Beiträge von Tiberius Germanicus Probus

    Da brüllte auch schon in guter alter Manier der Centurio zum Antreten über den Platz. Jeder Milites unserer Centuria beeilte sich, seinen Platz einzunehmen, um dann in Habachtstellung zu verharren. Ich staunte nicht schlecht, was da alles aufgefahren worden war. Neben den Mulis und dessen Treiber waren da sogar noch Karren. Und einige Equites. Ich hatte vor dem Antreten versucht Lupus unter ihnen zu entdecken. Aber leider schien er nicht mit auf die Mission zu kommen. Vielleicht hatte ich ihn auch nur übersehen. Ich war ganz froh über die Karren, bedeutete das doch, dass unser Marschtempo nicht allzu hoch werden würde.


    Dann hielt der Tribun eine kleine Ansprache. Sie war gut, eigentlich sogar sehr gut. Ihr hätte nach meinem Geschmack etwas von der Lautstärke des Centurios gut getan. Bei seiner Bemerkung mit dem Arbeitsplan musste ich ein wenig grinsen. Sowas mag ja auf dem Papier ganz gut aussehen, aber im Graben beim Schanzen sah das schon ganz anders aus. Aber die gute Absicht zählte. Ich war sowieso gespannt darauf, wie sich der Patrizier bei dem Einsatz anstellen würde. Nicht, dass ich davon direkt allzuviel mitbekommen würde. Doch wie gut die Führung einer Truppe war, zeigte sich schnell in der Stimmung unter den Männern. Aber mit dem Artorier an seiner Seite konnte da eigentlich nichts schief gehen.

    Ich fand den Marsch sehr angenehm. Das Wetter stimmte, es war weder zu warm noch zu kalt, die Straßen waren in Ordnung, so dass wir nicht durch irgendwelchen Morrast waten mussten, die täglichen Marschstrecken waren wie vorausgesehen nicht allzu lang und die Verpflegung stimmte. Die Stimmung unter den Legionarii hätte kaum besser sein können. Zumal der Tribun die Strecke scheinbar so geschickt gewählt hatte, dass wir beim Aufschlagen des Lagers keine allzugroßen Mühen hatten. Eigentlich hätte es nach mir immer so weiter gehen können.


    Doch irgendwann kamen wir an unserem Bestimmungsort an. Leider fanden wir diesmal kein altes Marschlager vor. Somit mussten wir das ganze Programm abspulen. Als erstes wurde ein geeigneter Standort gesucht. Er sollte eben, so wenig wie möglich durch Gehölz oder Sträucher bewachsen sein, vielleicht auf einer kleinen Anhöhe liegen und in der Nähe von einem Wasserlauf liegen. Nachdem dieser Platz gefunden worden war, wurde er vermessen und die Aufteilung des Lagers festgelegt. Danach fingen die eigentlichen Arbeiten an. Die Mulitreiber bauten die Zelte auf, legten in ihnen Stroh auf den Boden und fingen an, Brennholz zu sammeln. Währenddessen begannen wir Legionarii mit den Schanzarbeiten, Erst wurde die Grasnabe vorsichtig ausgestochen und abgetragen. Dann wurde mit Hacken und Holzspaten der V-Graben ausgehoben. Die Tiefe und die Breite wurde je nach Bedarf bestimmt. Vielleicht würden wir später sogar einen zweiten Graben vor dem ersten ausheben. Der Erdaushub wurde mit Hilfe der Körbe zu einem Wall hinter dem Graben ausgehoben, in den die Pila Muralia gerammt und mit Seilen aneinander befestigt wurden. Zum Glück hatte der Tribun daran gedacht, vermehrt solche Pila mitzunehmen. Denn die Standartausrüstung hätte für den Bau einer geschlossenen Palisade nicht ausgereicht. Die Außenseite des Walls verkleideten wir so dann mit den ausgestochenen Grasnaben, die dem möglichen Feind ein Erklettern des Walls zusätzlich erschweren sollten. Die Durchlässe im Wall wurden durch einen vorgeschobenen kleineren Wall mit Graben geschützt. Nach und nach begann das Lager seine Form anzunehmen. Natürlich ist es müßig zu erwähnen, dass wir während der gesamten Zeit von unseren Vorgesetzten lautstark motivierten. Nachdem der Außenring des Lagers fertig war, konnten wir das Innere weiter ausbauen, um uns schließlich erschöpft nach einer ausgiebigen Wäsche unser abendliches Mahl zu gönnen.

