Beiträge von Flavia Celerina

    Die Zeit zerrann, während ich dahin dämmerte. Der Lebensmut, der Wille zur Selbsterhaltung war mir in der vergangenen Nacht aus dem Leib geprügelt worden.
    Eine Zeitlang hatten meine Augen die Kakerlake beobachtet, bis diese schließlich in einer Ecke verschwand und meine Augen ermüdet waren. Ich schloß sie und war im Begriff, wieder hinab zu gleiten. Doch dann hörte ich dieses leise, zaghafte Geräusch der Tür, wie sie am Boden schleifte, wenn man sie langsam öffnete. Angst und Panik breiteten sich wieder in mir aus. Ein Indiz dafür, daß ich doch noch am Leben war! Von der Furcht erfüllt, er könne erneut zurückkehren und mir noch mehr Leid zufügen, versuchte ich, in meine Ecke zu kriechen, was allerdings Angesichts meiner Schmerzen aussichtslos war. Mein Körper, der sich kurz aufgebäumt hatte, sackte kraftlos wieder in sich zusammen. Wenigstens krümmte ich mich wie ein schutzsuchendes Tier zusammen und bettelte mit angsterfüllter Stimme, er möge mir nichts mehr antun. Jedoch erkannte ich bald, daß es sich um das Mädchen handelte. Iulia war zu mir gekommen, nach allem, was ich ihr am Abend zuvor angetan hatte. Sie begann, mich mit einem Lappen und etwas Wasser zu reinigen. Das kalte Wasser tat meinem geschwollenen Körper gut, jedenfalls dort, wo meine Haut nicht von den Schlägen aufgeplatzt war. Sobald das salzige Wasser an meine Wunden kam, entstand ein brennender Schmerz, der mich aufschreien ließ. Allerdings ließ der Schmerz bald nach oder ich nahm ihn nicht mehr wahr, weil er von meinen übrigen Leiden überlagert wurde.
    Ich wußte diese Geste des Mädchens zu schätzen, auch wenn ich es im Augenblick nicht durch Worte oder einem dankenden Lächeln erwidern konnte. Mut zum weiterleben, konnte es mir allerdings nicht geben. Den Mut hatte ich verloren, den Tod noch nicht gefunden.
    Das Geräusch des plätschernden Wassers, steigerte meinen Durst noch mehr. Mein Mund war so trocken. "Wasser, bitte! Bitte gib mir Wasser!" Nur einige Tropfen hätten mir schon genügt.

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    Cleomedes öffnete die Tür und trat ein. Verlegen sah er zu Boden, damit seine Blicke die junge Römerin nicht trafen.
    "Salve domina! Ich bin im Auftrag der Flavia Celerina hier und soll dir persönlich diesen Brief überreichen und wenn du erlaubst, so soll ich auch den Antwortschreiben entgegen nehmen!" Er hielt ihr die Schriftrolle entgegen und sah sie nur aus seinen Augenwinkeln an. Er wagte es nicht, sie direkt anzuschauen.



    Ad
    Tiberia Arvinia
    Villa Tiberia
    Roma


    Salve Tiberia!


    Wie mir zu Ohren gekommen ist, planst du einige deiner Betriebe zu veräußern. Wie ich höre, geht es zum einen um einen Olivenhain und zum anderen um eine Imkerei.
    Ich hege ein ernsthaftes Interesse daran, diese beiden Betriebe zu erstehen.
    Der beigefügte Sklave ist autorisiert, in meinem Namen mit dir zu verhandeln. Sollte dir bereits eine angemessene Kaufsumme vorschweben, so scheue dich nicht, sie ihm mitzuteilen.
    Ich wäre sehr erfreut, wenn wir ins Geschäft kommen könnten.
    Mögen die Götter dir stets gewogen sein!


