Beiträge von Flavia Celerina

    Tuchrüstungen! Ich konnte mir nichts darunter vorstellen. Aber es klang interessant. Darüber wollte ich noch mehr entfahren. "Wie kann ich mir solche Tuchrüstungen vorstellen? Welche Materialien brauchst du dafür? Und Waffen? Welche Waffen meinst du?" Es war natürlich ausgeschlossen, daß er Waffen trug, weder in der Villa, noch in der Öffentlichkeit.
    Ich war mir noch nicht ganz schlüssig, ob ich ihm gestatten sollte, seine traditionelle Kleidung tragen zu dürfen.

    Noch einmal warf ich Charis einen tadelnden Blick zu, bevor ich mich wieder dem neuen Sklaven widmete. Das Schöne an ihm schien zu sein, daß er sich gegen nichts widersetzte. Selbst nicht gegen das Lernen, was er ja im Grunde für sich tat. Er würde schon merken, welche Vorteile es brachte, wenn man der Schrift und des Lesens kundig war.
    "Dann wirst du dich morgen mit Charis zusammensetzten und mit dem Lernen beginnen. Allerdings sollte es dich nicht an der Erledigung deiner Aufgaben hindern." Wobei wir wieder beim Thema waren. So wie er jetzt vor mir stand, konnte er sich kaum in der Öffentlichkeit zeigen. Er brauchte andere Kleidung! Vielleicht genau solche auffälligen Gewänder, wie Phraates sie tragen durfte. Wo war er eigentlich? "Charis, wo ist eigentlich dieser parthische Nichtsnutz?" Der Parther hatte sich bisher als Unglücksrabe herausgestellt. Alles was er anfaßte, ging zu Bruch.
    Ach ja, die Kleidung! "Bevor du mich als Leibwächter begleitest, brachst du richtige Kleidung! Sag mir, was trägt man in deiner Heimat?" Ich vermutete, die Kleidung war der der Ägypter sehr ähnlich. Natürlich konnte ich mich auch täuschen.

    Ich war erstaunt, dies zu hören! Er war sehr weit herum gekommen. Germanien… ich machte mir nichts aus den kalten und unwirklichen Provinzen des Nordens. Mich hatte es von jeher immer nur in den Süden gezogen. Lutetia war meine nördlichste Station. Ich dankte den Göttern, daß ich dieses Kapitel hinter mir gelassen hatte.
    Etwas weniger erfreut war ich über die Tatsache, daß er nicht lesen und schreiben konnte. Alle meine Sklaven, die sich in meiner Umgebung aufhielten, waren dieser Gabe mächtig. Darauf legte ich besonderen Wert!
    "Du kannst nicht lesen und schreiben? Das ist ja…" Gerade als ich mich darüber echauffieren wollte, kam Charis, meine Leibsklavin. Ihr Blick streifte den neuen Sklaven und traf dann auf mich. Sie schlug ihre Augen nieder, denn sie wußte, ich war nicht gut zu sprechen auf sie. Auf dem Tablett, welches sie trug, befand sich ein Krug mit verdünntem Wein und einem Korb mit Früchten. Beides stellte sie mit dem Tablett auf einem Tischchen ab, das sich neben meiner Kline befand.
    "Wo warst du nur solange? Ich verhungere und verdurste hier fast, während du dich irgendwo herumtreibst!" murrte ich. Charis wirkte ganz verschüchtert, aber das war mir gleich. Ich zügelte meinen Ärger und fuhr fort.
    "Dies hier ist der neue Sklave! Olin ist sein Name. Er wird mein neuer Leibwächter. Du wirst ihm Lesen und Schreiben beibringen, gleich morgen!"Olin war kurz aus meinem Blickwinkel gefallen. Er stand noch immer an der gleichen Stelle. So geheimnisvoll sein Äußeres war, so schwierig war es, seine Gedanken zu ergründen. Er hatte meine Strafaktion, die ich für Chimerion vorgesehen hatte, mit keinem Wort kommentiert. Ich ging aber davon aus, daß er verstand, was ich damit sagen wollte.
    "Gut, dann werde ich es mit dir einmal probieren. Außerdem verlange ich, daß du dir Mühe gibst, wenn Charis dich unterrichtet!"

