Beiträge von Tiberius Germanicus Probus

    Es war nicht zu übersehen, dass der Centurio über meine Bitte erst nachdenken musste. Ich konnte mir denken, dass es um meinen Ausgang ging, den ich erst vor kurzem zu meiner Beförderung zum Legionarius bekommen hatte. Zu meiner Erleichterung stimmte der Artorier meiner Bitte zu. Ich atmete auf und wartete auf seine Rückkehr.


    Kurz darauf erschien der Centurio wieder und gab mir eine Tabula mit der gewünschten Ausgangsgenehmigung. Als er sagte, dass die Genehmigung einige Beschränkungen enthielte, runzelte ich verwundert die Stirn. Ich las schnell den Text auf der Tabula. Da sah ich zu meinem Erstaunen, dass ich nichts alkoholisches trinken durfte. Hatte ich bei der Beförderungsfeier so über die Stränge geschlagen? Ich wusste es nicht mehr. Also würde ich nicht mit Sedulus auf unser erstes privates Treffen und auf meine Beförderung anstoßen können. Schade, dachte ich. Aber die Angelegenheit, die ich mit ihm zu besprechen hatte, war zu wichtig, als dass mich diese Einschränkung abhalten könnte. Ich blickte zum Centurio auf und salutierte.


    „Danke, Centurio! Ich melde mich hiermit ab.“, sagte ich zu ihm, machte eine Kehrtwende und verließ die Unterkunft. Beim Hinausgehen verabschiedete ich mich noch bei der Wache.

    Drusus war offensichtlich über meinen Vorschlag begeistert. Nun ja, eigentlich hatte der Centurio es gesagt. Wir hatten es nur vergessen. Ich wartete bis er sein Scutum und sein Pilum geholt hatte.


    „Der Centurio hatte es so befohlen. Wir haben es nur in unserer Zerknirschtheit über diesen Scheißbefehl vergessen.“, rückte ich die Sache gerade. „Und lieber bewache ich die Banditen zehnmal als diesen elend harten Boden weiter zu bearbeiten. Aber bevor wir losgehen können, muss ich auch noch schnell meine Waffen holen. Warte hier, ich bin gleich wieder da.“ Damit drehte ich mich um und rannte zu der Stelle, an der mein Schild und mein Pilum lagen. Ich nahm sie schnell auf und lief zu Drusus zurück.


    „So. Jetzt können wir losgehen.“, sagte ich zu ihm grinsend. Gesagt, getan. An der Koppel angekommen, in der die Gefangenen eingepfercht waren, wandte ich mich an Drusus. „Na dann lass uns mal einige kräftige Germanen oder so was in der Art unter ihnen suchen.“ Allerdings hatte ich keine große Hoffnung mehr als ein paar Jüngelchen unter ihnen zu finden. Denn das Gro der Männer war wohl tot oder geflüchtet.

    Ich nickte zu den Worten von Drusus. Es stimmte, was er sagte. Hätten sie sich ergeben, wären eine Menge Menschen am Leben geblieben. Aber es war müßig, weiter darüber nachzudenken. Denn sie hatten es nicht getan und dafür die Rechnung bekommen. An der Lagermitte angekommen schnappte ich mir eine Hacke und begann den Boden damit aufzureißen. Nach einigen Minuten fing ich an zu schwitzen. Fluchend stellte ich fest, dass der Boden wirklich hart war. Ich wischte mir mit einem Arm über das Gesicht und sah mich nach meinen Kameraden um. Sie waren bisher auch nicht viel weiter als ich gekommen. Dann fiel mir ein, was wir vergessen hatten. Ich stand auf und klopfte mir den Dreck von den Beinen und er Tunika. Dann ging ich zu Drusus.


    „Mensch, wir haben ganz vergessen, dass wir noch Gefangene für diese Arbeit holen sollten.“, sagte ich zu ihm. „Sollen die doch das Loch für ihre Toten graben! Was hälst du davon?“ Es war mein Ernst. Warum sollten sie uns damit abquälen. Wie Drusus schon meinte, waren sie doch selber daran Schuld, dass es soweit gekommen war. Das Einzige, was mir daran nicht so gefiel, war, dass sie durch die Werkzeuge dabei wieder Waffen in die Hände bekamen. Aber sie würden doch nicht so dumm sein und einen erneuten Angriff wagen, nachdem wir sie so vernichtend geschlagen hatten.

    Zitat

    Original von Servius Artorius Reatinus
    Er erblickte Probus und grüßte ihn militärisch. "Salve, Legionarius! Womit kann ich dir helfen?". Dem Wachmann nickte er derweil zu um zu signalisieren, dass er wieder auf seinen Posten zurück konnte.


