Beiträge von Flavia Celerina

    Aufgrund anhaltender Schmerzen im linken Arm, werde ich meinen Schaffensdrang in nächster Zeit etwas drosseln müssen. :( Ich bitte daher um Verständnis und etwas Geduld bei allen, die deswegen auf mich warten müssen. ;)

    [Blockierte Grafik: http://img836.imageshack.us/img836/1037/kil1.jpg]


    Nur schnell weg von hier, dachte sich Araxes. Bei dem Anblick, der sich ihm bot, ergriff ihn eine gewisse Panik. Eilig suchte er sich einen Weg um die leblosen Körper herum, achtete dabei nicht auf das vor Schmerzen stöhnende Hilferufen der Verletzten oder auf diejenigen, die verschont worden waren und nun begannen, Hilfe zu leisten. Diese ganze Sache war sowieso schon mehr als ihm lieb sein konnte, ausgeufert. Wenigstens hatte er schon einen Teil der versprochenen Summe erhalten. Sobald er später in Rom mit seinem Kontaktmann zusammentraf, würde er einen Aufschlag verlangen. Falls er soweit überhaupt käme, denn als er sich versah, stand plötzlich dieser Bursche vor ihm, der etwas von einer Frau schwafelte und ihn aufforderte, ihm zu helfen.
    "Was hab ich mit dieser Frau zu tun?", schnaubte er und rempelte ihn an, als er schon weitergehen wollte. Der andere jedoch rief ihm noch etwas hinterher, was Araxes dazu bewog, zunächst stehen zu bleiben. Bevor er sich zu diesem Schlauberger noch einmal umdrehte, fühlte er noch einmal nach dem Dolch unter der Tunika und bemerkte, leider etwas zu spät, seine Unachtsamkeit.
    Mit diesem Würstchen konnte er allemal fertig werden. Doch hier, wo jeder ihn beobachten konnte, dem Kerl einfach den Dolch zwischen die Rippen zu schieben, wäre mehr als unklug gewesen.
    "Das geht dich nichts an, Freundchen! Laß mich in Ruhe und hilf dort selber deiner Frau! Na los, verzieh dich!" Damit ließ er ihn einfach stehen und ging weiter. Diesmal mit etwas schnelleren Schritten, bevor noch jemand auf die Idee kam, ihn anzusprechen.

    Den Veilchenduft gleich heute Abend ausprobieren? Das klang sehr verlockend! Doch nein, das Objekt meiner Begierde hätte davon keinen Nutzen gehabt, denn dafür war er zu weit weg. Viel zu weit weg. Und Marcus? Hätte ich ihn damit beeindrucken und ihn damit sogar in meinen Bann ziehen können? Wohl kaum!
    "Ach Septima, das ist lieb gemeint, doch du solltest ihn zuerst probieren. dein Mann ist sicher empfänglicher dafür." Darauf folgte ein geheimnisvolles Lächeln. Wobei es ja auch kein Geheimnis war, wie es um meine Ehe stand. Sptima und Ursus Ehe stand da im krassen Gegensatz zu unserer.
    "Ja, das kann sie," nickte ich bestätigend. "Und jeder kann sich glücklich schätzen, der so lieben darf."Denn die Liebe war nichts selbstverständliches. Sie war wie ein zartes Pflänzchen, welches gehegt und gepflegt werden mußte, damit es wachsen und strak konnte. Nur wer diese Leidenschaft und Geduld aufbringen konnte, obsiegte am Ende. Bei mir selbst hatte ich schon vor geraumer Zeit feststellen müssen, wie schwer es war, dies erneut zu bewerkstelligen, wenn diese Pflänzen zum verdorren verurteil war.
    Nun war ich doch über ihre Kühnheit erstaunt, mir eine solche Frage zu stellen. Niemals zuvor hatte ich mich diesbezüglich geäußert. Weder bei Antonia oder Prisca, noch bei einer anderen Person, der ich näher stand.
    "Ja, das habe ich," hauchte ich kaum hörbar. Ich schluckte und plötzlich schien es, als sei eine alte schmerzhafte Wunde wieder aufgeplatzt. Dennoch versuchte ich die Fassung zu behalten, ihr nicht zu viel von dem zu zeigen, wie es in mir aussah. Denn selbst jemand wie Septima hätte wohl dafür wenig Verständnis aufbringen können.
    Wie gut, daß genau in diesem Augenblick mein neuer Gallier zurückkehrte. Augenscheinlich war Alexandros an ihm erfolgreich gewesen. Auch wenn nun einige Stellen gewisse Rötungen aufwiesen. In einigen Tagen war davon sicher nicht mehr viel zu sehen.
    "So, die Damen. da isser wieder," sagte Alexandros mit einer kleinen Portion Stolz. wahrscheinlich hatte er mit dem Gallier alle Hände voll zu tun.
    "Wollts ihr den jetzt ins Wasser kommen lassen? Und, habts ihr des Parfum jetzt amal probiert?", fragte er interessiert.
    Amüsiert wandt ich mich wieder Septima zu.
    "Na, was meinst du? Wollen wir ihn hinein lassen?"

