Beiträge von Caius Columnus

    Terentius hatte noch einige Fragen, und Caius beantwortete sie alle gewissenhaft – nun ja, gewissenhaft in seinem eigenen besten Interesse. Und das war klar: er wollte irgendwann auf dem Stuhl sitzen, auf dem die Auctrix jetzt saß, und wenn das nicht möglich sein sollte – immerhin müsste dafür auch der Senat überzeugt werden, aber das... naja, das würde er schon irgendwie hinbekommen –, dann doch wenigstens irgendwo weiter oben. Und als der Terentius schließlich ging, war Caius doch ziemlich zufrieden – und ziemlich sicher, dass das Gespräch nicht folgenlos bleiben würde.


    Es vergingen Tage, in denen nichts geschah. Gar nichts. Caius begann, sich ein wenig Gedanken zu machen... doch dann, letztlich nicht allzu lange nach dem Besuch des Terentius, tauchte Vibienus nicht in der Acta auf. Als er am nächsten ebenfalls nicht erschien, machte sich einer der wenigen verbliebenen Subauctores auf die Suche nach ihm – allerdings ohne jedes Ergebnis. Natürlich fing Gerede an. Manche sagten, dass er vielleicht überfallen worden wäre oder sich mit den falschen Leuten angelegt hatte... aber die meisten waren der Meinung, Vibienus sei jetzt auch geflohen, weil die Lage einfach zu unsicher wurde. Caius hielt sich, für viele überraschend, aus dem Tratsch rund um das Thema heraus. Und während die Zeit verging, blieb Vibienus wie vom Erdboden verschluckt.

    „Oh, mmmh... also...“ Caius neigte den Kopf zur Seite, schlürfte an seinem Wein und überlegte kurz. „Jünger als du, älter als sie. Genau kann ich dir das leider nicht sagen...“ Gespielt bedauernd lächelte er den Terentius an und hoffte, dass das genaue Alter von dem Kerl keine so große Rolle spielte. Aber immerhin wusste er jetzt mit Sicherheit, worauf der Mann der Decima aus war. Er konnte sich sonst beim besten Willen keinen Grund vorstellen, warum er sich nach Alter und Aussehen von dem Kerl erkundigen sollte, der viel Zeit mit seiner Frau verbrachte, wenn er in ihm nicht einen möglichen Widersacher vermutete. „Und wie er aussieht...“ Nicht so gut wie er, selbstverständlich! Fand er jedenfalls. Aber das war vielleicht nichts, was er hier so erwähnen sollte. „Ich bin ein Mann, ich kann das nicht so gut einschätzen, wie du sicher nachvollziehen kannst“, sagte er da schon lieber und lachte jovial auf, „aber ich würde schon sagen, dass er eine gewisse Wirkung auf Frauen hat. Kein umwerfendes Aussehen, aber doch recht gut. Solide. Gute Statur.“

    Caius lachte kurz auf, als der ehemalige Praefectus Praetorio seinen Weingeschmack zu würdigen wusste, und schlürfte selbst kurz an seinem Becher. Nicht dass er da einen großen Unterschied feststellen konnte, aber das war auch egal, Hauptsache das Zeug war teuer – ohne dass er dafür hatte berappen müssen. „Aber bitte, bitte, gern geschehen!“ Er trank noch einen Schluck und nickte dann zustimmend. „Das ist eine interessante Frage, Terentius. Also ich persönlich bin ja schon länger der Meinung, dass man der Auctrix ein bisschen auf die Finger schauen sollte. Du weißt schon.“ Caius grinste breit, ohne näher zu erläutern, was er denn genau meinte. Im Grunde hatte er ja keine Ahnung, warum der Terentius was über seine Frau wissen wollte, allerdings: es war nicht schwer sich zumindest ausmalen zu können, warum. Wann wollte ein Mann schon was über seine Frau erfahren, ohne dass die was mitbekam? Wann wollte er wohl so Details wissen, wie sie sich verhielt, mit wem sie sich abgab? Da glaubte jemand, seine Frau würde ihn betrügen, und obwohl Caius sich nicht vorstellen konnte, dass die Decima das tat – er konnte sich nicht mal richtig vorstellen, dass sie es mit ihrem Mann tat –, hatte er doch felsenfest vor, daraus irgendwie einen Vorteil für sich zu schlagen. Andere hatten alles. Oder zumindest sehr viel. Jetzt war er mal an der Reihe. Seit Jahren sagte er das schon, dass er an der Reihe, und jetzt war mal wieder eine Gelegenheit gekommen, das vielleicht in die Tat umsetzen zu können. Wenn es gut lief, müsste er nicht mal etwas Unwahres sagen, weil der Terentius alles so verstand, wie es ihm gerade passte, aber wenn es sein musste, dann würde er auch dreist lügen. „Also... wer am meisten Zeit mit ihr verbringt, ist Manius Vibienus Vetus. Langjähriger Subauctor, einer ihrer wenigen Vertrauten hier. Ist einer der Redaktionsleiter, kümmert sich darum dass hier alles läuft, wenn die Decima weg ist, berichtet ihr täglich, also wenn sie da ist, in ihrem Büro, arbeitet mit ihr lang hier, solche Sachen. Wird wahrscheinlich der nächste Auctor PPA, nachdem die Germanica den Löffel abgegeben hat, ich bin mir da recht sicher, dass die Decima ihm... den Vorzug geben wird.“ Vorzug geben. Ha, wenn das mal nicht gut formuliert war, das klang doch schon so anzüglich. Und anzüglich war auch das Grinsen, das Caius jetzt aufsetzte. „Nachdem sie ihn in letzter Zeit auch sosnst schon immer vorgezogen hat.“ Und wenn der Terentius glaubte, seine Frau hätte was mit dem... würde es das dann wohl gewesen sein mit der Beförderung. Und wer wäre dann dran? Genau. Endlich er!

