Beiträge von Flavia Celerina

    [Blockierte Grafik: http://img244.imageshack.us/img244/4470/de564537de5b0efcf710c3bae2.gif]


    Jede Minute, die verging, ließ Ylvas Hoffnung schwinden, ihren Auftrag erfüllen zu können. Die Sklavin die in Begleitung des parthischen Sklaven war, übersetzte für ihn, worum Ylva ihn gebeten hatte. Von dem, was sie sagte, verstand Ylva kein Wort. Griechisch war für sie, wie böhmische Dörfer. Doch achtete Ylva auf die Mimik des Parthers. Allerdings wurde sie daraus nicht schlau, wie er ihre Bitte aufnahm und ob er ihr sogar entsprechen würde.
    Mit einem unguten Gefühl im Magen blickte sie sich kurz in Richtung des Ladens um. Sie konnte ihre Herrin erkennen, die bereits ungeduldig im Laden auf und ab lief. Ylva wußte, was das bedeutete.
    Sie war schon im Begriff, in Panik auszubrechen, als sie sich doch noch einmal an die Sklaven wandte. "Bitte ihr müßt mir helfen! Die is schon richtig sauer! Un isch will gar net drüber nachdenke, was die mit mir macht, wenn isch ohne den zurück komm!" Ylva war mittlerweile am Rand der Verzweiflung angekommen. Ihre Verlegenheit war mittlerweile vollends der blanken Angst gewichen.

    Diese Sklavin verschwendete nur mein Kostbarstes, nämlich meine Zeit! Diesen Fetzen, den sie mir nun entgegen streckte war gänzlich inakzeptabel! "Meine Liebe, ich weiß nicht wo du herkommst, was du und deinesgleichen um diese Jahreszeit anziehst, oder was sonst in dich gefahren sein könnte, allerdings das hier ist eine glatte unverschämtheit. Damit hole ich mir ja den Tod! Wenn du mir also nicht augenblicklich ein geeignetes Kleid, meinetwegen in einem denzenten rot-Ton oder von mir aus auch etwas in einem angenehmen orange heraussuchst, dann wünschst du dir, niemals geboren worden zu sein!" Offenkundig halfen hier nur klare harte Worte und Drohungen, um bei diesem Beispiel an Inkompetenz weiterzukommen. Mir war natürlich im Traum nicht eingefallen, die Sklavin könnte etwaige Schwierigkeiten mit den Begriff parthisch haben. Aber was wußte ich schon, was alles im Kopf einer Sklavin herumspukte. Um ehrlich zu sein, belastete mich das wenig.
    Mein strenger Blick lastete auf der Sklavin, jedoch etwas in mir sagte, es würde den kompletten Tag in Anspruch nehmen, griff ich jetzt nicht ein.
    "Ach weißt du was? Komm, tritt zur Seite, ich suche mir selbst ein Kleidungsstück heraus." Unsanft schob ich die Sklavin zur Seite und legte selbst Hand an meinen Schrank.
    "Na siehst du, das wäre etwas passendes gewesen!"Mit einem Griff zug ich eine meiner Lieblingstuniken heraus und hielt sie ihr direkt vor die Nase. Dabei handelte es sich um eine grün-bläuliche Tunika, die mit kleinen Perlmuttblättchen bestickt war und in allen Farben schillerte. Ich nannte sie auch schrezhaft meine Nixentunika, da man vom aussehen einer Nixe glich, wenn man sich darin kleidete.
    Erwartungsvoll stand ich nun vor der Unwissenden und harrte darauf, daß sie wenigstens nun wußte, was zu tun war.

