Marcus empfing mich dort und zog mich zu sich heran. Als ich die weichen Bewegungen des Schwammes in meinem Nacken zu spüren begann, schloß ich genießerisch die Augen und ließ ihn fortfahren. Genau das war es, was man an einem Tag wie diesem noch brauchte. Meine Glieder entspannten, was sicher auch an dem herlich warmen Wasser lag und ließ mich einfach im Gedanken treiben. So war Vollkommenheit! Jedenfalls für diesen Augenblick.
Wäre es nach mir gegangen, hätte es niemals enden müssen. Doch dann änderte sich plötzlich die Regelmäßigkeit seiner Streichbewegungen. Schließlich schlug ich meine Augen wieder auf, als mir Marcus die Neuigkeiten von Laevina und Tiberius Durus berichtete.
"Sie ist mit einem anderen Mann durchgebrannt", rief ich mit einem leicht dosierten Maß an Entsetzen. Doch innerlich seufzte ich nur. Wieder eine Frau, die ihrem Herzen gefolgt war und alles dafür aufgegeben hatte, dachte ich nur. Wenn man bedachte, daß der Tiberier nahezu doppelt so alt war wie sie. Laevina brachte ich eine gewisse Art von Bewunderung entgegen, für das, was sie getan hatte, auch wenn es für die Familie wohl eine Katastrophe darstellte. Dennoch hatte sie gewagt, wozu ich niemals die Kraft gehabt hätte.
"Und die Verlobung mit Orest will er annullieren lassen? Aus diesem Grund womöglich? Das wird doch hoffentlich nicht auch noch Konsequenzen für Ursus und Septima mit sich bringen?" Das wäre in der Tat deplorabel. Ein verschmähter und gehörnter Ehemann, der aus einem Rachegedanken handelte, war oft blind vor Wut. Am Ende wollte Durus alle Familienbande trennen, die die Aurelier mit den Tiberern verbanden.
Beiträge von Flavia Celerina
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Meine heutige Stimmung hatte auf exzellente Weise zum Anlass meines Besuches gepasst. Einer Toten die letzte Ehre zu erweisen, gehörte nicht zu meinen favorisierten Lieblingsbeschäftigungen und durchaus wäre mir ein anderer Anlaß wohl lieber gewesen, meinem alten Heim und dessen Bewohnen einen Besuch abzustatten.
Soweit ich mich erinnern konnte, war ich der verstorbenen nur wenige Male begegnet. Wir hatten wohl kaum drei Sätze miteinander ausgetauscht, aber dennoch, konnte ich mich dessen heute nicht entziehen.
Die sonst so farbenfrohen Gewänder hatte ich gegen eine unscheinbare dunkle Tunika getauscht, die dem Anlass angemessen erschienen war.
Bereits als ich den Eingang durchschritten und mich den rituellen Reinigungen unterzogen hatte, hörte ich schon das lautstarke Geheule der Klageweiber, Weihrauch lag in der Luft und all der Glanz dieser Villa, der dem Besucher sonst bei seiner Ankunft ins Auge sprang, erschien nun fahl und leblos. All die großartigen Ahnen, deren Büsten im Atrium ihren Platz hatten, schienen lediglich eine Aneinanderreihung des vergänglichen zu sein. Bestenfalls war dies alles, was von uns übrig blieb, wenn wir gegangen waren. Eine Büste aus Stein mit dem entsprechenden Namen darunter.
Vor mir inmitten des atriums war der bleiche Leichnam Veras aufgebahrt. Sofort erblickte ich die Geschwister der Toten und ging auf sie zu.
"Salvete Aulus, Nigrina! Mein aufrichtiges Beileid!" Den beiden Geschwistern sah man den Schmerz an, den sie zu ertragen hatten. -
Endlich herrschte Stille. Gespenstige Totenstille. Das Donnern und Hufgetrampel war verstummt. Der Staub legte sich. Bedrückend war nun das allmählich einsetzende Schreien und Wehklagen derer, die mit dem Leben davon gekommen waren.
Trotzallem kündigte sich in der Dämmerung ein neuer Tag an. Diese blutige, mörderische Nacht neigte sich endlich ihrem Ende zu. Doch das Morgengrauen erlaubte auch einen ersten Blick auf den verheerenden Schauplatz, wo nun nur noch das Grauen herrschte.Immer noch krallten sich meine Finger krampfhaft in das Holz des Astes auf dem ich saß, so daß sie bereits schmerzten. Ich vermied es nach unten zu schauen, denn ich hatte genug damit zu tun, mich zu halten, um nicht doch noch herunterzufallen. Das war alles, woran ich denken konnte. Was war, was sein würde, war aus meinem Kopf ausgeblendet, um nicht doch noch endgültig dem Wahnsinn zu verfallen.
