Mit allem hatte ich gerechnet, nur nicht Ylvas Stimme zu hören! Ich blieb stehen und blickte mich suchend um. Die schwache Stimme mußte aus der Hütte vor mit gekommen sein. Ich vergewisserte mich, daß niemand mich sah, als ich die Hütte betrat. Tatsächlich, da lag meine Sklavin. Diese widerlichen Kerle hatten sie furchtbar zugerichtet. Neben ihrem Lager stand eine Schale mit Essen. Ylva hatte wohl nichts davon angerührt. Es mußte auch schon längere Zeit dort stehen, denn ein Heer von Fliegen hatte sich bereits darüber hergemacht und kleine gelbe Maden tummelten sich darin. Der Anblick des Essens verursachte in mir Übelkeit und voller Ekel wandte ich meinen Blick ab.
"Ylva, den Göttern sei Dank! Da bist du ja! Ylva, wir müssen hier weg! So schnell es geht! Hörst du Ylva!" Meine Sklavin regte sich kaum noch. Ihre Augen waren dick geschwollen und hatten eine bläuliche Färbung angenommen. Bei ihrem Anblick graute es mir bereits vor der nächsten Nacht. In der letzten war sie anscheinend noch einmal davon gekommen. Was würde aber die bevorstehende Nacht bringen?
"Ja, Herrin. Ich … laß mich hier Herrin. Ich sterbe sowieso!" hauchte sie. Mir trieb es die Tränen in die Augen und ich schüttelte entschlossen den Kopf. "Nein Ylva, du wirst hier nicht sterben! Wir werden gerettet werden! Du und ich! Jetzt komm!" Ich half ihr, sich aufzurichten, als ich plötzlich hinter meinem Rücken eine raue, weibliche Stimme vernahm. "Hier wird niemand gerettet! Scher dich weg und sie zu, daß du wieder in deine Hütte kommst!" Ich erstarrte. Was sollte ich jetzt nur tun? Wer wußte, ob ich noch einmal die Gelegenheit bekam, zu Ylva zu gelangen?
Mit einem Satz sprang ich auf, ballte meine rechte Hand zu einer Faust und schlug sie der Frau, so fest es ging, mitten ins Gesicht. Damit hatte sie wohl am wenigsten gerechnet. Überraschend ging sie zu Boden und blieb dort eine Weile reglos liegen. Mir fiel ihr Doch auf, dessen Scheide an ihrem Gürtel befestigt war. Ich nahm ihn an mich und gab den Dolch Ylva. "Hier halt ihn fest und laß ihn nicht fallen!" Dann versuchte ich Ylva aufzurichten um sie zu meiner Hütte zu schleppen, bevor die Frau wieder aufwachte.
Es kostete mich eine Menge Kraft, bis ich mit meiner Sklavin die Hütte wieder erreicht hatte. Dort legte ich sie auf mein Lager und gab ihr etwas Wasser. Sie mußte wieder zu Kräften kommen, damit sie mit mir fliehen konnte. "Wir schaffen das, Ylva!" sagte ich ihr aufmunternd zu und lächelte dabei. Ylva nickte nur. "Ja, Herrin."
Ich war voll der Hoffnung, auch diese schwierige Situation irgendwie meistern zu können. Ylva mußte sich nur ausruhen und dann konnten wir von hier weg, noch bevor der Abend anbrach. Ich setzte mich neben sie und beobachtete sie für eine Weile. Dann wurde ich aber doch schläfrig und nickte ein. Es war ein sanfter, wohltuender Schlaf, den ich wieder genießen konnte, denn ich wußte, bald würden wir dieser Hölle entkommen können.
Irgendwann, es mußte bereits früher Abend gewesen sein, wachte ich wieder auf und wollte sogleich auch Ylva wecken. Doch es war, wie in meinem schlimmsten Alptraum. Nein, es konnte nicht sein! Es durfte nicht sein! Alles war voller Blut! Auf dem Boden hatte sich ein riesiger Blutsee gebildet. Der Stoff von Ylva Tunika war vollgesogen mit dem Blut, welche die Wunden an ihren Handgelenken verursacht hatten. Ich war dem Wahnsinn nahe, raufte mir die Haare und stieß einen entsetzlichen Schrei aus!