    So, so! Ein Herbarium in Form eines Gartens also. Wie originell! "Interessant!" bemerkte ich nachdenklich, wobei in mir gleichzeitig der Gedanke kam, diesen exotischen Garten auch einmal in natura sehen zu wollen. Ob in seinem Garten auch Blumen ihren Platz fanden? Im Zuge meiner Leidenschaft für Pflanzen mit besonderen Wirkstoffen, hatte ich unlängst ein Buch in der flavischen Bibliothek ausgegraben. Geschrieben wurde es von einem griechischen Arzt, der unter Claudius und Nero als Militärarzt diente. Dieser Mann hatte ein bemerkenswertes Werk in fünf Bänden über Arzneimittellehre hinterlassen. Für meine Forschungen war es zu einem unerschöpflichen Brunnen des Wissens geworden.
    "Ich las kürzlich bei Pedanios Dioskurides in der de materia medica etwas über eine Pflanze, die aus dem fernen Asien stammt und dort auch als Heilpflanze genutzt wird. Man nennt sie orchidaceae. Verfügst du in deinem Garten auch über solch eine Pflanze?"


    Im nächsten Augenblick brachte er die bevorstehenden Spiele zur Sprache, die mein Onkel Gracchus auszurichten gedachte. Natürlich war dies ein Muß für alle Mitglieder der Familie und auch die Gelegenheit, in Kontakt mit den Mitgliedern der feinsten römischen Gesellschaft zu kommen. Seine Frage, ob ich ihn dahin begleiten wollte, kam für mich sehr überraschend, doch fand ich es auch sehr reizvoll, seiner Bitte zu entsprechen. "Nein, gewiss wird man dort keine halbnackten Männer zu sehen bekommen, die anschließen übereinander herfallen, doch wäre es mir eine Freude, deiner Bitte zu entsprechen." Ich warf ihm einen vielsagenden Blick zu und wählte dabei mein charmantestes Lächeln, welches ich mein eigen nennen konnte.

    In dieser Beziehung war ich ganz der Meinung meines verehrten Verwandten. Feilschen stand nun wirklich unter unsere Würde, zumal wir es ja gar nicht nötig gehabt hätten, zu handeln. Doch das Verhalten des Händlers war vollends inakzeptabel! Das schrie förmlich nach einem Denlzettel.
    Dann betrat erneut jene Drusila die Bühne und dieses Trauerspiel wollte zum nächten Akt voranschreiten. Mittlerweile ermüdet von diesem ganzen Tohuwabohu, gähnte ich etwas abfällig, während ich darauf wartete, endlich dieses Kleid am Körper der Sklavin zu sehen. Über die blauen Flecke sah ich diesmal einfach hinweg.
    Unterdessen war ich nun mehr mit dem Kleid beschäftig und achtete nicht so genau auf die kleine Unterhaltung, die sich nun zwischen meinem Cousin und dem Iulier anbahnen wollte. In diesem Moment war für mich viel wichtiger, das Kleid endlich in seiner Vollkommenheit zu sehen. Ohne Zweifel , es war etwas ganz besonderes. Jede Dame mit Geschmack würde damit das Aufsehen der gesamten feinen Gesellschaft Roms auf sich ziehen. "Was für eine Qualität har diese Stoff? Handelt es sich hierbei um Seide? Womöglich aus dem fernen Osten?" Meine Frage war eher an die Sklavin gerichte, da ich davon ausging, sie müsse doch so etwas am Besten wissen. Mir persönlich war ja schon so manches zu Ohren gekommen, über dieses ferne Land, weit im Osten. Es sollte sogar eine Handelsstraße geben, die direkt in dieses Reich führte und auf der die Seide dann über Indien in unsere Welt gelangte. Faszinierend! Genauso faszinierend war die Seide selbst, wenn man bedachte, woraus sie letztlich denn hergestellt worden war.
    Doch von der Seidenstraße wieder zurück in Frontos Laden, dem unfähigsten Händler Roms.
    Endlich nannte mir der Wicht ein Angebot. "Damit du nicht noch länger meine Nerven derangieren musst, bin ich mit deinem Angebot einverstanden. Aber sage mir, verfügst du auch über die passende Stola zu diesem Stück. Du weißt, ohne Stola ist dieses Kleid völlig unbrauchbar!" Eigentlöich konnte ich gar nicht verstehen, dass mich so mancher Zeitgenosse bereits als schwieig bis sehr schwierig beschrieben hatte. Dafür gab es doch ü b e r h a u p t keinen Grund! :D