Als der Priester neben mir sich anschickte, vom Baum herunterzusteigen, sah ich zu ihm auf. Seine Worte klangen wie Hohn. Wohin hätte ich mich rühren sollen? Hätte ich mich gerührt, dann wäre ich hinabgestürzt. und das wollte ich unter allen Umständen vermeiden.
Mein Blick folgte ihm, soweit dies möglich war. Dadurch bekam auch ich einen Eindruck von den Ausmaßen der Zerstörung und des Leids, welches allerorts herrschte. Soweit das Auge reichte, war alles niedergetrampelt: Büsche, Sträucher aber vor allem auch Menschen. Entsetzlich viele leblose Körper lagen verstreut auf dem Boden. Überlebende schrien nach Hilfe. Ein kleines Mädchen, das die Katastrophe unbeschadet überlebt hatte, rief verzweifelt nach seiner Mutter.
So sah der Zorn der Götter aus, der mit meinem Zutun heraufbeschworen worden war! Durch mein Verschulden! Beim Anblick all dieser geschunden Körper empfand ich ein quälendes Gefühl von Abscheu und das Bewußtwerden der Schuld. Auch wenn viele dieser Toten und Verletzten nur Sklaven waren, so schnürte es dennoch mein Herz zu, so daß ich meine Tränen nicht länger unterdrücken konnte. Ich war schuld, pochte es unablässig in meinem Kopf, bis mir unmerklich schwarz vor Augen wurde. Was danach geschah, daran würde ich mich säter nicht mehr erinnern können. Ich verlor meinen Halt und stürzte hinab. Auch wenn der weiche Waldboden meinen Sturz etwas abgefangen hatte, blieb ich dennoch regungslos liegen. -
Ich fand mich in einer wirklich prekären Lage wieder. Zum einen hätte es mich ja brennend interessiert, diesen Sextus etwas näher kennenzulernen, da mir doch schon so einiges über ihn zu Ohren gekommen war. Andererseits war da diese kaum überwindbare Scham, mit ihm so ganz nebenbei über meine Kinderlosigkeit oder das mißlungene Opfer zu sprechen. Dafür kannte ich ihn einfach zu wenig. Und am Ende als verkappte und infertile Pomeranze da zustehen, wollte ich natürlich auch nicht.
Sehr wohl hatte ich bemerkt, daß Sextus mein Zustand nicht einerlei war. Oder zumindest gab er sich unendlich viel Mühe, mich glauben zu lassen, daß es dies täte. Sein Ratschlag, schnell wieder auf die Beine zu kommen, schmeichelte mir. Wenn es doch nur so einfach wäre, konterte ich innerlich. Meine Erfahrung, die ich heute im Tempel machen mußte, sie hatte eine solche Wirkung auf mich gehabt! Gerne wäre ich näher auf ihn eingegangen, denn er entpuppte sich als wahrer Charmeur, der es mit höchster Wahrscheinlichkeit geschafft hätte, mich mit seinen Schmeicheleien einzuwickeln. Nur eben heute nicht!
Mir kam schon mein Gerede über das Wetter, welches ja nur ein Vorwand gewesen war, um meine tatsächlichen Sorgen zu vertuschen, als äußerst oberflächlich und ermüdend vor. Was würde Sextus nur von mir denken?
Als schließlich noch Septma besorgt um mich hinzukam und meine größte Sorge war, von ihr augenblicklich entlarvt zu werden, wurde alles noch schlimmer. Wie verknöchert kam ich mir vor! Nur nicht zu viel sagen, nur auf kein Stichwort reagieren, welches mich am Ende selbst verraten hätte. Meine Güte, ich war erstaunt, wie verkrampft ich sein konnte! Jedoch der arme Sextus gab nicht auf. Ganz im Gegenteil, er erweiterte seine Zielvorgabe nun auch noch auf die Tiberia, was dieser natürlich sogleich aufgefallen war. Unglücklicherweise erwies auch sie sich als unempfänglich, zumindest was Sextus´ Beweihräucherungen betraf. Hätte ich ihre Gedanken lesen können, dann hätte ich ihr in diesem Fall zustimmen können. Ja, es war in der Tat ein Jammer. Offenbar bot sich in diesem Augenblick ein hoffnungsvolles Pendant zu meinem Ehemann an und ich konnte nicht zugreifen! Sie aber auch nicht, was mich dann aber wieder tröstete. Jedoch versetzte es mir einen Stick in die Brust, als sie völlig beiläufig erwähnte, es gäbe ja schließlich Sklaven, die seinen angebotenen Dienst übernehmen könnten. Mein Blick, der in diesem Moment auf Septima niederging, sprach wohl Bände. Irgendwie fühlte ich mich ertappt.