    Vale,


    Flavia Celerina

    Nein, Katzen konnte ich wirklich nicht widerstehen und schnurrenden Katzen noch weniger!
    "So, Maxentius und Spurius Serius Sulla!" antwortete ich grinsend. Wer wohl wer war, fragte ich mich Scherzes halber, sprach dies allerdings nicht aus. Das Katerchen streckte demonstrativ seinen Nacken in meine Richtung und nein, ich vermochte es nicht, mich zurück zu halten. Ich streichelte das Tier abermals, so daß es noch mehr schnurrte.
    "Darf ich fragen, was dich mit deiner Katze hierher geführt hat?" Sicher hatte er hier nicht auf mich gewartet, weil ihm ein Vögelchen gezwitschert hatte, daß ich ein Faible für Katzen hatte. Aber mit einer Katze einkaufen zu gehen, war ja auch mehr als ungewöhnlich!
    Währenddessen ich noch die Katze zum schnurren brachte, wandte ich meinen Blick zur Sänfte der Claudia, die noch immer nicht ausgestiegen war. Doch stellvertretend dafür trat meine Sklavin zu mir heran und flüsterte mir etwas ins Ohr. "Wie bitte?" Ich sah Ylva ganz entgeistert an. "Sie möchte nicht? Ja aber, hast du ihr nicht gesagt, warum wir nun zu Fuß gehen müssen?" Das Gesicht meiner Sklavin, die nach Ausflüchten suchte, lief rot an. "Doch des hab isch!" Abber die is ääfach zickisch, wollte sie noch anfügen, ließ es aber besser. "Ylva!!!" Meine Sklavin erzitterte und ich beendete Maxentius´ Streicheleinheiten und wandte mich erzürnt meiner Sklavin zu. "Wie oft habe ich dir gesagt…. du sollst ordentlich sprechen! Du wirst jetzt zu ihr gehen und sie nochmals bitten und wehe…!" Die Sklavin schaute mich ganz eingeschüchtert an und lief schnell wieder zurück zu Antonias Sänfte.
    "Tss, schrecklich! Germanische Sklaven, machen nur Ärger!" schimpfte ich, während ich mich wieder zu dem Fremden und seinen Kater wandte.

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    Nachdem der Ianitor Cleomedes die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte, mußte der nun wohl oder übel warten. Er konnte von Glück behaupten, einen so guten Umhang zu besitzen, der ihn an diesem kalten Morgen einigermaßen warm hielt.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit und mittlerweile völlig durchgefroren, wurde ihm die Tür wieder geöffnet. Er blickte in die Augen eines furchteinflößenden Riesen, der ihn zu der Tiberia bringen sollte. Er folgte dem wandelnden Schrank und war froh dafür, endlich im Inneren der Villa zu sein, wo es doch um einiges wärmer war.

    Die letzte Nacht hatte mir ein Inferno beschert, welches ich meinem ärgsten Feind nicht gewünscht hätte. Blutverkrustet, beschmutzt und nackt lag ich auf dem harten Boden der Hütte. Halb benommen hatte ich nur noch schemenhaft erahnen können, was weiterhin um mich geschehen war. Mein ganzer Körper brannte und pochte vor Schmerzen. Unfähig, mich zu bewegen, blieb ich einfach nur liegen und röchelte die Luft zum Atmen ein und aus. In meinem Mund konnte ich noch den blutigen Geschmack wahrnehmen.
    Ich hatte Durst, aber nicht die Kraft, um nach Wasser zu suchen. Ich hätte auch keines in der Hütte vorfinden können. Es war nichts da!
    Als die ersten Sonnenstrahlen durch das Fenster der Hütte fielen, versuchte ich die geschwollenen Augen zu öffnen. Ich fing das Bild einer Kakerlake ein, die recht selbstsicher auf dem Boden der Hütte entlang krabbelte. Ich konnte nicht erkennen, ob ich alleine war, ob das Mädchen noch in seiner Ecke saß. Meinen Kopf zu bewegen, schaffte ich nicht. Jede kleinste Bewegung schmerzte höllisch. Sie mußte alles mit angesehen haben.
    Ich vermied jeden Gedanken, der mich an die letzte Nacht erinnerte. Der Augenblick, als der Kerl mir ohne größere Schwierigkeiten das Messer aus der Hand genommen hatte, spulte sich vor meinem inneren Auge immer und immer wieder ab. Ich hatte meine Chance vertan, sie einfach verstreichen lassen. Nun lag ich hier, das Produkt meiner eigenen Schwäche, zum sterben zurück gelassen.
    Ylvas Leiche war nicht mehr da. Sie mußten sie fort geschafft haben. Ich wollte nicht darüber nachdenken, was sie mit ihr angestellt hatten, diese Bestien. Nun konnte ich Ylvas Handeln verstehen. Sie hatte den einzig richtigen Weg gewählt. Ich wünschte mir, Pluto würde mir auch einen so leichten Abgang bescheren.
    Ein kalter Windzug, der von dem Meer herkam, durchzog das Innere der Hütte und strich über meine nackte geschundene Haut. Es war nichts da, womit ich mich hätte bedecken können. Das Frieren nahm ich gar nicht mehr richtig wahr. Bald würde es vorbei sein. In einigen Stunden schon, oder in einigen Tagen vielleicht.