    Ich behielt die Sklavin genau im Auge und fragte mich, was ihre eigentlichen Aufgaben am Tage waren. Höchstwahrscheinlich war ich auf eines der Zimmermädchen gestoßen, die von alldem, was die Morgentoilette einer Dame betraf, schlichtweg keine Ahnung hatte.
    Erfreulicherweise fand sie doch bald den Weg zu meinem Schrank und begann darin herumzustöbern. Ungeduldig wartete ich. Es war schon spät genug und die Zeit drängte. "Nun, was ist?" fragte ich gereizt. Daraufhin präsentierte sie mir eine Tunika, die mir mehr als Zahnschmerzen verursachte. Ein Relikt aus lutetianischen Tagen, etwas, woran ich nicht erinnert werden wollte und so grün! Zu grün! Eigentlich wollte ich diese Tunika schon längst entsorgen lassen. "Bei allen Göttern, was ist in dich gefahren! Willst du mich vor aller Welt bloß stellen?" Voller Empörung ruhte mein Blick auf der Sklavin und ich konnte nur für sie hoffen, sie würde sich nun eines Besseren besinnen und dieses scheußliche Ding sofort aus meinen Augen zu entfernen. Offensichtlich hatte sie wirklich keine Ahnung, was aktuell en vogue war. Nun wollte ich ja auch nicht so sein. Für ihre Unwissenheit konnte sie am Ende gar nichts. Also bewies ich Großmut und half ihr etwas auf die Sprünge. "Derzeit ist in Rom die parthische Mode sehr im Kommen. Kein Wunder auch, schließlich haben unsere siegreichen Legionen diese Barbaren in die Flucht geschlagen!" Das behauptete ich einfach einmal, obwohl ich mir sonst nicht viel aus Politik machte. Auch den Kriegsverlauf hatte ich nur partiell verfolgt. Ich war nun eigentlich der Meinung, ihr damit geholfen zu haben.

    [Blockierte Grafik: http://img244.imageshack.us/img244/4470/de564537de5b0efcf710c3bae2.gif]


    Wie man sich natürlich vorstellen konnte, war dieser Auftrag ihrer Herrin Ylva mehr als peinlich! Immer war sie es, die diese unangenehmen Dinge erledigen mußte. Aber da mußte sie jetzt einfach durch! Sie konnte auch die Einwände der Sklavin verstehen und sie wußte auch, sie hätte in einem solchen Fall genauso gehandelt. Aber Auftrag war nun mal Auftrag und Ylva konnte sich lebhaft vorstellen, was ihr blühte, wenn sie unerledigter Dinge wieder zurück zu ihrer Herrin kommen würde.
    "Ja, ja, is ja schon gut! Aber mit ihr is heut net zu spaße, die is heut uff hundertfuchzig, wenn de verschehst, was isch mein!" Yvla gab sich heute richtig viel Mühe, mit einer einigermaßen verstänlichen Sprache aufzuwarten. "Meine Herrin will was für ihr´n Bruder kaufe, abber sie wääs net, wie ihm was steht, deshalb braucht sie einen der die Kleider anprobiert! Bitte tut mir den Gefalle, sonst muß isch misch mit der widder rum ärgern!" Mitleidserregend sah sie die junge Frau an und hoffte inständig, sie und der junge Mann würden ihrer Bitte nachkommen.


    ~~ Währenddessen...~~


    Ungeduldig wartete ich im Laden. Einer der Sklaven hatte mich mittlerweile mit einem Getränk versorgt. Doch selbst das Eis Thules hätte nicht das auflodernde Feuer der immer größer werdenden Wut in mir löschen können. Noch einmal warf ich einen Blick nach draußen und sah, wie sich Ylva mit den Sklaven unterhielt. Was sollte das denn werden? Hielten die hier etwa ihr Kaffekränzchen ab? Nein, ich würde mir nicht die Blöße geben und zu explodieren, hier vor all den Leuten! Noch nicht! Doch Ylva würde schon sehen, was sie davon hatte, mich warten zu lassen.