Nein, ich wollte nicht alleingelassen werden und im Garten oder sonst wo, wollte ich mich auch nicht verlustieren. Was ich brauchte, war schlicht und ergreifend Abwechslung! Etwas oder jemand, der mich auf andere Gedanken brachte! Und meinetwegen ja, wenn die dumme Sache im Tempel nun zur Sprache kam, dann kam sie eben zur Sprache! Spätestens wenn die Sklaven, die dabei gewesen waren, die Gerüchteküche in Gang setzten, war bald das ganze Haus informiert. Und außerdem war Sextus ja schließlich auch nicht auf den Kopf gefallen und sicherlich war er auch des Rechnens mächtig. Denn eine Schwangerschaft dauerte für gewöhnlich neun Monate, ich hingegen war mit Marcus nun schon um die fünfzehn Monate verheiratet. also hätte ich seit gut einem halben Jahr bereits Mutter sein müssen! War ich aber nicht! "Ach wißt ihr, es ist ja wirklich rührend, wie ihr beide euch um mich kümmern wollt. Und du vor allem, mein lieber Sextus! Wo wir uns doch noch gar nicht richtig kennen! Was du nun von mir denken mußt!" Dann wandte ich mich wieder Septima zu. "Und du liebe Septima, du hast heute schon so viel für mich getan. Daß die Sache im Tempel schief ging, ist nicht deine Schuld!" Ach, welch ein Befreiungsschlag in diesem Moment! Mir war, als wäre ich ein viel zu enges Kleidungsstück losgeworden und konnte jetzt wieder frei atmen.
Septimas angebotener Becher nahm ich sofort und dankte es ihr mit einem Lächeln und einem bescheidenen "Danke", auch wenn ich für gewöhnlich nicht von gebrauchtem Geschirr aß oder trank. Heute war ich aber zum teilen bereit! Und nicht nur, was das Geschirr betraf.
Es schien, als bewirkte das Getränk wahre Wunder bei mir, denn von Mal zu Mal kam wieder Farbe in mein Gesicht.
"Was war es denn noch gleich, womit du uns dienen wolltest, liebster Sextus?" Hatte er nicht etwas von verwöhnen gesprochen? -
Zwar nicht leicht beschwingt, doch mit einem wesentlich besserem Gefühl, als ich es vor ein paar Stunden noch hatte, begab ich mich zur vereinbarten Stunde zum Bad. Im Grunde wußte ich nicht so genau, was mich dort erwarten würde. Insbesondere die letzen Wochen unserer Ehe waren geprägt von Zwist und Eifersucht. Wir hatten uns wahrlich nichts geschenkt und gaben unser bestes, dem Gegner die erdenklich größten Schmerzen zuzufügen. Doch heute wurde dies unterbrochen. So eine Art Waffenstillstand war ausgebrochen und keiner wußte so recht, wieso. Es war einfach so gekommen. Und daß es am Ende durch Sptimas Ankündigung ihres Besuches so weit gekommen war, hätte sich wohl auch niemand denken können. Dennoch hatten wir durch dieses bevorstehende Ereignis und den für morgen geplanten Tempelbesuch ganz plötzlich entdecken müssen, daß uns doch immer noch etwas verband. Etwas, was nicht offensichtlich war. doch es war da, tief unten schlummerte es und war heute erstmals seit Wochen wieder ans Tageslicht gelangt.
Wenn ich so darüber nachdachte, dann war dieser Abend tatsächlich eine Premiere. Denn bisher hatten wir noch kein gemeinsames Bad genommen. Ob dies tatsächlich ein gutes Zeichen war, würde sich sicher noch herausstellen. Wer wußte schon, ob ich nicht schon nach kurzer Zeit wieder wutentbrannt das Weite suchen würde und es wieder Krieg zwischen uns herrschte, so wie zuletzt.