    Aus seinen Augen sprach die Sehnsucht nach seinem vergangenen und unwiederbringlichen Leben, das er verloren hatte. Vom Anführer und hochgestellten Mitglied seines Stammes, zum Sklaven. Ein tiefer Fall! Wie schnell man fallen konnte, hatte ich selbst erlebt und auch wie es sich anfühlte, wenn man das Gefühl hatte, sein Leben sei nichts mehr wert. In meinem Inneren konnte ich Verständnis für seine Lage aufbringen. Aber Mitleid? Nein, das ging zu weit. Ich tröstete mich immer mir dem Gedanken, etwas Gutes für meine Sklaven zu tun. Sie dienten mir zwar, aber dafür genossen sie einige Annehmlichkeiten, die so mancher freier Römer nicht hatte, ein Dach über dem Kopf, tägliche Verköstigung und ein gewisses Maß an Sicherheit. Wer seine Aufgaben gut erledigte, der konnte sogar damit rechnen eines Tages die Freiheit zu erlangen.
    Ich hörte ihm aufmerksam bei seiner Geschichte zu, als er erzählte, wie sein früherer Herr das Zeitliche gesegnet hatte. Demnach mußte er oft und viel unterwegs gewesen sein.
    "Karawane? Du meinst, du bist viel mit deinem Herrn umhergezogen? War das hier in Italia oder gar in anderen Ländern? Womit hat dein Herr gehandelt?"


    Seine Fähigkeiten beschränkten sich aufs Kämpfen, schließlich war er ja ein Krieger gewesen. Allerdings hatte sein Herr wohl nicht viel in seinen Sklaven investiert und ihm die Möglichkeit geboten, sich weiter zu bilden. Ich für meinen Teil verabscheute Schaukämpfe, bei denen Mann gegen Mann oder Mann gegen Tier gekämpft wurde. Nur wenn ein familiäres Ereignis anstand, wie erst kürzlich, dann tat ich mir so etwas an. "Nun, eines kann ich dir versichern, ich werde dich nicht kämpfen lassen, um damit an mein Geld zu kommen. Kannst du sonst noch etwas? Vielleicht Lesen und Schreiben?" Wahrscheinlich nicht! Woher auch? Wenn er es bei seinem Herrn nicht gelernt hatte, in Africa hatte er es bestimmt nicht gelernt!
    "Doch ich bräuchte einen guten Leibwächter. Meiner ist mir nämlich abhanden gekommen, wie du vielleicht schon erfahren hast." fügte ich dann noch hinzu. Immer noch kochte dieWut in mir,wenn ich an Chimerions Flucht dachte. "Ich habe bereits einen erfahrenen Sklavenjäger auf ihn angesetzt, damit er ihn mir wieder zurückbringt und das wird er. Da bin ich mir ganz sicher. Dann werde ich es genießen, wie er ganz langsam aber sicher seinen letzten Atem aushaucht, nachdem man ihn ans Kreuz geschlagen hat." ein spöttisches Grinsen konnte ich nicht unterdrücken. "Du denkst sicher, ich sei grausam. Nein, das bin ich nicht! Ich bin nur wütend, sonst nichts. Also reize mich nicht!" Das sollte eine klare Ansage sein, damit er von vorne herein wußte, daß ich zu keinerlei Spielchen bereit war. Nicht noch einmal würde ich den gleichen Fehler machen, den ich bei Chimerion gemacht hatte.

    Ich ließ Olins Worte kurz auf mich wirken, bevor ich darauf einging. "Kämpferisch oder Anführer, sagst du! Bist du kämpferisch oder warst du gar ein Anführer?" Mein tiefgründiger Blick versuchte, ihn zu durchleuchten. Ich wollte unbedingt mehr über ihn erfahren und vor allen Dingen, was er für ein Mensch war. Seit der Flucht des Thrakers war ich mißtrauisch geworden. Natürlich schützte mich meine Neugier nicht davor, erneut enttäuscht zu werden. Doch würde ich die gleichen Fehler, die ich bei Chimerion gemacht hatte, nicht noch einmal begehen.
    Seine Geschichte, weshalb er an den Sklavenhändler geraten war, klang mehr als abenteuerlich! "Wegelagerer? Was ist denn geschehen?" Eines mußte man dem Sklaven lassen, er sorgte für allerlei Kurzweil. Doch ich hoffte auf noch mehr Qualitäten. "Wie hast du deinen bisherigen Herren gedient? Welche Fähigkeiten besitzt du?"