    Nun, Callistus´ Einwände konnte ich ja noch nachvollziehen. Den ach so armen Händler betrachtend, der demnächst auf wundersame Weise einen weiteren Sklaven als seinen Besitz nennen durfte, auch wenn dieser dann, wen wunderte es, ein Neugeborenes war, entschied ich mich dafür, etwas Milde walten zu lassen. "Sicher hast du Recht, Callisus! Fünfzig wären unangemessen! Doch einen Nachlaß muß er uns gewähren, nach allem was vorgefallen ist, sonst sehe ich mich dazu veranlaßt, den Laden unverzüglich zu verlassen. Tja und dann hat er gar nichts, womit er seine Sklavin und ihr Balg durchbringen kann!" Eindringlich sah ich meinen Verwandten an und fragte mich, ob er am Ende die Sklavin noch kaufen wollte. Ein Zwischenruf war es, der meine Aufmerksamkeit von Callistus abwendete. Der Kunde, den der Händler stehen gelassen hatte, um uns behilflich zu sein, hatte sich zu Wort gemeldet. "Wie bitte, was meinst du?" fragte ich irritiert in seine Richtung. Hatte der Kerl etwa unserer Unterhaltung gelauscht? Das war ja unerhört! Andererseits war es auch nicht verwunderlich.
    "Nein, leider nicht! Doch ich gehe einmal davon aus, der Händler wird auch dir ein gutes Angebot machen, sobald er sich dir wieder widmet," antwortete ich abschätzig auf seine Frage. Mir wäre niemals der Gedanke gekommen, ungehörig gegenüber dem Fremden zu sein.
    Während ich zu dem Iulier sprach, der und angesprochen hatte, war es mir doch völlig entgangen, wie der Händler Drusila gegen eine andere Sklavin austauschen wollte. Diese Neue war gerade im Begriff gewesen, besagte Tunika überzuziehen. "Moment!" rief ich empört und warf dem Händler einen bitterbösen Blick zu. "Wo ist die andere Sklavin, diese Drusila? Sie soll sofort wieder herkommen! Sie kann uns sicher noch darüber informieren, womit sich die parthischen Damen schmücken und schminken!" Selbstredend gehörte zu einer prachtvollen Tunika auch den dazu passenden Schmuck und das passende Make up.

    Sim-Off:

    Tut mir leid, ich bin etwas im Rückstand! :D


    Glücklicherweise hatte sich Ylva dazu entschlossen, kein Wort mehr zu sagen, wodurch ich das Stück nun störungsfrei in all seiner Schönheit verfolgen konnte. Gelegentlich griff ich, in die mir angebotene Tüte und fischte mir einige der kandierten Nüsse heraus. Es war wirklich ein Jammer, daß die Nüsse ausverkauft waren!
    Ich mußte schon sagen, es handelte sich ein sehr kurzweiliges Stück. Ich fragte mich nur, wer solch großartiges zustande gebracht hatte. Danach sollte ich mich unbedingt bei meinem Onkel Gracchus erkundigen!
    Nachdem nun alle Störungsfaktoren ausgeschaltet waren, hatten sich auch bei mir die Wogen geglättet und ich konnte mich auch wieder meinen Begleitern widmen. Neben Corvinus, dem ich es zu verdanken hatte, hier zu sitzen zu dürfen und dessen überaus angenehme Gesellschaft ich nun genoß, war auch seine Nichte, Aurelia Minervina anwesend, die ich bereits auch kennenlernen durfte. Die anderen beiden jungen Damen, die mir als Aurelia Prisca und Aurelia Helena vorgestellt worden waren, kannte ich noch nicht. Doch was nicht war, konnte ja noch werden! Natürlich war es meiner Aufmerksamkeit nicht entgangen, wie schnell das Theaterstück für Aurelia Prisca zur Nebensache geworden war, nachdem sich mein Onkel zu uns gesetzt hatte. Sollte es tatsächlich etwas geben, was sich bislang meinen Ohren entzogen hatte? Um nicht indiskret zu wirken, wendete ich meinen Blick von den Beiden ab und widmete mich wieder Corvinus. "Ich bin ja so froh, dich begleitet zu haben!" bemerkte ich ihm gegenüber im Flüsterton, damit es niemand außer ihm hören konnte. Doch schon bald darauf wurde meine Aufmerksamkeit durch ein Raunen abgelenkt. Ich hatte den Eindruck gewonnen, mit Helena stimme etwas nicht. Jedoch vermied ich es auch hier, nicht taktlos zu wirken und verfolgte wieder das Stück. Letztendlich kannte ich die junge Dame ja nicht.