    Da sah ich endlich Lupus. Mann, hatte der sich rausgeputzt. Also hatte er auch einen Ausgangsgenehmigung bekommen. Dann konnte es ja los gehen.


    „Salve Lupus. Noch nichts. Aber ich hoffe, dass sich das bald ändern wird....Wie ich sehe hast du dich ja richtig in Schale geschmissen. Na dann, lass uns los gehen!“,antwortete ich ihm grinsend auf seine Frage und machte mich auf den Weg zur Porta.


    Bei den nächsten Sätzen schaute ich ihn verwundert an. Eigentlich wollte ich so schnell wie möglich in eine Taberna. Aber fragen konnte man ja mal.


    „Was meinst du damit?“, fragte ich ihn. „Was würde das für mich bedeuten?“ Ich hatte mir bisher keine Gedanken über solche Dinge gemacht, so dass ich nicht näher darüber Bescheid wusste.

    Fast hätte ich bei dem letzten Satz des Centurio grinsen müssen. Damit war für mich alles klar. Hauptsächlich hieß das also, saufe nicht zuviel sonst bekommst du nicht nur einen Kater. Gut, das ich nachgefragt hatte. Auch wenn es bedeutete, dass ich mir nicht die Kante geben durfte. Aber lieber überhaupt ein bisschen was trinken als garnicht. Und in der Stadt gab es auch noch andere interessante Dinge. Außerdem konnte man doch sicher noch ein bisschen Wein organisieren, um ihn mit in das Castellum zu nehmen.


    Ich nickte ihm zu. „Dann ist alles klar. Vale, Centurio Artorius!“, verabschiedete ich mich von ihm und verließ das Officium. Ich musste mich zusammen reißen nicht zu rennen. Vor der Tür wartete schon der nächste Probati. Kaum war ich aus der Unterkunft draussen, grinste ich über beide Ohren und lief zum Contubernium, um mich mit Lupus zu treffen.

    Etwas verwundert schaute ich den Centurio an. Legionarius? Ich hatte gedacht, dass wir erst zum nächsten Tag zu Legionarii befördert werden sollten. Aber ich hielt mal lieber meine Klappe. Im Zweifelsfall hatte der Vorgesetzte immer recht. Erleichtert hörte ich, dass er mir die Genehmigung geben wollte. Mit Ungeduld und Aufregung sah ich dem Centurio dabei zu, wie er auf einer kleinen Wachstafel etwas schrieb und sie mir kurz darauf wortlos entgegenhielt. Ich trat zum Schreibtisch und nahm die Tafel entgegen.


    „Danke Centurio Artorius.“, sagte ich zu ihm und las mir den Text schnell durch. Da es meine erste Ausgangsgenehmigung war, verstand ich einen Teil nicht. Ich räusperte mich verlegen. „Centurio Artorius, wenn ich dich noch etwas fragen darf. Was bedeutet das am Ende der Ausgangsgenehmigung? Was sind Widrigkeiten? Und was sind unsachgemäße Zustände?“, fragte ich ihn. Hoffentlich brüllte er mich wegen meiner Fragen nicht aus seiner Unterkunft hinaus. Aber ich wollte nichts falsch machen.

    Da hörte ich die laute Aufforderung zum Eintreten. Ich öffnete die Tür und sah den Centurio. Gleichzeitig wehte mir ein angenehmer Geruch nach Essen entgegen. Scheinbar war der Artorier gerade dabei sich etwas ziemlich köstliches zuzubereiten. Auf der Stelle merkte ich, dass ich Hunger hatte. Denn vor lauter Aufregung hatte ich vergessen zu essen. Dem galt es nachher in der Stadt Abhilfe zu schaffen. Ich trat in den Raum, blieb in Habachtstellung stehen und starrte an die Wand hinter dem Centurio..


