Beiträge von Tiberius Germanicus Probus

    Volusus Atrius Orfitus



    Er zog seinen Arm wieder zurück und sah den Mann verärgert an. Der Kerl hatte irgend etwas an sich, was er absolut nicht mochte. Sein Misstrauen wuchs, als er dessen Grinsen bemerkte.


    "So, so. Persönlich.", sagte er distanziert in einem unfreundlichen Ton. "Dann wirst du wohl nichts dagegen haben, wenn ich mal etwas persönlicher werde. Denn ich werde dich jetzt auf Waffen durchsuchen." Mit harter Miene blickte er den Mann an. "Also, Beine schulterbreit auseinander und die Arme seitwärts vom Körper ausgestreckt. Und schön ruhig stehenbleiben und keine schnellen Bewegungen. Die mögen wir nämlich nicht."

    Die erste Runde verlief ganz gut. Aber ab der Hälfte der zweiten begann der Fuß leicht zu ziepen. Ich lief weiter. Wäre doch gelacht. Wenigstens zwei Runden sollte ich doch schaffen. Je weiter ich lief, desto größer wurde der Schmerz. Kurz vor Ende der Runde war es kaum noch auszuhalten und ich bis die Zähne zusammen. Mit einem erleichterten Aufstöhnen blieb ich dann stehen. Geschafft. Ich ging in die Hocke und massierte den Fußknöchel. Das würde noch einige Zeit dauern, bis ich wieder normal trainieren könnte.


    Dann stand ich wieder auf und ging zum Rand des Campus. Dort angekommen setzte ich mich hin und blickte nachdenklich den anderen Milites, die sich noch auf dem Campus befanden, bei ihren Übungen zu. Die Sonne stand nun schon tief, so dass die Schatten lang und dunkel über den Platz fielen. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie verschwunden wäre. Die Tag wurden merklich kürzer. Nicht mehr lange und die kalte Jahreszeit würde beginnen.

    Mehr durch Zufall hatte ich von dem Anmeldeformular mitbekommen. Ein Optio der III. Cohors hatte mich darauf hingewiesen, als ich ihn vor der Principia getroffen hatte.


    Ich ging zum Aushang und las ihn mir durch. Der alte Schreihals würde also daran teilnehmen. Scheinbar war der neue Posten etwas langweilig oder er wollte mal schauen, ob er noch in Form war. Kurz überlegte ich. War meine Verletzung schon weit genug auskuriert? Würde mein Fuß einem verschärften Training standhalten? Außerdem brauchte ich noch einen Übungspartner. Nachdenklich strich ich mir über das Kinn. Ach, was sollte es. Es wäre eine willkommene Abwechselung.


    So ging ich in die Principia und meldete mich für die Spiele an.

    Faustus Glicius Ticida


    Als er die Meldung des Decurio hörte, salutierte er und stand in Habachtstellung.


    „Jawohl, Decurio Terentius!“, sagte er laut und gab den Weg frei, in dem er zur Seite trat. Dann schaute er den Männern der Turma dabei zu, wie sie durch den Torbogen ritten.


    Nachdem die Turma das Castellum verlassen hatten, ging Ticida zur Wachstube.


    „Die Turma Secunda hat soeben unter Decurio Terentius das Castellum zur Patrouille verlassen!“, meldete er dem Wachhabenden. Dieser nickte nur knapp und schrieb die Angaben auf ein Papyrus. Ticida war bereits wieder auf dem Weg zu seinem Posten.

    Volusus Atrius Orfitus



    Mal wieder Wache schieben, hatte der Centurio gesagt, dachte Orfitus verärgert. Als ob er hier nicht schon zur Genüge seine Beine in den Bauch stehen würde. Er wusste nicht, was er verbrochen hatte. Aber in der letzten Zeit schienen ihm die Götter nicht wohlgesonnen zu sein. Zu oft hatte er diese bescheidene Aufgabe übertragen bekommen.