    Bei den ersten Worten des Sklaven stellte ich erfreut fest, daß der alte Tranquillus nicht geschwindelt hatte, als er behauptete, der Sklave spräche ein lupeneines Latein. Er hob seinen Blick und sah mich direkt an mit seinen schwarzen Augen, die noch von dem einstigen Stolz kündeten, als er noch ein freier Mann gewesen war. Das schürte nur noch meine Neugier. Ich wollte jede Einzelheit wissen, wer er war, was er war und was ihm im Laufe der letzten fünf Jahre alleswiderfahren war, seitdem er seine Freiheit verloren hatte. Meine Fragen, die ich hatte, prasselten nur so auf ihn nieder.
    "Olin! Soso! Hat dein Name eine besondere Bedeutung in deinem Land? Erzähl mir mehr über dich. Wie alt bist du und weshalb haben deine Herren dich nicht behalten?" Ich war gespannt auf seine Antwort. Es konnte verschiedene Gründe geben, weshalb man sich von einem Sklaven trennte. Ich hoffte, keine unangenehme Überraschung mit meiner letzten Frage ans Tageslicht zu fördern.

    Das Sonnenlicht blendete mich etwas, als ich von der Schriftrolle aufblickte und mir meine neueste Errungenschaft ins Auge fiel. Er war tatsächlich schwarz wie die Nacht. Jetzt da ich ihn näher sah, erkannte ich einige Details, die mir auf dem Sklavenmarkt verborgen geblieben waren. Seine Haut wies merkwürdige Zeichen auf, Tätowierungen, wenn ich mich nicht irrte. An seinen Ohrläppchen hingen seltsam anmutende Ohrringe. Das machte sein Aussehen noch etwas interessanter. Er war ein wahrer Riese! Sein Alter konnte ich schwer abschätzen, doch mit Sicherheit war er um einiges älter als ich. Er machte einen recht wilden Eindruck auf mich, was mich allerdings nicht ängstigte. Ganz im Gegenteil, ich mochte das Unbekannte, Exotische und dieser Sklave war Exotik pur. Alleine schon die schwarze Färbung seiner Haut hatte eine anziehende Wirkung auf mich. Er paßte sehr gut zu meiner Sammlung.
    Ich setzte mich etwas auf um ihn noch besser mustern zu können und legte den Papyrus endgültig beiseite.
    Man hatte ihm eine der weißen einfachen Tuniken gegeben, die für gewöhnlich die einfachen Sklaven trugen. Seine war ihm viel zu klein, was angesichts seiner Größe auch kein Wunder war. So allerdings konnte ich ihn nicht herum laufen lassen! Mein rechtes Augenlied wanderte gefährlich nach oben und ich bedachte ihn, mit dem für meine Familie so typischen Blick.
    "Da bist du also! Ich gehe davon aus, man hat dir bereits alles Wichtige gezeigt. Mein Name ist Flavia Celerina. Ich habe dich heute Morgen erworben, aber das weißt du sicher schon längst. Wie ist dein Name und woher genau stammst du?"