    Schon kurz nachdem ich meinen letzten Satz beendet hatte, bedauerte ich bereits einige Passagen meiner Schimpftirade. Schließlich bot dieser Abend seit langem wieder eine Möglichkeit, sich ohne Streit und Kummer zu begegnen. doch genau dieses Thema schien uns erneut auseinanderbringen zu wollen. Natürlich hätte ich jetzt klein bei geben können, sein Denken über Aulus bestätigen und die ganze Sache als unwichtig deklarieren können. Aber das tat ich natürlich nicht. Das wäre ja noch schöner gewesen!
    Nun konterte er mit Gracchus! Was hätte Gracchus damals getan, wenn… Ja, genau wenn! Aber es gab kein wenn! Es hatte nie eines gegeben.
    "Ach, jetzt laß bloß Gracchus aus dem Spiel! Das damals war etwas völlig anderes! Jetzt fange nur nicht auch noch an, Birnen mit Äpfeln zu vergleichen!" Insgeheim mußte ich ihm natürlich zustimmen. Gracchus hätte sicher nichts anderes getan als er. Wahrscheinlich hätte er sich eher erweichen lassen, als es nun mein Mann tat, der einfach nur stur war. Ja, und glücklicherweise hatte er überall seine Augen und Ohren!
    "Was passiert wäre? Für wie dumm hältst du eigentlich deine Prisca und für wie abgebrüht Piso? Was hatte nach deiner Meinung denn noch passieren sollen? Glaubst du, er wäre über sie hergefallen? Piso ist ein anständiger junger Mann. Daß er dir gegenüber so reagiert hat, kann man ihm kaum verdenken, wenn man bedenkt, daß man ihn wie einen Lump vor die Tür gesetzt hat."
    Ich sah ihn noch eine Weile sehr eindringlich an, denn mir war es in dieser Sache sehr ernst. Und wenn er dachte, ich täte dies nur, um ihm eins auszuwischen, dann befand er sich im Irrtum.
    "Bitte entschuldige meine harten Worte von vorhin. Sie waren nicht sehr angemessen, weil sie aus dem Zorn heraus kamen. Aber bitte, ich appelliere an dich, überlege dir das noch einmal. Es geht hier um Priscas Zukunft," sagte ich schließlich, nachdem mich mein Ausdruck etwas gemildert hatte.

    Man konnte es Marcus regelrecht ansehen, wie es in seinem Kopf zu arbeiten begann. Er zählte eins und ein zusammen und heraus kam genau das richtige Ergebnis. Nein, er hatte sich nicht geirrt. Und er sprach genau den richtigen Namen des Mannes aus, der ihn zutiefst beleidigt hatte, weil er es gewagt hatte, seine Gefühle zu zeigen.
    "Oh doch, das ist mein voller ernst! Nun ja, auch wenn Aulus nicht unbedingt mein Liebling in der Familie ist, so spricht nichts gegen ihn. Er hat alles, womit er Prisca ein angenehmes Leben bieten kann."
    Doch je mehr er sich dieser Tatsache bewußt wurde, umso aufgebrachter wurde er. Er konnte es einfach nicht verstehen, warum aulus so gehandelt hatte und wahrscheinlich ürde er es auch nie verstehen.
    "Ach, du nennst einen meiner Verwandten einen Blender! Ja? Das ist ja wohl nicht wahr! Er hat wenigstens den Mut gehabt, seine Gefühle für Prisca offen zu zeigen. Ich würde mich glücklich schätzen, hätte ich einen solchen Mann! Du glaubst wohl auch, nur jemand der so ist wie du, so eiskalt und gefühlstaub, sei der richtige für deine Nichte. Aber da hast du dich getäuscht, Marcus! Ich habe mit den beiden gesprochen und sie empfinden beide dasselbe füreinander. Und wenn man bedenkt, daß dies in unseren Kreisen eine Seltenheit darstellt, so kann man die beiden nur beglückwünschen. Doch du siehst darin gleich ein Kapitalverbrechen, wenn er sie küßt. Aber bitte, halte die beiden voneinander fern, verheirate deine Nichte mit einem alten Tattergreis, der ständig betrunken ist oder nach der Hochzeitsnacht an einen Herzinfarkt stirbt. Stürze sie ins Unglück und du wirst sehen, was du davon hast! Ja, Marcus du bist egoistisch, durch und durch!"
    So, das mußte einfach einmal gesagt werden!