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    Bei dieser Antwort wurde dem jungen Sklaven ganz schwummrig vor Augen! Alleine der Gedanke daran, seinen Auftrag nicht ordnungsgemäß ausgeführt zu haben, bereitete ihm üble Bauchschmerzen.
    "Das ist unmöglich! Ich habe den Auftrag, es ihr persönlich zu geben und nach Möglichkeit auch sofort mit einer Antwort zurück zu kehren! Es geht um etwas sehr wichtiges! Etwas Geschäftliches!"
    Es war ja schließlich nicht das erste Mal, daß man Cleomedes in solch wichtiger Mission los geschickt hatte.

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    Für Cleomedes hatte der Tag schon lange vor dem nicht vorhandenen ersten Krähen des verdammten Hahnes, der bis vor wenigen Wochen noch stolz auf dem Misthaufen gesessen hatte, begonnen. Aus diesem Grund war der Hahn im Kochtopf des gallischen Koches der Flavier gelandet, der ihn kurzerhand mit allerhand Kräuter und ordentlich Rotwein zu einem schmackhaften Essen zubereitete, ohne dabei auch nur im Entferntesten zu ahnen, daß er damit den Grundstein für eines der Nationalgerichte der zukünftigen Grande Nation legen würde.
    Wie dem auch sei. Cleomides hatte an diesem Morgen schon einiges geleistet, bevor er im Auftrag der Flavierin losgeschickt wurde, von der es in der Sklavenschaft hieß, sie dulde keine Patze!
    Der Türsklave, der ihm die Tür öffnete, machte nicht gerade den frischesten Eindruck. doch in seinem freundlichen Wesen stand er Acanthus, dem flavischen Ianitor in nichts nach!
    "Salve, mein Name ist Cleomides. Die ehrenwerte Dame Flavia Celerina schickt mich, um dies hier der ebenso ehrenwerten Dame Tiberia Arvinia persönlich zu übergeben." Er zog die Schriftrolle unter seinem Umhang hervor und wartete nun auf Einlaß.

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    Cleomedes, ein langjähriger griechischer Sklave aus dem Bestand der Flavier, hatte sich am Morgen auf den Weg zum Esquilin gemacht. Sein Ziel war die Villa Tiberia. An diesem recht kalten Morgen war er im Auftrag der Flavia Celerina unterwegs gewesen. Unter seinem groben wollenen Umhang, trug er eine Schriftrolle bei sich, in der seine Auftraggeberin ihr Anliegen in Worte gefaßt hatte.
    Er trat an die tiberische Tür, klopfte und wartete, bis man ihm öffnete.

    Endlich kam der Händler mit der Sprache heraus. Aber das, was er sagte, ermüdete mich bloß. "Ein Weibchen, sagst du? Mit dem du weitere Nachkommen züchten wolltest?" Ich blickte ihn äußerst skeptisch an. Der Kerl sah nicht danach aus, als könne er kleine Äffchen züchten und außerdem war dieses Lagerhaus auch nicht die passende Umgebung. "Soso! Der Profit entgeht dir also...Aha! Ich würde sagen, er ist dir bereits durch den Verkauf des e Männchens entgangen! Denn wie willst du kleine Affen züchten, wenn du nur ein Weibchen hast? Das solltest du, der du bereits sieben Kinder zu Stande gebracht hast, doch wissen! Ich gebe dir 7000 Sesterzen für beide Affen! Überlege es dir gut, es ist mein letztes Angebot!" Was absolut zutreffend war, denn noch länger hätte ich mich nicht diesem Gestank nicht aussetzen können.