    Die Unterhaltung zog sich hin, und je länger sie dauerte, desto unbehaglicher fühlte Maecenas sich. Der Terentius stellte Fragen, eine Menge Fragen, und die ausweichenden Antworten, die er gab, schienen den Mann immer mehr zu verärgern. Maecenas gefiel das nicht. Überhaupt nicht. Es gefiel ihm nicht, ausgefragt zu werden über die Decima., über ihre Art, ihren Umgang, ihre Arbeitsweise, ihre Gewohnheiten. Und es gefiel ihm nicht, dass der Terentius nicht locker lassen wollte. Dass er sich nicht abspeisen ließ. Und dass er, Maecena, sich damit unversehens in einer Zwickmühle vorfand, aus der er keinen Ausweg sah. Der Mann war mal einer der mächtigsten Männer Roms gewesen, und er hatte immer noch Einfluss, auch wenn er keinen Posten mehr hatte. Er war dem Kaiser nahe gestanden. Er kannte andere wichtige Leute. Er hatte die Garde unter sich gehabt. Und er stand in dem Ruf, ganz und gar nicht zimperlich zu sein. Dagegen stand die Decima, die auch nicht gerade zimperlich war, nicht mit ihren Untergebenen, und wenn die erfuhr, dass er nicht nur mit ihrem Mann geredet, sondern dass er ihm womöglich etwas erzählt hatte, von dem sie nicht wollte, dass er es erfuhr, würde er hier auch nichts zu lachen haben. Oh Götter, die Ehe der beiden ging ihn doch nicht das Geringste an, warum geriet ausgerechnet er zwischen die Fronten?
    Es dauerte nicht lange, und Maecenas war ordentlich am Schwitzen. Er wusste noch nicht so genau, worauf der Terentius eigentlich hinaus wollte, klar war nur, dass der Mann mehr über seine Frau erfahren wollte, und wäre Maecenas nicht so damit beschäftigt, sich Gedanken darüber zu machen, was das Ganze wohl für ihn an Konsequenzen haben mochte, hätte er es wohl amüsant gefunden, dass die Decima in ihrer Ehe scheinbar kaum anders war als hier in der Acta – kühl, distanziert, unnahbar. Eben so, dass ihr Mann wenig über sie wusste, außer den Gewohnheiten, die offensichtlich waren. Gerade fieberte er über der Frage, wer am häufigsten mit der Decima zusammen arbeitete. Am engsten. Wer ihr am nächsten stand. „Niemand“, brachte er schließlich hervor. Was hätte er auch sagen sollen, es gab einfach niemanden hier, von dem man wirklich hätte sagen können, dass er der Decima nahe stand. Niemand stand ihr nahe. „Es gibt ein paar, die... mehr mit ihr arbeiten als andere, aber nahe steht ihr keiner von denen, ich meine... niemand tut da-“


    In dem Moment legte sich eine Hand auf seine Schulter, und der Subauctor sah, leicht erschrocken, hoch. Ein joviales Grinsen auf dem Gesicht, stand Caius Columnus neben ihm, eine Hand auf seiner Schulter, die andere machte eine wedelnde Bewegung. „Ich übernehm hier mal. Nein, keine Widerrede, ich denke da ist sowieso alles gesagt über die Auctrix. Terentius!“ Maecenas war vergessen, Caius konzentrierte sich nun ganz auf den Gast. „Was für eine Schande, dass dir noch nichts angeboten worden ist. Schlechte Manieren, das!“ Ein abfälliger Blick zu Maecenas. „Komm doch mit, ich werde dir noch was Anständiges zu trinken bieten, bevor du gehst.“ Caius lächelte jovial in die Runde und machte sich dann auf den Weg, dem Terentius voraus, in die hinteren Räumlichkeiten, eine Treppe hinunter in den Keller, wo er schließlich in einem Vorratsraum verschwand. Er liebte verschwörerische Umgebungen. Er liebte es, sich zu inszenieren. Das hier war perfekt dafür. Und diesmal, so hoffte er, würde es zur Abwechslung sogar was bringen für ihn. Er stellte die Öllampe ab, die er von oben mitgebracht hatte, und suchte eine Amphore Wein heraus. „Falerner? Ist für spezielle Gäste gedacht. Das Beste ist gerade gut genug für den Mann der Chefin, nicht wahr?“ Er lachte meckernd, und ohne eine Antwort abzuwarten, brach er die Amphore an und goss dem Terentius einen Becher voll. Und sich selbst auch. „Du interessierst dich also dafür, mit wem sich deine Frau abgibt.“

    „Nun, ja“, antwortete der Subauctor ein wenig zögernd, unschlüssig, was er davon halten sollte, dass der Mann seiner Chefin hier war. „Tun wir ja alle. Ich bin aber recht häufig hier in der Acta und seh sie öfter.“ Was wohl der Grund war, warum Ion den Mann zu ihm gebracht hatte, mutmaßte. „Worum geht es denn?“ fragte er zurück.

    „Sicherlich...“ antwortete Ion, ein wenig zögernd, ein wenig verwirrt. Im Grunde arbeitete hier ja eigentlich jeder mit jedem zusammen. Wobei es im Fall der Auctrix eher so gelagert war, dass alle anderen für sie arbeiteten. „Komm mit.“ Ion brachte den Terentius ins Gebäude und führte ihn zu einem der Subauctoren, die regelmäßig hier waren. Der blickte auf, als der Sklave mit dem Gast näher kam. „Salve, Terentius“, grüßte er und bot dem Mann einen Platz an. „Casperius Maecenas mein Name. Wie kann ich dir helfen?“

    Ion war es wieder einmal, der die Tür öffnete. „Salve, was...“, begann er, nur um dann abzubrechen, als er den Mann der Auctrix erkannte. „Sei gegrüßt, Terentius. Deine Gattin ist heute leider nicht hier, falls du nach ihr suchst.“

    Zitat

    Original von Phaeneas
    "Oooooo!"
    "Oooooooo!"
    "Ooooo!"