    Jetzt war es an der Zeit, die Katze aus dem Sack zu lassen. Da biß die Maus keinen Faden ab! Höchstwahrscheinlich würde ich dann wütende Proteste ernten, einen fuchsteufelswilden Mann erleben, der nackt aus dem Bad sprang und durchnäßt durch die Villa watete. Oder noch schlimmer, er würde mich hier und jetzt ertränken, weil ich es gewagt hatte, diesen Namen in seiner Gegenwart auszusprechen.
    "Er ist einer meiner Verwandten. Nun ja, ein etwas entfernterer verwandter. Keiner aus der hispanischen Linie . Er kommt aus Ravenna. Und Rom kann sich glücklich schätzen, daß er schon eine geraume Zeit hier lebt. Es handelt sich um Cnaeus Flavius Aetius Sohn, der Bruder von Nigrina. Du weiß doch, die die vielleicht Lupus ehelichen wird." Ich brachte es einfach nicht über mich, den Namen auf so lapidare Weise preiszugeben. aber sicher wußte Marcus bereits, um wen es sich handelte.

    Ein Auftrag - ein Mörder


    [Blockierte Grafik: http://img836.imageshack.us/img836/1037/kil1.jpg]


    Araxes, den sie nur den Skythen nannten, hatte sich schon früh auf den Weg gemacht. Er war durch und durch Profi. Alles was er machte, war gut geplant. Nichts wollte er dem Zufall überlassen. Und genau das war es, weshalb seine Geschäfte so gut liefen. In den letzten Jahren, seitdem er freigelassen worden war, hatte er hart an sich gearbeitet. In Rom hatte er sich eine Existenz aufgebaut denn wo sonst, wenn nicht dort, wurden Leute, wie er gebraucht. Schon bald konnte er sich über mangelnde Aufträge nicht mehr beklagen. Hier ein unliebsamer Geschäftspartner, dort ein Politiker, der einem anderen im Weg stand und nicht zuletzt die Schürzenjäger, die es auf die Frauen anderer Männer abgesehen hatten.
    Der Skythe beherrschte sein Handwerk. Und wenn man ihn beauftragte, dann konnte man sich auch darauf verlassen, daß alles sauber und ordentlich ausgeführt wurde und es hinterher keine lästigen Überlebende gab, die noch fähig waren, etwas zu sagen.


    Dieser Auftrag, mit dem er vor einigen Tagen betraut worden war, war zugegeben etwas heikel. Aber solange das Geld stimmte, juckte ihn das nicht weiter. Dennoch war sich Araxes gewiß, auch diesen Auftrag in gewohnter Qualität ausführen zu können. Die Order war ganz klar: Begib dich in die Albaner Berge, zum Diana-Heilgtum. Folge unauffällig der Frau. Sobald sie sich mit dem Thraker trifft, schlag zu! Nur der Thraker, nicht die Frau! Auf gar keinen Fall die Frau!


    Zu Anfang war alles ganz einfach gewesen. Von Rom aus war er ihr und ihren Sklaven immer mit einem gewissen Abstand gefolgt. Doch nie war er ihr so nah gekommen, das sie oder einer ihrer Sklaven etwas bemerkte. Die drei waren so unaufmerksam gewesen, die hätten es nicht mal gemerkt, wenn man ihnen ihren Proviant vom Rücken, gestohlen hätte.


    Der Skythe hatte abgewartet, bis die Römerin mit ihrem Opfer fertig war. Er hatte wachsam sein müssen, damit er sie nicht im Getümmel verlor. Der Skythe selbst hatte nicht viel übrig für diesen religiösen Mumpitz. Es gab nur einen, der ihm half zu überleben, und das war er selbst.