    Sein Volk? Die Römer waren nicht sein Volk. Er war Grieche und stolz darauf! Cleomedes hatte nie etwas anderes gekannt. Umso mehr war er überrascht zu hören, daß es Völker gab, die keine Sklaverei kannten. "Ihr habt keine Sklaven?" fragte der Grieche ungläubig.
    Olin hatte sich für eines der freien Betten entschieden. Neben jedem Bett befand sich eine kleine hölzerne Truhe. Darin konnten die Sklaven ihre Habe verstauen. Die Truhen waren nicht besonders groß. Selten nur war ihr Stauraum nicht ausreichend gewesen. Meistens fanden darin einige Kleidungsstücke ihre Aufbewahrung. "Gut, dann gehört diese Truhe dir. Darin kannst du deine persönlichen Dinge aufbewahren, falls du welche hast." Damit hatte er dem Neuen vorerst alles gezeigt, was er für den Anfang wissen mußte. Doch Olins Frage war berechtigt. Er konnte sich vorstellen, dass er die Frau sehen wollte, die ab jetzt sein Leben bestimmte. Bevor er jedoch antworten konnte, erschien ein Sklavenjunge, der ganz aufgeregt in die Sklavenunterkunft hereinplatzte."Ah, da seid ihr ja! Domina Celerina möchte den neuen Sklaven sehen." keuchte er ganz außer Atem. "Sie erwartet dich draußen im Garten bei den Rosen! Folge mir einfach!"
    Cleomedes blickte erleichtert drein und nickte Olin zu, er solle ruhig mit dem Jungen mitgehen.
    Der Junge führte den neuen Sklaven hinaus in den großen flavischen Garten, vorbei an schön angelegten Beeten mit blühenden Blumen, marmornen Statuen, mächtigen Bäumen bis er schließlich bei den Rosen zum stehen kam. Über einer mit weinrotem Stoff verkleideten Kline, die umringt von den blühenden Rosen stand, lag ein süßer Duft in der Luft. Auf der Kline lag eine junge anmutige Frau, die gerade noch mit lesen beschäftigt war. Sie trug eine wollweiße seidene Tunika mit goldfarbenen Stickereien. Als sie die Schritte der Sklaven hörte, blickte sie auf und beobachtete den herannahenden tiefschwarzen Mann, der nun ihr Sklave.

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    Seine Geschichte glich sich mit denen, die er schon oft von neuen Sklaven gehört hatte. Solchen, die frei geboren waren und die irgendwann einmal die Freiheit schmecken durften. Für diese Sklaven musste es besonders hart sein. Mitleid aber empfand er nicht für ihn. Jeder war seines Glückes eigener Schmied, besonders dann, wenn man als Sklave leben musste.
    Ein wenig fasziniert starrte er noch auf die seltsamen Zeichen, dann räusperte sich Cleomedes und besah sich den Sklaven, der gerade dabei war, die Tunika anzuziehen. Erwartungsgemäß war sie viel zu klein. Er konnte sich schon lebhaft vorstellen, wie die Flavia auf diesen Anblick reagieren würde. Gerade auf das Äußere legte sie sehr viel wert.
    "Gut, dann zeige ich dir jetzt noch die Sklavenunterkunft. Wenn du das hier als ausladend und luxuriös empfindest, dann wird dir die Unterkunft wie ein Palast vorkommen." Er grinste über seinen eigenen Scherz und ging voran. Unweit des Bades befand sich ein dunkler muffiger Raum, in dem einige notdürftig zusammen gebaute Betten standen, die mit Stroh gepolstert waren. Von außen drang kaum Licht in den Raum. Nur eine kleine Öffnung an einer Wand ließ ein wenig Licht und Frischluft hinein. Cleomedes deutete auf drei Betten, die derzeit nicht benutzt wurden. "Da, eines von denen kannst du dir aussuchen!"