    Sim-Off:

    Warum Reatinus einen Wächter hat... siehe überarbeiteten ersten Post der Unterkünfte. :)



    Natürlich, was für eine blöde Frage Ich hatte ganz vergessen, dass es diese Neuerung gab. Beneiden tat ich den Legionarius allerdings kein bisschen für seine Arbeit. Sie war in der Tat äußerst bescheiden. Dann rief er nach dem Centurio, der kurz darauf aus seinem Vorratsraum auftauchte. Ziemlich förmlich grüßte er mich. Hatte ich irgendetwas ausgefressen, dass er mich nicht beim Namen nannte? Egal, ich konzentrierte mich auf mein Anliegen. Vielleicht hatte ich ihn auch nur bei irgendetwas Wichtigem gestört, so dass er jetzt etwas ungeduldig war.


    „Salve, Centurio Artorius! Ich möchte dich um eine Ausgangsgenehmigung bitten. Es geht um eine wichtige private Angelegenheit.“, sagte ich zu ihm, nachdem ich salutiert hatte.

    Ich wartete noch kurz, ob Calenus eine andere Idee hätte. Aber da er schwieg, war dies scheinbar nicht der Fall. Und der Vorschlag von Caelyn gefiel mir außerordentlich gut.


    „Das gefällt mir sehr gut. Darauf hätte ich auch selber kommen können.“, sagte ich zu ihr schmunzelnd. In der Casa wäre es um einiges bequemer als in irgendeiner Ecke stehend die Flaschen Wein zu trinken. Und gegen ein paar Häppchen hatte ich auch nichts einzuwenden, hatte ich doch auf dem Fest nichts gegessen. „Also, da keiner dagegen Einwände hat, machen wir das so. Hast du denn Wein da, den wir trinken können? Oder sollen wir noch welchen besorgen? Nicht, dass wir nachher dem Tribun seine Vorräte wegtrinken.“ Dabei lächelte ich Caelyn an.

    Da klang die Aufforderung zum Eintreten dumpf durch die Tür. Ich hatte in der Zwischenzeit mein Scutum von meinem Rücken gleiten lassen. Es hätte mich in dem Raum sonst höchstwahrscheinlich nur behindert. Zwar war es noch in der Schutzhülle, aber auch so konnte ich es in die linke Hand nehmen. Nachdem der Optio die Tür geöffnet hatte und in den dahinter liegenden Raum getreten war, folgte ich ihm hinter Lupus. Der Raum war wie alle militärischen Räume sachlich und nüchtern eingerichtet. Hinter einem Schreibtisch, auf dem unzählige Papyri und Tabulae lagen, saß ein Soldat und schaute den Optio erwartungsvoll an. Ich baute mich links neben dem Optio auf und ließ meinen Blick weiter durch den Raum schweifen. Aber es fiel mir nichts besonderes weiter auf.


    Dann begann der Optio damit, sein Anliegen vorzutragen. Ich wunderte mich, dass er so offen zu dem Soldaten der Stadtwache sprach. Aber er würde schon wissen, was er tat. Zumal er sonst höchstwahrscheinlich nicht die gewünschte Unterstützung bekommen würde. Nachdem er geendet hatte, fiel mir auf, wie seine Hand auf den Knauf seines Gladius fiel. War er nervös? Auch Lupus hatte sich schon so verhalten, als würde er irgendetwas unvorhergesehenes erwarten. Angesteckt durch dieses Verhalten legte ich ebenfalls meine Hand auf den Griff meines Schwertes. Gespannt wartete ich auf die Antwort des fremden Soldaten.

    Das Jammern und das Wehklagen der Gefangenen wollte erst kein Ende nehmen. Die ganze Sache ging mir erst zu Herzen und dann auf die Nerven. Am liebsten hätte ich mir die Ohren zugehalten. Aber das ging nicht. So ertrug ich die Geräusche, die nach einer halben Ewigkeit langsam leiser wurden. Ich atmete auf und ließ meinen Blick über das Lager schweifen. Überall lagen noch die Toten. Stumm schienen sie zu schlafen. Allerdings konnte man teilweise an ihren Stellungen erkennen, dass das nicht der Fall sein konnte. Die Hütten, die gebrannt hatten, waren nur noch kohlende und glühende Überreste. Der Rest der Behausungen waren so armselig, wie es ihre Besitzer gewesen waren.


    Da sah ich erst ein Eques auf den Centurio zukommen. Leider konnte ich auf die Entfernung nicht hören, was sie miteinander zu bereden hatten. Kurz danach kam der Tessararius mit den restlichen Männer zurück. Wie befohlen hatten sie die Werkzeuge dabei. Jetzt würde es an das Ausgraben der Grube für die Toten gehen. Wie gut, dass ich mit der Bewachung der Gefangenen zu tun hatte. Ich hatte für meinen Teil heute schon genug Tote gesehen. Auf beiden Seiten. Doch kaum hatte ich diese Gedanken beendet, rief der Centurio zum Antreten. Ich kam dem Befehl nach.


