn meine Beziehung zu ihm in den letzten Wochen etwas gelitten hatte, so gab es doch keinen Zweifel daran, daß seine Qualitäten als Ehemann hervorragend waren.
    "Seine erste Frau? Nun, ehrlich gesagt weiß ich das gar nicht so genau. Darüber hat er niemals gesprochen." Im Grunde hatten wir kaum miteinander gesprochen. In dieser Ehe hatte es an jeglichen Gemeinsamkeiten gefehlt.
    Ich war froh, daß Septima auf diesem Thema nicht weiter herumritt. Hätte sie mehr gewußt, sie hätte mich wahrscheinlich mit ganz anderen Augen gesehen. Dann hätte sie feststellen können, wie schwach ich sein konnte, wenn man mir den Boden unter den Füßen entzog.
    "Ja, das hast du! Daran besteht gar kein Zweifel. Ich könnte mir auch nicht vorstellen, daß er dir auch nur einen Wunsch verwehrt," pflichtete ich ihr bei und strahlte sie dabei an. Ja, wenn man die beiden beobachtete, fragte ich mich manchmal, ob ich mir nicht den falschen Aurelier ausgesucht hatte. Aber nein, an so etwas wollte ich gar nicht denken! Marcus war ein guter Ehemann, voller Nachsicht und Güte und wie sich gezeigt hatte, konnte er auch vergeben.


    Die Tiberia machte es dem neuen Sklaven nicht unbedingt einfach. Nun blieb sie auch noch bei ihm stehen, um ihn genauer zu inspizieren. Mir kam es erst gar nicht in den Sinn, mich in den Sklaven hineinzuversetzen, was in ihm gerade vorgehen mußte. Jedenfalls hatte er sich gut im Griff. Solchen Barbaren sagte man ja auch oft nach, daß sie sich gerne auf unschuldige Frauen stürzten, wenn sie erregt waren. Glücklicherweise tat er es nicht, denn ich hatte es versäumt, vor dem Balneum einige Custodes postieren zu lassen, die uns im Notfall zur Hilfe hätten eilen können.


    Doch nachdem Alexandros zu uns gestoßen war, mußte wohl oder übel jenes Knistern, was in der Luft gelegen hatte, weichen. Sobald er den Mund aufgemacht hatte, war es wirklich schwierig, sich im Griff zu behalten und sich nicht über ihn lustig zu machen.
    "Nun, du hast es gehört! Entferne ihm die Haare mit Wachs!", antwortete ich Alexandros und versuchte dabei nicht zu grinsen. Selbstredend ignorierte ich völlig Aedans Einwurf, der ganz und gar irrelevant war. Lediglich die Barthaare entfernte man mit einer Rasierklinge. Außerdem stand es ihm nicht zu, sich zu äußern, wenn er nicht gefragt worden war. Es war ohnehin schon damit zu rechnen, daß sich Alexandros nicht nur auf das Entfernen der Haare bei diesem Sklaven beschränkte.
    "Nimm ihn mit dir und bringe ihn erst wieder, wenn er gänzlich von seiner Körperbehaarung befreit ist." Damit wandte ich mich wieder um und maß den beiden Sklaven keinerlei Aufmerksamkeit mehr bei.


    Alexandros verbeugte sich leicht. "Wachs! Ja, das ist gut! Wie´s die Damen wünschen! Ich bring ihn dann wieder!" Dann glitt sein vielversprechender Blick zu dem nackten Sklaven. Ihm gefiel auch was er sah.
    "Mei, schaust du gut aus! Komm, gehen wir!"


    Als die beiden Sklaven bereits im Begriffen waren zu gehen, war es Alexandros neues Parfum, was die Aufmerksamkeit Septimas erregte. Natürlich teilte ich ihr Interesse. Es gab nichts besseres, als den eigenen Parfumeur im Hause zu haben. So winkte ich Charis mit der Phiole herbei. Als sie sie öffnete, konnte man einen blumigen Duft wahrnehmen, der auf den einen oder anderen vielleicht etwas schwer wirkte.
    "Und? Was meinst du?" fragte ich Septima.

    Die Frage des Aedituus ließ mich erst zögern. Als er sich uns kurz abwandte, um der Popa Anweisungen für unser bevorstehendes Opfer zu geben, warf ich einen kurzen fragenden Blick zu Septima. Sie hätte wohl sicher nichts dagegen, wenn unser Anliegen Erwähnung fand. Es war doch ganz natürlich, wenn frisch verheiratete Frauen um eine baldige Schwangerschaft baten. Nun ja, meine Hochzeit lag nun schon einige Monate zurück. Aber warum sollte ich nicht dafür beten, was mir bislang verwehrt geblieben war?
    "Wir möchten gerne die erhabene Göttin um eine baldige Schwangerschaft bitten," antwortete ich dem Aedituus, als er sich uns wieder zuwandte.