    Jahaaaa. DAS war doch die Reaktion, die ein Caius Columnus hören wollte. Ach quatsch – sie absolut VERDIENTE! Caius sonnte sich in seinem kurzzeitigen Ruhm und nickte huldvoll.


    Und dann wurde er angebrüllt.


    Zitat

    Original von Marcus Aemilius Classicus
    Geh jetzt HEIM, sonst landest Du im Carcer und zwar gleich. Habt ihr eben nicht hingehört?!


    Allein: er konnte sich noch zu gut an das hingebungsvolle Ooooooh von gerade eben erinnern, das hing einfach in seinen Ohren fest... und ließ ihn die unhöfliche Anschnauzerei einfach ignorieren.


    „Ja wie denn wo denn was denn? Wir sind RÖMISCHE BÜRGER! Wir haben ein Recht darauf zu erfahren, was passiert ist! Lebt unser geliebter Kaiser noch?!?“

    Und mitten im größten Tumult – wer stand da?
    Er. ER. Natürlich! Da wo der Trubel am Größten war – da war er! Denn wo er war, war oben! Und wie ER nun mal so war, scheute er sich nicht, den Urbanern die Frage aller Fragen zu stellen... „Es heißt... es heißt...“, dozierte er in eine relative Stille hinein... relativ deshalb, weil es freilich immer irgendwelche Leute gab, die weiter quakten. Aber nach der Sache mit Iuppiter – Caius musste sich merken, dem alten Sack für den Kommentar zu danken, der war da echt goldrichtig gewesen, um kurzzeitig für etwas Ruhe zu sorgen – hielten die meisten der Anwesenden erst mal ganz kurz inne, lauschten, starrten sich erschrocken an. Jaja... mit der Pax deorum war halt nicht zu spaßen, nech? Aber das war ein anderes Thema. Caius gedachte, die augenblicklich ein wenig ruhigere Atmosphäre zu nutzen, also konnte Iuppiter und ein eventuelles Zeichen von ihm ihn für den Moment kreuzweise. Mal abgesehen davon, dass es für seinen Auftritt gerade die richtige ehrfürchtige Atmosphäre schaffte. „Es heißt also... der Kaiser... sei TOT! rief er äußerst publikumswirksam aus. Um dann in völlig geschäftsmäßigem Ton fortzufahren: „Was ist da dran?“

    „Aber selbstverständlich weiß man in Rom Gedanken den Einsatz unserer Soldaten zu schätzen. Und damit man es noch mehr wird schätzen können, bin ich ja hergekommen! Es wird mal wieder Zeit, dass über unsere tapferen Soldaten berichtet wird, direkt von der Front, ohne jede Beschönigung, damit die Menschen auch in den friedlichsten Winkeln des Imperiums erfahren, was sie euch zu verdanken haben!“ Ein bisschen schmeicheln konnte nie schaden, das hatte bisher noch (fast) immer Tür und Tor geöffnet. Wenn man nur den richtigen Ton traf.


    Dann betrat noch jemand das Zelt. Caius drehte sich um und setzte sein Begrüßungslächeln auf, das noch ein wenig breiter wurde, als er den Namen hörte. „Decimus Serapio! Der Bruder. Der Bruder der Auctrix! Was für eine Freude dich kennen zu lernen!“ War das zu dick aufgetragen? Vielleicht. Caius beschloss, gleich mal abzulenken. „Korrekt, ich bin von der Acta, Caius Columnus mein Name.“ Das war mit einer Selbstverständlichkeit gesagt, die deutlich machte, dass er erwartete sein Name sei bekannt. „Um gleich mal meinen ersten Auftrag zu erfüllen: deine Schwester hat mir einen Brief für dich mitgegeben.“ Womit Caius die versiegelte Schriftrolle herauszog und überreichte, froh, die endlich los zu sein.



    Mein lieber Bruder!


    Du ahnst nicht, wie sehr ich mich darüber gefreut habe, Botschaft von dir zu erhalten, und damit die Gewissheit, dass es dir gut geht. Nachrichten brauchen lange von Aegyptus bis Rom, und vom Feldzug dauert es noch länger. Vom Tod des Artoriers habe ich erfahren, der Sklave ist zurück nach Rom geordert worden, zur Familie seines Herrn. Ich mache mir Sorgen um dich, Faustus, und ich bete zu den Göttern, dass sie dich beschützen und heil zurück nach Hause bringen, im Gegensatz zu so vielen anderen. Auch wenn das egoistisch klingen mag, aber was dich betrifft, bin ich tatsächlich egoistisch. Ich möchte dich lebendig hier wiedersehen, versprich mir das.