    Als der Centurio die Befehle ausgab, dachte ich erst, ich hörte nicht richtig. Innerlich stöhnte ich auf. Irgendetwas schienen die Götter gegen mich zu haben. Nachdem der Centurio das Abtreten befohlen hatte, ging ich zu den Werkzeugen. In die linken Hand nahm ich Scutum und Pilum. In die rechte nahm ich eine Hacke und eine Schaufel. Ich wartete bis Drusus ebenfalls alles beisammen hatte. Danach ging ich in die Mitte des Lagers.


    „So eine schöne Scheiße.“, flüsterte ich Drusus zu. „Bei dem harten Boden brauchen wir eine Ewigkeit bis wir eine Grube ausgehoben haben, die tief genug ist.“ Ich sah mich auf dem Weg zur Lagermitte nach den Toten um. Wieviele mochten es wohl sein? Und wieviele lagen noch vor den Palisaden? „Und ich habe für meinen Geschmack heute schon zuviele Tote gesehen.“ Ihr Anblick ließ mich immer noch erschaudern.

    Als die Tür von innen geöffnet wurde, hatte ich den Centurio erwartet. Statt dessen starte ich in das Gesicht eines Legionarius. Was war denn hier los? War dem Centurio irgendetwas passiert? Ein Beinbruch oder sowas? Oder leistete er sich neuerdings den Luxus einen eigenen Wächters? Ich nickte auf die Frage des Legionarius.


    „Salve! Ja, genau den wollte ich eigentlich sprechen. Ist er nicht da oder ist irgendwas passiert? Oder was machst du hier?“, fragte ich ihn erstaunt.

    Es war am späten Nachmittag, als ich vor dem Officium des Centurios stand und an die Tür klopfte.


    Ich wollte eine Ausgangsgenehmigung, um meine Verwandten in der Casa Germanica zu besuchen. Einerseits wollte ich ein bisschen angeben, was bei den hochrangigen Familienmitgliedern wohl nur ein müdes Lächeln hervorbringen würde. Andererseits wollte ich mit Sedulus über diese Geschichte sprechen, was das Patronat betraf. Ich hatte noch überlegt, ob ich den anderen hohen Tieren meiner Gens in Rom in einem Brief um Rat fragen sollte. Aber das wollte ich erst nach dem Gespräch mit Sedulus klären. Erstmal brauchte ich diese Genehmigung.

    Ich war aufgeregt, denn es war mein erster Ausgang. Ich sah Lupus zu, was er machte und tat es ihm gleich. Mit einem breiten Grinsen zeigte ich der Wache meine Ausgangsgenehmigung.


    "Salve! Genau so ist es!", fügte ich der Bemerkung von Lupus noch zu und zeigte dann meine Tabula vor.



    Ausgangsgenehmigung


    Hiermit wird dem Legionarius Tiberius Germanicus Probus unbeschränkter Ausgang für den Rest des Abends gewährt. Widrigkeiten oder unsachgemäße Zustände sind umgehend bei mir zu melden.




    Servius Artorius Reatinus


    Zu meiner Verwunderung schien Calenus doch über meine Worte nachzudenken. Oder wenigsten nachdenklich geworden zu sein. Er hatte endlich erkannt, dass die Legio etwas anderes als das Zivilleben war. Nicht umsonst musste man bei dem Eintritt einige von seinen Bürgerrechten ablegen. Doch ich war immer noch wütend und ging somit schweigend mit Caelyn an meiner Seite weiter. Aber dann geschah etwas, mit dem ich nicht mehr gerechnet hatte. Calenus schien sich meine Worte wirklich zu Herzen genommen haben. Ich blieb erstaunt stehen, aber sah ihn immer noch leicht zornig an. Doch als er mir seine Hand entgegenstreckte, nahm ich sie brummelnd entgegen und blickte ihm dabei ernst in die Augen. Ich nickte.


    „Ist schon gut, Calenus. Wir alle machen Fehler. Auch ich habe mir schon so einiges anhören müssen. Ob du es glaubst oder nicht, aber einen ähnlichen Fehler habe ich mal gemacht. Und wurde dann auch von einem Kameraden zurechtgewiesen.“ Ich musste leicht schmunzeln. Denn ich dachte an Lupus und seine klugen Worte. Nun konnte ich ihn wirklich verstehen.