    Ich schenkte dem Aurelier meine volle Aufmerksamkeit. Schon immer war ich von Orakeln und den Weissagungen der Sibylle fasziniert. Leider war es mir bisher nicht vergönnt gewesen, das Orakel zu befragen. Ein weiterer Punkt auf meiner Liste, den ich noch in Angriff nehmen wollte. Fragen, derer ich eine Antwort bedurfte, gab es genug.
    Daß er nicht wirklich ein Freund der Literatur war störte mich auch nicht weiter. Menschen mit unterschiedlichen Interessen konnten sich so viel besser ergänzen. Wichtig war für mich nur seine Fähigkeit, Toleranz gegenüber anderen zu üben. Eine Fähigkeit die meinem verstorbenen Gatten bis zuletzt verborgen geblieben war.
    "Ich finde es äußerst bemerkenswert, wenn sich ein Mann, wie du es bist, sich Freiräume schafft. Nur so findet man den nötigen Ausgleich, den man nach einem anstrengenden Tag braucht. Aber sage mir, sammelst du diese exotischen Pflanzen auch in einem Herbarium? Auf diese Weise kann man sie hervorragend katalogisieren und noch besser beschreiben." Wobei wir wieder beim Thema waren. Ich selbst hatte auch schon darüber nachgedacht, ein solches Werk anzulegen. Eine hilfreiche Maßnahme, um das Wissen meiner Kräuter betreffend, zu ordnen.
    Genau das war es, was ihn zu verunsichern schien, wenn ich seinen Blick richtig interpretierte.
    "Ja, durchaus! Dies ist eine wunderbare Freizeitbeschäftigung wobei man auch den nötigen Abstand von den Wirren des Alltags finden kann." Selbstredend vermied ich hinzuzufügen, das es sich bei diesen Heilmitteln meistens um Toxika handelte.
    Seine Frage betreffend, anderer Freizeitbeschäftigungen, ließen meine Gedanken in eine völlig andere Richtung schweifen. Jedoch Wagenrennen konnte ich nun wirklich nichts abgewinnen. Worin bestand nur der Sinn, wenn erwachsene Männer stets mit ihren Wägen im Kreis herum fuhren? Bislang hatte ich auf diese Frage keine Antwort gefunden. Doch ich wußte, daß die meisten meiner Zeitgenossen da anderer Meinung waren.
    "Gladiatorenkämpfe finde ich sehr anregend! Ich liebe es, wenn diese Kerle mit ihren starken prallen Körpern übereinander herfallen." Oh ja, das liebte ich! Wobei für mich nicht zwingend notwendig war, daß einer der Kontrahenten sterben mußte.