Die Sklavin, die meinem Mann bereits behilflich gewesen war, kam mir nun entgegen und half auch mir, mich zu entkleiden. Ich sah zu Marcus hinüber, der sich bereits in das Wasser gleiten ließ und mir dabei zulächelte. Wie seltsam, langsam wuchs in mir das Verlangen, mit ihm die nächsten Stunden verbringen zu wollen. Sollte sich dieser Waffenstillstand tatsächlich über eine längere Zeit halten? noch war ich nicht ganz davon überzeugt.
Sicher empfand es indes Dina als befremdlich, mich heute noch einmal hier zu sehen, da mein letzter Badebesuch erst einige Stunden zurück lag. Doch wegen mir sollte diese Waffenruhe nicht gestört werden.
In der feuchten und aufgeheizten Luft lag ein feinherber Duft, den ich für mich wohl nie erwählt hätte, der allerdings dennoch interessant roch. Langsam und vorsichtig stieg ich in das Becken. Es war doch immer wieder eine Wohltat. Als ich bis zur Hüfte im Wasser stand, sah ich auf, um mich anschließend ganz ins Wasser gleiten zu lassen. Mit einigen wenigen Schwimmbewegungen hatte ich den gegenüberliegenden Beckenrand erreicht und war somit ganz in seiner Nähe. -
Von den Bedenken meines Sklaven bekam ich in meinem Rausch kaum etwas mit. Ebenso wußte ich nichts von dem Gespräch, welches mein Mann mit Okhaton geführt hatte, wie sehr er ihn dabei unter Druck gesetzt hatte und mit dem Kreuz bedroht hatte, sollte er sich mir ungebührlich nähern. Doch der Ägypter hatte nichts zu befürchten! Meine Liebhaber waren nicht einfach so austauschbar. Selbst dann nicht, wenn ich mich so einsam fühlte, wie an diesem Abend. Wenn er einfach so neben mir lag, was er schließlich dann auch tat, konnte ihm niemand etwas vorwerfen. Mit einer für ihn ganz eigenen Befangenheit und einem gehörigen Abstand bettete er sich neben mich und fragte nach, ob es so gut sei.
"Ja," hauchte ich. Meine Augen hielt ich geschlossen, doch alleine die Tatsache, daß er mir nah war, war tröstlich.
Mit meiner Hand tastete ich suchend nach ihm und ergriff schließlich seine Hand. Nur ein wenig Körperkontakt. Das genügte mir schon, um allmählich hinab zu sinken in Morpheus´ Reich, an der Seite meines Sklaven. Dann schmerzte die Sehnsucht nicht mehr so sehr, auch wenn alles nur Trug war. Doch das Opium tat noch seinen Teil dazu.
Die Nacht war friedvoll. Für mich jedenfalls. Kein Alp drückte mich. Mein Atem ging ruhig und gleichmäßig, denn ich wußte, ich war nicht mehr allein in dieser Nacht. Fern waren noch die Gedanken, was der kommende Tag bringen mochte. -
Meine Fingernägel krallten sich fest in die Rinde des Baumes. Diese Höhe und auch der Platz an dem ich mich befand, waren mir nicht geheuer. Dann kamen auch noch das Geschrei, das Donnern der Hufe und das Erzittern der Erde hinzu. Mit jeder Bewegung, die ich oder einer der Sklaven auf dem Baum machte, geriet das Geäst in Schwingungen. Mit Sicherheit würden sich die Ereignisse dieser Nacht für alle Zeiten in mein Hirn einbrennen. Nicht nur, weil ich meinen Geliebten verloren hatte, auch weil das, was nun geschah, deutlich meine Grenzen überstieg. Über das, was morgen war, verschwendete ich keinen Gedanken. Mit dem Leben davonkommen, darauf konzentrierte ich mich.
Endlich hatte es auch mein Gallier auf den Baum geschafft. Trotzdem sorgte ich mich aber noch um meine anderen beiden Sklaven. Wo war nur Okhaton? Ich konnte ihn nicht ausmachen. Mochten ihn die Götter beschützen, dort wo er war, damit er diese Katastrophe unbeschadet überstand.
In dem Gewirr glaubte ich plötzlich Cleomedes Stimme zu hören. Er stand am Fuße des Baumes und brüllte mir etwas entgegen, was aber im Tumult unterging. Warum rettete er sich nicht endlich? Daß er immer den Helden spielen mußte! Die Rolle stand ihm doch gar nicht!
Áedán begann auf mich einzureden. Offenbar machte er sich vorwürfe, nicht früh genug bei mir gewesen zu sein. Dabei traf ihn doch gar keine Schuld.
"Blut! Überall war Blut!" brachte ich hervor, mehr aber auch nicht. In meinen Augen spiegelte sich eine unüberwindbare Furcht wider.