    Danke übrigens für deine Glückwünsche! Ich kann dir gar nicht sagen, wie aufgeregt ich gewesen bin, als ich vor den Senat getreten bin. Und die Acta zu leiten ist eine noch viel größere Herausforderung, als ich mir ursprünglich vorgestellt hatte, da gibt es so viel zu tun, zu prüfen und zu überlegen. Und es ist viel Arbeit. Aber mittlerweile habe ich nun schon einige Zeit das Gefühl, dass ich sozusagen angekommen bin. Es ist immer noch schwierig, abzuwägen, gerade wenn es um unsere Familie geht oder Freunde und Bekannte von uns, aber auch das lässt sich alles regeln. Berichte die uns derart verleumden wie die vergangenen, werde ich natürlich vermeiden, wenn es geht. Allerdings ist das nicht so ganz einfach, da ich manchmal immer noch das Gefühl habe, dass die Decimer wie auf einer Bühne stehen, verstehst du was ich meine? Onkel Livianus ist verurteilt worden, was ich unglaublich finde; bei dieser Sache mit dem Freigelassenen, dessen Adoption er zugelassen hat, mögen die Richter ja noch Recht gehabt haben, aber was ist mit der deinen? Eigentlich hätten sie diese ja nun rückgängig machen müssen, und eigentlich müsste es in Rom äußerst schwierig werden, zukünftig Geschäfte zu machen, wenn Magistraten mit Familienmitgliedern nun keine mehr machen dürfen – was im Grunde doch die Konsequenz aus diesem Urteil sein müsste. Allerdings wissen wir wohl beide, dass etwas anderes hinter dieser Anklage und dem Urteil stecken als die Tatsache, dass Livianus angeblich so falsch gehandelt. Was den Octavius betrifft: bei dieser Verhandlung hat er sich auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Allerdings gilt das leider auch für Mattiacus, so leid es mir tut, das schreiben zu müssen. Nun, er hatte auch keinen leichten Stand, muss man dazu sagen, die Sachlage an sich war klar – Livianus hat nun mal gegen geltendes Recht verstoßen, in jedem Fall bei dem Freigelassenen –, und genauso klar war, dass hier eine Verurteilung angestrebt wurde, fand ich. Das wurde spätestens am Tag der Urteilsverkündung deutlich, zu der der Praefectus Urbi im Gerichtssaal aufgetaucht ist, mitsamt der Schlägertruppe, die ihn neuerdings auf Schritt und Tritt umgibt. Ich habe nicht wirklich in Erfahrung bringen können, was den Octavius dazu gebracht hat, Livianus anzuklagen, aber das Auftauchen des Vesculariers spricht eine eindeutige Sprache.
    Damit aber leider noch nicht genug: ich habe kürzlich mit Titus Verus gesprochen, dem Onkel von Massa, von dem du mir geschrieben hast. Ich habe ihm die Grüße ausgerichtet, und er hat sich sehr darüber gefreut, auch wenn er offenbar keine Ahnung hatte, dass Massa existiert. Gerufen habe ich ihn allerdings deshalb, weil er mir vor einiger Zeit mitgeteilt hat, dass er sich mit einer gewissen Octavia Varena verlobt habe. Danach habe ich dazu nichts mehr erfahren, aber nach der Verhandlung gegen Livianus habe ich beschlossen, deswegen noch einmal mit Verus zu reden, da es immerhin ihr Verwandter war, der die Anklage führte. Leider ist Verus fest entschlossen, die Octavia zu ehelichen. Er war keiner meiner Argumente zugänglich, und in unserem Gespräch ist deutlich geworden, dass ihm die Octavia – aus Liebe! – wichtiger ist als seine Familie. Ich habe auch Onkel Livianus geschrieben und die Sache geschildert, ich hoffe, er kann womöglich etwas bewegen. Ansonsten müssen wir auf etwas hoffen, was in jedem anderen Fall eine Ungeheuerlichkeit darstellen und ebenfalls ein Grund sein würde, diese Verlobung zu lösen: ein Verwandter der Frau sperrt sich gegen eine Verbindung von ihr mit der Gens Decima. Und noch etwas gibt es, womit Verus unangenehm auffällt, einen weit gewichtigeren Grund: er hat sich unter das Patronat des Vescularius Salinator gestellt. Ich würde dir das nicht schreiben, wenn ich diesen Brief nicht einem Mann mitgeben würde, der ihn dir persönlich überreichen wird – mir gefällt diese Sache nicht. Ich traue dem Vescularier nicht, und ich finde es unerhört, dass Verus ausgerechnet des Mannes Klient wurde, der nach allem, was ich weiß, hinter Livianus' Verurteilung steckt.
    Und wo wir gerade bei den Dingen sind, die mir Sorge bereiten: Onkel Livianus hat mir geschrieben, dass offenbar eine eheliche Verbindung zu den Iuliern ins Haus steht. Ich hoffe doch ich liege richtig, wenn ich sage, dass er damit sich selbst meint und nicht etwa dich, für den er eine Heirat arrangiert, oder? Und was hältst du davon? Ich bin mir nicht sicher, wo die Iulier stehen, einmal davon abgesehen, dass eine Verbindung zu dieser Gens weder dir noch Onkel Livianus gerecht werden würde.


