Endlich gelangte ich zum Sacellum. Ich legte Scutum, Pila und Furca mit den ganzen Gegenständen auf den Boden und schnaufte durch. Das war schon etwas anderes als die zwanzig Liegestütze bei der Musterung. Das Blut hämmerte in meinen Schläfen, als ich mich streckte. Der Anblick des Sacellum war irgendwie enttäuschend. Ich hatte einen größeren Bau erwartet, entsprechend der Bedeutung, die das Sacellum hatte. Zumindest in diesem Moment für mich.
Ich bückte mich, hob das Scutum, die Furca und die Pila wieder auf und trat in das Sacellum ein.
Sofort zog mich die fast mystische Atmosphäre der Halle in ihren Bann.
Ich stand in einem Raum, der von brennenden Ölbecken erhellt wurde. Links und rechts sah man im Halbdunkel Standarten an den Wänden stehen. Zwischen ihnen standen einige Statuen. Unruhig spielten ihre Schatten im flackernden Schein der Becken. Am anderen Ende, genau der Tür gegenüber, standen hinter einem kleinen Altar drei große Standarten. Ich ging zu ihnen.
Dies mussten die Haupstandarten der Legion sein, dachte ich. Aber was musste ich jetzt tun? Der Soldat im officium hatte mir dafür keine Anweisungen gegeben. Unschlüssig stellte ich die Ausrüstung vor dem Altar auf den Boden und holte mit zittrigen Händen die tabula mit dem Eid aus meinem Bündel.
"IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA." , las ich laut den Text ab. Ergriffen von der Bedeutung dieses Momentes, lauschte ich meinen Worten nach.
Das war es. Nun bin ich ein Soldat. Ich dachte an meine Eltern und Tränen schossen mir in die Augen. Ärgerlich wischte ich sie mir aus dem Gesicht. Hoffentlich hatte das keiner gesehen, durchfuhr es mich. Ich schaute mich schnell um. Erleichtert stellte ich fest, dass ich allein in dem Raum war.
Einer plötzlichen Eingebung folgend kniete ich mich auf mein rechtes Bein und betete still. Mars, du Gott des Krieges, weihe diese Waffen, auf dass sie die Feinde Roms vernichten. Fortuna, schenke mir das Glück, mich in Schlachten ruhmreich zu bewähren. Victoria, gebe mir Mut und Stärke, damit ich über die Feinde des Kaisers obsiege. Leise murmelte ich, „Dignitas et gloria, pater! Dignitas et gloria!”
Ich hob meine Ausrüstung auf und starrte gedankenversunken auf die Standarten. Dann drehte ich mich um und verließ nachdenklich das Sacellum.