    „Salve Centurio Artorius! Probatus Germanicus. Ich bin hier, um mir die Ausgangsgenehmigung für heute abend abzuholen.“, sagte ich laut zu ihm. Hoffentlich erinnerte er sich noch an seine Ankündigung auf dem Campus. Aber es gab für mich keinen Zweifel, dass er das tat. Aufgeregt wartete ich auf die Bestätigung des Artoriers.

    Wie verabredet wartete ich vor dem Contubernium auf Lupus. Ungeduldig ging ich auf und ab. Alle parr Schritte sah ich mich um, in der Hoffnung, ihn zu entdecken. Doch bisher tat sich nichts.


    Im Contubernium hatte ich es nicht mehr ausgehalten. Da ich meine Arbeiten erledigt hatte, hatte ich nichts mehr zu tun, außer zu warten. Mit Freude hatte ich die Glückwünsche meiner Kameraden zu meiner Beförderung zum Legionarius entgegen genommen. Auch wenn sie während meiner Zeit als Probati mich häufig auf den Arm genommen hatten und sich über mich lustig gemacht hatten, dachte ich gerne an meine Anfangszeit zurück. Nur das man jederzeit einen Kameraden verlieren konnte, bedrückte mich noch immer. Valerian an die Garde und Lupus an die Equites. Aber wenigstens waren sie am Leben. Und ich würde heute mit Lupus ordentlich einen drauf machen.

    Ich stand vor dem Officium des Centurio und klopfte an die Tür. Ich wollte mir meine Ausgangsgenehmigung abholen. Ungeduldig wartete ich darauf, dass er mich hineinließ, denn ich konnte es kaum noch abwarten, mit Lupus die Stadt unsicher zu machen. Hoffentlich kannte er eine gute Taberna.


    Ich hatte mich in den Thermen frisch gemacht, meine Ausrüstung auf Vordermann gebracht und hatte mir dann extra zur Feier des Tages eine neue Tunika angezogen. Ich wusste nicht, ob es eine bestimmte Kleidervorschrift für den Ausgang gab und hatte deshalb die normale Alltagsuniform angelegt. Also außer der Tunika noch mein Gladius und den Gürtel mit dem Dolch. Am Gürtel hatte ich einen kleinen Lederbeutel befestigt, in dem sich mein Geld befand.

    Wie befohlen hatte ich mich auf den Weg zum Forum gemacht. Zum Glück hatte ich die Ausrüstung nochmals überprüft. So war mir aufgefallen, dass einige der Schanzwerkzeuge repariert werden mussten. Auch das Zelt war nicht in einem einwandfreien Zustand gewesen. Ich hatte einen kleinen Riss an einer der Seitenwände bemerkt. Desweiteren war eine Befestingungsöse für ein Seil ausgerissen. Somit hatte ich den vorherigen Tag zum Teil damit verbracht, diese Dinge wieder in Ordnung zu bringen.


    Nun stand ich unter meinen Kameraden auf dem Forum und wartete aufgeregt, dass es endlich los gehen würde. Ich wusste nicht, wie es den anderen ging. Aber eigentlich müssten sie auch froh darüber sein, dass es endlich mal wieder rausging. Weg vom Kasernenhofdrill. Raus an die frische Luft.

    Erfreut schien sie über meinen Vorschlag nicht zu sein. Aber schließlich sah sie es ein, nahm meine Hände und ließ sich von mir hochziehen. Nachdem sie sich an meiner Schulter abstützte, nahm ich mein Scutum und mein Pilum in die linke Hand und legte meinen rechten Arm um ihre Taille. So wie ich es mir vorgestellt hatte.


    „Gern geschehen, Caelyn.“, antwortete ich ihr verlegen grinsend. Denn ihre Nähe und die Wärme ihres Körpers, die ich spürte, lösten sehr verwirrende Gefühle in mir aus.