    So war er nicht bester Laune, als ein Fremder auf das Tor zukam und vor ihnen stehen blieb. Unter zusammen gezogenen Augenbrauen musterte er diesen kritisch. Der Mann machte auf ihn keinen vertrauenserweckenden Eindruck. In dessen Blick lag etwas, was ihn zur Vorsicht gemahnte. Und dann dieser scheußliche Dialekt. Hart, fast in den Ohren wehtuend. Schnell blickte er zu seinem Kameraden und machte ihm mit einem leichten Kopfnicken klar, dass er mit aufpassen sollte.


    „Salve!“, grüßte er knapp zurück. „Nun, deine Nachricht kannst du auch hier abgeben. Sie wird dann zum Decurio gebracht werden.“ Auffordernd streckte er einen Arm aus und blickte dabei den Mann direkt an.

    Endlich war es soweit. Die erste Übung nach meiner Verletzungspause. Ich hatte es kaum abwarten können. Wie gewohnt machte ich mich am frühen Abend auf dem Weg zum Campus. Ich hatte die leichte Bandage um meinen Fuß gewickelt, damit dieser dadurch, wie vom Capsarius gewollt, gestützt würde. Die Sonne stand schon tief. Bald würde der Himmel rot leuchten und sich die Kälte der Nacht bemerkbar machen. Der Sommer ging seinem Ende entgegen. Die ersten Blätter an den Bäumen fingen an, sich zu verfärben. Man konnte die nahende Jahreszeit schon fast riechen.


    Am Platz angekommen bot sich mir das gewohnte Bild. Einzelne Legionarii, die am üben waren. Ein oder zwei Gruppen an Milites, die noch geschunden wurden. Laut hallten die Befehle ihrer Vorgesetzten über den Platz, während die Geräusche aus dem Castellum leise im Hintergrund zu hören waren. Ich schloss die Augen und lächelte, denn ich war weiterhin ein Teil von diesem Ganzen. Das ich mochte und trotz seiner Schinderei und seinen Schattenseiten nicht mehr missen mochte. Nicht auszudenken, wenn ich aufgrund der Verletzung meinen Abschied hätte nehmen müssen. Ich atmete tief durch und öffnete wieder die Augen.


    Für den heutigen Tag hatte ich mir nur das Laufen vorgenommen. Ich wollte erst einmal sehen, in wie weit ich meinen Fuß wieder belasten konnte. So begann ich vorsichtig und langsam meine Übung. Dabei belastete ich etwas mehr den unverletzten Fuß. Nach und nach verteilte ich die Belastung gleichmäßiger. Es ging schon ganz gut. Doch es war noch weit vom Optimum entfernt.

    Ich blieb stehen und sah den Probati hinterher, wie sie zu der Zielscheibe trotteten. Manche schienen Drusus und seinen Kameraden irgendwas zu fragen. Höchstwahrscheinlich danach, wie sie die Ziele so gut hatten treffen können. Als sie an der Scheibe angekommen waren, blieben sie dort eine Weile. Ich wusste, was ein Schuss aus einem scorpio aus dieser Entfernung anrichten konnte. Mit Sicherheit war die Hamata von den Bolzen durchschlagen und ihre Ringe gesprengt worden. Die Lorica hatte vielleicht etwas besser standgehalten, je nachdem in welchem Winkel der Bolzen aufgetroffen war. Aber auch sie sollte von einigen Bolzen durchdrungen worden sein. Ein ähnliches Bild sollte sich bei dem Scutum zeigen, gespickt mit Bolzen. Ein Mann hinter ihm würde aber nicht zu Schaden gekommen sein.


    Nachdem sie scheinbar genügend über die Trefferwirkung diskutiert hatten, sammelten sie wie befohlen die Scheiben und die Bolzen wieder ein, was durch die letzgenannten einige Zeit in Anspruch nahm. Das ließ mir etwas Zeit. Ich ging zum Centurio und stellte mich neben ihm.


    "Centurio Iulius. Ich denke, den Probatus Decimus sollte man für die Geschützmannschaften der Centurie verwenden. Er hat außerordentliches Talent und Wissen während der Übung dafür bewiesen.", sagte ich zu ihm, während ich die Probati bei ihrem Treiben beobachtete. Nicht, dass noch irgendetwas passierte.


    Nachdem die angehenden Legionarii mit den Sachen fertig waren und neben den scorpiones standen, war es nun am Vitisträger, die nächsten Befehle zu geben.