    Die Maus, mit der es die Katze hier zu tun hatte, war schlauer, als sie gedacht hatte. Und mutig dazu. Riskierte sie es doch, daß die Katze dem Spiel schnell überdrüssig wurde und sie sofort verschlang.


    Ich beendete meine Umrundung und kam erneut vor Chimerion zum Stehen. Es war wohl sein voller ernst, der aus ihm sprach, denn von Spott war keine Spur in seinem Gesicht zu sehen. Ich ließ mir seinen Wunsch, Wort für Wort noch einmal auf der Zunge zergehen. Die Gesellschaft einer Frau. Er war danach nicht besonders wählerisch, denn wenn es eine Frau war,die er wollte, dann konnte es jede dahergelaufene Sklavin sein, die aus der Küche oder aus der Wäscherei oder die im Garten oder die lupa, die er sich für wenige Münzen in der Stadt kaufen konnte. War es etwa das, was er wollte? Oder begehrte er letztlich eine ganz bestimmte Frau, vermied es aber jetzt, dies kund zu tun, um nun mit mir zu spielen? War ich am Ende die Maus? Dann der Hinweis, seine Unterkunft sei zugig… war dies nicht eine Bestätigung dafür, daß es so war? Oder war das nur meine Einbildung und ich würde mich gleich zum Affen machen, wenn ich daraufhin gekränkt reagieren würde?
    Kurz sah ich zu Ylva. Von mir aus konnte er sie haben. In ihrer Kammer, neben meinem cubiculum war es mit Sicherheit nicht zugig.
    "Nun, bediene dich! Du hast die freie Wahl! In dieser Villa gibt es genügend Sklavinnen. Ich kann dir auch Ylva zu Verfügung stellen und ihr könnt es euch in ihrer Kammer gemütlich machen. Oder wenn es dich lieber in die Stadt hinaus zieht, dann gebe ich dir einige Münzen und du kaufst dir eine lupa für die Nacht." Meine Sklavin war von diesem Angebot alles andere als angetan und weitete ihre Augen. Zu widersprechen wagte sie nicht.
    Natürlich erwartete ich mit Spannung seine Entscheidung und belegte ihn wieder mit einem durchdringenden Blick.

    Ich gab nicht viel auf das jämmerliche Geschwätz des Händlers. Im Grunde sagten sie das alle! Kannte man einen dieser Gauner, kannte man alle. Und wenn er zehn Kinder zum Durchfüttern gehabt hätte, wovon ich bei seinem Aussehen nicht ausging,wäre mir das auch nicht näher gegangen, als es das jetzt schon tat. Doch als er sich dann mit meinem Angebot zufrieden zeigte, lief ich nicht mehr weiter. Lysander trat auf mich zu, mit dem Affenkäfig in der Hand. Im gleichen Augenblick traten die Sklaven des Claudiers näher, um mich gegebenenfalls vor einem Angriff zu schützen. Ich persönlich fand das leicht überzogen. Der Händer wollte etwas verkaufen. Er konnte gar kein Interesse daran haben, mir zu schaden. "Schon gut!", beschwichtigte ich sie.
    "Dein bestes Stück, sagst du? Hättest du eventuell noch ein zweites Äffchen auf Lager? Vielleicht dein... zweitbestes Stück?" Zu gerne hätte ich eines der beiden Äffchen für mich behalten. Sie sahen ja wirklich zu drollig aus!

    Einsicht war der erste Schritt zur Besserung! Diesen Satz hatte ich zur Genüge in meiner Kindheit gehört und er war nun, im Erwachsenenalter zu einer Devise geworden. Wohlwollend sah ich es deshalb, wie Chimerion sich meinen Worten beugte. Es war fast rührend, wie er darum besorgt war, sich in Zukunft besser um Saba zu kümmern. "Du willst, daß ich dir zeige, wie man mit solchen Tieren umgeht? Nun, das kann ich gerne tun", antwortete ich ihm. Man konnte meinen, in diesem Versprechen etwas Anstößiges zu finden, was durchaus beabsichtigt war, doch ging ich nicht näher darauf ein, wie ich dies anstellen wollte.