    Nun aber zu fröhlicheren Nachrichten. Habe ich dir eigentlich schon gesagt, wie dankbar ich bin, dass du Ausschau hältst nach einem geeigneten Mann für mich? Das bin ich wirklich. Und ich war auch fest entschlossen, diesmal dir die Sache zu überlassen, nachdem meine letzte Auswahl einfach nur als misslungen bezeichnet werden kann. Allerdings ist nun ein Mann mit einem Antrag an mich herangetreten, und ich möchte wissen, was du davon hältst. Ich weiß, du hast Octavius Dragonum für mich im Auge, und ich glaube dir wenn du sagst, dass er nichts dem zu tun hat, was sein Verwandter angestellt hat. Aber ich halte eine Verbindung von uns zu den Octaviern derzeit wirklich für schwierig, und so... nun ja, ich bitte dich einfach darum, den Antrag zu prüfen, der mir gemacht wurde. Es handelt sich um Quintilius Sermo – nach dem was er mir sagte, müsstest du ihn bereits einmal kennen gelernt haben. Ich war in Ostia und habe mit ihm gesprochen, als er dort noch Duumvir war, ich habe dort für die Acta etwas recherchiert. Einige Wochen später dann hat er mir den Antrag gemacht. Ich habe mir einige Tage Zeit gelassen zu überlegen und bin dann zu dem Entschluss gekommen, dass ich ihn annehmen würde, sofern du und Onkel Livianus keine Einwände dagegen habt. Die Gens Quintilia hat zwar nicht so herausragende Männer in ihren Reihen wie die Decima, aber, seien wir ehrlich: ich bin in einem Alter, in dem ich nicht mehr allzu viele Ansprüche stellen darf. Und Quintilius Sermo wirkt ehrgeizig und vernünftig genug, um noch einiges zu erreichen, wobei ich ihn natürlich nach Kräften unterstützen würde. Er wird in wenigen Tagen nach Germanien reisen und dort einen Posten im Gefolge des neuen LAPP antreten; wenn er dort ist, wird er mit Livianus sprechen, der ebenso wie du einen Brief von mir erhält. Sofern Onkel Livianus nun keine Einwände hat, wird der Quintilius mit dir Kontakt aufnehmen. Wie ich bereits geschrieben habe, stehe ich seinem Antrag positiv gegenüber, aber er weiß, dass er dich wird überzeugen müssen von sich. Schreib mir nur bitte bald, was du davon hältst. Ich wäre wirklich froh, wenn ich das so bald wie möglich hinter mich bringen könnte. Ich habe dem Quintilius auch bereits gesagt, dass es für mich nicht in Frage kommt, die Verlobung in die Länge zu ziehen. Sollten wir uns tatsächlich einig werden, dann wird es eine Verlobung dennoch erst dann geben, wenn der Hochzeitstermin bereits feststeht und bald folgt. Noch einmal werde ich nicht das Risiko eingehen, mich derart lächerlich zu machen.


    Und was ist nun mit dir und Celeste? Ich fürchte irgendwann wirst du sie heiraten müssen, oder die Sache mit dem Feigenblatt wird nicht mehr funktionieren. Oder soll ich mich vielleicht nach einer anderen Frau umsehen, die du tatsächlich ehelichen könntest – zur Tarnung? Tante Lucilla wird kaum locker lassen, glaube ich. Aber immerhin ist sie nach wie vor in Gallien, und wie sie mir geschrieben hat, ist sie wieder schwanger. Vielleicht hast du ja Glück, und ein zweites Kind führt dazu, dass sie dich für einige Zeit in Ruhe lässt. Wenn es nicht eine so dringende gesellschaftliche Konvention wäre, ich glaube ich würde auch ganz einfach darauf verzichten zu heiraten. Ich habe von diesem ganzen Hin und Her offen gestanden die Nase voll. Aber als Frau kann ich leider noch weniger unverheiratet bleiben wie du als Mann und mehr noch als Soldat. Wenn es aber etwas gibt, was du brauchst oder möchtest: sag einfach Bescheid, und ich werde tun was ich kann. Und ich wünsche mir so sehr für dich, dass dein Meditrinalienfreund dich glücklich macht.


    Deine


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    Tranquilius hieß der Mann, der ihn zumindest vorerst begleitete, und der Mann machte seinem Namen alle Ehre, stellte Caius fest. Was ihn aber nicht störte, ganz im Gegenteil. Konnte er umso mehr reden. Ein wenig von Rom plaudern, das musste den Mann schließlich interessieren, gleich ein paar Eckpunkte abklären, was er auf jeden Fall erwartete, sich ein bisschen über den Sand beschweren und ganz geschickt nebenbei schon mal die ein oder andere Frage einfließen lassen, oder besser Andeutungen darüber, was er zu tun gedachte.


    Der Mann nickte nur und schwieg, gab höchstens dann und wann ein Brummen von sich und ließ Caius einfach reden, und so brachte er ihn ohne größere Zwischenfälle zu dem Zelt, das, um die schonungslose Wahrheit zu berichten, Caius erst mal die Kinnlade herunterfallen ließ. Natürlich hatte er nicht erwartet, hier so etwas einen Luxuspalast vorzufinden. Aber ein bisschen mehr hatte er dann doch erwartet.


    „Äh. Das Zelt?“
    Brummen.
    „Das ist dein Ernst?“
    Zustimmendes Brummen.
    „Wirklich?“
    Kein Brummen. Dafür ein Blick von der Sorte, die Caius nur zu gut kannte. Wäre das hier nun eine Befragung von irgendeinem Zeugen oder ähnliches, hätte er kaum locker gelassen – Caius konnte extrem hartnäckig sein –, aber in diesem Fall schussfolgerte er, dass es keinen Sinn hatte, weiter nachzuhaken. Ein leises vernünftiges Stimmchen in ihm, dem er eher selten Gehör schenkte, wisperte, dass er vermutlich von Glück reden konnte, überhaupt auch nur das Zelt allein zur Verfügung zu bekommen. Nun ja, fast allein, der Ägypter würde wohl bei ihm unterkommen müssen. Gehen lassen würde er den auf jeden Fall nicht, das stand fest, den brauchte er.


    Am Abend dann machte Caius sich wieder auf den Weg, zurück zum Praefectus. Eine Einladung zum Abendessen! Na das war doch was, das wog beinahe diesen elenden Sand auf, der wirklich überall war. „Aaah, Praefectus.“ Caius setzte ein Grinsen auf, das noch eine Spur breiter wurde, als er den reich gedeckten Tisch sah. „Du verstehst es aufzutischen. Danke für diesen Empfang!“