    „Dann lass uns mal aufbrechen, Calenus.“, sagte ich zu meinem Kameraden und erwartete wieder eine seiner netten Bemerkungen. Dann ging es los. Es dauerte seine Zeit bis wir beim Tribunus ankamen, denn Caelyn humpelte durch ihre Verletzung am Knie. Meinetwegen hätte der Weg ruhig etwas länger sein können. Aber leider war auch mal der schönste Augenblick zu Ende und wir standen vor dem Tribun, der sich gerade mit einigen Männern unterhielt. Mussten wir einen Anblick abgeben, dachte ich. Dann räusperte ich mich.

    „Entschuldigt die Störung, meine Herren. Tribunus Aurelius! Ich melde, dass es leider einen Vorfall zwischen dieser Sklavin und diesem Mann dort, den mein Kamerad bewacht, gegeben hat. Der Mann hat deine Sklavin geschubst, woraufhin sie sich eine Schürfwunde am Knie zugezogen hat. Was soll mit diesem Mann geschehen?“
    , sagte ich zum Tribun laut, um mich durch das ganze Stimmengewirr deutlich bemerkbar zu machen.

    Ich staunte nicht schlecht, als ich hörte, dass es zum Limesausbau gehen sollte. Natürlich bedeutete das Arbeit, Arbeit und nochmals Arbeit. Ich sah mich schon Sand schaufeln, Bäume fällen, Steine schleppen und soweiter. Aber man kam mal endlich raus aus diesem Castellum. Da störte mich auch die Bemerkung in Bezug auf die Kampfausrüstung nicht. Im Gegenteil, sie verwirrte mich etwas. Hieß das, dass wir unsere Marschausrüstung hier lassen sollten. Das konnte ich mir allerdings nicht vorstellen. Denn die Grenze befand sich nicht eben um die Ecke. Doch bis zum Aufbruch hatten wir schon so genug zu tun. Ausrüstung überprüfen und gegebenenfalls ersetzen. Proviant fassen. Die Schanzwerkzeuge und die Zelte begutachten, was zwar Aufgabe der Mulitreiber wäre. Aber man konnte ja nie wissen.


    Nachdem der Centurio zum Abtreten befohlen hatte, machte ich mich schnell zum Contubernium auf. Vielleicht waren Matrinius und Maecenas noch da. Aber leider waren sie schon gegangen. Na wenigstens hatten sie den Centurio mal erlebt. Seine Stimme war heute wieder extrem laut gewesen. Ich überprüfte sogleich meine Kampfausrüstung. Es schien alles in Ordnung zu sein. Vielleicht sollte ich das eine Pilum nochmals begradigen lassen, überlegte ich. Am anfälligsten für Defekte war die Lorica Segmenta mit ihren Haken und Ösen. Auch das Leder, an dem die einzelnen Segmente befestigt waren, überprüfte ich sorgfältigst. Aller war so weit in Ordnung. Morgen stand dann nach den Übungen noch das Proviant fassen und die Überprüfung der Lagerausrüstung an. Denn für heute war es schon zu spät.


    Danach wandte ich mich meinen Kameraden zu und half ihnen, falls sie es wollten. Insbesondere auf die Probati, wie Calenus, warf ich ein Auge.

    Zitat

    Original von Marcus Terentius Lupus


    Er beließ es jedoch dabei und machte stattdessen zwei große Schritte zur Seite,...außerhalb von Probus neuer Position die er nach seiner Drehung einnahm. Er befand sich im toten Winkel, da Probus sicher auch durch seine Wangenklappen des Helmes leicht behindert wurde.
    Er ging leicht in die Hocke und entzog sich so fast vollkommen der momentanen Sicht seines Kameraden. Sollte dieser sich zu ihm hindrehen,...würde er in die Höhe schnellen und den Überraschungsmoment für einen Stich oder einen Körperstoß nutzen...was er dann auch tat...


