Beiträge von Caius Columnus

    Die Worte des Decurios ließen Caius erst mal sprachlos zurück, genauer: sie stopften ihm sozusagen das Maul. Und das aus mehrerlei Gründen. Zum einen war da der simple Fakt, dass er sagte er wolle sie ins Lager bringen. Wo der Praefectus entscheiden würde, was doch nichts anderes hieß, als dass das hier tatsächlich römische Soldaten waren – Caius hatte bisher immer noch leise Zweifel daran gehabt, ob das nicht doch irgendwelche Räuber waren, aber kein Räuber würde doch so dreist sein und einfach einen Praefectus missbrauchen, fand er. Das allerdings, die damit verbundene Erleichterung, die einen nicht unbeträchtlichen Teil auch darin fand, dass sie endlich, endlich ihr Ziel erreichen würden, war nichts im Vergleich zu den weiteren Gründen für Caius' momentane Sprachlosigkeit. Denn: der Kerl reagierte nicht auf seinen Namen, was doch nichts anderes hieß als: er kannte ihn nicht. Mehr noch: er nannte ihn einen... einen... Scriba!


    Für Augenblicke war Caius also sprachlos, während derer sein Führer bereits die Kamele wieder in Bewegung setzte und auf den Decurio zuritt, um sich von den Soldaten in besagtes Lager bringen zu lassen. Erst, als sich die Gruppe bereits in Bewegung gesetzt hatte, fand Caius seine Sprache wieder. „Scriba? Scriba?!?“ Er versuchte sein Kamel in die Nähe des Decurios zu lenken, mit dem er vorhin gesprochen hatte, aber in der Dunkelheit war er sich nicht so sicher, wer das denn nun gewesen war, und sein Kamel wollte auch nicht so wie er wollte... Also redete er einfach drauflos. Das konnte der Decurio ja kaum gemeint haben, dass er hier gar nicht mehr reden durfte, bis er die Erlaubnis des Praefectus bekommen haben würde... Um das mögliche Verständnis für die Leselust anderer Römer machte Caius sich hingegen keine Sorgen. Er würde ihm schon Verständnis beibringen, wenn es sein musste – Caius konnte sehr zuversichtlich sein, wenn er wollte. „Also das muss ich festhalten, ich bin Subauctor!“

    Caius bemerkte es nicht gerade mit Wohlwollen, dass die Reiter begannen sie zu umzingeln. Eher mit großem Unbehagen, diese Formulierung traf es weit besser, und als Subauctor musste man schon genau sein mit den Worten. Und wenn man schon genau sein wollte mit den Worten: Caius rutschte in diesem Augenblick endgültig das Herz in die Tunika. Andererseits: er war Subauctor. Er war hier um Grandioses zu erleben und dann davon zu berichten! Er suchte also sein Herz, respektive seinen Mut, und zerrte es zurück an den rechten Platz. Und ergriff die Initiative. Wäre doch gelacht, wenn er, Caius Columnus, das hier seinem ägyptischen Führer überlassen müsste!


    „Ja, äh... na so ein Zufall! Salve, Decurio!“ Caius hoffte einfach, dass der Kerl wirklich ein Decurio war. Aber falls nicht, hatten sie ohnehin keine großen Chancen. „Ich bin Caius Columnus, von der Acta Diurna!“ Das kam im Brustton der Überzeugung, dass sein Name reichsweit bekannt sein müsse. „Und mein Begleiter hier und ich, äh, wir suchen das Lager der XXII.“ Irgendetwas Grandioses musste noch her. Und ha, da war er, der Geistesblitz! „Rom dürstet danach, von euren Ruhmestaten zu erfahren!“