    Als sie sich dann mit dem Thraker traf, war er ihr längst wieder auf den Fersen. Alles lief gut. Die Sklaven waren weg, die beiden waren allein und trieben es miteinander. Ein nettes Abschiedsgeschenk für den Thraker, dachte sich der Skythe höhnisch, der sich im Gebüsch versteckt hiel und nur abzuwarten brauchte.
    Danach hatte er den Thraker von der Frau weggelockt und führte seinen Auftrag aus. Nur der Thraker, aber auf keinen Fall die Frau!
    Von da an aber, begann alles schief zu laufen. In der Dunkelheit hatte er den Thraker nicht richtig mit seinem Dolch getroffen. Er konnte sich noch bemerkbar machen, bevor er sein armseliges Leben aushauchte. Das wiederum lockte die Frau her, die er auf gar keinen Fall anrühren sollte.
    Verdammtes Weib, sie schrie! Am liebsten hätte er ihr die Kehle durchgeschnitten, noch bevor sie "A" sagen konnte. Daraufhin rannte er, so schnell er konnte. Aber wenn das Pech einem einmal über den Weg gelaufen war, dann ließ es einem auch nicht mehr so schnell los. Im Gebüsch war er an einen der heraneilenden Sklaven geprallt. Wenigstens hatte der ihn nicht aufhalten können.
    Irgendwo im Wald, hatte sich der Skythe dann versteckt und wollte warten, bis sich die Aufregung wieder gelegt hatte. Aber dann kam auch schon das nächste Unheil buchstäblich auf ihn zugerast.
    Irgendwie war es ihm aber gelungen, nicht von der Rinderherde zusammengetreten zu werden. Was in dieser unglückseligen Nacht fast einem Wunder gleichkam.


    Als endlich wieder Ruhe eingekehrt war, hielt er es für das beste, so schnell wie möglich von hier zu verschwinden. Seine blutbeschmierte Tunika würde nach dem Unglück im Hain nicht weiter auffallen. Seinen Dolch hatte er längst wieder unter dem Stoff der Tunika verschwinden lassen. Was er jedoch nicht ahnte, ein Stück des Knaufs war trotzdem noch sichtbar. Aber wer sollte auch in diesem Tohuwabohu noch Augen für seinen Dolch haben!

    Natürlich, Flora war Orestes Entscheidung! Vielleicht würde er sie den Tiberiern geben, dann würde doch noch ein Band zu Durus´ Familie geflochten werden. Doch das war vorerst noch Zukunftsmusik. Aktuell war jedoch immer noch die Frage, was aus Prisca werden sollte. Also ging ich aufs Ganze.
    Marcus hatte wohl nicht damit gerechnet, daß ich ihm doch noch einen geeigneten Kandidaten präsentieren konnte. Ich mußte es geschickt anstellen, damit er mich nicht gleich abwürgte, sobald ich den Namen Aulus Flavius Piso aussprach.
    "Ja!", antwortete ich.
    "Er ist ein aufstrebender junger gutaussehender Mann. Obwohl er sein Leben noch vor sich hat, so kann er von sich behaupten, es schon weit gebracht zu haben. Doch das hält ihn nicht davon ab, noch viel mehr erreichen zu wollen! Selbstverständlich entstammt er einer der besten Familien, mit einer langen glorreichen Tradition. Er ist charmant und besitzt Geist. Ein Schöngeist, wenn du so willst, der es mit Sicherheit versteht, Prisca nach Strich und Faden zu verwöhnen." Hach ja, wenn ich nicht schon verheiratet und er nicht mit mir verwandt gewesen wäre, dann… Nein, dann hätte ich ihn mir nicht wirklich selbst geschnappt. Auch wenn ich mir nun für Aulus alle Beine ausriß, änderte dies nicht viel an meiner ganz persönlichen Meinung. Solange er nicht sang, war ich ihm wohlgesonnen.