    Ich ärgerte mich kurz. Denn Lupus hatte wider Erwarten auf meinen Stich in Richtung seines Bauches nicht reagiert. Hätte ich diesen Stich durchgezogen, hätte ich einen schweren Treffer landen können. Denn keine Lorica konnte einem kräftigen Stich mit einem Gladius hispanischer Bauart standhalten. Die lange schwere Spitze hätte sich durch das Eisen gebohrt und Lupus im Ernstfall schwer verletzt.


    Aber ich hatte es nicht getan und befand mich am Ende meiner Drehung. Das mich Lupus im Rücken hätte treffen können, war mir nicht bewusst. Denn gerade die Drehung sollte dies verhindern. Zwar hatte ich aus den Augenwinkeln mitbekommen, dass Lupus sich bewegt hatte, doch jetzt sah ich ihn gerade noch so am Rand meines Blickfeldes. Ich drehte mich weiter, damit ich ihn besser sehen konnte und bewegte mich dabei seitwärts nach links...

    Ernüchtert sah ich mich um. Die Equites hatten die Menschenmenge, welche vorrangig aus Frauen und Kindern bestand, in den Pferch getrieben. Hatten die Menschen vorher noch geschrien und gerufen, so waren sie nun merkwürdig still. Man hörte nur kleine Kindern weinen und wie diese von ihren Müttern beruhigt wurden. Dafür erschallten nun die Befehle um so lauter und die Soldaten durchsuchten das Lager nach weiteren, noch unentdeckten Personen.


    Ich stand wie versteinert in der Nähe des Centurio. Wieder stieg die Erschöpfung in mir hoch, als nun die Aufregung des Kampfes nachließ. Stumpf starrte ich vor mich hin. Im Grunde wollte ich mich nur noch hinlegen und schlafen, wobei ich das Gefühl hatte, in einem Albtraum gefanngen zu sein. Nur am Rande nahm ich die Anweisungen des Centurios bezüglich der Toten und der Verwundeten war.


    Plötzlich befahl der Tessarius das Antreten. Aus meinen Gedanken gerissen starrte ich ihn verwundert an. Warum gab er die Befehle? Wo war der Optio? Erst da fiel mir auf, dass ich ihn nicht wie sonst an der Seite des Centurios hatte stehen sehen. Schleppend kam ich dem Befehl nach und stellte mich in die Linie. Überrascht hörte ich, dass Drusus, ich und noch einige andere hier bleiben sollten, um die Gefangenen zu bewachen. Der Rest von uns folgte dem Tessarius und verschwand schnell aus unserem Blickfeld. Ich atmete tief durch, schaute Drusus an und zuckte mit den Schultern. Mir war nicht nach reden zu mute. Dann ging ich wie befohlen zu dem Pferch. Je näher ich ihm kam, desto weiter wollte ich von ihm weg sein. Ich sah das Entsetzen und die Angst in den Gesichtern der Menschen. Ihr stilles Flehen nach Gnade und Verschonung. Wie sich die Kinder an ihre Mütter klammerten und weinten, die diese in den Arm nahmen und trösteten. Sich Frauen in ihrer Trauer selbst schlugen, weil sie ihren Mann oder ein Kind verloren hatten. Ich merkte, wie ich einen Kloß im Hals bekam. Denn ihr Anblick machte mir das Herz schwer. Aber auch haßerfüllte Blicke trafen mich. So drehte ich mich um, als ich am Gatter ankam und fing mit meiner Wache an. Dabei versuchte ich, so wenig wie möglich auf die Toten zu sehen, die auf dem Boden im Lager dunkle Haufen waren.

    Ich wollte gerade Calenus sagen, wohin er sich seine Bemerkung stecken könnte, nämlich dahin, wo niemals die Sonne scheint, als ich die Worte von Caelyn hörte. Sie zeigte auf....tatsächlich, auf den Tribun Aurelius, was sie auch sofort bestätigte. Wie klein doch die Welt war. Und Mogontiacum winzig. Aber warum ausgerechnet der Tribun. Hoffentlich stellte er nicht unbequeme Nachfragen. Und als ob das nicht reichen würde, schien die Keltin auch noch ziemlich begeistert von Calenus Vorschlag zu sein, sie zu tragen, und streckte mir ihre Arme entgegen. Erst schaute ich sie verwundert an. Doch dann dachte ich mir, warum eigentlich nicht. Würde ich ihr doch auf diese Weise angenehm nahe kommen. Außerdem musste dann Calenus mit dem Kerl alleine klar kommen. Allerdings wohin mit meinem Pilum und meinem Scutum? Ich konnte sie nicht einfach hier liegen lassen, um die Sklavin zu tragen. Wenn die Sachen gestohlen würden, würde ich einen riesigen Ärger bekommen. So ein Mist, dachte ich.