    Ich nickte und grinste weiterhin, als ich die Antwort des Capsarius hörte. Also konnte es nun weiter im alten Trott gehen. Merkwürdig, aber ich empfand es als eine echte Wohltat. Endlich wieder meinen Teil beitragen zu können.


    "Na dann. Nochmals vielen Dank für alles. Vale.", verabschiedete ich mich von ihm und verließ leicht humpelnd das Valetudinarium. Draußen angekommen, hätte ich vor lauter Freude am liebsten einen Luftsprung gemacht. War doch wieder alles gut, weil ich in der Legio bleiben konnte. Doch ich verkniff ihn mir und machte mich breit vor mich hin grinsend auf den Weg zum Contubernium, um mich kurz darauf beim Centurio wieder als einsatzfähig zu melden.

    Wohin war Primus gereist? Indien? Bis an die Grenzen der Serer? Das war für mich unvorstellbar. Und dementsprechend entgeistert blickte ich Lupus an. Zwei Jahre allein für den Hinweg? Ich schüttelte den Kopf. Welche Frau würde sowas auf Dauer wohl mitmachen? Solange auf ihren Mann warten? Mein Kamerad meinte jedenfalls, dass Primus eine solche Frau gefunden hatte.


    "Da kann man Primus zu seinem Glück nur gratulieren. Solch eine Frau findet man wohl nicht allzu häufig, kann ich mir vorstellen.", antwortete ich ihm.


    Das meine Geste der Vergesslichkeit Lupus amüsierte, bekam ich nicht mit. Ich runzelte bei dem Wort Gutmensch die Stirn. Was sollte das bedeuten? Mit hochgezogener Augenbraue blickte ich meinen Kameraden an. Dann verwarf ich den Gedanken, auf diese Bemerkung einzugehen.


    "Also nachdem zu urteilen, was er geschrieben hat, scheint es ihm ganz gut bei den Praetorianern zu gehen. Scheinbar sind sie dort noch härter als bei uns und schinden ihn ordentlich. Er muss dort so eine Art Ausbildung machen. Wieder ganz von unten anfangen. Aber du kennst ja Valerian. Der beißt sich da schon durch. Das einzige, was ihm fehlt, ist der Zusammenhalt unter den Kameraden. Sie scheinen dort nicht so umgänglich untereinander wie bei uns zu sein. Irgendwie kühl und distanziert. Aber vielleicht gibt sich das mit der Zeit."

    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Drusus
    "Nein, von meiner Seite aus gibt's nichts mehr, Optio", fiel der Centurio wieder in einen etwas förmlicheren Tonfall zurück. "Du kannst abtreten!"



    Vielleicht war ich wegen meiner Unsicherheit zu förmlich gewesen. Doch lieber so, als zu informell. Ich salutierte.


    "Vale, Centurio Iulius!", verabschiedete ich mich, drehte mich um und verließ das Officium.

    Ich stand daneben und sah den beiden zu. Nachdem sie wie befohlen die loricae und das scutum befestigt hatten, kamen sie zurück und begannen zu schießen. Zu meinem Erstaunen trafen sie mit allen Bolzen die Ziele. Dann hörte ich, wie Drusus die Daumenbreite als neue Zielmethode vorschlug. Es gelang mir fast meine Überraschung über diese Idee zu verbergen. Drusus schien voller Geheimnisse zu stecken. Denn ich hatte nicht erwartet, dass ein Probatus die beiden Vorgehensweisen kennen würde. Ich warf dem Centurio einen vielbedeutenden Blick zu. Meiner Meinung nach sollte man Drusus für den scorpio der Centurie vormerken.


    Wieder verfehlte kein Bolzen sein Ziel. Nachdem sie alle Pfeile verschossen hatten, gaben sie das Signal und ich nickte.


    "So und jetzt geht ihr alle zu der Zielscheibe und schaut euch an, was die Bolzen selbst aus dieser Entfernung noch anrichten können. Wenn alle das gesehen haben, bringt ihr die Zielscheiben zurück und sammelt alle Bolzen wieder ein.", sagte ich zu den versammelten Probati. "Danach stellen sich die Gruppen wieder neben ihren scorpiones auf."