Unter uns schwächte allmählich das Donnern ab. Die Hauptherde hatte sich bereits durch den Hain gewälzt. Nun rannten nur noch vereinzelte Tiere hinterher, die aber nicht minder gefährlich waren. -
Liebste Iunia Serrana,
miste mal deinen Posteingang aus, der ist voll!
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Herzlichen Glückwunsch!
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Das Grollen kam mit jedem Atemzug näher. Panik brach aus, Menschen schrien und begannen drsauf loszulaufen, als sie realisierten, was auf sie zu kam. Es blieb kein Zweifel mehr übrig, dies war der Zorn der Götter, der über uns herein brach und alles niedertrampelte, was sich nicht rechtzeigtig in Sicherheit bringen konnte.
Ich selbst, wohl immer noch unter dem Schock des Erlebten stehend, rührte mich nicht vom Fleck. Die von Furcht erfüllten Gesichter der Sklaven und des Priesters ließen mich unberührt. Es schien so, als sei ich in meiner eigenen kleinen beschränkten Welt gefangen, die nichts von außen zuließ. Ich begriff nicht, in welcher Gefahr ich mich befand.Wie aus dem Nichts kommend stand plötzlich Áedán, mein gallischer Sklave, vor mir und sprach ganz aufgelöst auf mich ein.
"Áedan…?!" , wisperte ich zögerlich. Er sprach von Unheil… ja, das Unheil war über uns herein gebrochen. Verständnislos sah ich ihn an und war machtlos, etwas zu tun.
Auf die Bäume! Um mich herum ging die Devise um, auf die Bäume! Aber ich konnte doch gar nicht klettern! Schon als Kind hatte man mir eingetrichtert, daß sich klettern auf Bäumen nicht für junge Damen geziemte. Und selbst wenn ich es auf den Baum geschafft hätte, was schon zu glauben sehr verwegen gewesen wäre, wie hätte ich es anschließend wieder hinunter schaffen sollen?
Erst als man mich grob zur Seite zerrte und mich somit dem Griff des Rex Nemorensis entzog, glaubte ich langsam aus dem Albtraum zu erwachen, in den ich gehüllt war.
Mein Sklave stemmt mich hoch zu den Ästen des Baumes. Ich ergriff einen davon, der mir stark genug erschien, mich aushalten zu können. Allerdings erschöpften sich hier auch schon meine Kletter- und Hangelkünste. Recht schlaff hing ich nun da, mit Sicherheit bald in die Tiefe stürzend, wenn… ja wenn man mich nicht auf ungehobelte Weise berührt und nach oben ins Geäst geschoben hätte. Voller Angst klammerte ich mich an diesem Ast fest, als ich hinunter schaute auf die in Hysterie verfallene Menge, die sich versuchte zu retten. Diejenigen, denen es nicht gelang, wurden gnadenlos niedergetrampelt.
Der Priester, in dessen Gewahrsam ich mich eben noch befunden hatte, fand im gleichen Baum Rettung. Nun half er noch dem Gallier, der noch immer unter dem Baum stand.
Indessen zwang ich mich nicht nach unten zu blicken. Damit das Gefühl, doch noch fallen zu müssen mich nicht überkam. Suchend und vor Angst bebend versuchte ich meine anderen beiden Sklaven auf den benachbarten Bäumen auszumachen. Sie hatten es doch geschafft, sich zu retten? -
So verharrte ich eine gefühlte Ewigkeit. Doch sie hätte ewig währen können. In jenem Moment empfand ich mich befreit von allem, was an mir nagte und was mir Kummer bereitete. So leicht hatte ich mich schon lange mich mehr gefühlt. Ob es Marcus nun ähnlich erging? Konnte er auch diesen inneren Frieden empfinden, wo zwischen uns in letzter Zeit nur Krieg und Schmerz geherrscht hatte?
Und als er mich dann fragte, ob ich mit ihm ein Bad nehmen wollte, so glaubte ich die Antwort zu wissen. Ja, er mußte so fühlen! Hätte er sonst noch mehr als notwendig meine Nähe gesucht?
Nun ja, im Grunde hätte ich ein abendliches Bad nicht mehr nötig gehabt, denn die letzten Stunden hatte ich intensivst unter Alexandros Fuchtel gestanden. Der Duft meiner Haut und meiner Haare zeugten noch davon. Die Vernunft hatte wohl nun verneint, doch das Herz, welches nach Zuneigung hungerte, schrie erfreut Ja .