    Caius hatte immer noch die Schnauze voll, zumal es nun irgendwie so richtig dunkel war, sah man vom Sternen- und Mondlicht mal ab. Nein, dafür konnten ihm gar nicht genug Auf- und Zuschläge und Spesen und sonst noch was gezahlt werden. Aber sein Führer wollte auch nicht anhalten, und so blieb er in seinem Schlepptau. Dass der Ägypter immer nervöser wurde, bekam Caius zwar schon mit, aber er schenkte dem nicht wirklich viel Beachtung. Vermutlich hieß das nur, dass er auch endlich, endlich (endlich!) ein Lager aufschlagen wollte, damit sie schlafen konnten. Erst als plötzlich wie aus dem Nichts – für Caius zumindest – eine laute Stimme zu ihnen herüber drang, begriff er, dass da etwas anderes war. Menschen, um genau zu sein. Aber: Menschen, die Latein sprachen, die das römische Imperium nannten, und das waren doch sicher keine Räuber... oder? Caius wurde etwas nervös, als ihm zum ersten Mal aufging, dass die Legio ja Jagd machte auf irgendetwas. Räuber. Oder... etwas Unheimlicheres... Aber nein, das konnte nicht sein. Räuber konnten kein Latein können, und Monster schon gleich gar nicht, beschloss Caius.


    Der Ägypter indes hatte die Kamele gezügelt, kaum dass die Aufforderung ertönt war. „Wir sind friedlich“, rief er in Richtung der Soldaten, versuchte im Mondlicht genug zu erkennen, um entscheiden zu können, ob das tatsächlich Soldaten waren.

    Caius stolperte durch den Sand. Er hatte die Schnauze voll. Sein einheimischer Führer plapperte zwar immer irgendetwas davon, dass sie sich näherten und näherten – dem Lager der Legio selbstverständlich –, aber wie lange mussten sie sich denn bitte noch nähern, bevor sie ankamen? ZWEI Tage war er nun unterwegs. ZWEI Tage. Und er hatte überall Sand. Aber trotzdem, brav wie er war, schleppte er sich weiter vorwärts... bei den Göttern, da war aber eine happige Entlohnung fällig... und machte sich sogar Notizen. Um schreiben zu können. Um Artikel einreichen zu können. Wenn genug Wachstafeln voll waren, konnte er die ja schon mal nach Rom schicken, irgendein anderer Schreiberling würde damit schon etwas anfangen können dann.


    Und jetzt wurde es schon wieder Abend, und der Ägypter lief weiter, weil angeblich er, Caius Columnus, zu langsam gewesen war um den Rastplatz zu erreichen, den der Mann hatte erreichen wollen. Caius verstand nicht so ganz, warum sie nicht einfach irgendwo rasten konnten – Sand war Sand, fand er. Aber im Moment war er auch zu müde, um zu widersprechen, also tapste er nur dem Mann hinterher, der noch einen Zahn zulegte, während es langsam dunkel wurde.

    Oh ihr Götter. Oooh ihr Götter. OOOH ihr GÖTTER! Caius schwitzte, und ihm war übel. Mordsübel. Speiübel, um genau zu sein. Er konnte schon gar nicht mehr zählen, wie oft er die Fische gefüttert hatte, erst auf der Überfahrt von Rom hierher, nach Aegyptus, und dann jetzt hier, auf dem Nil, von Alexandria hinunter Richtung Syene. Warum um alles in der Welt musste er das hier machen? Warum um alles in der Welt hatte er zugesagt, dass er gehen würde? Er hatte sich ja geschmeichelt gefühlt, als die Auctrix ihm diesen Auftrag angetragen hatte, oh ja, sehr geschmeichelt – endlich wieder eine Aufgabe, die sein Talent würdigte! Eine Aufgabe, aus der eine ganz große Geschichte werden konnte! Aber jetzt hatte er das Gefühl, dass das nur eine abgekartete Sache gewesen war. Um ihn loszuwerden. Und weil alle anderen vorher kapiert hatten, dass Aegyptus um diese Zeit heiß sein würde und immer heißer werden würde, je mehr er sich vom Meer entfernte und in Thebaïs eintauchte. Und natürlich hatten sie gewusst, was eine Schifffahrt bedeutete, woran Caius natürlich mal wieder nicht gedacht hatte. Oh ihr Götter.