    Die Probati begannen auf die Zielscheiben zu schießen. Dumpf surrten die Sehnen, die Bolzen zischten durch die Luft und krachten, wenn sie ihr Ziel trafen, auf das Holz, um sich mit einem lauten knirschenden Geräusch tief in es zu bohren. Kein Scutum, keine Lorica würde auf dieser Distanz dem Beschuss standhalten.


    Zu meiner Überraschung war es für die meisten Probati schwierig, selbst aus dieser für die scorpiones kurzen Entfernungen die Scheiben zu treffen. Nach und nach suchte ich jede Gruppe auf und begutachtete ihr Tun, um es dann zu korrigieren. Daraufhin verbesserte sich die Trefferquote, auch wenn sie noch weit vom Optimum entfernt war. Irgendwann kam ich zu Drusus und Natator. Stumm blickte ich den beiden zu. Erstaunt bemerkte ich, dass jeder Bolzen sein Ziel fand. Den beiden bräuchte ich wohl nichts weiter zu erklären.


    "Sehr gut Probati.", sagte ich und nickte den beiden zu. "Da haben wir scheinbar die nächsten Milites für das Geschütz der Centurie gefunden. Weiter so." Kurz sah ich den beiden weiter zu, um mich dann zu der nächsten Gruppe zu begeben. Am Ende der Reihe angelangt, ging ich wie vorhin auf halbe Höhe und wartete auf das Signal, dass die Gruppen ihre Bolzen verschossen hätten. Es dauerte etwas bis die letzten ihre Arme hoben. An den Mienen der Probati konnte ich erkennen, dass ihnen diese Übung sichtlich Spaß gemacht hatte.


    "Da wir noch etwas Zeit zum Üben haben, stellt ihr die Zielscheiben in einer Entfernung von LII passi auf. Entfernt die Bolzen aus den Scheiben und kommt mit ihnen zu euren scorpiones zurück. Die Übung wird erst auf mein Signal weitergemacht. Actio!"


    Nachdem die Probati soweit waren, gab ich ihnen den Befehl. "Mittite!" Aufmerksam beobachtete ich wieder die angehenden Milites dabei. Bei dieser Entfernung war es schon schwieriger zu treffen.
    Dementsprechend trafen wesentlich weniger Bolzen die Ziele.


    Als alle Gruppen ihre Bolzen verschossen hatten, ging ich zu einer Kiste und zog eine Lorica aus ihr heraus. Sie diente zu Anschauungszwecken und war somit schon arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Löcher und Beulen zierten die Segmentata. Desweiteren folgte eine Hamata und ein Schild, wie es die Germanen trugen.


    "Probatus Decimus! Du und dein Kamerad, ihr beide nehmt die Loricae und das Schild und befestigt sie an eurer Zielscheibe. Danach kommt ihr zurück, nehmt euch einige Bolzen aus der Kiste und schießt auf meinen Befehl auf die Gegenstände. Ihr anderen bleibt hier und schaut zu. Actio!" Nachdem die beiden meinen Befehl ausgeführt hatten, gab ich die Übung frei. Damit wollte ich den Probati zeigen, welche Wirkung ein Treffer selbst auf diese Entfernung hatte.


    Sim-Off:

    Daumensprung! Großes Lob dafür. :)

    Volusus Atrius Orfitus


    Da Orfitus mit der Abfertigung des Praefecten beschäftigt war, achtete er nicht weiter auf die Frau. Sein Kamerad Malleolus würde sich schon um sie kümmern. Zu seiner Überraschung hatte der Praefect keine Waffen bei sich. Und zum Glück kannte er den Weg zur Principia bereits. Also konnte er hier seinen ruhigen Dienst weiter machen.


    Als er sich zu den beiden umdrehte, sah er nur noch, wie Malleolus im Torbogen verschwand. Verwundert blickte er ihm nach, um dann die junge Frau eingehender zu betrachten. Was war hier los? Es verging einige Zeit, während der er ab und an verstohlen die Fremde musterte. Sie schien nervös zu sein. Da hörte er Schritte im Torbogen und kurz darauf erschien Malleolus wieder. Mit einem Centurio im Schlepptau! Davon überrascht warf er seinem Kameraden einen fragenden Blick zu.