    Wie mir schien, war mein Sklave ein äußerst bescheidenes Exemplar. Eines war sicher, er wäre eines Tages nicht Schuld an meinem Ruin und er würde mir auch nicht die Haare vom Kopf fressen. Das war wirklich gut zu wissen. Meine Dankbarkeit war ihm Belohnung genug! War darin nicht schon wieder eine üppige Portion Spott verborgen? Wagte er es, sich etwa über mich lustig zu machen? War ich denn wirklich so schlimm? Eine Bestie in seinen Augen? Ich beobachtete ihn eingehend, erforschte die Züge seines Gesichtes, um nur das kleinste Anzeichen für Spott darin zu entdecken. Aber ich fand nichts, was sein Glück war, sonst hätte ihm die Belohnung der besonderen Art geblüht!
    "Nun, ist es nicht üblich einen Finderlohn auszuhändigen, wenn man das Verlorene wieder gefunden hat und es seinem Besitzer wieder zurück gibt?" Ohne ihn aus den Augen zu lassen umrundete ich ihn langsam. "Nur zu, Chimerion! scheue dich nicht, das zu verlangen, was dir deiner Meinung nach zusteht" sagte ich zu ihm, als meine Augen auf seinen Nacken und seinen Rücken trafen.
    Oh, wie sehr liebte ich es zu spielen! Wie eine Katze mit ihrer gefangenen Maus zu spielen pflegte, bevor sie zu ihrem tödlichen Biß ansetzte. Je mehr die Maus in ihrer ausweglosen Situation um ihr leben kämpfte, umso herausfordernder und spannender war es für die Katze. In Chimerion hatte ich ein würdiges Opfer gefunden. Er war nicht der Typ Maus, die sich einfach tot beißen ließ. Dies war, wenn man so wollte, seine erste Lektion im Umgang mit Katzen!

    Ich war mir nicht bewußt, wie viele Stunden vergangen waren, seitdem Ylva nun tot war und ich das Messer an mich genommen hatte. Als es schon längst dunkel war, hatte sich leise die Tür geöffnet und das kleine Mädchen war herein gekommen. Als sie Ylvas Leiche sah, erschrak sie und wollte schon um Hilfe rufen. Ich konnte sie davon überzeugen, es nicht zu tun. Vielmehr hatte ich sie mit dem Messer bedroht, was mir mehr als schwer gefallen war. Sie war ein Kind, so klein und unschuldig und doch hätte ihr Geschrei mich verraten. Iulia hatte sich eingeschüchtert in eine Ecke verzogen und musterte mich schweigend, vorwurfsvoll. Ich selbst hatte nicht das Bedürfnis, zu reden. Nicht nachdem, was alles an diesem Tag geschehen war.


    Einige Zeit später fiel mir der Lärm draußen auf. Diese Bestien waren es. Offenbar waren sie von ihrer Beutefahrt zurückgekehrt. Nun war es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch dieser Mistkerl hier auftauchte. Ich hielt das Messer fest in der Hand und verschanzte mich hinter der Tür. "Du darfst mich nicht verraten, höst du Iulia, wenn du hier weg willst!", sagte ich zu dem Kind und hoffte darauf, sie würde noch zu mir halten, nach allem, was ich ihr angetan hatte.
    Schritte näherten sich. Die Spannung wurde unerträglich. Die Tür wurde aufgestoßen. Ich umklammerte das Messer mit meinen Händen. Jetzt zutoßen, rief eine Stimme in mir. Aber ich brachte es nicht fertig! Ich konnte es nicht! Mein Peiniger stand bereits mitten in der Hütte, starrte die Kleine an, die Kleine starrte mich an und in einer bltzschnellen Bewegung hatte er sich mir zugewandt. Jetzt war meine letzte Möglichkeit, das Schwein abzustechen. Meine Hand zitterte, mein Herz überschlug sich fast, ich war außer mir. Ich konnte es nicht! Ein jammervolles Häufchen Elend war ich! Sonst nichts!