"Ein Bad könnte sicher nicht schaden," meinte ich erst etwas zögerlich und ernst dreinblickend, dann aber doch verschmitzt lächelnd, nachdem ich mein Gesicht vom Stoff seiner Tunika gelöst hatte und ich ihn nun ansah. -
Ob ich angesichts ihres Zustandes und ihres Aussehens neidisch wurde? Neid war es wohl nicht, eher war meine Stimmung von Sehnsucht getrieben, als ich sie da so sitzen sah. Trotz der Schwangerschaft sah sie sehr gut aus. Sie leuchtete förmlich. Offenbar verlief alles gut. Und das Unwohlsein, welches manche Schwangere erdulden mußte, war bei ihr bislang ausgeblieben. Ich konnte mich noch gut daran erinnern, an meine erste Schwangerschaft vor vielen Jahren. Die ersten Monate waren die Hölle gewesen. Die meiste Zeit hatte ich unter Übelkeit gelitten und hatte oft das Bett hüten müssen. All das blieb der Tiberia offensichtlich erspart. Die Glückliche!
Natürlich folgte nun meinerseits die obligatorische Frage, die Septima sicher schon hundertmal gehört hatte.
"Und, wann ist es soweit?" Ich konnte nicht so recht einschätzen, wie weit fortgeschritten die Schwangerschaft schon war.
Ein Sklave hatte mich mit einer Erfrischung versorgt. Aber als Marcus sie danach fragte, wie lange sie zu bleiben gedachte, hätte ich mich fast verschluckt. Glücklicherweise rettete er sich selbst mit dem Hinweis auf die Umbauarbeiten, die nun bald schon anstanden.
"Oh ja, wir haben viel vor! Aber ich habe die Sklaven angewiesen, dir ein Zimmer zuzuweisen, in dem du keine Störungen zu befürchten hast!", fügte ich noch schnell an und lächelte verlegen dabei.
Septimas Frage war recht leicht zu beantworten. In diesem Jahr waren sie alle in Rom geblieben. Jeder hatte für sich einen Grund, warum er die Hitze und den Gestank Roms der Sommerfrische im Süden vorzog.
"Ja, alle sind sie diesen Sommer hier geblieben! Obwohl der Sommer die schlimmste Zeit in der Stadt ist, wie ich finde." Auch ich hätte Campania gerne Rom den Vorzug gegeben. Doch hatten die Ereignisse der letzten Zeit mir einen Strich durch die Rechnung gemacht. -
Meine Überraschung war wohl kaum zu verbergen, als ich davon hörte, das sich Prisca und Dolabella bereits kannten. Doch dann klärte sich alles schnell auf - es waren die Wagenrennen und die dazugehörigen Pferde, beide hatten sie sich dieser Passion verschrieben. Dankend empfing ich das Kompliment des Tiberers und wartete schon ganz auf das Kommen seiner Tochter. Dann wandte ich mich der Nichte meines Mannes wieder zu, die mir bezüglich des Tiberers nicht alles erzählt hatte.
"Keine Ursache, Prisca . Auf diese Weise kann ich mir selbst ein Bild machen . Und ich muß sagen, mein lieber Dolabella, deine Gastfreundschaft ist vorzüglich!"
Ich ließ mich auf einer der Klinen nieder, von der aus ich den Gastgeber und später auch seine Tochter gut im Blick haben konnte. und als Dolabella von den Dekadenzen des Orients sprach, tat es Prisca mir gleich. Dem Sklaven, der sich um die Getränke zu kümmern hatte, bedeutete ich, daß ich ebenfalls mit einen verdünnten Wein beginnen wollte, bevor die Speisen serviert wurden.
"Du lebtest einige Jahre im Orient? Tatsächlich! Oh, wie interessant! Bitte vergib mir meine Neugier, aber ist es dort nicht schrecklich unwirtlich? So fern von Rom? Ich hörte, die Menschen hausen dort in Zelten!" Wahrscheinlich umgeben von allerlei Getier! Man hatte ja schon einiges gehört, von jenen, denen es nicht vergönnt war, innerhalb des Imperiums zu leben.
Und dann erschien die Tochter des Gastgebers. Wie süß, sie küßte ihren Vater herzlich auf beide Wangen, als sie ihn begrüßte. Hübsch, wirklich hübsch! Und mit ihrer Auswahl für die Garderobe bewies sie, oder aber auch ihre dafür verantwortliche Sklavin, einen ausgesprochen guten Geschmack. -
Vor meinem inneren Auge erschienen mir wieder die Bilder aus vermeintlich glücklicheren Tagen. Unsere gemeinsamen Nächte, noch vor der Hochzeit, in der Villa Flavia. Sein Gesicht, die tief dunklen Augen und der geschwungene Mund.