    „Lass uns die Sache vergessen, Calenus. Solange du daraus lernst, ist es in Ordnung. Entschuldigung akzeptiert und gut gehandelt.“ Damit war für mich die Sache geklärt. Dann sprach Caelyn uns an. Ich musste schon wieder leicht lächeln bei ihren Worten. Allerdings hätte ich gerne gewusst, was sie wirklich dachte. Das, was sie vorschlug, klang wirklich gut und ich hatte nicht übel Lust dazu, einen kleinen Becher Wein auf das Ende des Streits zu trinken. Zumal das viele reden mich ganz schön durstig gemacht hatte. Aber leider....


    Naja, eigentlich haben wir noch keinen Dienstschluss, da wir den Befehl haben, dich ins Castellum zu bringen. Und solange geht das mit dem Begießen nicht. Es sei denn, wir liefern dich an der Casa und du würdest dann unter einen Vorwand wieder rauskommen. Dann hätten wir unseren Befehl erfüllt und könnten ein paar Flaschen Wein vernichten, die wir uns hier unterwegs besorgen könnten. Oder habt ihr eine andere Idee?“, fragte ich die Beiden.

    Bei den nächsten Worten von Calenus wurde ich richtig wütend. Jetzt wurde er beleidigend. Denn wäre der Mann unschuldig gewesen, hätte ich ihn nicht vor von Calenus festhalten lassen. Wollte der verarschen? Und mit seiner Art abfinden? Dem werden ich und die Kameraden was husten, von wegen abfinden, dachte ich. Na wenigstens packte der Spinner wieder sein Gladius weg, so dass ich mich wieder entspannte. Das war wenigstens schon mal eine Verbesserung. Seine Entschuldigung bei Caelyn konnte ich nur bestätigen. Er war schon ein seltenes Exemplar. Und was hatte die Republik jetzt damit zu tun? Die Republik war in der Einhaltung der Tugenden strenger gewesen. Der Mann lebte eindeutig in einer anderen Welt. Das konnte mir egal sein. Solange nicht meine Kameraden oder ich darunter leiden mussten. Und wenn er bei seiner Einstellung blieb, war das früher oder später garantiert der Fall.


    „Entschuldige Caelyn. Aber wenn Calenus bei seiner Einstellung bleibt, dann gibt es kein Vertragen meinerseits.“, antwortete ich ihr. Dann wandte ich mich mit grimmigen Blick wieder an meinen Kameraden.


    „Jetzt hör mal zu, mein Freundchen! Werde nicht beleidigend, verstehst du? Wenn der Mann unschuldig gewesen wäre, hätte ich ihn nicht von dir festhalten lassen. Stelle nicht meine Dignitas in Frage!!! .....


    Weißt du eigentlich, was deine Art, die du so selbstherrlich vertrittst, für mich und meine Kameraden im schlimmsten Fall nach sich ziehen könnte? Wenn du mal wieder meinst, deine ach so rechtschaffende Klappe aufzureißen, und das an der falschen Stelle, am falschen Ort und zur falschen Zeit, dann könnte es dazu kommen, dass das Contubernium dezimiert wird. Da fragt keiner mehr nach, wer woran wie Schuld hat!!! Da heißt es einfach, jeder so und so vielte vortreten, ob er schuldig ist oder nicht. Und dann müssen die eigenen Kameraden sie töten. Vielleicht trifft es nicht einmal dich, so dass du deine Kameraden töten musst, obwohl du dafür die Schuld trägst. Wie vereinbart sich das mit deiner ART?!!....


    So sieht das aus!!! Das ist die Welt in der Legio!!! Deine Kameraden stehen mit ihrem Leben für dein Verhalten ein. Ehre sie dafür, in dem du dich vorbildlich benimmst und sie keinen Grund zur Klage haben. Kennst du das nicht auch von deiner Familie? Verstehst du das nicht? In der Legio bist du kein Einzelner, der für sich alleine bestimmt, wo und wie Sachen zu sein haben. Du bist Teil eines Ganzen. Wenn du nun meinst, du müsstest dich nicht irgendwie anpassen und dich in die Gemeinschaft einfügen, was sollte dann die Gemeinschaft für dich tun? Nichts wird sie tun und das wird dein Untergang sein. Deshalb kann ich dir nur dringend raten, deine Einstellung zu ändern!!! Denn als Einzelner bist du in der Legio ein Nichts!


    Und Calenus, der einzige Hohn der zu vernehmen ist, sind deine eigenen Worte. Und die Sache mit der Republik und den Kaiser würde ich an deiner Stelle nicht so laut raus posaunen. Nachher hört es noch ein Falscher.“ Damit drehte ich mich wieder zu Caelyn.