    Dann hörte er die Frage des Vitisträgers. Es verschlug ihm fast den Atem. Tochter? Neugierig spitzte er die Ohren, während er die Straße entlang blickte und so tat, als würde er nach Neuankömmlingen Ausschau halten. Die beiden machten ihm den Gefallen und sprachen so laut miteinander, dass er fast jedes Wort verstehen konnte. Das war was für den neuesten Lagerklatsch. Ein Centurio, der plötzlich Vater einer fast erwachsenen Tochter wurde. Bei dem Gedanken grinste er leicht.


    Zu seiner Verwunderung befahl der Vitisträger, dass die junge Frau ihm zu seinem Habitatio folgen sollte. Ehe sich Orfitus versah, trat die angebliche Tochter auf ihn zu und reichte ihm zwei Dolche. Was machte eine so kleine Person mit zwei Dolchen, fragte er sich und lächelte leicht. Dann nickte er.


    "Du kannst sie dir später beim Wachhabenden in der Wachstube abholen.", sagte er zu ihr. Als die beiden durch den Torbogen gingen, blickte er ihnen hinterher und drehte sich dann mit einem breiten Grinsen zu Malleolus.


    "Ja, ja. Diese Jugendsünden. Der Centurio schien ja nicht besonders erfreut zu sein.", sagte er zu ihm, nachdem er sich sicher sein konnte, dass ihn der Vitisträger nicht mehr hören konnte.

    Mit zufriedenem Blick sah ich den Probati dabei zu, wie sie die Zielscheiben aufnahmen und davontrugen. Da fiel mir Drusus auf, wie er am scorpio verblieb und scheinbar damit beschäftigt war, diesen auszurichten. Im ersten Moment wollte ich nichts sagen. Zumal er ein alter Stubenkamerad war. Doch dann dachte ich, dass ich da keine Ausnahme machen dürfte und ging zu ihm.


    "Probatus Decimus! Was machst du da?", sagte ich zu ihm.


    "Ich hatte befohlen, dass die Gruppen die Scheiben tragen. Das schließt dich mit ein. Oder findest du es besonders kameradschaftlich, dass sich dein Kamerad alleine mit der Zielscheibe abmüht?"


    "Also hilf ihm gefälligst!", brüllte ich ihn an.



    Nachdem die Probati die Zielscheiben aufgestellt und sich Bolzen aus den Kisten genommen und neben die scorpiones gestellt hatten, konnte es weiter gehen.


    "Probati! Auf mein Signal werdet ihr selbständig auf die Ziele schießen. Niemand rennt vor den scorpiones rum! Es sei denn, er ist lebensmüde. Wenn eine Gruppe alle Bolzen verschossen hat, meldet sich die Gruppe wieder mit erhobenen Arm und bleibt bis zum Ende der Übung bei ihrem scorpio stehen...MITTITE!", befahl ich den Beginn der Übung nach einer winzigen Pause.

    "Ich habe verstanden.", antwortete ich dem Capsarius und nickte. Irgendwie wurde ich mit dem Kerl nicht so recht warm. Immer hatte ich das Gefühl, als spräche er zu mir, wie mit einem Kind. Warum wieder diese komische Bemerkung zum Schluss? Aber streiten wollte ich mich mit ihm nicht. Erstens weil ich ihn vielleicht irgendwann wieder brauchen würde, so dass es besser war, es sich nicht mit ihm zu verscherzen. Und zweitens würde er dann höchstwahrscheinlich wieder auf diese Weise mit mir sprechen.


    "Einfaches Training im Rahmen der Möglichkeiten.", fasste ich es mehr für mich zusammen. Zum Glück brauchte ich nicht mehr diese verdammten Krücken. Auf einmal hatte ich es eilig aus dem Valetudianrium rauszukommen.


    "Falls nichts mehr von deiner Seite ist, mache ich mich wieder vom Acker. Der Centurio wird schon sehnsüchtig auf mich warten, kann er mich doch endlich wieder durch die Gegend scheuchen." Fragend, mit einem Grinsen im Gesicht, blickte ich den Capsarius an.