    "Nun ja, ich finde, ein potentieller Ehemann für Prisca sollte nicht zu alt sein. Einfach deswegen, damit er auch noch das Heranwachsen seiner Kinder erlebt. Was hat sie davon, wenn sie schon in ein paar Jahren als Witwe da steht?" gab ich zu bedenken und wußte selbst, wie überzogen mein Einwurf war. Die Idee mit dem Aemilier sollte er ganz schnell wieder vergessen. und wenn wir schon dabei waren, die anderen seiner Ideen am besten auch!
    Als er zurecht darauf hinwies, daß die geplante Eheschließung zwischen Lupus und Nigrina ja bereits eine Erweiterung der familiären Bande darstellte, war ich tatsächlich ratlos.
    "Ach ja, Lupus und Nigrina, ja natürlich. Mmh," machte ich nachdenklich. Dabei lenkte er seine Überlegungen wieder auf die Tiberier, die zugegebenermaßen neben den Flaviern noch die beste Option darstellten.
    "Ja..ja, die Tiberier. sicher wird dies das Beste sein…," sinnierte ich und mußte feststellen, wie meine Versprechen an Prisca und Piso den Bach hinunter gingen, denn ich war ziemlich am Ende meiner Ideen angelangt. Nur wenn ich daran dachte, was Prisca sagen würde, wäre sie Zeugin meiner schwächlichen Bemühungen gewesen. Sie würde wahrscheinlich kein einziges Wort mehr mit mir wechseln wollen. Also gab es jetzt nur noch zwei Möglichkeiten: Prisca in ihr Unglück stürzen lassen, was im Klartext bedeutete, sie müßte sich mit dem Tiberier vermählen oder ich ging jetzt zum Frontalangriff über und setzte diesen gemütlichen Abend auf´s Spiel, der so hoffnungsvoll begonnen hatte. Ach ja, was tat man nicht alles für die Jugend!
    "Wenn du gerade Orest erwähnst, was ist eigentlich mit den Zwillingen? Nun gut, Narcissa möchte Vestalin werden, aber was ist mit Flora?" Naja, daß Narcissa Vestalin werden wollte, davon konnte nun wirklich keine Rede sein. Man mußte sie wohl eher zu ihrem Glück zwingen!
    "Und es gibt tatsächlich einen, den du noch nicht bedacht hast!", fügte ich noch geheimnisvoll an.

    Nun ja, die Aemilier und dieser Trunkenbold Atimetus auch noch! Also wirklich, ich hörte ja wohl nicht gut! Dementsprechend verzog ich mein Gesicht. Dann konnte er sie ja jedem x- beliebigen, heiratswütigen, dahergelaufenen und unbedeutenden Habenichts in den Rachen werfen!
    "Meinst du wirklich, na ich weiß nicht!", kam prompt meine Ablehnung.
    "Atimetius ist doppelt so alt wie sie, er könnte ihr vater sein und außerdem guckt auch gern mal etwas tiefer in den Weinbecher. "
    Seine weiteren Überlegungen ließ ich unkommentiert, denn er selbst bachte sich davon wieder ab. Erst als er sich in die richtige Richtung bewegte meint ich nickend: "Ja, die Flavier! Warum denn nicht… Das würde unsere familiären Bande nur noch verstärken, findest du nicht?" Dummerweise bewegte sich Marcus noch immer auf der falschen Spur. Lucius Furianus, der ihm als erstes eingefallen war, konnte sich endlich glücklich schätzen eine passende Gemahlin unter den Claudiern gefunden zu haben.
    "In der Tat, er ist mittlerweile verheiratet, mit Claudia Catilina. Wie deplorabel! Meinst du, es hätte viel Sinn, sich in dieser Sache an Manius Gracchus zu wenden?", fragte ich, ohne genau zu wissen, was er von Aulus hielt. Letztlich würde er aber nur zum Wohle der Familie handeln. Und es stand ja außer Frage, was gut für die Familie war!

    "Aber natürlich stört es uns nicht, wenn du vier Wochen bleibst!", antwortete ich schnel, denn Marcus hatte außer einem stummen Nicken nichts darauf erwidert.
    Doch schon kurz nachdem ich meine Frage, bezüglich ihrer Schwangerschaft formuliert hatte, bereute ich sie bereits. Denn was ich nun zu hören bekam, war einfach empörend! Ich spürte, wie sich in meinem Inneren etwas anstaute, was augenblicklich, wenn ich mich nicht im Zaun hielt, auszubrechen drohte. Sie war es! Sie hatte mein Opfer sabotiert! Ja richtig sa bo tiert! Und nun saß sie da, wie ein Unschuldslämmchen und erzählte brühwarm, sie hätte von alledem nichts gewußt!
    Noch ließ ich ihre Antwort unkommentiert. Wahrscheinlich hätte all mein Zorn aus mir gesprochen und das wollte ich doch vermeiden. Septima sollte nichts davon bemerken, wie sehr sie mich damit getroffen hatte. noch nicht! Mein Blick schwang hinüber zu Marcus, der sich sofort danach erkundigte, ob sie am Opfer teilgenommen hatte. Bevor jedoch die Tiberia antworten konnte, übernahm ich das für sie.
    "Oh ja, das hat sie! Aber du hast ja gehört, sie wußte zu diesem Zeitpunkt noch nichts von ihrer Schwangerschaft," meinte ich belehrend.
    Dann wandete ich mich wieder Septima zu, die scheinbar das schlechte Gewissen deswegen plagte.
    "Ach, belaste dich damit nicht! Freu dich über dein Kind, wenn es kommt. Iuno wird uns sicher auch gnädig sein, eines Tages vielleicht…"
    Nun hatte unser Gespräch wohl den absoluten Tiefpunkt erreicht, was bedeutete, daß es von nun an nur noch besser werden konnte!
    "Und, wie lebt es sich so in Mantua?" fragte ich, um den Grundstein für eine Besserung zu legen, wenigstens oberflächlich.