    „Komm, lass uns weitergehen. Ich denke, dass bringt sowieso nichts. Calenus will, glaube ich, nicht verstehen. Quaelibet vulpes caudam suam laudat.*“, sagte ich zu ihr, zuckte die Schultern und legte wieder meinen Arm um ihre Taille. Langsam ging ich weiter Richtung Castellum.


    * Jeder Fuchs lobt seinen Schwanz (Jeder Narr lobt seine Kappe).

    Ich nickte schweigend, als Lupus meinte, dass er mich verstehen würde. Er hatte mich auf eine Sache aufmerksam gemacht, der ich mich in nächster Zeit wirklich widmen sollte. Dann fragte mich Lupus, ob ich Offizier werden wollte. Verwundert blickte ich ihn an.


    "Natürlich will ich Offizier werden. Willst du das denn nicht?", fragte ich ihn. Jeder wollte das doch. Allein das Geld und das Ansehen, welches man mit einem solchen Rang erwarb, machten die vielen Mühen und Entbehrungen erträglich. Ein Centurio war für mich der Inbegriff all des Erstrebenswerten in der Legio.


    Langsam aber sicher kamen sie der Porta immer näher.

    Wie immer hatte Lupus auch diesmal ein parr Worte für mich auf Lager. So richtig trösten wollten sie mich nicht. Aber ich wusste auch, dass er wie so häufig irgendwie recht damit hatte. Als er zurücktrat und mir mit seinem Schwert salutierte, machte ich ihm dieses nach.


    Interessiert hörte ich ihm zu, als er mir seine Kampfweise erklärte. Ich nickte, auch wenn ich nicht alles verstand. Aber er war dazu bereit, mir einige Dinge beizubringen und mit mir zu trainieren. Ich sah ihn daraufhin lächelnd an.


    "Vielen Dank, Lupus, dass du mit mir trainieren willst. Ich hoffe, dass ich ein gelehriger Schüler sein werde.", sagte ich zu ihm. Als sein Blick über meinen Körper glitt, schaute ich an mir hinunter und sah ebenfalls die roten Striemen. Nun grinste ich und zuckte die Schultern.


    "Alles halb so schlimm. Jedenfalls hoffe ich, dass es beim nächsten Mal schon einige weniger sein werden." Ich ging auch zur Kiste und legte mein Übungsgladius hinein. Dann ging ich zurück.


    "Nun, ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich hatte heute schon meine Lehrstunde.", sagte ich zu Lupus. Dann fielen mir der Optio und der Tribun wieder ein. Sie standen immer noch in unserer Nähe. "Es sei denn die beiden dort drüben haben noch nicht genug.", flüsterte ich Lupus zu.

    Nachdem ich geendet hatte, ergriff Calenus das Wort. Als ich sah, wie er sein Gladius zog, handelte ich instinktiv. Ich blieb stehen, ließ Caelyn los und meine rechte Hand fiel auf den Griff meines Schwertes. während ich in Abwehrstellung ging. Hatte ich eben noch grimmig geschaut, so war mein Blick nun verwundert. War er jetzt völlig durchgeknallt? Was hatte der denn vor? Wollte Calenus mich tatsächlich angreifen? Vielleicht sollte man bei der Rekrutierung doch mehr auf den Geisteszustand der angehenden Probati achten, dachte ich, als er sich den Gladius an seinen Bauch hielt.


    Und dann fing er an, irgendso ein Zeug zu reden, das ich nicht verstand. Wieder fühlte ich mich eher auf einer Theaterbühne als im realen Leben. Ich schüttelte den Kopf und sah ihn unverständig an. Der führte sich auf wie in einer griechischen Tragödie.


    "Was redest du denn da für ein Zeug? Du hast einen Fehler gemacht. Und dieser Fehler hätte nicht sein dürfen. Deine Absicht gerecht zu handeln, rechtfertigt ihn nicht. Und wenn der Tribun dir vergibt, dann ist das seine Sache. Aber was ich oder deine Kameraden darüber denken, eine ganz andere...Willst du etwa auch mit dem Centurio diskutieren, wenn er einen in deinen Augen ungerechten Befehl gibt? Wenn er zum Beispiel befiehlt, ein Dorf zu plündern oder anzugreifen, obwohl dort auch Frauen und Kinder sind und bei einem Angriff sterben werden?" Mit Schaudern dachte ich kurz an die Schlacht um Wigands Dorf und das Banditenlager zurück. Mein Blick wurde wieder wütend. Aber es war zum Teil auch der Schmerz, der mich bei dieser Erinnerung noch immer überkam. Nun wurde ich lauter.


    "Ist das gerecht? Wirst du dann wieder deinen Mund nicht halten können? Den Befehl verweigern? Verstehst du denn nicht, Calenus?! Wir sind in der Legio!! Da heißt es Befehle befolgen und die Rangfolge zu respektieren. Noch mehr als im zivilen Leben. Da muss man auch seine Schnauze halten können. Wenn du damit nicht klar kommst, dann solltest du dich besser nach einer anderen Arbeit umsehen!" Ich musste kurz an diese Lektion von Lupus denken.