    Nun waren schon einige Monate seit meiner Ankunft in Roma vergangen. Rückblickend konnte ich von mir behaupten, eine gute Entscheidung getroffen zu haben. Ich hatte meinen Platz inmitten meiner Familie gefunden, ich hatte erste Kontakte, ja sogar Freundschaften knüpfen können und auch die Auswahl an Modegeschäften war überwältigend. Alles war perfekt... bis auf eins! Ylva! In Lutetia hatte ich ihr ja schon so manches durchgehen lassen, doch hier war das auf die Dauer unmöglich! Da sie sich nicht bereit erklärte, sich endlich einer ordentlichen Sprache zu bedienen, war ich gezwungen zu handeln. Nun, verkaufen würde ich sie sicher nicht, doch es war unumgänglich, einen Ersatz für repräsentative Aufgaben zu finden.
    Nachdem ich mir an diesem Vormittag einen Überblick über die neueste Frühjahrskollektion bei Guccius verschafft hatte, trieb es mich wieder einmal zum Sklavenmarkt. Schade, diesmal hatte der Händler keinen von diesen rassigen Parthern im Angebot. Aber wenn man es genau betrachtete, wurde die Stadt ja bereits von parthischen Sklaven regelrecht überschwemmt. Stattdessen erregte eine Sklavin meine Aufmerksamkeit. Sie war recht nett anzusehen und glücklicherweise keine Germanin! Ich fackelte nicht lange und kaufte sie einfach. Mit dem Händler hatte ich vereinbart, er solle sie mir am Nachmittag desgleichen Tages liefern.
    Schon ganz gespannt auf das Ergebnis meines heutigen Einkaufs, harrte ich in meinem Cubiculum. Doch ich hielt es nicht lange aus und zog dann eher den Garten vor. Die Sonne schien und die blühenden Pflanzen um mich herum trugen noch dazu bei, meine Stimmung auf Hochtouren zu bringen. So flanierte ich etwas auf den mit weißem Kies bestreuten Wegen entlang und ließ mich auf einer Marmorbank nahe der Rosen nieder und wartete auf meine neueste Errungenschaft.

    [Blockierte Grafik: http://img244.imageshack.us/img244/4470/de564537de5b0efcf710c3bae2.gif]


    Einsam und verlassen stand Ylva nun im Atrium und wartete und wartete. Nää, was is dann des fer´n Saftlade, dachte sie sich und überlegte leise, was sie heute noch alles zu tun hatte. Das Warten auf die Aurelia würde ihrem Tagesablaufplan nicht unbedingt zuträglich sein.
    Dann endlich hörte sie Schritte nahen und bald darauf erschien eine gutgekleidete dunklehaarige Dame, die sie freundlich begrüßte. Na, es werd abber ach emol Zeit, dachte Ylva noch hadernd, doch die Freundlichkeit der Dame spülte Ylvas Ärger in einem fort.
    "Ja, die bin isch!" Ylva versuchte so deutlich wie möglich zu sprechen. Allerdings würde es ihr niemals ganz gelingen, ihre Herkunft zu verbergen.
    "Jo, de Brief! Moment emol, wo hab isch den dann?" Mit ihren Händen tastete sie sich selbst ab. Wo war denn jetzt nur der Brief?! Bis vor kurzem hatte sie den Brief doch noch gehabt! Doch dann kam endlich die Erleichterung. Sie fand den Brief ineinem Beutel, den sie mit sich führte.
    "Do is er!" Sie reichte den Brief der Dame und wartete dann artig, bis sie ihn gelesen hatte.



    Aurelia Minervina


    Villa Aurelia Roma



    Salve Aurelia Minervina!
    Ich war überaus erfreut, in der Stadt deine Bekanntschaft gemacht zu haben. Doch leider war die Zeit viel zu kurz, um sich näher kennenzulernen. Da ich davon überzeugt bin, dies sobald als möglich ändern zu müssen, möchte ich dir heute diese bescheidene Einladung zukommen lassen.
    Ich würde mich sehr freuen, dich hier demnächst in der Villa meiner Familie begrüßen zu dürfen. Zeitlich würde ich mich ganz nach dir richten.
    In freudiger Erwartung


