Zitat
Original von Tiberius Germanicus Probus
War ich das gewesen? Hatte ich etwa meinen ersten Gegner getötet? Bevor ich mir die Frage beantworten konnte, sah ich, wie ein weiterer Feind auf mich einstürmte.
Der Gegner kam von rechts vorne und rannte wild brüllend auf mich zu, wobei er etwas über seinen Kopf schwang. Ich wollte mich gerade mehr zu ihm drehen, um meine Deckung zu verbessern, als ich eine Bewegung aus den Augenwinkeln sah. Instinktiv drehte ich meinen Körper etwas in diese Richtung und wich einen Schritt zurück, um gleichzeitig die Distanz auf den brüllenden Banditen etwas zu vergrößern. Da schlug es donnernd in mein Scutum ein, dass es mich durchschüttelte. Ich hatte scheinbar einen anderen Gegner übersehen. Mein Arm fühlte sich etwas taub an, so stark war der Schwung des Gegners gewesen. Ich zog mich einen weiteren Schritt zurück. Zwei Gegner. Was sollte ich jetzt machen? Doch bevor ich eine Antwort auf diese Frage finden konnte, brüllte der unbekannte Gegner links von mir auf. Ich blickte kurz hin und erkannte einen Legionarius, der den Banditen scheinbar in den Bauch getroffen hatte. Denn diesen hielt sich dieser mit beiden Händen, während er in sich zusammensackte. Mir blieb keine Zeit, mich bei dem unbekannten Legionarius zu bedanken. Denn da war immer noch der andere Feind.
Ich wandte mich um und sah ihn gerade ausholen. Ich konnte sein Gesicht nicht genau erkennen. Aber das machte nichts, denn es war zu einer einzigen Grimasse verzogen. Ich zog mein Scutum hoch und blockte den Schlag ab. Dann machte ich einen Stich um den rechten Schildrand. Doch mein Gegner wich ihm aus und holte seinerseits zu einem seitlichen Schlag aus. Ich drehte mich in den Schlag, fing in mit angezogenem Scutum ab. Krachend schlug die gegnerische Waffe auf meinen Schild ein. Mein Körpergewicht fing die Energie ab und gleichzeitig drückte ich die Waffe mit dem Scutum seitlich weg. Mit einem schnellen Ausfallschritt seitlich noch vorne war ich nun kurz vor dem Banditen und stieß ihm mein Gladius in die Brust. Mit einem lauten Schrei riss er entsetzt die Augen auf und griff sich an die Stelle, wo ich ihn getroffen hatte. Doch ich achtete schon nicht mehr auf ihn. Denn hinter ihm schien sich der Wald selbst zu bewegen. Da realisierte ich, dass diese Männer von eben nur die ersten einer größeren Gruppe von Banditen waren. Verzweifelt schaute ich mich kurz um. Denn alleine könnte ich nichts ausrichten und wäre tot. Aber zu meinem Glück hatten es die Banditen scheinbar bisher nicht geschafft unsere Reihen aufzubrechen. Das war meine einzige Chance.
Ich ging die zwei Schritte in die Reihe zurück und wartete auf den Aufprall, der fast sofort erfolgte. Mit einem Lärm, der alles in den Schatten stellte, prallten die Reihen aufeinander. Ich wurde durch den Aufprall leicht nach hinten geschoben. Hinter meinem Scutum Denkung suchend stemmte ich mich dagegen. Da merkte ich, wie mich jemand von hinten in meinem Rücken nach vorne drückte und somit den Druck auf den Gegner verstärkte. Ich kam zum Stillstand und wollte schon erleichtert aufatmen. Aber ich hatte mich zu früh gefreut. Zwar war der erste Angriffsdruck der Banditen gebrochen. Dafür wurde ich jetzt zwischen von hinten gegen sie gequetscht, dass ich mich kaum noch rühren konnte. Eingekeilt zwischen den Reihen suchte ich Deckung hinter meinem Scutum. Alles, was ich nun sah, waren Teile. Ich sah Gesichter, Arme, Augen, Bärte, Waffen, Stoffe, Felle. Und ich stach nach diesen Teilen, ohne zu wissen, ob ich sie getroffen hatte. Den Lärm, der vor kurzem noch so laut, drang nur noch merkwürdig leise an meine Ohren. Dafür hörte ich das Ächzen, Stöhnen und Keuchen meiner Gegner. Manchmal hatte ich das Gefühl, ich könnte ihren Atem spüren.
Plötzlich, ich wusste nicht, wieviel Zeit vergangen war, wurde der Druck von vorne geringer. Unsere Reihe kämpfte sich Schritt für Schritt vorwärts. Keuchend, drückend, schiebend. Auf einmal war der Druck weg. Verständlos lukte ich über mein Scutum und sah die Banditen wegrennen. Ich konnte es nicht fassen. Erst die Siegesschreie meiner Kameraden ließen mich langsam die Flucht der Banditen realisieren. Noch benommen vom Kampf fiel ich erst zaghaft und dann immer lauter in die Rufe ein. Ich fühlte mich auf einmal komisch. Es war ein Gefühl, als wäre man neu geboren worden. So unschuldig und so rein. Alles war glasklar und ohne Zweifel. Und ich fühlte mich glücklich. Das alles, obwohl ich vor kurzem noch Männer getötet hatte. Da befahl der Centurio die Verfolgung der Banditen. Ohne zu zögern rannte ich los, obwohl ich von der Schlacht erschöpft war. Ich war kaum ein paar Schritte weit gekommen, da hörte ich den Centurio befehlen, im Contubernium vorzurücken. Ich blieb schwer atmend stehen und sah mich nach meinen Kameraden um. Hoffentlich konnte ich Drusus unter ihnen erblicken. Da waren sie auch schon. Scheinbar hatten sie im Kampf neben oder hinter mir gestanden. Leider konnte ich Drusus nicht unter ihnen ausmachen. Sollten wir auf ihn warten? Aber dann entkamen uns vielleicht die Banditen. Nichts da, für ihren Angriff sollten sie bluten. Also machte ich mich zusammen mit meinen Stubenkameraden auf die Verfolgung der Flüchtenden.