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    "Olin. Aha", stellte der Grieche emotionslos fest und sah ihm noch kurz nach. Er war sich noch nicht vollkommen sicher, ob der Neue eher zu seinen Freunden zu rechnen war oder nicht Und wenn schon, Sklaven hatten keine Wahl. Er hatte das zu nehmen, was auf ihn zukam. So war es schon immer gewesen und so würde es auch bleiben. Doch konnte er, der er einer der bevorzugten Sklaven der Herrin war, ein wenig Einfluß auf sie ausüben. Sie verließ sie in geschäftlichen Dingen auf sein Wort. Bestimmt würde sie ihm auch in anderen Gelegenheiten vertrauen.
    In der Wäschekammer, einem Nebenraum des Sklavenbades, besorgte er eine schlichte weiße Tunika, die größte Größe, die vorhanden war. Wobei es noch immer fraglich war, ob sie dem Hünen auch passen würde. Er versuchte einfach sein Glück und trat damit in den Waschraum ein. Dort fand er Olin gänzlich unbekleidet vor. Er trocknete sich bereits ab. Den Kommentar des Sklaven tat er nur mit einem Schulterzucken ab. "Wenn du meinst!" Verächtlich sah er die schmucklosen Wände des Bades an. Im Vergleich zu anderen Häusern, in denen sich die Sklaven unter freiem Himmel zu waschen hatten, war diese Einrichtung tatsächlich luxuriös und dennoch in nichts zu vergleichen mit dem feinen Bad der Herrschaften, das vor Glanz und Prunk nur so strahlte.
    Ihm waren nicht die die Tätowierungen auf seiner Haut entgangen und auch nicht der Ohrschmuck, den er trug. Das alles war seltsam anmutend für den Griechen. der mit derlei Körperschmuck gar nichts anfangen konnte. Ohrschmuck war seiner Meinung nach weibisch. Aber dennoch interessierte es ihn, was die Zeichen zu bedeuten hatten. "Du warst nicht immer schon Sklave gewesen, oder? Was ist das auf deiner Haut?"
    Er hielt ihm die weiße Tunika entgegen, damit er sich ankleiden konnte.

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    Dem Griechen waren die Ketten, die sich immer noch um die Handgelenke des neuen Sklaven befanden, entgangen. Erst das rasseln derselben machten ihn darauf aufmerksam. Auch die prompte Antwort in bestem Latein versetzte ihn in Erstaunen. Wenigstens etwas, dachte er sich. Vielleicht hatte die Flavierin ja diesmal ein wenig mehr Feingefühl bei der Auswahl ihrer Sklaven bewiesen. So nahm Cleomedes ihm die Ketten ab und begann schließlich mit seiner einführenden Rede. "Gut, dann solltest du einige grundlegende Dinge wissen. Zum einen, wo du hier gelandet bist und wessen Besitz du jetzt bist! Du bist dir wahrscheinlich gar nicht darüber im Klaren, die Villa Flavia ist der Sitz einer der angesehensten und wohlhabendsten Familien des Imperiums. Das Geschlecht der Flavier hat bisher drei Kaiser gestellt. Deine neue Herrin ist die ehrenwerte Flavia Celerina, einem Sproß des hispanischen Zweiges der Familie. In Kürze wird sie sich mit dem Senator Aurelius Corvinus vermählen. Bis dahin wirst du mit ihren anderen Sklaven noch hier verbleiben. Wofür sie dich letztlich einzusetzen wünscht, wird sie dir noch mitteilen. Vorerst wünscht sie, daß man dich säubert und neu einkleidet. Wenn das geschehen ist, wirst du warten, bis sie dich rufen läßt." Bedeutungsschwanger ließ er seinen Blick auf dem Gesicht des Neuen liegen, bevor er ihm durch einen Wink bedeutete ihm in den Sklaventrakt zu folgen. Dabei sprach er munter weiter und sah sich gelegentlich nach Olin um. "Eins noch, rede in Gegenwart der Herrin nur, wenn du gefragt wirst und vermeide, sie direkt anzuschauen. Darin ist sie sehr empfindlich! In letzter Zeit sind einige unschöne geschehen. Zuerst wurde die Herrin Opfer einer Entführung und dann ist ihr Leibwächter auch noch geflohen, zu dem sie ein, äh besonderes Verhältnis hatte." Dem Griechen gelang es nicht, ein gewisses unflätiges Grinsen zu unterdrücken. In Sklavenkreisen war es bekannt, wie der geflohene thrakische Sklave zu seiner Herrin gestanden hatte, oder vielmehr, was die Flavia von ihm verlangt hatte. Inwieweit der Thraker die Gefühle seiner Herrin erwidert hatte, war umstritten.
    Schließlich kam Cleomedes vor dem Bad der Sklaven zum stehen undöffnete die Tür. "Da drin kannst du dich waschen. Ich besorge dir frische Kleidung. Äh, wie heißt du eigentlich?" Er wartete noch, bis der Sklave im Bad verschwunden war und besorgte dann die neue Kleidung für ihn.