    Scheinbar schien der Capsarius meine Gedanken erraten zu haben. Denn er wies mich daraufhin, dass ich meinen Fuß nicht verdrehen sollte, um herauszufinden, ob es besser geworden wäre. Ich stand nur da und nickte. Der normale Dienst hatte mich also wieder. Irgendwie schade und gleichzeitig gut. Denn das bedeutete, dass ich weiterhin Legionarius war. Erleichtert ametete ich kurz auf und musste zugleich an diesen blöden Stein denken.


    Und offensichtlich kannte mich der Capsarius noch besser, als ich es bis dahin gedacht hatte. Denn seine Bemerkung, dass ich sofort zu ihm kommen sollte, falls es wieder schlimmer werden sollte, traf genau ins Schwarze. Ich knurrte kurz auf, verdrehte leicht die Augen und murmelte sowas wie in Ordnung. Ich bin doch keine Memme, dachte ich mir, und laufe gleich zu ihm, nur weil es ein bisschen mehr als sonst ziepen würde. Aber im Grunde wusste ich, dass er Recht hatte. Da fiel mir eine Frage ein.


    "Sag mal, wie sieht es eigentlich mit meinen Übungen aus? Du weißt schon. Laufen, Schwertkampf, Pilumwurf, Ringen etc. Kann ich damit wieder anfangen oder sollte ich damit noch warten?"

    Bei den anderen Gruppen gab es auch einiges zu korrigieren. Aber im Großen und Ganzen stellte sich dieser Schwung Probati geschickt an. Wenn ich da an andere dachte! Bei Iuppiter, einige Male wären fast welche drauf gegangen. Nachdem ich bei der letzten Gruppe gewesen war, ging ich bis auf Höhe der Mitte der Reihe hinter den scorpiones zurück.


    "Probati! Wenn eine Gruppe ihre Bolzen verschossen hat, tritt die Gruppe von ihrem scorpio zurück. Einer aus der Gruppe hebt einen Arm nach oben, um zu signalisieren, dass sie alle Bolzen verschossen haben.", rief ich laut.


    Das klang vielleicht übervorsichtig. Aber ich ging mal vom denkbar blödesten Probatus aus. Ich wollte nicht, dass jemand von ihnen zu Schaden käme. Nach und nach sah ich die erhobenen Arme, bis schließlich auch die letzte Gruppe soweit war. Ich nickte und räusperte mich. Also weiter. Jetzt war das Schießen auf Ziele dran. Die Zielscheiben bestanden aus Holz, eine pertica lang und etwas über einen passus breit. Auf einem rechteckigen Rahmen hatte man Holzbretter genagelt. Dabei bildeten Pfähle die kurzen Seiten des Rechtecks. Sie waren an einer Seite länger als die Zielscheibe und angespitzt, so dass man sie in die Erde rammen konnte.


    "Probati! Neben den Kisten mit den Bolzen findet ihr die Zielscheiben. Jede Gruppe nimmt sich eine Zielscheibe und stellt sie in einer Entfernung von XXXV passi in dieser Richtung auf."


    Ich zeigte zum kleinen Wall, der ungefähr III acti entfernt war. Wie immer bei dieser Übung befand sich die Gruppe am Rand des Campus. Der Wall diente dazu, Bolzen oder andere Geschosse aufzufangen.


    "Danach nimmt sich jede Gruppe wieder ausreichend Bolzen aus den Kisten und geht zu ihrem scorpio zurück. Danach wartet ihr auf mein Signal. Wenn jemand anfängt zu schießen, bevor ich das Signal gegeben habe, dann kann er sich auf was gefasst machen." Streng blickte ich sie an, um meinen Worten Nachdruck zu verleihen.


    "Actio!", brüllte ich über den Platz. Die Entfernung hatte ich absichtlich so kurz gewählt. Erstens sollten die Probati erst einmal das Gefühl für das Zielen bekommen und treffen. Und zweitens war die Wirkung der Waffe auf dieser kurzen Distanz verheerend, so dass sie gleich einen heiden Respekt davor bekommen sollten. Falls die Zeit noch ausreichen würde, könnte man noch eine weitere Schießübung auf Ziele in der eigentlichen Gefechtsweite durchführen.