    Dieser Gauner, dachte ich. Nur wenige Schritte trennten mich noch von der Tür, bis endlich das geschah, womit ich bereits gerechnet hatte. Der Händler hatte sich schleunigst besonnen und schraubte seinen Preis um mehr als die Hälfte zurück. Allerdings war auch dieser Preis eindeutig zu hoch! Nicht daß ich es mir nicht hätte leisten können! Mit einem "Tss" ging ich weiter. Als ich schließlich die Tür erreicht hatte, wandte ich mich noch einmal um. "Nun gut Lysander, deine letzte Chance! Ich zahle dir 4500 Sesterzen für das Äffchen und kein Ass mehr!" Wenn er schlau war, würde er einschlagen, ansonste entging ihm ein immer noch passables Geschäft und ich müsste weiter nach einem Geschenk suchen.

    Dieser unverschämte Kerl! Er hatte es gewagt, mich anzufassen. Im Nachhinein fand ich sein Verhalten sogar bemerkenswert, natürlich im negativen Sinne. Nicht viele Sklaven wagten es, sich auf diese Weise zu gebärden. Der Kerl war gefährlich, das stand außer Frage! Ich beschloß, meinem Sklaven den Umgang mit ihm zu verbieten. Nicht auszudenken, wenn er sein rebellisches Gedankengut auf meinen Sklaven übertrug! Cassim- diesen Namen würde ich mir merken. Eigentlich hätte ich ihn dafür bestrafen müssen, doch er hatte mich so sehr aus der Fassung gebracht, daß mir eine geeignete Strafe gar nicht in den Sinn gekommen war. Doch aufgeschoben war nicht aufgehoben. Er würde seine Strafe noch erhalten. Dann, wenn er am wenigsten damit rechnete. Als er schließlich mein cubiculum verlassen hatte, seufzte ich erleichtert auf.
    "Und nun zu dir!" rief ich in einem leicht abgemilderten Ton meinem Sklaven zu. "Du hast noch viel über Katzen zu lernen! Wenn du ihr noch einmal so zusetzt, wie du es soeben getan hast, dann wirst du es büßen! Hast du mich versanden?" Ich wandte Chimerion meinen Rücken zu und trat ans Fenster. Beim Anblick des herrlichen Gartens, konnte ich Sabas Ausbruchversuch sehr gut verstehen.
    "Die Katze braucht ein Halsband. Aber kein gewöhnliches Halsband." ,sinnierte ich. Einer edlen Katze bedurfte ein edles Halsband. Eines aus Gold, mit Lapislazuli besetzt! Ich würde einen der Sklaven zu einem Goldschmied schicken, der ein solches Stück anfertigen konnte.
    "Im Übrigen danke ich dir! Und nun zu deiner Belohnung. Was denkst du, wäre angemessen?" Ich hatte mich wieder Chimerion zugewandt und sah ihn, wieder mild gestimmt, an.

    Je länger ich mir dieses Geschöpf betrachtete, umso mehr stieg mein Verlangen dieses Tier zu kaufen. Nein, ich spielte sogar mit dem Gedanken, gleich zwei dieser Tiere zu kaufen. Eines als Hochzeitsgeschenk und eines, welches ich für mich selbst behielt. Ja, ich wollte auch eines dieser ungewöhnlichen Tiere besitzen! Chimerion konnte es dann abrichten, damit es mich unterhalten konnte!
    Auch der Claudier schien recht angetan zu sein, von diesem Wesen.
    Natürlich waren dem Händler meine Blicke nicht entgangen und so begann er auf mich einzureden. Von einem ganzen Redeschwall wurde ich übergossen und als ich den unverschämt hohen Preis für das Tier vernahm, wich die rosige Farbe meines Teints aus meinem Gesicht, was allerdings nicht offensichtlich war, da Ylva mich am Morgen perfekt geschminkt hatte.
    "Ich habe mich wohl gerade verhört, mein Guter! Dieser Preis ist inakzeptabel! Chimerion, wir gehen!" Ohne lange zu fackeln, drehte ich mich um und war bereit zu gehen. Natürlich steckte in diesem Verhalten auch eine gehörige Portion Taktik dahinter.