    "Ach ja, tatsächlich?", fragte ich und sah mich dabei demonstrativ um. Das theatrum hatte sich mittlerweile schon beträchtlich gefüllt. Nahezu alles, was Rang und Namen hatte, beziehungsweise was sich dazu zählte, konnte man bei genauerem Hinsehen erspähen. Darunter befanden sich natürlich noch etliche Damen, denen es sicher an Schönheit und Eleganz nicht fehlte.
    "Nun ja, da muß ich dir wohl zustimmen," erklärte ich grinsend.
    "Und du sollst wissen, wie sehr es uns ehrt, daß Mann wie du es bist, ausgerechnet von uns Notiz genommen hat. Das zeugt von deinem guten Geschmack, würde ich meinen," Ja, ja, ein wenig schleimen konnte beim Praefectus urbi nicht schaden, auch wenn ich mich dafür hassen würde. Man hatte ja schon einiges über ihn gehört. Letztendlich besaß er die Macht, einem das Leben schwer zu machen. Ob Nigrina auch nur die leiseste Ahnung davon hatte? Sie war ja noch so jung und womöglich unerfahren

    Ja, natürlich wußte er es. Er wußte auch, daß er aus Prisca keine alte Jungfer werden lassen konnte, denn das wäre schlichtweg verlorenes Kapital gewesen. Aber auch um ihretwillen wäre es vermessen gewesen, ihr ihren Weg zu versperren, denn schließlich liebte er seine Nichte. Also, was lag da näher, sie in gute Hände zu geben und zu wissen, daß sie dort glücklich war und zudem die Frau eines erfolgreichen und aufstrebenden Politikers war?
    "Doch du wirst es zulassen müssen, Marcus! Du mußt auch an Prisca denken. Wer wird sie noch haben wollen, wenn ihre besten Jahre vertan sind? Wenn du sie ewig umklammert hältst, dann wird sie dich dafür eines Tages hassen. Und das willst du doch nicht. nicht wahr?"Das klopfen an der Tür ignorierend, ließ ich mich vorsichtig neben ihm auf der Sitzbank nieder, so daß mich das Wasser bis zu den Schultern umgab.
    "Nun ja, selbstverständlich sollte er aus einer der besten Familien Roms entspringen. Und vorteilhaft wäre auch, wenn er bereits in der Politik von sich reden gemacht hätte. Besser noch, wenn er auf dem Wege wäre, ein erfolgreicher Senator zu werden, schließlich soll er Prisca ja nur das allerbeste bieten können. Laß mich nachdenken, welche Familien da in Frage kämen…" Angestrengt nachdenkend saß ich da und ließ einige Atemzüge verstreichen, bis ich mich ihm wieder zuwandte.
    "Hättest du eine Idee?" Natürlich kam da nur eine Familie in Frage, die alle meine Punkte mit Bravour erfüllen konnte!

    Dieser dumme Bissen, der sich so dreist in meiner Trachea festgesetzt hatte und nun verhinderte, daß ich meinen kleinen Racheakt vollends auskosten konnte! Noch deplorabler war es, daß es ausgerechnet Marcus sein mußte, der mir nun zur Hilfe kam. Er genoß es sichtlich, mir auf recht unsanfte Weise auf den Rücken zu schlagen. Freilich, dadurch war zwar gewährleistet, daß ich wieder atmen konnte. Dennoch kostete er seine Schadenfreude voll aus. Wahrscheinlich tat er dies aus reinem Selbstnutzen, denn schließlich brauchte er mich noch...


    Nachdem ich nun erst einmal nach Luft schnappte und langsam die Röte aus meinem Gesicht wich, warf ich ihm einen bitterbösen, giftigen Blick zu. Dann entriß ich ihm den Becher, den er mir reichte und trank daraus.
    "Und du… du solltest…", zischte ich leise, damit es wenigstens nicht alle hörten. Doch ich besann mich und schluckte meinen Zorn hinunter. Wenigstens blieb der mir nicht auch noch im Hals stecken.