    Ad
    Lucius Quintilius Valerian
    Cohortes Praetoriae, Roma
    Provincia Italia




    Salve Valerian,


    Entschuldige, dass ich dir erst jetzt schreibe. Aber außer dem Limesausbau gab es nichts besonderes. Da wollte ich erstmal warten und sich einige Dinge ansammeln lassen. Und wie es so ist, geschieht dann so vieles in kürzester Zeit, so dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.


    Also der Limesausbau war eine Schufterei, sage ich dir. Ich habe gelernt, wie man Bäume fällt. Ansonsten gab es noch Schanzen und Palisadenbau bis zum Erbrechen. Jedenfalls war ich froh, irgendwann wieder im Castellum zu sein. Zwar hatte man uns für unsere Arbeit gelobt. Doch du kannst dir nicht vorstellen, wie ich nach wochenlangem Aufenthalt im Feld ein festes Dach über den Kopf und einen Besuch in den Thermen vermisst habe. Auf alle Fälle haben wir den Limes ein gutes Stück vorangetrieben.


    Ach so, der Aurelier ist in der Zwischenzeit wieder nach Rom zurück. Er hatte noch ein Abschiedsfest geschmissen, an dem ich leider nicht teilnehmen konnte. Es soll gut gewesen sein. Jedenfalls hatte mich mein erster Eindruck von ihm nicht getäuscht, denn er hat sich immer um die Männer gekümmert. So hatte er uns beim Limesausbau mit frischem Fleisch versorgen lassen. Ja, merke dir mal seinen Namen. Und wenn er irgendwann in den Palast kommen sollte, wenn du Dienst hast, kannst du ihm ja schöne Grüße von der Secunda ausrichten. Mal sehen, was er dann für ein Gesicht macht!


    Danach hatte mich der langweilige Alltagsdienst wieder. Wache stehen, üben und irgendwelche Sonderaufgaben erledigen. Leider war da nichts so spannendes wie bei dir. Von wegen verdeckte Aktionen. Ich verstehe, dass du darüber nicht reden kannst. Schade. Du könntest sicher einige aufregende Dinge erzählen. Und danke für deinen Rat hinsichtlich des Probatus. Aber es scheint sich von allein erledigt zu haben. Denn er ist eines Tages einfach verschwunden. Keine Ahnung, ob man ihn entlassen hat oder er abgehauen ist. Wenn ich ehrlich bin, bin ich sogar etwas froh darüber. Wer weiß, was der noch alles für Blödsinn angestellt hätte.


    Für die nächsten Zeilen muss ich erstmal tief Luft holen. Denn es gab hier vor kurzem eine regelrechte Beförderungswelle. Also, der Schreihals ist zum Praefectus Castrorum ernannt worden. Das war vielleicht eine Überraschung. Ich hatte ja gedacht, dass er der neue Primus Pilus werden würde, nachdem der alte Crispus seinen Abschied bekannt gegeben hatte. Ja, du liest richtig. Crispus hat sich in das Zivilleben verabschiedet. Allerdings kann ich mir den alten Gladius dabei nicht so richtig vorstellen. Jedenfalls ist Drusus jetzt unser Centurio. Mal sehen, wie er sich so macht. Aber ich denke, er packt das schon. Und das Ganze geschah auf einem einzigen Appell. Dabei fällt mir noch ein, dass der Cousin von Lupus bei der Gelegenheit zum Decurio befördert worden ist.


    Und ich werde das Contubernium verlassen. Denn Drusus hat mich zum Optio befördert. Das ist ein Ding! Dabei hatte ich kurz vorher noch gedacht, die schmeißen mich vielleicht raus. Denn ich hatte mir bei einer meiner Übungen den Fuß verletzt. Irgend welche Idioten hatten einen Stein von einer Formationsübung liegen lassen. Und ich musste ihn natürlich übersehen, trat auf ihn und hatte mir den Fuß verknackst. Vier Tage musste ich an Krücken durch die Gegend humpeln. Du kannst dir vorstellen, mit welchen Nettigkeiten mich meine Kameraden deswegen bedachten. Doch zum Glück scheint jetzt alles wieder in Ordnung zu sein. Jedenfalls bin ich mächtig stolz und hoffe, dass ich das Ganze gebacken bekomme. Denn morgen geht es auf ein Manöver. Ich hätte lieber noch etwas auf dem Campus bei der Ausbildung der Probati geübt. Aber nun muss es so gehen.