    Im Rahmen einer Exkursion, die mich eigentlich zum Dünsberg geführt hat, besuchte ich im letzten Herbst auch die Ausgrabungen von Waldgirmes. In der Tat, sehr eindrucksvoll! Auch die Tatsache, daß an dieser Stelle eine Stadtgründung stattfand. Was wäre wohl aus dem heutigen verträumten Wadgirmes geworden, hätten die Römer ihre Stadt nicht aufgeben müssen?

    Einer kleinen Karawane gleich, die durch meine Sänfte angeführt worden war, erreichte der Zug aus Sklaven schließlich die Villa. Während ich mich erst einmal zurück zog, um mich frisch machen zu lassen und mich von den Strapazen, die bisweilen ein Besuch auf dem Markt mit sich zog, zu erholen, wußten die Sklaven, was mit dem Neuen zu geschehen hatte. Zuerst, bevor er sein neues Zuhause und seine Herrin kennenlernen durfte, mußte er gereinigt werden. Der Dreck des Sklavenmarktes und die üblen Körpergerüche mussten hinfort gespült werden. Die Sklaven, die mich umgaben wußten darum, wie sehr ich auf Sauberkeit wert legte. Das begann bei der regelmäßigen Körperpflege und endete mit der ordentlichen Kleidung meiner Sklaven. Dass ich dabei einen gewissen Hang zur Exotik hatte und es manchen gestattete, sich ihrer volkstümlichen Gewandung zu bedienen, war mittlerweile bekannt. Wie ich es diesmal mit neuen Sklaven handhaben würde, wußte ich noch nicht. Das wollte ich ganz spontan entscheiden.


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    Vorerst nahm Cleomedes den Neuen in Empfang. Der Grieche betrachtete ihn etwas abschätzig von oben bis unten, war allerdings doch von der imensen Größe des Afrikaners beeindruckt. Gut und gerne zwei Köpfe größer als Cleomedes war der neue Sklave. Der Grieche vermied es aber, sein Erstaunen zu zeigen. Letztlich fand er, war dieser Kauf eine weitere Laune seiner Herrin. Da aber Olin am wenigsten dafür konnte, gab er sich Mühe, nicht zu sehr abweisend zu wirken.
    "Salve! Ich heiße Cleomedes. Äh, verstehst du überhaupt, was ich sage?" Bevor er begann, dem Neuen einen langen Vortrag zu halten, worauf er in Zukunft zu achten hatte, was seine Aufgaben waren und was er unter allen Umständen unterlassen sollte, wollte er sich doch vergewissern, wie reibungslos die Kommunikation zwischen ihnen beiden funktionieren konnte. Daß dabei ein gewisses Vorurteil gegenüber dunkelhäutigen Sklaven mitschwang, war unverkennbar. Daraus machte er auch keinen Hehl. Alles was kein Grieche war, war in Cleomedes Augen sowieso ein Barbar.

    Es war kaum zu glauben, niemand bot mehr und somit bekam ich den Zuschlag. Ich fragte mich, weshalb nur dieses Prachtexemplar so wenig Aufmerksamkeit erregt hatte. Aber nun ja, das würde ich eventuell noch herausstellen. Da ich sowieso den Heimweg antreten wollte, beschloß ich, meine Neuerwerbung gleich mitzunehmen. So gebot ich meinem Sklaven, dem Schergen des Sklavenhändlers mitzuteilen, er sollte vorerst die Ketten des Sklaven nicht lösen lassen, so daß er nicht gleich die Möglichkeit fand, zu entschwinden. Seit mein Thraker auf der Flucht war, war ich äußerst vorsichtig geworden, was das Vertrauen in Sklaven betraf.
    Ich brannte bereits darauf, mir den Sklaven genauer zu betrachten. Zur Abwechslung sollte es sich diesmal, laut den Ausführungen des Tranquillus, um einen loyalen Sklaven handeln. Sein Aussehen war ja recht verwegen. Doch das wollte ich nicht hier auf dem Sklavenmarkt in aller Öffentlichkeit. Die Villa bot da einige weitaus bessere Plätze.
    Mein Sklave nahm den Schwarzen in Empfang, bezahlte den Händler und zwang den Neuen, sich hinter meiner Sänfte einzureihen, damit wir endlich den Heimweg antreten konnten. Ich hatte schreckliche Kopfschmerzen und strebte nach Entspannung.