    Ja, ich hatte geträumt. Doch auch diese Feststellung vermochte es nicht, mich in irgendeiner Weise von den bösen Vorahnungen zu befreien. Ich versuchte, mich wieder zu beruhigen, um mich nicht vollends von meinen Gefühlen überwältigen zu lassen und auch um letztlich wieder einen klaren Gedanken fassen zu können.
    Auch Marcus hatte nun verstanden, daß es mit beschwichtigen nicht mehr getan war. Er nahm seine Hand von meiner Schulter.
    Auch wenn ich sein Gesicht in der Dunkelheit nicht sehen konnte, konnte ich mir dennoch vorstellen, welche ernste Miene er nun aufgesetzt haben mochte, wie seine Stirn ob der Ernsthaftigkeit der Situation oder wegen des puren Ärgers in Falten lag. Ich fürchtete schon, mein Mut würde sinken. Den Mut zu verlieren, der mich dazu veranlaßt hatte, mich so weit hinaus zu lehnen, ihn offen auf dieses Kind anzusprechen und all den Dingen, die damit zusammen hingen. Natürlich, wenn das Kind dieser Sklavin von ihm gezeugt worden war, dann hatte es keinerlei Ansprüche. Es war nicht legitim. Und dennoch hätte es mich ungemein verletzt, wenn dem so war. Natürlich, ich wäre nicht die einzige Frau auf der Welt gewesen, die auf diese Weise von ihrem Mann betrogen worden wäre. Die meisten Männer fühlten sich irgendwann einmal zu ihren Sklavinnen hingezogen. Das war auch nicht weiter verwerflich, nicht für den Mann. Wenn dann dadurch tatsächlich Kinder gezeugt wurden, dann wurden diese in der Regel zu Sklaven. Marcus aber hatte dieser Liebelei wesentlich mehr beigemessen, als nur die Suche nach Vergnügen. Er hatte diese Sklavin freigelassen, was darauf hinwies, daß er dieser Frau echte Gefühle entgegengebracht hatte, ja daß er sie sogar so sehr liebte, so daß er es nicht ertragen hätte, wenn dieses Kind als Sklave aufwuchs. Welcher Betrug wog nun mehr? Der den ich begangen hatte, oder seiner?


    Marcus beschloß, nun im wahrsten Sinne des Wortes Licht in die Sache zu bringen. Kurz darauf begann eine kleine zittrige Flamme ein wenig Licht zu spenden. Meine Augen versuchten, sein Gesicht einzufangen. Daß er dadurch zwangsläufig auch mein verheultes Gesicht zu sehen bekam, störte mich nicht weiter. Diese Tränen waren der Beweis meines Schmerzes.
    Ich rechnete nun endlich mit ein paar klaren Worten, einem Geständnis, vielleicht sogar einer Bitte um Verzeihung. Dann hätte ich wohl auch den Großmut besessen, ihm verzeihen zu können. Stattdessen stellte er mich vor eine Wahl. Im Grunde war dies bereits ein Geständnis. Aber nicht nur das! Damit signalisierte er mir auch sofort, daß er sich deswegen keineswegs schuldig fühlte.
    Meine Verblüffung konnte man mir ansehen. Ich war erst einmal sprachlos und sann in einer Art Endlosschleife über seine Worte nach. Die Wahrheit oder das angestrebte Ziel? Die Wahrheit ahnte ich bereits und wenn sie erst einmal ausgesprochen war, dann hatten wir uns damit wieder gefährlich nah dem Abgrund genähert, vor dem wir vor noch gar nicht allzu langer Zeit gestanden hatten. Dann war es nur noch eine Frage der Zeit, bis einer von uns stürzte. Im Zweifelsfall war ich das.
    Das angestrebte Ziel klang auf den ersten Blick doch recht verheißungsvoll. Es wies darauf hin, daß eine Zukunft möglich war. Wie allerdings diese Zukunft aussah, war ungewiß. Ich würde ihm voll und ganz unterworfen sein. In seltsamer Weise fühlte ich mich an meine erste Ehe erinnert…
    "Was ist das angestrebte Ziel?" fragte ich schließlich leise.