    Na das lief doch hervorragend. Gleich heute Abend! Da hatte er noch genug Zeit, den Brief zu suchen, und wurde ihn trotzdem gleich los, musste ihn also nicht weiter mit sich herumschleppen. Nicht dass so ein Brief sonderlich schwer wäre, aber das metaphysische Gewicht, das metaphysische... oh ja, er trug schwer an diesem Brief, eindeutig. Caius nickte also zustimmend. „Sicher, sicher, das ist ein sehr guter Vorschlag.“ Er hoffte nur, dass besagter Optio nicht der Mann war, der ihn hierher gebracht hatte... Nicht dass er Angst vor dem Mann hätte, sicher nicht, aber der hatte einfach keinen Respekt. Dann überlegte Caius noch einen Moment, ob er noch etwas bräuchte. Ihm fielen da schon ein paar Sachen ein. Eine Therme allerdings würde auch der Praefectus nicht herzaubern können. Vielleicht etwas zu essen... aber das war vielleicht besser, wenn er das seinem ägyptischen Führer auftrug. Er hatte spontan beschlossen, ihn bei sich zu behalten. Irgendwann würde er ja auch wieder abreisen, spätestens dann brauchte er ihn, und sooo teuer war es nun auch nicht... Er würde das schon erklären können in Rom. Er war Caius Columnus! „Nein, für den Moment nicht, danke. Bis heute Abend!“ Mit diesen Worten verabschiedete Caius sich und verließ das Zelt, um sich in dem, das ihm zugeteilt werden würde, mit dem Ägypter einzurichten.

    Die Augen offen halten. Caius nickte weltmännisch. Das war nun ein Rat, den er nicht unbedingt gebraucht hätte, immerhin war er ja hier der Fachmann, was Berichterstattung betraf! Aber es war wohl besser, wenn er sich gegenüber dem Praefecten ein wenig zurückhielt. Er – was war das? „Mist? Praefect, das ist etwas, was du sicher nicht befürchten musst. Caius Columnus und Mist schreiben?“ Er schüttelte den Kopf, zeigte zugleich aber ein großmütiges Lächeln, das eine strahlende Note bekam, als Octavius Dragonum davon sprach, ein Fan zu sein. Caius nahm das wortwörtlich. Nicht nur ein Kenner hier vor ihm also, nein, sogar ein Fan! Das war doch eine Grundlage, auf der man arbeiten konnte! „Aber es wäre gut, von einem deiner Scribae begleitet zu werden, das ist richtig. Das wird mir sicher sehr dabei helfen. Du weißt schon, das Lager kennen lernen und so. Und die Soldaten! Manche Menschen sind ja sehr misstrauisch“, so wie der Anführer der kleinen Truppe, die ihn und seinen Führer in der Wüste aufgegabelt hatten, „da muss man sich dann schon was einfallen lassen, ihre Herzen und Münder zu öffnen! In solchen Fällen dann nicht alleine zu sein, sondern einen Mann des Praefecten an meiner Seite zu haben, kann Wunder wirken!“


    Caius machte eine kleine Pause und hörte dem Praefecten zu, als der auf seine letzte Frage antwortete. „Ah. Äh. Ja“, machte er. „Das ist so, es handelt sich um den Bruder meiner Chefin. Du verstehst? Und sie legt da großen Wert drauf, wartet sicher schon brennend auf Antwort. Frauen eben. Ha, ha.“ Er lachte ein wenig gekünstelt auf, bevor er von einem Moment auf den anderen aufhörte und sich räusperte. „Also, ich hab mich auf dem Weg hierher leider auch ein wenig verzettelt. Ich wäre dir jedenfalls dankbar, wenn ich dem Mann bald treffen könnte, um ihm den Brief zu geben.“ Sobald er ihn gefunden hatte. Aber der musste ja irgendwo in seinem Gepäck sein. Briefe hatten nicht die Angewohnheit, plötzlich das Laufen zu lernen und davon zu rennen.

    Ah, endlich ein Mäzen, der ihn kannte. Ja, so war es recht. Es gab eben doch nicht nur Blasphemiker und Blinde, die durch diese Welt des Militärs stapften. Entsprechend entspannte Caius sich und fühlte sich gleich fast wie zu Hause. Wenn nur der Sand nicht wäre. "Es freut mich zu hören, das mein Ruf sogar bis hierher gedrungen ist," meinte er im brustton der Überzeugung und so völlig abgeschottet gegenüber Ironie oder ähnlichem. Ja, hier wusste jemand, mit wem er es mit IHM zu tun hatte. "Ich gehe doch von dem Ruhm der römischen Legion aus, so bin ich sicher, dass der Feldzug ruhmreich werden wird." Wie er es sich gedacht hatte, war einfach. "Also zunächst würde ich gerne einige der Soldaten hier befragen, Dich selbstverständlich an erster Stelle, werter Octavius Dragonum. Aber auch andere. Dann natürlich erachte ich es als unabdingbar Euch eine Weile zu begleiten," auch wenn der Sand ihn noch um seinen Verstand bringen würde. "Wichtig ist mir selbstverständlich das wie, weshalb,warum, wer, wann und wo. Auch sollte nicht vergessen werden, diese Fragen während der Schlachten zu stellen, sie zu beschreiben und den geneigten Lesern im Imperium dann die Pracht, die Herrlichkeit, den Kampfeswillen und den glorreichen Sieg der Legion zu beschreiben. Schließlich will ein jeder wissen, was IHR hier für das Imperium Gutes tut." Ach und da war noch dieser Brief. Wo hatte er den eigentlich gelassen? Immerhin hatte er der Auctrix fest zugesagt, ihn zu übergeben. Andererseits, würde es wirklich auffallen, wenn er verloren gegangen wäre? Er grübelte einen Augenblick und kam zu dem Schluss, das dem wohl so wäre, weshalb er beschloss ihn noch mal zu suchen. "Ach ja und dann habe ich noch einen Brief an einen Decimus dabei, der von Decima Seiana stammt und den ich übergeben soll. Kennst Du einen solchen?"