    "So, Septima ist also schwanger! Na wunderbar! Da wird sie sich sicher freuen! Und Ursus erst...," warf ich nun in die Rund und versuchte dabei gelassen und fröhlich zu wirken, was mir angesichts meines Erstickungsanfalls und der daraus resultierenden Schadenfreude meines Mannes nicht recht gelingen wollte.

    Es mochte der Iunia sehr entgegenkommen, daß sich nun das Gesprächsthema in weitaus angenehmere Gefilde bewegte. Auch wenn ich wohl einem falschen Gerücht aufgesessen war, was ihren Gatten betraf, so wirkte Serrana nun wesentlich entspannter. Sie erzählte mir nun von ihren Plänen, den Sommer in Germanien zu verbringen. Nun ja, Germanien… eine sonderbare Wahl für eine Sommerfrische. Was gab es dort, außer starrköpfigen Barbaren, lästigen Stechmücken , schwül warmen Tagen und entsetzlich viel Regen?
    "Soso, Germanien! Aha, interessant! Und was gedenkt ihr, dort zu unternehmen?" Konnte man dort überhaupt etwas unternehmen? Ich glaubte aus Erfahrung sprechen zu können, wenn ich sagte, das Leben in der Provinz, gleich welcher, sei einfach nur öde. Rom konnte da wesentlich mehr bieten. Und im Sommer bot sich das fruchtbare Campania an, ein wahres Schlaraffenland, in dem es alles gab, was das Herz begehrte.
    Zwischendurch fiel auch mein Blick auf die Germanica, die nun wohl etwas schmollte, weil die Vestalin sie hatte zur Ordnung rufen müssen. die alte Dame hatte aber auch Haare auf den Zähnen! Eine wie sie wollte ich nicht einmal geschenkt! So konnte ich mich doch in der Tat glücklich schätzen, niemanden wie sie im Nacken sitzen zu haben. Auch wenn ansonsten nichts gegen Großmütter einzuwenden war. Sie machten sich ganz gut wenn es darum ging, die lieben Kleinen für eine gewisse Zeit zu hüten und beschäftigen, vorausgesetzt man hatte Kinder. Manche Großmütter, so hatte ich gehört, waren darauf so versessen und entrissen förmlich die Kinder aus den Händen der Sklaven, die eigentlich dazu da waren, den Nachwuchs zu hüten.
    Doch bald schon lenkte sich das Diskussionsthema auf einen wunden Punkt, der uns wohl alle beschäftigte. Die Christianer und ihr seltsamer Glaube vom toten Zimmermann, der angeblich wieder zum Leben erweckt worden war. Oder war es doch ein Teppichklopfer? Was auch immer, das war alles Mumpitz!
    "Ach, ein Teppichklopfer? Ich dachte, es sei ein Zimmermann gewesen," warf ich ein.
    "Aber ob nun Zimmermann, Teppichklopfer oder Innenarchitekt, man sollte diese christianische Gefahr nicht unterschätzen! Wie ich hörte, schließen sich ihnen viele unserer Sklaven an. Und eines Tages werden sie sich wieder gegen uns auflehnen, so wie damals unter diesem äh, wie war noch sein Name... Spa.. Spa..." "Spartacus!", meldete sich eine der umstehenden Damen zu Wort, die sich bislang nur passiv an unserem Gespräch beteiligt hatte.
    "Oh ja, danke! Spartacus, genau! Wenn man ihnen keinen Einhalt gebietet! Deswegen gibt es nur eins: die Christianer vor die Löwen!" Das hatte auch noch einen gewissen Unterhaltungseffekt. Wobei ich mir nicht viel aus Tierhatzen machte.

    In den Süden also. Augenblicklich kamen mir Bilder von fremden Ländern und exotischen Menschen in den Sinn. Geheimnisvoll klingende Sprachen und berauschende Düfte. Oh, ich wünschte ihnen so sehr, daß sie es geschafft hatten und dort, wo sie nun waren, sie niemand finden mochte. Welch eine Erfüllung mochte es sein, mit dem Mann, den man liebte, alt zu werden! Ja, ich wünschte es Laevina und ihrem Geliebten von Herzen, denn sie war mutig genug gewesen.