    Sim-Off:

    Erledigt! :)

    Sim-Off:

    Tut mir jetzt echt Leid! *trief* Du kennst aber vielleicht das altbekannte Gorbatschow-Zitat: Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben! :D ;)


    Jetzt erst erkannte ich den anderen Bieter, der meinem Gebot nichts mehr entgegen setzen wollte. Es war Decimus Verus, mein Retter, der mich unlängst erst aus Piratenhand befreit hatte und mich zurück nach Rom gebracht hatte. Gerne hätteich noch einige Worte mit ihm gewechselt, doch dann machte er sich schon auf und davon. Schade eigentlich! Sicher würde sich aber noch eine andere Gelegenheit bieten.
    Apropos bieten, es wurde still um mich herum, kein weiteres Gebot schien zu kommen. Dem alten Tranquillus war heute kein gutes Geschäft vergönnt. Er mußte sich wohl oder übel mit meinen 850 Sesterzen zufrieden geben.

    Mein Weg hatte mich zufällig auch zum Sklavenmarkt geführt und was sich mir dort bot, fand mein Gefallen. Ein Schwarzer fehlte noch in meiner Sammlung. Heute war verhältnismäßig wenig los, was mich ein wenig erstaunte. Denn noch war es nicht so unerträglich heiß in der Stadt, daß man hätte aufs Land flüchten müssen. Also nutzte ich meine Chance und gab einem der begleitenden Sklaven einen Wink. Der Sklave gab daraufhin sofort mein Gebot zum besten. "850 Sesterzen für die Flavia!"

    "Es war furchtbar! Diese Barbaren, sie haben sich auf sie gestürzt und…“ Nein, ich wollte ihr die Einzelheiten ersparen und mir auch. Dann kam alles wieder hoch, Ylvas Martyrium, das Blut, der Gestank. Schon damals, als Ylva tot neben mir lag, hatte ich sie beneidet. Sie hatte einfach das letzte bißchen Leben, was noch in ihr gewesen war, einfach abgestreift, wie eine alte löchrige Tunika, die man nicht mehr wollte. Aber ich hatte dazu nicht den Mut. Vielleicht sah ich es ja als eine Art Pflicht an, zu überleben. Eine Verpflichtung gegenüber meiner Familie, meines Verlobten, ja vielleicht sogar gegenüber meinem Stand. Was hätte ich dafür gegeben, diese Erinnerungen loszuwerden!
    In Gegenwart dieser Freigelassenen hatte ich mich völlig gehen gelassen. Ich heulte ihr etwas vor und war aufgelöst. Das hatte kurzfristig den Effekt, daß es mir dadurch besser ging. Jedoch ermahnte ich mich selbst, wer ich war und was ich da tat. In der Vergangenheit hatte ich mich davor gehütet, gegenüber Personen, die mir nicht besonders nahe standen, mich dermaßen zu offenbaren oder gar Schwäche zu zeigen.
    Mit einem Tuch wischte ich mir meine Tränen ab, beruhigte mich wieder und gewann wieder die Oberhand über mich. "Danke für deine Hilfe!", meinte ich nur und zwang mich zu lächeln. Einen Moment sah ich die junge Frau an. Ich überlegte krampfhaft, wie es mir gelingen konnte, von mir abzulenken. Wobei die Freigelassene mit ihrem Kind schon für allerhand Gesprächsstoff sorgen konnte. "Was gedenkst du jetzt zu tun, nachdem man dir die Freiheit geschenkt hat? Wie man hört, hat mein Onkel die Villa verlassen und dich nicht mitgenommen!" Den letzten Satz hätte ich mir im Nachhinein gerne verkniffen, doch da war es schon zu spät. Diese Tatsache, allein mit dem Kind zurück gelassen worden zu sein, musste sie ungemein gekränkt haben. Jetzt wollte ich nicht auch noch diejenige sein, die in ihrer Wunde bohrte.