    Zitat

    Original von Tiberius Octavius Dragonum


    Endlich waren sie angekommen. Endlich, endlich am Ziel. Gut, dieses Ziel bestand auch immer noch aus Sand und es sah auch nicht so aus, als wenn er diesen hier auch nur im Ansatz loswerden würde, aber nun gut... damit hatte er sich fast arrangiert. Womit er sich nicht arrangiert hatte war die Tatsache, dass ihn der Soldat nicht mal erkannt hatte und das er sich jetzt hier im Lager wie ein Barbar benahm. Ein Barbar, der gegen Barbaren kämpfen sollte? Was waren das denn für Zustände? Nicht zu beschreiben. Nein, sehr wohl zu beschreiben und in seinem Kopf formten sich bereits die Worte für einen Bericht über die ungehobelten Zustände in der sonst so ruhmreichen und angesehenen Legion. Also wirklich.


    Ungeduldig wartete er - mittlerweile neben dem Kamel - darauf eine Unterkunft zugewiesen zu bekommen oder noch besser gleich beim Praefectus vorstellig zu werden. Gleich zeigen, wer man war, was man war und wie gut man vor Allem war. Wobei die beiden letzten Punkte sich in der Regel bereits durch den ersten Punkt erklärten. Ausser bei so ungehobelten Gesellen wie dem Offizier, der nun auf ihn zukam und ihm mitteilte, dass er empfangen werden würde. Na also!


    Hoch erhobenen Hauptes und so würdevoll wie möglich es ihm der Sand in allen Ritzen seines Körpers und die vom Ritt wundgescheuerten Körperstellen erlaubten begab er sich in das Zelt des Praefectus und legte gleich in seiner unnachahmlichen Art los - zumindest ansatzweise. "Salve Praefectus Octavius Dragonum, mein Name ist Caius Columnus, DER Caius Columnus und ich komme direkt aus Romum über Euren ruhmreichen Feldzug in diesen sandigen Landen zu berichten. Es freut mich, dass Du sogleich Zeit für mich hast."

    "Moment, moment, moment...", bremste Caius mit väterlich-hochmütiger Miene den jungen Mann, und schaltete augenblicklich auf die verschwörerische Geschäftsmanier um, die er sich in tausenden Mauscheleien zur Informationsgewinnung autodidaktisch (und nur allzu oft sehr schmerzhaft) selbst beigebracht hatte, "..damit wäre erst einmal klargestellt, was du verlangst. Aber offen steht immernoch was du bietest. Es gibt nicht viel, womit man die Acta beeindrucken könnte. Geschweige denn mich... aber damit du weißt, was du dir da leistest hier ein kleiner Vorgeschmack: Senator Medicus Germanicus Avarus hat zum letzten Mal vor mehr als zehn Jahren Spiele ausgerichtet, die letzte Volksspeisung ist wohl mindestens genauso lange her. Sein Engagement richtet sich unseres Wissens nach vor allem auf die manigfalten Ämter die er... ausfüllt.. aber seit seiner Ernennung zum Legaten des Cursus Publicus, interessanterweise direkt nach den letzten durch ihn abgehaltenen Spiele, ist es recht still geworden um den alten Mann. Achja... seit acht Jahren ist er nun Patron der Civitas Mogontiacum, allerdings haben sich unsere Quellen aus eben jener über die Tätigkeit des Stadtpatrons als Stadtpatron bisher ausgeschwiegen. Was im Endeffekt bedeutet: seine Tätigkeit als Stadtpatron ist nicht unbedingt der Tätigkeit eines Stadtpatrons als Stadtpatron darzustellen. Allerdings hält der Mann sich gerade in Mogontiacum auf, daher gehe ich davon aus in nächster Zeit Nachricht von seinem Treiben dort zu erhalten, wenn du verstehst was ich meine."
    Das sollte als Vorgeschmack reichen, und Caius war mehr als nur gespannt darauf wie der Flavier es vergelten wollte. Billig waren Informationen nicht...

    "Du bist nicht blöd, junger Niemand, das sehe ich sofort...", reüssierte ein sichtlich von der kombinatorischen Intelligenz seines Gegenüber angetaner Caius und nippte noch sichtlicher vom Wein angetan an seinem Becher. Nein, er nippte nicht. Er stürzte den Wein in sich hinein.
    "Boah... das tut gut. Also, natürlich ist es da nur allzu recht, dass du dich im Auftrag einer nicht unbedeutenden Persönlichkeit der Stadt an eine ebenfalls nicht unbedeutende Persönlichkeit der Stadt wendest.", redete Caius im besten Plauderton weiter, "Natürlich ist es gute Sitte, dass die Senatoren sich um das Wohl der Bevölkerung und der Allgemeinheit kümmern, als Elite des Reichs... hast du jemand bestimmtes im Sinn? Oder sollen es gleich derer hunderte sein? Dann könnte es ein wenig länger dauern.." Was er natürlich vor allem in Hinblick auf den Weinvorrat meinte, den er dann stark rationieren würden müssen. Und wann bekam er schon mal wieder die Möglichkeit der Auctrix ihren Poserwein zu klauen? Das bedurfte großen Organisatorischen Geschicks... und natürlich der richtigen Portion Glück. Und seit der Geschichte mit dem Elefanten hatte Caius einen nicht allzu guten Stand bei den Auctores.. die offiziell natürlich nur seine journalistische Brillanz neideten. Aber er konnte es ihnen natürlich nicht übel nehmen.. so wie die Sonne es dem Mond nicht übel nahm, dass dieser eben nur die halbe Strahlkraft besaß. Ja, das war gut... das sollte er sich aufschreiben... wo hatte er den Griffel denn jetzt? Achja... im Officium der Auctrix.. dafür aber den Wein.
    Hmhm... guter Tausch.