    Meine Frage wurde prompt mit vielen Worten beantwortet. "Maxentius! Wie niedlich, ein Kater!"
    Nun ja, mit seiner Schönheit konnte er sich selbstverständlich längst nicht mit meiner Saba messen! Denn bekanntermaßen war sie die Schönste von allen! Doch der Charme des Katers, insbesondere das angenehme Schnurren, dem ich stundenlang hätte lauschen können, hatte es mir angetan.
    "Flavia Celerina! Und der werte Name deines Herrn ist…“ ergänzte ich keck und streichelte dem Tier über sein zartes Köpfchen, was dem Kater durchaus gefiel. "Ein wirklich.. außergewöhnliches Tier, wenn ich das sagen darf!", entgegnete ich. Wobei auch sein Herr sehr außergewöhnlich auf mich wirkte. Normalerweise war ich es nicht gewohnt, von einem Fremden auf offener Straße angesprochen zu werden. Doch wenn eine Katze im Spiel war, konnt ich einfach nicht widerstehen!
    Kurz wandte ich mich zu meinen Begleiterinnen um. Antonia war noch nicht aus ihrer Sänfte entstiegen. So nahm ich an, wir hätten noch etwas Zeit.

    Kaum hatten meine Füße das Pflaster der Straße betreten, stand bereits mein Chimerion neben mir. Wieder einmal fragte ich mich, wie ich nur die ganze Zeit ohne ihn überlebt hatte! An manchen Tagen war er eine wahre Bereicherung.
    Schon beim Aussteigen war mir dieser Mann aufgefallen, der stehen geblieben war, als sich unser Zug seinem Endpunkt genähert hatte. Nun ja, man bekam eben nicht jeden Tag solche gut aussehende Patrizierinnen zu Gesicht. Dementsprechend andächtig war sein Blick. Ein kurzes Kopfnicken, dem ich jedoch nicht viel Beachtung schenkte, hatte ich doch noch wichtigeres, worum ich mich kümmern mußte.
    Der Sänfte, die meiner unmittelbar gefolgt war, entstieg soeben meine aurelische Freundin, die mich auch sofort ganz eifrig begrüßte.
    "Salve, Minervina! Das Vergnügen lieg ganz auf meiner Seite!" Ich sah zu der dritten Sänfte im Bunde, in der sich Antonia befand. Sicher würde auch sie gleich aussteigen.
    In der Zwischenzeit hatte Minervina ihre Aufmerksamkeit auf ebendiesen Mann gelenkt, der wie ich sah, urplötzlich eine kleine Katze im Arm trug. Wo er die so schnell her hatte?
    Ich konnte einfach nicht anders! Auch wenn mich Chimerion jetzt wieder verfluchte (was er ntürlich nie laut von sich gegeben hätte) und ich meine Saba über alles liebte und eigentlich die gemeine Hauskatze als eher minderwertig betrachtete, so mußte ich doch auf ihn zugehen, um mir seine Katze näher anzuschauen. "Nein, ist die süß! Wie heißt deine Katze?"

    Der Händler bat, uns ins Innere seines Lagers zu begeben. Das tat ich dann auch und betrat jenes. Sofort ließ ich neugierig meine Blicke schweifen. Oh ihr Götter, welch penetranter Duft mir da entgegenkam! Ich realisierte, daß es sich bei den Waren dieses Händlers um lebende Kreaturen handelte. Allerlei Getier, aus allen Herrn Länder.
    Ich konnte wirklich von Glück sagen, daß ich das Tuch noch bei mir trug. Damit konnte ich mich wenigstens etwas von diesem Gestank schützen.
    Der Händler führte uns schließlich zu einem Teil seines Lagers, indem vorrangig kleine bis mittelgroße Käfige zu finden waren. Seinen Worten entnahm ich, wie selten und deshalb kostbar diese Tiere waren ... und daß ich einen guten Geschmack besäße.
    "So, sagt das mein Sklave!" Mein Blick wanderte von dem Händler bis hin zu meinem Sklaven. ein leicht angedeutetes Kräuseln meiner Lippen wurde erkennbar und ein gewisses Aufblitzen in meinen Augen konnte man beobachten. "Nun, dann wird es so sein!"
    Schließlich besah ich mir die Tiere flüchtig, die um mich herum standen. Verschiedene Arten von diversen Wildkatzen. Nein, einen Löwen hatten sie schon! Doch da 'zauberte' der Händler, wie aus dem nichts, einen kleinen Affen hervor, der alleine schon durch die Gewalt seiner Stimme und seines Aussehens überzeugte.
    "Ach herrje, ist der aber süß!", rief ich, während das Tier noch lautstark protestierte. "Was soll er denn kosten?"