    Flavia Celerina

    Zitat

    Original von Caius Flavius Aquilius
    Und da ging sie auf, meine persönliche Sonne des Tages. Nicht nur, dass ich mich freuen konnte, meinen Freund Corvinus wiederzusehen - immerhin hatte mein Amt mir die letzte Zeit wenig Gelegenheit gelassen, einige freie Stunden zu genießen, die mich allzu weit von der heimischen villa hätten forttragen können - nein, ich hatte auch sogleich ein Lächeln von Prisca ergattern können. Meiner Nichte Flavia Celerina nickte ich leicht zu, ebenso freundlich lächelnd, wenngleich ich noch innerlich vermerkte, dass ich sowohl mit Corvinus als auch mit ihr über diese offensichtlich selbstständig entstandene Bekanntschaft sprechen sollte. "Ich hätte Dich eher bei Gracchus vermutet, Nichte - ist Lucanus mit Dir gekommen?" Zumindest sah ich ihn nicht - und der vage, in den Worten verborgene Tadel war harmlos genug, um als schlichte Frage aufgefasst werden zu können. Eine Flavierin, die alleine ausging, ohne irgendeinen Sklaven oder Verwandten zur Begleitung, selbst wenn es nur eine Unternehmung mit Freundinnen war, verhielt sich nicht standesgemäß.


    Selbstverständlich wußte ich , was sich gehörte! Deshalb war ich auch in Begleitung meiner Ylva unterwegs gewesen, die unglücklicherweise in jenem Augenblick, da Aquilius zu uns gestoßen war, nicht zugegen war. Ich hatte die Gute losgeschickt um noch eine weitere Tüte mit diesen äußerst leckeren Nüssen zu besorgen. Wo sie nur wieder blieb? Sicher trieb sie sich mit irgendwelchen anderen Sklaven herum.
    "Aurelius Corvinus hat darauf bestanden, mich zu begleiten. Das konnte ich doch unmöglich ablehnen! Nein, Lucanus habe ich noch nicht gesehen. Ich dachte er wäre mit Gracchus und Antonia gekommen" antwortete ich auf Aquilius´ Nachfrage. Und das war nicht einmal gelogen! Von dieser ersten Begegnung mit dem Aurelier ging ein Funke aus, der, so schien es jedenfalls, auf uns beide übergesprungen war.
    Dann, längst schon überfällig, kehrte nun auch meine Ylva zu mir zurück. Leider so, wie es manchmal ihre Art war, in recht bäurischer Manier. Theater und germanische Sklaven paßten nun mal nicht zusammen!
    "Isch hab kää Niss mää kriegt, Herrin!" rief sie laut, als ich mich zu ihr umdrehte. Worte halfen hierbei nicht mehr, nur noch ein grimmiger Blick meinerseits sollte sie in die Schranken weisen. Doch weit gefehlt!"Isch mein, isch hab keine Nüss gek.. bekommen, Herrin Die waren all all!" Angesichts der lautstarken Äußerungen seitens meiner Sklavin, begannen sich die Zuschauer um uns herum zu beschweren. "Pssst, Ruhe da vorne!" "Halt endlich die Klappe, da oben!" Mein Blick wurde noch grimmiger und so fauchte ich sie in dezenter Lautstärke an:"Sei still und setz dich endlich!" Immer öfter spielte ich mit dem Gedanken, mir eine neue Sklavin zuzulegen. Eine mit Stil!

    Wenigsten hatte sie verstanden, was ich von ihr wollte! So manch einer dieser Sklaven stellte sich gerne etwas dümmer an , um sich so besser vor seinen Aufgaben drücken zu können.
    Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, sah ich mir sie erst einmal etwas genauer an. Dabei umrundete ich sie einmal, damit ich mir auch von allen Seiten ein Bild machen konnte. Trotz Schwangerschaft war sie doch recht dürr anzusehen! Wer sich nur an ihr vergriffen hatte, dachte ich verächtlich. Aber was interessierte mich das denn?
    "Nun gut! Wie ich bereits erwähnte, wirst du mir jetzt beim ankleiden helfen! Doch vorher wirst du mich dahingehend beraten, welche Farbe mir heute besonders gut steht, welche Tunika ich heute wählen soll, welcher Schmuck dazu passt und natürlich wirst du auch die passende Kosmetik dazu finden!"
    Wenn ich es hier nicht mit einem komplett vertrottelten Bauerntrampel zu tun hatte, würde sie nun sofort auf meine Garderobe stürzen und das Richtige finden. Falls sie so weit käme, würde sich alles andere von alleine finden. Ich war, was die Kompatibilität meiner Kleidung, dem Schmuck und dem Make up anbetraf, bestens ausgestattet.
    "Ja, was stehst du hier noch so herum? Dort drüben ist der Schrank mit meiner Garderobe!!" Dass man auch wirklich immer alles sagen musste! Als ob diese Sklaven nicht von selbst denken konnten!