    Interessiert folgte ich Marcus´ Ausführungen, die sich mit dem deckten, was wir bereits vorher schon besprochen hatten. Und als er die Stallungen ansprach, die unseren Umbauplänen nun weichen sollten, so nickte ich zustimmend. Meine Pferde würden schon bald wieder auf mein Gestüt außerhalb Roms gebracht werden. Auch der schwarze Hengst, Sirius, den ich einst Chimerion geschenkt hatte. Wie seltsam, daß ich ausgerechnet jetzt wieder an ihn denken mußte! Hatte ich mich doch erfolgreich die letzten Wochen dazu überwinden müssen, ihn vollkommen aus meinen Gedanken zu verbannen. Was allerdings nicht hieß, daß ich ihn vermisste. Manchmal sehnte ich mich ganz schrecklich nach ihm, doch ich versuchte mir, wie immer, nichts anmerken zu lassen.
    Während Chimerion in meinen Gedanken herum geisterte, war ich nicht mehr ganz so präsent, um dem Gespräch richtig folgen zu können. Erst als der Tiberius mich ansprach, war ich wieder gänzlich zugegen. "Äh, wie? Ja, die Stallungen benötigen wir nicht mehr…", antweortete ich aus der Verlegenheit heraus, um wenig später feststellen zu müssen, daß dies nicht die Antwort war, die erwartet worden war. "Ein Peristyl! Ja, wir dachten an ein Peristyl….", fügte ich noch schnell an und wandte mein Blick schnellstens zu Marcus.

    Aedan zögerte, mir auf meine Frage zu antworten. Hätte ich auch nur einen Augenblick lang geahnt, daß er sich sorgte, mich schockieren zu können, so hätte ich ihn getrost beruhigen können. So prüde war ich nun wirklich nicht. Schließlich entschied er sich doch dazu, zu antworten.
    "Aha," meinte ich nur nach einiger Zeit. Ich versuchte mir vorzustellen, wie der Akt als solches vollzogen wurde. Aber letztendlich war es auch unwichtig, mir darüber so lange den Kopf zu zerbrechen.


    Kaum hatte ich Charis erwähnt, bemerkte ich eine Reaktion in seinem Gesicht. Meine Augen folgten den seinen und landeten schließlich auf meiner Sklavin, die mittlerweile schamrot ihren Blick gesenkt hatte, um damit ihre wahren Emotionen verbergen zu wollen, auch wenn ihr das nicht vollends gelang. Nun, ich wußte genau, wie ich sie immer wieder treffen konnte und in Augenblicken, wie diesen genoß ich es sogar.
    "Tu was du nicht lassen kannst!", kommentierte ich seine Antwort auf mein Angebot. Wenn er erst um ihre Gunst buhlen wollte, konnte er dies natürlich tun. Allerdings wenn ich ihr befahl, sich ihm zu überlassen, dann würde sie es zweifellos tun. Gerade aus diesem Grund waren die in der Sklaverei geborenen Sklaven so wertvoll, da sie sich so gut wie nie gegen die Befehle ihrer Herrn auflehnten.

    Daß es sich bei Saba um ein höchst edles Tier handelte, wäre ihr selbst niemals in den Sinn gekommen. Sie handelte lediglich, wie es ihrer kätzischen Natur entsprach. Ihr Leben im Luxus, welches sie führte, war Normalität. Sie ahnte nicht einmal, wie es draußen hinter den Mauern war. Ihr Revier beschränkte sich lediglich auf das Haus und den umfangreichen Garten der Aurelier, welcher sie sich in den letzten Monaten Stück für Stück entdeckt hatte. Sie hatte gelernt, wovor man sich in Acht nehmen mußte, ja daß es sogar Menschlinge gab, die ihr böses wollten. Daß jene, die es wagten, mit äußerster Härte von ihrer Menschin bestraft wurden, wußte sie nicht. Denn freilich niemals hätte sie den Zusammenhang verstanden, zwischen dem Drangsalieren ihrer eigenen Person und der Drangsalierung des Drangsalators. Wenn es nach ihrer Menschin ging, hätte sie niemals die schützenden vier Wände ihres Zimmers verlassen dürfen. Jedoch die kätzischen Bedürfnisse waren anders gestrickt, als die der Menschlinge. Und genau aus diesem Grund hatte es Saba an jenem Abend hinausgedrängt. Jetzt, da die Abende und Nächte wieder lau wurden und gewisse Triebe ihren Tribut forderten, war es eine Notwendigkeit für die Katze, hinauszugehen.
    Von der Ferne klang ein eindringliches Miauen in den Garten hinein, welches die junge Katze mit Interesse vernahm. Jener liebliche, guturale Gesang war es, der sie dann auch weiter gehen ließ. Den Schweif gerade aufgestellt, eilte sie weiter, man sollte meinen zielstrebig, tiefer hinein, auf verborgenen Pfaden in den Garten.