    So, ich mache hier mal Schluss. Ich muss noch einige Dinge für morgen vorbereiten. Entschuldige nochmals die späte Antwort. Ich hoffe, dir geht es soweit gut und bald von dir zu hören.


    Mögen die Götter über dich wachen.


    Vale bene,


    Probus




    Sim-Off:

    Legionswertkarte, danke :)

    Ich musste mir ein Grinsen verkneifen, als die beiden mir so stimmgewaltig ihr Verstehen kund taten. Ich nickte und sah ihnen dabei zu, wie sie meine Hinweise in die Tat umsetzten. Sie gingen genauso vor, wie ich es ihnen erklärt hatte. Fast musste ich lachen, als ich hörte, wie Natator nach einem Ziel fragte. Das würde erst mit der nächsten Übung kommen. Und Drusus Antwort darauf gefiel mir. Dann löste der Mann den Schuss. Ich nickte und war zufrieden.


    "Sehr gut Probati! Genauso will ich es sehen. Und wechselt euch ab. Eigenständig weiter üben!", befahl ich und überzeugte mich ein weiteres Mal davon, dass sie alles richtig machten. Dann ging ich zur nächsten Gruppe.

    Fragend blickte ich den Capsarius an, als dieser seinen Kopf schüttelte. Was war denn nun los? Dann hörte ich es. Leicht verdrehte ich die Augen. Wie sollte ich denn sonst wissen, ob die Sache besser wurde? Der hatte sich aber auch was.


    Dann begann der Gehilfe, den Verband abzunehmen. Je weiter er ihn abwickelte, desto deutlicher konnte ich einen ziemlich unangenehmen Geruch wahrnehmen. Als er fast damit fertig war, rümpfte ich die Nase. Das war ja kaum auszuhalten. Und zudem noch ziemlich peinlich. Entschuldigend blickte ich die beiden an. Doch scheinbar machte ihnen der Gestank nichts aus. Erst als der Gehilfe anfing, meinen Fuß mit einem Schwamm zu säubern, wurde es besser. Das waren die Schattenseiten der Arbeit hier. Sie war auf der einen Seite recht angenehm, konnte ich mir vorstellen. Doch dann sowas öfter ertragen zu müssen? Ich für meinen Teil fand, dass es die Sache nicht wert war. Und endlich hatte dieses schreckliche Jucken aufgehört. Ich atmtete auf, um so gleich wieder etwas flacher Luft zu holen, da der Geruch doch noch deutlich im Raum zu riechen war.


    Der Capsarius betrachtete nach der Wäsche meinen Fuß eingehender. Neugierig und mit bangem Herzen sah ich ihm dabei zu. War alles gut verheilt? Würde ich in der Legio bleiben können? Zu meiner Erleichterung meinte er, dass das Ganze in Ordnung zu sein schien. Nur eine dünne Bandage müsste ich noch tragen. Ich nickte nur. Das mit der Bandage war mir egal. Hauptsache ich würde wieder ganz gesund werden. Geduldig und aufmerksam verfolgte ich, wie der Capsarius meinen Fuß bandagierte. Dann forderte er mich auf, ein paar Schritte zu gehen. Ich nickte und stand auf.


    Vorsichtig belastete ich den Fuß. Es tat nicht weh. Dann ging ich einige Schritte. Automatisch humpelte ich leicht, um meinen Fuß zu schonen. Jedoch tat mir nichts dabei weh. Die Bandage fühlte sich im Gegensatz zum Verband herrlich leicht an. Sie war kaum zu spüren. Ich drehte mich auf meinem gesunden Bein um und ging zurück, um schließlich vor dem Capsarius stehen zu bleiben.


    "Also weh tut es nicht mehr." Das mit dem Fuß verdrehen, ließ ich lieber mal weg, hatte der Mann doch ziemlich unwirsch darauf reagiert.