    Die Ausreden des Händlers widerten mich einfach an! Wie konnte er uns nur auf diese scheußliche Art und Weise unsere Augen derart beleidigen! Schade nur, um die schönen Tuniken! Nun ja! Sicher gab es noch andere Läden, die ähnlich schöne Waren feilboten.
    Callistus war bereits im Begriff zu gehen, da mischte sich doch noch jener Kunde ein, den der Händler schlichtweg ignoriert hatte um uns zu bedienen.
    So wie es nun aussah, hatte der Händler gleich drei Kunden auf einmal verloren! Nicht sehr förderlich, wenn man damit seinen Lebensunterhalt bestreiten mußte! Aber vielleicht auch die Chance, ein Schnäppchen zu machen!
    "Ach, lieber Callistus! Warte doch noch einmal! Vielleicht stimmt es ja, was der Händler da sagt und er hat sie wirklich nicht... nicht wahr!?" Ich zwinkerte meinem neugewonnenen Verwandten zu und fuhr dann fort, allerdings waren meine Worte nun eher an den Händler gerichtet.
    "Vielleicht kann der Händler diese Schmach wieder gutmachen, indem er uns einen ordentlichen Nachlaß für die Tuniken gibt, sagen wir fünfzig Prozent?!" Ich setzte mein süffisantestes Lächeln auf und wartete die Antwort des Händlers ab.

    Seit jenem Tag, an dem sich mein Weg mit dem des Aureliers gekreuzt hatte, war mir endgültig bewußt geworden, daß es der Wille des Schicksals war, der mich von Lutetia nach Roma geführt hatte. In Lutetia hatte ich nun endgültig meine Vergangenheit hinter mir gelassen, um nun in Roma eine erstrebenswerte Zukunft zu finden. Gelegentlich ertappte ich mich bei dem Gedanken, sie vielleicht schon gefunden zu haben, noch bevor die Suche offiziell begonnen hatte.
    Keine Minute hatte ich gezögert, als Aurelius Corvinus mich darum bat, ihn zu den Spielen zu begleiten. Ich liebte das Theater über alle Maßen und ich hatte einen gehörigen Nachholbedarf nach allem Kulturellen. Nicht zuletzt, da die Spiele von einem meiner Onkel ausgerichtet wurden, war es selbstverständlich für mich, dem Ereignis beizuwohnen. Wenn dies dann auch noch in solch charmanter Gesellschaft geschah, so sollte es mir nur recht sein. Was ich nicht gewußt hatte, doch was meine Freude noch umso mehr steigerte, war die Tatsache, daß uns auch die beiden Nichten des Aureliers, Aurelia Prisca und Aurelia Minervina begleiteten: Letztere hatte ich erst kürzlich kennen gelernt und wir hatten uns angefreundet.
    Nun saßen wie dort in Erwartung des Stückes, welches soeben begonnen hatte. Schnell griff ich noch einmal in die Tüte mit den kandierten Nüssen.
    "Nun, in Gallien kursieren ja die merkwürdigsten Geschichten von solch tumben Gestalten, die menschenfressend und in Sümpfen hausend, durch die Lande ziehen. Glücklicherweise, bin ich noch keinem solchen Wesen begegnet" fügte ich zu Corvinus´ Bemerkung an. Fast im gleichen Moment stieß ein weiterer Verwandter zu uns, der neben Aurelia Prisca Platz nahm.
    "Salve, werter Onkel!" Es hatte wirklich etwas Amüsantes an sich, Flavius Aquilius als Onkel zu bezeichnen, war er doch nur einige wenige Jahre älter, als ich es war.