    "Du darfst zwar alles denken, aber nicht alles sagen, Calenus! Wenn überhaupt hättest du den Tribun auf deine Vorbehalte unter vier Augen hinweisen dürfen. Und selbst dann wäre es hart an der Grenze gewesen. Wenn du das nicht einsiehst, dann weiß ich nicht, wer du zu sein glaubst. Du und ich, wir sind einfache Soldaten und stehen somit ganz unten in der Hierarchie. Und der Aurelier ist Tribun und Patrizier oben drein!" Dann schüttelte ich wieder meinen Kopf.


    "An deiner Stelle würde ich hier nicht so eine Welle machen. Fass mal lieber an deine eigene Nase. Du warst nicht rechtschaffen, sondern anmaßend. Und wenn du kein Narr bist, dann höre auf, dich wie einer zu benehmen, Calenus!!! Steck dein Gladius wieder ein oder entleibe dich, wie du willst. Aber gegen dich kämpfen, werde ich auf keinen Fall.", sagte ich zu ihm entschieden und schaute ihn streng an.

    Ich ging an der Seite von Caelyn und stützte sie dabei. Allerdings fühlte ich dabei nicht mehr die Hochstimmung von vorhin. Denn der Vorfall mit dem Tribun hatte meine Laune auf einen Tiefpunkt sinken lassen. Am liebsten hätte ich Calenus gesagt, dass er sich verpissen sollte. Aber leider ging das nicht, denn der Tribun hatte uns beiden befohlen, seine Sklavin zum Castellum zu bringen. So stapfte ich neben Caelyn schweigend weiter und erinnerte mich nochmal an diese unschöne Sache.


    Unerwartet hatte sich Caelyn zu Wort gemeldet gehabt. Nun stellte sich raus, dass der Mann doch der alleinige Verursacher des Vorfalls gewesen war. Doch dann war es dem Tribun zuviel geworden und er hatte Ruhe befohlen. Wie ich es erwartet hatte, hatte der Tribun seine guten Gründe gehabt, warum er die Strafe für den Mann für angemessen gehalten hatte. Am liebsten hätte ich in diesem Moment laut aufgelacht gehabt. Doch es hatte nichts zu lachen gegeben, zu peinlich war mir diese Angelegenheit gewesen.. Dafür hatte ein grimmiges Lächeln mein Gesicht geziert, wobei ich Calenus aus funkelnden Augen angestarrt hatte. Denn dieser hatte dann einen zugegebener Maßen gekonnten Rückzieher gemacht. Aber seine Bemerkungen wurden dadurch auch nicht ungeschehen gemacht. Das mich Caelyn die ganze Zeit anschaute, bekam ich nur am Rande mit. Ich wollte nur noch weg. Diesem Wunsch kam der Tribun auch nach, in dem er uns befahl, seine Sklavin zu seiner Casa zu bringen. Allerdings bedeutete das leider auch, dass Calenus mit uns kommen würde. Danach hatte ich mich vom Tribun vorschriftsmäßig abgemeldet.


    Plötzlich durchbrach Caelyn das eisige Schweigen und versuchte zwischen Calenus und mir zu vermitteln. Ich blies verächtlich durch meine Nase. Auch er hatte bisher kein Wort gesagt und beachtete mich nicht weiter. Scheinbar war er sauer auf mich. Aber das war mir egal. Denn das Ding hätte er sich nicht leisten sollen. Eigentlich wollte ich nicht darüber in Anwesenheit von Caelyn darüber sprechen. Doch vielleicht hatte sie eine Erklärung verdient, warum aus meiner Sicht das Verhältnis zwischen Calenus und mir so war, wie es jetzt zu sein schien.


    „So einfach ist das nicht, Caelyn. Die Sache vorhin hätte nicht passieren dürfen.“, sprach ich zu ihr mit dunkler Stimme, während ich immer noch grimmig vor mich hinblickte. „Calenus Verhalten vorhin war ungebührlich. Er hat durch seine Worte das Urteil und die Tugendhaftigkeit des Tribun in Frage gestellt. Etwas, was ihm nicht zusteht. Insbesondere nicht vor versammelter Mannschaft. Und als ich versuchte, es wieder gerade zu biegen, plapperte er weiter, anstatt seinen Mund zu halten.“ Ich machte eine kurze Pause, um den in mir wieder aufsteigenden Zorn zu beruhigen. Dann sprach ich mit vor unterdrückter Wut vibrierender Stimme weiter. „Und er hat sowohl mich wie auch das ganze Contubernium durch sein Verhalten lächerlich gemacht. Denn alles, was jemand aus unserer Stubengemeinschaft tut, fällt auf dieses zurück.“