    "Ah, ein Kenner...", lächelte Caius auf feinste Gutsherrenart, während er mit einer wegwerfenden Geste den neuen Subauctor von dannen schickte. "Ja, ja... der bin ich. Genau der. Eben jener. Hach, ja wirklich dieser. Allerdings eben DER Caius Columnus. Danke, danke, danke.", wie immer badete der berühmteste und beste Subauctor des ganzen Imperiums in seiner Selbstbewunderung, der natürlich nur und vollends ausschließlich aus dem Grunde überhaupt noch Subauctor und nicht Supra-Auctor war, weil er so viel freier arbeiten konnte. Die Decima war der Blitzableiter, den es selbstverständlich so noch nicht gab. Und Caius war... Caius Columnus. Ein Mann, ein Name, eine Legende.
    "Natürlich willst du da mit niemandem anderen drüber sprechen, Bürger..", lächelte Caius wieder sein hunterprozentiges Gewinnerlächeln, "..aber sei unbesorgt, bei mir bist du an der richtigen Stelle gelandet..."


    Mit einer einladenden, nicht allzu höflichen Geste führte Caius den Mann ins innere des Gebäudes, durch das Atrium, vorbei an den Officia der weniger nennenswerten Angestellten der Acta (Auctrix, Auctrix PPA und Lectrix selbstverständlich eingeschlossen), durch den Hinterhof mit den Stallungen, durch die Stallungen, durch den Hinterhof der Stallungen, durch den Hinterhof des Hinterhofs der Stallungen bis sie schließlich bei einer kleinen Baracke im Hinterhof des Hinterhofs des Hinterhofs des Hinterhofs der Stallungen im Hinterhof des Domus Actae Diurnae ankamen. Die Barracke war die Definition von klein und schäbig, und maß nicht einmal zwei Schritte im Durchmesser. Als Caius die Tür öffnete und den Flavier großmütig lächelnd hineinwinkte, offenbarte sich ein Raum dessen Mobiliar aus genau zwei Schemeln und einem Brett an der Wand bestand.


    "Setz dich.", befahl er nonchalant dem Mann, und zupfte eine Karaffe mit zwei Bechern vom Boden, "Wein? Natürlich willst du Wein... hier, bitte." Er reichte dem Mann einen Becher den er zuvor mit Wein gefüllt hatte, den er einen Tag zuvor aus dem Büro der Auctrix geklaut hatte (er hatte ja noch eine wichtige Tabula vergessen gehabt, er Armer!).


    "So... entschuldige die Zustände, aber als berühmtester Zeitungsmensch der bekannten Welt muss man gewisse Vorkehrungen treffen um die eigene Sicherheit nicht zu gefährden. Du wirst das nicht kennen, aber ich als... nun... Caius Columnus. Ich habe eine Verantwortung! Ich kläre die Menschen auf! Ich bin der kleine Finger des Kaisers im Ohr des Volks um den Schmalz rauszupröckeln, wenn du verstehst was ich meine. Das ist eine Aufgabe die einem viele Feinde macht...", wozu verschwiegenermaßen bisher auch so ziemlich jeder Auctor der Acta gehört hatte, "..aber nun zu dir, Bürger, was kann ich für dich tun?"

    "Eine Schlagzeile!", schalt Caius einen neuen Subauctor, der keine Ahnung von Tuten und Blasen hatte, "SCHLAGZEILE! ESS HAH AH KAH-ZEILE! Das ist das dicke fette Ding was du über einen Text packst, und es möglichst reisserisch und umwerfend formulierst, damit die Leute den Text auch lesen. Oder vorlesen. Am besten beides. Achja, sie muss nur bedingt was mit dem Text zu tun haben... also zum Beispiel wäre meines Erachtens "WILDER KARPFEN ERDROSSELT RETIARIUS IN ARENA!!!" ein guter Aufmacher für den neuesten Vereinsbericht der hiesigen Bruderschaft vom goldenen Klo, wenn du verstehst was ich meine. Allerdings wird die Auctrix es eh.."
    Weiter kam er nicht, denn als er die Tür aufriss und seinen Weg unbeirrt fortsetzte rannte er rein zufällig jemanden über den Haufen der das große Glück hatte im Weg des legendären..
    "AUTSCH!", wurde die gedankliche Elegie des Schreibers unterbrochen, und aus dem schmerzhaften ersten Moment wurde ein ziemlich chaotischer zweiter, in dem man hektisch versuchte unter den Augen des jungen Subauctors richtige Körperteile von falschen zu trennen.


    "PASS DOCH AUF!!!", fuhr Caius den Mann an, "NIEMAND STEHT DEM GROSSEN CAIUS COLUMNUS IM WEG, DENN DER WEG DES GROSSEN... eh, ja. Weh getan??"

    Caius war erst empört – dann noch empörter – dann noch VIEL empörter – und dann knickte er ein. Der Mann war Soldat. Der Mann war bewaffnet. Und sie waren nicht irgendwo mitten in einer Stadt, auf einem belebten Platz, sondern in der Wüste. Abends. Caius gönnte sich einen Moment, in dem er sich Gedanken über die natürliche Hackordnung in verschiedenen Lebensräumen machte, und kam zu dem Schluss, dass in dieser spezifischen Situation sein Platz eher... im Mittelfeld anzusiedeln war. Unteres Mittelfeld. Na ja gut, ganz unten. Auch wenn er das ungerecht fand. Und ungerechtfertigt, immerhin war er Caius Columnus, Subauctor der Acta, und das schon seit langem! Quasi rechte UND linke Hand der Auctrix, was man ja auch daran sehen konnte, dass sie ihn nach Aegyptus geschickt hatte, auf diese ganz und gar nicht ungefährliche Mission! Aber die liebe Hackordnung war nun mal, wie sie war, und so machte Caius nur ein paar Mal den Mund auf und zu, was ihm kurzzeitig das Aussehen eines Fischs auf dem Trockenen verlieh, während er zugleich jedoch stumm den Soldaten folgte, die ihm und seinem Führer den Weg zum Lager wiesen.