    „Tut mir wirklich leid, Caelyn. Ich würde dich gerne tragen.“, sagte ich zu ihr schelmisch grinsend. „Aber das geht leider nicht. Wegen meinem Pilum und meinem Scutum. Du verstehst? Ich kann sie nicht unbeaufsichtigt einfach hier lassen.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Aber ich helfe dir, so gut ich kann. Komm“, sagte ich zu ihr und streckte ihr beide Arme entgegen, nachdem ich meine Ausrüstung an den Tisch gelehnt hatte, „ich helfe dir hoch. Und ich kann dich gerne mit einem Arm stützen, während du an meiner Seite läufst.“ Dabei schwebte mir vor, dass sie an meiner rechten Seite laufen würde. Sie könnte sich an meiner Schulter abstützen, während ich meinen Arm um ihre Taille legte, damit sie nicht hinfällt. In der anderen Hand konnte ich so Scutum und Pilum tragen.

    “Danke Lupus!”, antworte ich ihm. “Na dann drücke ich dir die Daumen. Ich warte dann vor meinem Contubernium auf dich. Dann stieg er auf sein Pferd.“Bis dann!“, rief ich ihm hinterher, als er wegritt.


    Dann drehte ich mich um und begab mich auf dem schnellsten Weg zu meinem Contubernium. Mann, werden die Augen machen, wenn ich ihnen sage, dass ich ab morgen Legionarius bin, dachte ich an die Reaktion meiner Kameraden. Und es gab noch soviel zu tun, bis ich mich mit Lupus treffen würde. Als erstes in die Therme gehen, schließlich wollte ich nicht nach Schweiß stinkend Mogontiacum unsicher machen. Ich musste grinsen. Armes Mogontiacum, dachte ich. Heute abend wirst du von einer augehungerten Schar Probati heimgesucht werden. Doch ich musste noch meine Ausrüstung putzen. Und schließlich brauchte ich noch den Ausgangsschein vom Centurio. Aber vier Stunden würden dafür schon reichen.

    Bevor die beiden mir antworten konnten, hörte man von draußen die Stimme des Centurios unverkennbar in die Stube schallen. Ich schaute verwundert meine Kameraden an. Was war los? Wir hatten Dienstschluss. Aber ich sah auf ihren Gesichtern nur die selbe Frage. Dann sprang ich auf, lief zu meiner Pritsche und nahm mein Gladius in die Hand. Dann drehte ich mich zu Matrinius und Maecenas um. In der Stube herrschte hektische Aktivität und die ersten meiner Kameraden rannten an mir vorbei zum Antreten.


    „Entschuldigt, aber ich muss jetzt gehen. Das eben war übrigens der Centurio. Wenn ihr wollt, könnt ihr ja selbst beurteilen, ob ich vorhin übertrieben habe.“, sagte ich grinsend zu ihnen laut, denn auf einem Mal war die Luft angefüllt mit dem Geräusch genagelter Stiefel, die schnell und laut auf Holz knallten. “Haltet euch aber im Hintergrund. Falls wir uns nicht mehr sehen sollten, wir sehen uns bestimmt mal in Mogontiacum, wenn ich Legionarius geworden bin. Und dann besuchen wir das beste Lupanar der Stadt und machen ordentlich einen drauf. Valete!“


    Ich rannte raus und stellte mich schnell in die Reihen unserer Centuria. Irgendwas besonderes musste den Centurio zu dieser Aktion veranlasst haben. Gespannt wartete ich darauf, was es war, während sich die restlichen Soldaten der Centuria einreihten.