    Zitat

    Original von Marcus Terentius Lupus
    In dem Moment in welchem Probus seine Drehung vollendet hatte und sich in Position brachte war Lupus bei ihm, ging vor ihm in die Hocke und zog die Klinge des Gladius über beide Kniescheiben. Dann Hob er seinen Gladiusbewehrten Unterarm über seinen Kopf und sprang hoch in eine aufrechte Position. Sollte Probus versuchen ihn von oben zu attakieren würde er die Klinge treffen...kaum war er oben zielte die ganze Schneide des Schwertes auf Probus´Hals...


    Da sah ich Lupus auf mich zu sprinten. Ich bemerkte, dass er sein Übungsgladius auf eine sehr ungewöhliche Art entlang seines Unterarms führte. Was er damit vorhätte, war mir ein Rätsel, worüber ich nicht lange nachdenken musste. Denn schon war er bei mir und ging in die Hocke. Ich hieb mit meinem Holzschwert nach ihm. Allerdings zu spät. Ich fühlte einen leichten Schmerz an meinen Knien. Scheinbar hatte er mit dort wieder getroffen. Mein Hieb traf sein Gladius, als er hochsprang. Dann sah ich, wie sein Schwert auf meinem Hals zielte. Ich versuchte mich noch wegzuducken. Aber er traf mich am Hals. Nicht schwer, aber doch schmerzhaft. Ich trat einen Schritt zurück und meine freie Hand griff instinktiv an die Stelle, an der er mich getroffen hatte. Mit vor erstaunen weit geöffneten Augen schaute ich erst Lupus und dann die Hand an, welche ich wieder zurückgezogen hatte. Zum Glück war kein Blut an ihr zu sehen. Erleichtert atmete ich auf und nickte Lupus zu. Allerdings war auf meinem Gesicht deutlich die Frustration über den Ausgang des Kampfes zu erkennen.


    „Du hast gewonnen, Lupus.“, sagte ich knapp zu ihm. “Ich hatte nicht den Hauch einer Möglichkeit....So habe ich noch nie jemand kämpfen sehen.“ Ich blickte ihn nachdenklich an. Das, was Lupus mit mir gemacht hatte, war schon außergewöhnlich gewesen. Nicht, dass ich ein besonders guter Fechter war. Dafür fehlte mir bei weitem die Übung. Aber die Leichtigkeit mit der er mich mehrmals hätte tödlich oder schwer verwunden können, nötigte mir meine größten Respekt für ihn ab. Ich räusperte mich.


    „Vielleicht könntest du mir ein klein wenig von deiner Kampfkunst beibringen?“, fragte ich ihn. Erst da bemerkte ich, dass der Tribun und der Optio ihren Kampf in der Zwischenzeit beendet hatten. Scheinbar hatten sie uns zugesehen. Ich wurde rot vor Verlegenheit, hatten sie mich doch haushoch verlieren sehen.

    Während wir weiter Richtung Porta gingen, hörte ich Lupus aufmerksam zu. Also war ein Patron eine Art Förderer. Mit anderen Worten würde ich damit sein Klient werden, wenn ich es soweit richtig verstanden hatte. Ich hatte darüber wirklich noch nicht weiter nachgedacht. War es richtig, sich dafür jemand aus der Familie auszusuchen? Ich fand, dass ich eine solche Entscheidung nicht zwischen Tür und Angel treffen sollte. Sondern es galt, sich darüber in Ruhe Gedanken zu machen. Sedulus könnte ich immer noch aufsuchen. Aber es müsste in der nächsten Zeit passieren. Denn ich wusste nicht, wie lange er noch in Mogontiacum bleiben würde.


    „Also Ambitionen habe ich schon. Und danke für deinen Ratschlag. Aber ich möchte nicht auf die Schnelle eine solch weitreichende Entscheidung treffen. Deswegen lass uns für heute lieber nur die Tabernae der Stadt unsicher machen.“, sagte ich zu ihm.