Durch die Opiumnebel drang das Lied des Ägypters zu mir durch. Es brachte es genau auf den Punkt. Calypso und Odysseus. Die Geliebte, die Tag um Tag auf ihren Liebsten hofft und darüber hinaus altert und, im Gegensatz zu Calypso, niemals mehr lieben kann. Das war ich!
Ja, ein Giftgemisch konnte letztendlich alle Qualen lindern. Ein Giftgemisch…
Das Opium schob auch diesen Gedanken beiseite. Meine Augen gingen einen Spalt auf. Schemenhaft fing ich das Bild meines Sklaven ein, der dort saß und sang. Er bereitete mir damit Wohlbehagen, auch wenn sein Lied schmerzlich war. Obschon ich mir in meiner Verzweiflung längst einen Plan zurechtgelegt hatte, wie ich ihn wiedersehen konnte. Doch was hätte ich gegeben, wenn er genau in diesem Moment hier gewesen wäre? Hier bei mir. Für einen Moment ruhte mein Blick auf dem Ägypter, der so unschuldig war. Sein hübsches Gesicht hatte mir vom ersten tag an gefallen.
"Okhaton," sagte ich plötzlich, als er geendet hatte. "Komm her und leg dich zu mir!" Nur eine Zeit lang, damit ich nicht das erschreckende Gefühl haben mußte, gänzlich allein zu sein. Sonst hatte er nichts zu befürchten. Nur die Wärme seines Körpers sollte mir vorgaukeln, als wäre er hier. -
Für die Jungs ab 30 gibt´s das hier!-->
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Wie heißt eigentlich der Verein für die, die schon die vier vor der null haben? Und bei denen, wo schon das Haltbarkeitsdatum abgelaufen ist?
Herzlichen Glückwunsch!
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Er blieb bei mir stehen, trennte sich nicht, als müsse es so sein. Als wäre es selbstverständlich. Und ich versuchte mich auch nicht zu lösen, denn diese Wärme, seine Wärme war kostbar, weil sie vielleicht viel zu selten kam. Für einen Moment lang war es so, wie es hätte immer sein müssen. So wie ich es mir gewünscht hatte, von Anfang an. In jenem Moment dachte auch nicht einen Atemzug daran, daß dieser Zustand nur endlich war. Schon bald würde ich erkennen müssen, da sich im Grunde nichts geändert hatte, daß alles so war, wie zuvor. Und doch würde mir dieser Augenblick in Erinnerung bleiben, als ein kleiner Moment des Glücks und der Zufriedenheit. Wenn man in meiner Situation war, wurde man mit der Zeit bescheidener und sah in jeder kleinsten Kleinigkeit ein wertvolles Geschenk. All die Pracht um mich herum, all der Reichtum waren im Grunde nichts, denn die besten Dinge im Leben waren umsonst. Und gerade deswegen waren sie so teuer, denn man mußte sie aus der Hand eines andere erhalten, wenn man sie haben wollte.
Ob Marcus´ Zuversicht nur gespielt war? Ich wußte es nicht. Wenn sie echt war, dann wollte ich ihm die Illusion nicht nehmen. Schließlich war dies das einzig Verbleibende, was uns noch verband. Wenn auch dieses Band riß, dann waren wir verloren.
"Ja, ich versuche daran zu glauben," sagte ich leise und vergrub mein Gesicht in seiner Tunika. -
Mir ging es nicht gut, als Minus mich von Septimas Ankunft informierte. Am Morgen war ich schon mit Kopfschmerzen und einer dezenten Übelkeit erwacht. Auch das Frühstück, welches wegen meines Zustandes eher spärlich ausgefallen war, hatte daran nichts ändern können. Mein Unwohl sein hatte nichts mit dem erwartenden Kommen Septimas zu tun, auch wenn es vielleicht den Anschein hatte.
Trotzdem wäre es sehr unhöflich gewesen, sie nicht zu empfangen. In einem Haus wie diesem, in denen alle Einwohner, seien es nun Sklaven oder auch Freie, so dicht aufeinander lebten, daß es manchmal erdrückend wirkte, hätte dies nur wieder Anlaß zu Spekulationen gegeben.
Also begab ich mich in Begleitung des Sklavenjungen zum atrium. Wie ich dort feststellen konnte, hatte Marcus sie bereits in Empfang genommen. Ich war sehr froh, daß er mir das er mich hierbei unterstütze und mir die Begrüßung nicht alleine aufbürdete.