    Zitat

    Original von Appius Petronius Calenus
    "Oh Mann,mir kommt gleich alles hoch!Soll ich diesen Typen hier noch lange allein festhalten oder wie! Ihr könnt euch später verlieben,jetzt kommt es zur Pflicht,denn ich hab gleich Dienstschluss und ich will hier nicht verweilen."
    Calenus drängelte ,zumal er sich in die Rolle des Bösewichts gedrängt gefühlt hat,was er nicht wollte.


    Da sie nichts dagegen sagte, ging ich davon aus, dass sie mit meinem Vorschlag einverstanden war und begann damit, ihr Knie mit meinem Halstuch zu verbinden. Ich fand das ziemlich aufregend. Ob es die lange Enthaltsamkeit oder etwas anderes war, wusste ich nicht. Jedenfalls genoss ich es ihre Haut zu berühren und ihr nahe zu sein. Was war nur mit mir los?


    „So, fertig. Nicht schön, aber selten.“, sagte ich zu ihr. In der Tat sah es durch den Verband so aus, als wäre ihr halbes Bein fast amputiert worden, anstatt es sich um eine kleine Schürfwunde handeln würde. Ich blickte sie an und sah, dass sie mich breit angrinste. Aus welchem Grund auch immer grinste ich verlegen zurück. Ich wunderte mich selbst darüber.


    Ärgerlich sah ich Calenus an. Was erzählte der denn da für einen Unsinn? Von wegen verlieben und so. Trotzdem wurde ich rot im Gesicht. „Ist ja schon gut. Du hast ja recht.“, sagte ich unfreiwillig doppeldeutig. Ich bemerkte meinen Fehler und wurde noch roter. „Ähm,... ich meinte das mit dem Übeltäter.“, versuchte ich die Sache zu klären und machte sie dabei höchstwahrscheinlich noch schlimmer. Dann drehte ich mich zu Caelyn um. “Tja, was sein muss, muss sein. Bringst du uns bitte zu deinem Herrn? Schließlich muss er entscheiden, was mit dem Mann dort werden soll.“, fragte ich sie, wobei die Röte in meinem Gesicht einfach nicht verschwinden wollte, worüber ich mich ziemlich ärgerte.

    „Danke Maecenas.“, bedankte ich mich für das Kompliment von ihm mit einem breiten Grinsen. Etwas unbeholfen verbeugte ich mich vor ihm, so wie ich es im Theater bei den Schauspielern beobachtet hatte. Dann wandte ich mich an Matrinius.
    Ich hatte etwas übertrieben. Aber ein bisschen Legionärslatein durfte man schon erzählen. Schließlich machten die Jäger und die Angler das auch. Und irgendwie erwarteten die Leute sowas von einem, fand ich jedenfalls.


    [„Der Centurio ist natürlich nicht die ganze Zeit so. Ehrlich gesagt, sogar ziemlich selten. Allein seine Stimme reicht aus, um dir das Mark in den Knochen rauszusaugen, so dass er es selten nötig hat, uns so anzufahren. Aber trotzdem würde ich dir nicht raten, ohne Anklopfen in sein Officium zu gehen. Denn höchstwahrscheinlich bist du danach für einige Tage etwas schwerhörig.“ Ich überlegte kurz, ob der Centurio uns irgendwann für irgendetwas gelobt hätte. Höchstwahrscheinlich schon. Aber es wollte mir gerade nicht einfallen.


    „Normalerweise ist es so, dass, wenn du alles richtig machst, er dich mit relativ normaler Stimme anspricht. Aber für ein Lob oder sowas musst du schon außergewöhnlich gut sein. Dafür würde er dich aber auch nicht ohne einen trifftigen Grund zusammenfalten. Solange du dich an die Regeln hälst, ist er hart aber fair. Wieso? Ist das bei euch anders?“, fragte ich die beiden.