    Anstatt nun seinen Mund zu halten, redete Calenus munter weiter. Nun wurde ich langsam wirklich stink wütend. Was hieß hier Sprecher? Der soll doch erstmal nachdenken bevor er redet, dachte ich. Der brauchte keinen Sprecher, sondern einen Vormund. Herr seines Geistes, dass ich nicht lachte. Hatte er nicht mitbekommen, warum ich mich beim Tribunen entschuldigt hatte? Und warum wusste er, wie es sich anfühlte, schnell vorvorurteilt zu werden? Warf er dem Tribun doch somit ein übereiltes und ungerechtes Urteil vor. Und bewies sein Gerede etwa, dass der Mann es nicht mit voller Absicht getan hatte? Keineswegs. Hätte der Hund und soweiter. Zumal ich mich dunkel daran erinnerte, dass er zu dem Zeitpunkt des Vorfalls garnicht vor Ort war. Im Gegenteil, er hatte noch gefragt, warum die Sklavin am Boden läge. Und jetzt zog er hier so ein Theater ab. Das reinste Heldenepos. Natürlich fing jetzt der Kerl an zu erzählen, dass er geschubst worden wäre. Na blöd war der jedenfalls nicht. Wie hieß es so schön, wenn sich zwei streiten freut sich der dritte.


    Zähneknirschend hielt ich meinen Mund. Ich wollte nicht, dass sich das Ganze noch mehr ins lächerliche zog. Es war mir schon so peinlich genug. Warum machte Calenus so einen Scheiß? Wollte er den Tribun vor den anderen lächerlich machen? Wenn ja, war ihm das bestens gelungen. Hatte er doch durch sein unüberlegtes Handeln indirekt durchklingen lassen, dass der Tribun nicht selbst die Armut dieses Mannes gesehen hätte. Und Calenus schien seine Auctoritas bei weitem zu überschätzen. Nicht nur, dass sein in meinen Augen ungebührliches Verhalten dem Tribunen gegenüber auf mich zurückfiel. Er machte damit das ganze Contubernium lächerlich.


    So stand ich da mit grimmigen Blick und harrte der Dinge, die da kommen mochten. Ich hoffte nur, dass der Tribun geschickter als ich war, um sich aus dieser Sache selbst heraus zu lavieren. Jedenfalls hätte ich später noch ein Hühnchen mit Calenus zu rupfen.

    Zu meiner Bestürzung sah ich, wie der Tribun uns verwirrt anblickte. Hatte ich mich irgendwie falsch ausgedrückt, fragte ich mich, als er das Wort geschubst wiederholte.Dann musterte er Caelyn und danach den Mann. Er schien nicht erfreut über die Sache zu sein und schüttelte den Kopf. Doch dann bedankte er sich bei mir freundlich. Ich nickte nur zurück. Es hatte zu meinen Aufgaben gehört, dachte ich. Dann hörte ich seinen Vorschlag, die Sklavin zum Castellum zu bringen. Ich war begeistert über diesen Vorschlag, ließ mir aber nichts anmerken. Aber dann dachte ich, ich höre nicht richtig. So hatte ich noch nie jemanden mit seiner Sklavin reden hören. Ob sie etwas als Entschädigung wollte? Diese Patrizier sollte einer verstehen. Er hatte das doch festzulegen und nicht seine Sklavin. Doch es war seine Sache, was er tat, so verwunderlich ich es auch fand.


    Caelyn fand die Idee auch sehr gut, dass ich sie zum Castellum bringen sollte. Fast wäre mir ein Lächeln über das Gesicht gehuscht. Nun schienen die Götter wieder ein Einsehen mit mir zu haben. Zum Glück schaute ich weiter auf den Tribun, sonst hätte ich ihr Grinsen gesehen. Vielleicht hätte ich mir meines dann nicht mehr verkneifen können. Ihre Forderung nach einer neuen Tunika erschien mir gerecht, auch wenn der Mann den Eindruck machte, nicht gerade bemittelt zu sein.


    Ich wartete auf die Antwort des Tribun, als sich plötzlich Calenus zu Wort meldete. Innerlich verdrehte ich die Augen. Das ist ein Tribun und ein Patrizier oben drein, mit dem er sprach. Außerdem war er es doch gewesen, der ihn sich geschnappt hatte. Nun faselte er irgendetwas von keine Absicht und ob er nicht von anderen geschubst worden war. Warum haben wir ihn dann erst aufgegriffen, du Idiot, hätte ich ihn am liebsten angeschrien. Ich sah ihn grimmig an. Dann wandte ich mich an den Tribun.


    „Entschuldige bitte das Verhalten meines Kameraden, Tribunus Aurelius.“ Er weiß manchmal nicht, wo seine Grenzen liegen, vervollständigte ich in Gedanken den Satz. „Der Mann war eindeutig der Verursacher der unschönen Angelegenheit. Und da dein Eigentum beschädigt worden ist, steht es dir zu, zu entscheiden, ob du ihn wegen Sachbeschädigung verklagen willst oder dich gütlich mit ihm einigst.“ Denn der Tribun ist bestimmt kein Idiot und sah selber, dass der Mann arm war, Calenus, dachte ich grimmig und warf ihm einen Blick zu, der bedeuten sollte, dass er seinen vorlauten Rand halten sollte.