    Offenbar hatte ich Marcus mit meiner Frage überrascht, denn seine Prisca würde er niemandem so schnell preis geben. Nicht einmal für Tiberius Durus! Doch das bedeutete gleichsam, daß es noch gut stand für P&P. Ein Zucken umspielte meinen Mund, bei diesem Gedanken.
    Im Gegensatz zu Marcus hatte ich nun ein gutes Gefühl bei dieser Sache. Er sah so traurig und überarbeitet aus. Für ihn war wohl alles in letzter Zeit einfach zu viel gewesen. Die einzige, die ihm nun etwas Trost spenden konnte, war ich selbst. Ich machte noch einen Schritt auf ihn zu und strich mit meiner Hand, die soeben noch auf dem Wasser gelegen hatte, sanft über die Wange. Die nassen Finger hinterließen eine feuchte Spur darauf.
    "Nein," erwiderte ich.
    "Das zeugt nur von deiner warmherzigen Liebe für sie. Sie kann sich glücklich schätzen, einen so fürsorglichen Onkel zu haben, wie du es bist." Einen Onkel, wie ich ihn nie gehabt hatte.
    Schließlich drückte ich ihm einen zärtlichen Kuß auf die Stelle, die ich soeben noch berührt hatte.
    "Doch eines Tages wirst du sie hergeben müssen. Marcus," raunte ich ihm in sein Ohr.

    Dieser verräterischen Natter schenkte ich keinen Atemzug mehr meiner Aufmerksamkeit. Ihr Anblick widert mich einfach nur noch an. Ob ich sie auf der Stelle nach Rom zurückschicken sollte? Zu Fuß womöglich noch. Nein, lieber nicht! Bevor sie noch abhanden kam und ich sie suchen lassen mußte, konnte sie sich auch hier noch nützlich machen.


    Der Gallier fuhr noch immer mit seiner massage fort, doch ich spürte schon, daß seine hände nicht mehr leicht auf meiner Haut glitten. Außerdem hatte ich genug.
    "Es genügt! Du kannst aufhören, Áedán," antwortete ich auf die Nachfrage meines Sklaven. Ich richtete mich auf und gab Charis zu verstehen, meine Tunika wieder zu schließen, was sie dann auch tat.
    Unschlüssig sah ich zu meinen Sklaven. Ich hatte nun große Lust, etwas vollkommen verrücktes zu machen. Nur was? Hier war ich fern von Rom und außer meinen Sklaven kannte mich auch niemand. Also was lag näher? Und die beiden? Der Ägypter und der Gallier? Die beiden waren in ihrer Art so unterschiedlich, wie es nur ging. Ob sie mein Spiel mitspielten? Einmal nur für kurze Zeit nicht mehr die sein zu müssen, die man war?
    "Habt ihr Hunger? Mögt ihr frischen Fisch?"

    Meine Entrüstung, wenn man es so nennen konnte, war eigentlich mehr gespielt als echt. Im Grunde konnte ich Laevina nachfühlen. Nun kannte ich den Tiberer nicht näher, um mir eine Meinung über ihn zu bilden. Allerdings wenn er so gefühlskalt wie gewisse andere Ehemänner war, dann konnte ich ihre Entscheidung gut nachvollziehen. So wie Marcus nun berichtete, hatte sie tatsächlich die erste sich bietende Gelegenheit genutzt, um sich dieser Ehe zu entziehen.
    "Meinst du, sie werden sie aufspüren? Wohin sind sie denn geflohen?", wollte ich wissen. Hoffentlich würden sie sie nicht finden, denn dann...
    "Nein, ihrer Verantwortung darf sie sich nicht entziehen," stimmte ich ihm nachdenklich zu. Ob er es wohl zuließ, wenn man ihr etwas antat, nachdem sie gefunden worden war? Diese Frage beschäftigte mich noch eine Weile, doch alsbald er wieder den Schwamm über meinen Nacken und die Schultern streichen ließ, schob ich sie beiseite. Ach, das tat gut!


    Glücklicherweise hatte es mit der Verlobung eine andere Bewandtnis. Natürlich, Orestes litt seit geraumer Zeit unter einer seltsamen Krankheit, die ihn ans Bett fesselte und ihn daher auch von Rom fern hielt. Verständlich, daß der Tiberier nun darauf reagieren mußte.
    "Du hast ihm einen Ersatz in Aussicht gestellt?" Eigenartigerweise mußte ich da sofort an Prisca denken! Prisca, sein Augapfel! Sollte sie nun als Lückenbüßerin herhalten? Das würde er doch nicht zulassen! Sofort wandte ich mich zu ihm um, und verzichtete vorerst damit auf weitere Zärtlichkeit.
    "Du dachtest aber da nicht zufällig an… Prisca?", fragte ich besorgt, denn ich war mir bewußt, was ich den beiden versprochen hatte. Ich würde mich um die Sache… um ihre Sache kümmern. Doch wenn er nun seine Nichte Durus anbieten wollte, war alles dahin!