Bevor ich mich in einen der Korbsessel neben Sptima sinken ließ, begrüßte ich sie, so freundlich es eben ging. Auch ich beugte mich zu ihr herab, um ihr einen leichten Kuß auf die Wange zu geben.
"Septima! Welch eine Freude, dich zu sehen! Ich hoffe, du hattest eine gute Reise!" Meine müden Augen versuchten zu strahlen, auch wenn ihnen das nicht wirklich gelingen wollte.
Als ich nun neben ihr saß, blieb es nicht aus, daß mein Blick über ihren Körper und somit auch über ihren Bauch fiel. Natürlich war schon etwas zu sehen und jetzt, da sie so da saß, erst recht! -
Das blanke Entsetzen stand in meinem Gesicht geschrieben. Und ja, ich war entsetzt, was in dieser kurzen Zeit geschehen war. Von einer Minute zu anderen war die Freude des Wiedersehens und unbändige Liebe in Schrecken und Tod gekehrt worden. Und ich stand nun inmitten des Scherbenhaufens, unfähig den Gedanken weiterzudenken, was nun werden sollte.
Meine Sklaven, die inzwischen bei mir standen, versuchten sich, zu erklären was geschehen war. Cleomedes, der von Anfang an eingeweiht gewesen war, log sogar für mich. Treu bis in den Tod würde er nichts unversucht lassen, mich zu retten. Und auch Okhaton, daß er da war zeugte von seiner Ergebenheit.
Ich indessen stand einfach nur hölzern da, nicht fähig einen Schritt zu machen, geschweige denn mich zu äußern. Der Schrecken saß noch zu tief in meinen Knochen. Ich sah den Priester nur ganz verstört an, als spräche er zu mir in einer nie zuvor gehörten Sprache. Seine Worte waren schroff und ungehalten. Wer konnte ihm das verdenken? Was geschehen war, war ein Frevel der übelsten Sorte. Ein Mord im heiligen Hain und dann auch unser Vergehen, weil wir uns geliebt hatten. Wir waren blind vor Liebe gewesen. Unfähig, die Folgen unserer Tat zu bedenken. Nun war mein Liebster tot, kaltblütig gemeuchelt. Was war mein Leben jetzt noch wert?Der Rex Nemorensis packte mich fest am Arm, damit ich ja nicht davon laufen konnte. Aber wohin hätte ich den flüchten können? Davonlaufen? Wenn das hier das Ende sein sollte, dann gab es keinen Grund mehr zum davonlaufen.
Ich leistete keinen Widerstand. Weshalb denn auch? Im Grunde hatte auch mich der tödliche Dolch getroffen, als er Chimerions Herz durchbohrt hatte. Nur atmete ich noch. Mein Schicksal lag in den Händen der Götter. Und daß die Götter schon ihren Groll zeigten, konnte man in der Ferne bereits hören. Ein Donnern, welches sich dem Hain näherte…. -
Mein Blick ging ins Leere. Wie alles leer war in mir. Nur noch dieser eine Hoffnungsschimmer war es, der mich nicht einfach so untergehen ließ. Der morgige Tag würde alles entscheiden. Alles.
Marcus trat an mich heran, drückte sich an mich. Mein erstaunter Blick war nicht zu verbergen, denn um ehrlich zu sein, hatte ich diese Reaktion nun nicht erwartet. Morgen, das Opfer im Tempel der Iuno Sospita würde ihm endlich einen plausiblen Grund liefern, warum er sich von mir trennen konnte und auch meine Familie würde dann Verständnis dafür haben. Doch er bestärkte mich darin, nicht negativ zu denken, er gab mir Mut. Und damit zeigte er mir zum ersten Mal vielleicht in unserer Ehe seine wahren Gefühle, die er sonst immer gut verwahrt vor mir versteckt hielt.
Seine Berührungen waren in diesem Moment so heilsam, so lindernd. Tränen sammelten sich in meinen Augen, als ich zu ihm aufsah. Womit hatte ich das verdient? Diese plötzliche Nähe, die Demonstration dessen, daß er nicht froh war, sich problemlos von mir trennen zu können, obwohl sich ihm die Möglichkeit schon morgen vielleicht geboten wurde.
"Ja, ich werde mir Mühe geben!", antwortete ich und legte mein Kopf auf seiner Brust ab. Eine Geste der Geborgenheit, die heute ihre Premiere hatte.