    Gespannt wartete die Schar der Probati, was als nächstes folgen würde. Das Staunen unter uns wurde immer größer, je weiter die Rede des Centurio voran schritt. Erst Ungläubigkeit, dann langsame Erkenntnis wurde von strahlender Freude abgelöst. Endlich hatten wir es geschafft. Wir waren ab morgen Legionarii. Ich dachte kurz an die Ausbildung. Wie alles angefangen hatte. Wie dumm wir uns angestellt hatten. Wie wir Tag für Tag dazu gelernt hatten. Und rückblickend erschien mir die Zeit gar nicht so lang.


    Nachdem der Centurio seine Rede beendet hatte, jubelten die Noch-Probati auf. Wir lachten, strahlten über das ganze Gesicht, schlugen uns gegenseitig anerkennend auf die Schultern, reichten sich die Hände, um uns gegenseitig zu beglückwünschen. Mit einem Wort, wir freuten sich. Am liebsten hätte ich meinen Helm in die Luft geschmissen. Aber ich tat es lieber nicht, denn einerseits ließ er sich schlecht wieder auffangen und andererseits hätte er jemanden verletzen können.


    In dem allgemeinen Freudentaumel bekamen wir fast nicht mit, dass der Centurio ihnen Ausgang gewährte. Da brandete eine Jubel los, der die Wände des Castellums zum Vibrieren gebracht haben könnte. Sofort beeilten sich alle, in die Thermen zu kommen, damit man noch so viel wie möglich vom Ausgang hätte. Ich fragte mich, ob Lupus noch auf dem Campus wäre. Denn wir wollten schließlich feiern gehen. Da war er. Schnell rannte ich freudestrahlend zu ihm.


    „Das ist ein Ding oder?“, fragte ich ihn. „Vorhin haben wir uns noch darüeber unterhalten. Und jetzt habe ich wirklich Ausgang bekommen. Und bin ab morgen Legionarius. Wie sieht´s aus? Meinst du, dein Vorgesetzter würde dir heute auch Ausgang genehmigen?“

    Zitat

    Original von Appius Petronius Calenus
    Calenus griff sich den Schubser:"So Kumpel!Sachbeschädigung muss geahndet werden.Komm Probus,wir suchen den Besitzer auf."


    Calenus schien noch etwas sauer darüber zu sein, dass er bei der Keltin so abgeblitzt war. Und das bei einer Sklavin. Jedenfalls war er noch liebenswürdiger zu ihr, als vorhin.


    Ich hatte leider keine medizinischen Kenntnisse, so dass ich nicht beurteilen konnte, wie schlimm ihre Verletzung am Knie war. Ich blickte kurz zu den Männern hoch, unter denen sich der Verursacher der ganzen Misere befand. Sollten Calenus und ich uns diesen Kerl schnappen? Doch da kam mir mein Kamerad zuvor. Eins musste man ihm lassen. Lange fackeln tat er nicht.


    Also konnte ich mich um die Wunde kümmern. „Warte noch einen kurzen Augenblick.“, erwiderte ich auf seine Aufforderung, den Besitzer der Sklavin zu suchen. Zumal wir noch garnicht wussten, wer das sein sollte.


    Sie blutete stark, schien aber sonst nicht weiter dramatisch zu sein. Trotzdem würde sich ihr Besitzer bestimmt nicht darüber freuen. Jedenfall musste sie erstmal irgendwie verbunden werden. Aber womit? Da fiel mir mein Halstuch ein. Zwar würden die Blutflecken nicht mehr rausgehen. Aber da es ohnehin rot war, würde es vielleicht nicht so sehr auffallen. Und falls doch gab es mir vielleicht eine martialisches Aussehen. Daher band ich es von meinem Hals und blickte die Keltin an. Da sah ich, dass ihre Tunika an ihren Beinen etwas höher gerutscht war. Ein netter und willkommener Anblick. Doch schnell konzentrierte ich mich wieder auf das eigentlich Wesentliche.


    „Alles was ich für dich tun kann, ist, dein Knie mit meinem Halstuch zu verbinden.“, sagte ich zu ihr und grinste etwas verlegen, denn so ein harter Bursche war ich dann auch wieder nicht.