    Entsprechend derangiert sah Caius Columnus aus, als er endlich in Syene angekommen war. Er überlegte auch nicht lange, ob er sich gleich auf die Suche nach der Legio XXII machen sollte – nein, das kam nicht in Frage. Erst einmal hieß es, sich standesgemäß selbst zu versorgen. Was allerdings in Syene nicht ganz so einfach war, jedenfalls nicht, wenn er römische Maßstäbe anlegte... Was soll's, dachte er sich nach zwei Tagen mürrisch, in denen er festgestellt hatte, dass er den Sand irgendwie nicht los wurde, der überall zu kratzen schien. Dann konnte er sich genauso gut gleich auf den Weg machen, und sich dafür hinterher in Alexandria etwas Luxus gönnen. Das erschien ihm nun sowieso viel besser, denn wenn er erst einmal die Legio gefunden und besucht und mit ihnen Abenteuer erlebt hatte, über die er dann berichten konnte, dann würde er mit Sicherheit noch viel mehr Luxus brauchen als jetzt. Und wenn er dann wieder in Rom war, würde er gefeiert werden für seine Berichterstattung, seine mitreißenden Artikel, und selbstredend für seine Unerschrockenheit angesichts all dessen, was ihm hier begegnet sein würde! Und so machte Caius sich auf den Weg, mit einem Einheimischen als Führer, in die Wüste hinaus, um das Lager der Legio XXII zu finden...

    Preisliste. Er wollte also nur eine Preisliste haben. Dann konnte Caius sich wohl abschminken, da irgendwas großes draus zu machen, einen großen Fisch an Land zu ziehen, sozusagen. Und er hatte sich schon Hoffnungen gemacht. Aber wer von der Preisliste anfing, würde sich nicht Sesterzen haufenweise verschleudern, nur damit Caius sein nicht vorhandenes künstlerisches Talent ausleben konnte. „Tja, äh, also. Das ist ja nun so... im Grunde recht einfach.“ Caius räusperte sich. „Pro Wort wirst du einen Sesterz blechen müssen. Aber nur pro normalem Wort. Wenn es größer geschrieben werden soll, als Überschrift, weißt du, da macht sich das recht gut... jedenfalls, groß geschrieben kostet es dann zwei Sesterzen pro Wort. Ja. Ah, und, äh, nein. So weit ich weiß stand da nichts darüber drin.“ Inzwischen waren sie vor dem Officium der Auctrix angekommen, und Caius nickte zur Tür hin, ein wenig bedauernd, weil das Gespräch mit einem Patrizier für ihn so unergiebig gewesen war. „Das ist das Officium der Auctrix. Also.“ Caius klopfte kurz, steckte den Kopf rein, kündigte den Tiberier an und ließ ihn dann eintreten, bevor er verschwand.

    Curiatius Tertullinus klammerte. Er klammerte sich an den Baum fest, als ob sein Leben davon abhinge. Nun. Sein Leben hing ja auch davon ab. Unter war ihm grad eine der massivsten Rinderherden vorbei gedonnert, die er je gesehen hatte. Nun. Das hatte nicht unbedingt etwas zu sagen, er war Stadtkind durch und durch und hatte noch nie so wirklich eine Rinderherde gesehen, also keine echte, also keine, die nicht auf dem Markt stand und schön fein säuberlich eingezäunt war. Er war noch recht jung und nicht sonderlich tapfer, er lebte einfach sein Leben und ging seiner Arbeit bei der Acta nach, in der Stadt wohlgemerkt, so wie es sich gehörte für einen Römer, fand er.


    Curiatius Tertullinus klammerte also. Aber zugleich, obwohl er klammerte und Schiss um sein Leben hatte, konnte er nicht vergessen, was er gesehen und gehört hatte. Oder besser, gehört und gesehen, denn sein Hörsinn war zuerst auf diese Sache hier aufmerksam geworden. Ein Schrei war erklungen, schrill und durchdringend, und dann, gleich darauf, lautes Wehklagen. Natürlich war er sofort in die Richtung gelaufen, hatte sich an den Rex Nemorensis gehängt, der sich gleich aufgemacht hatte, und etwas hinter ihm, gemeinsam mit einigen anderen Leuten, hatte er es gesehen: da lag ein Mann am Boden, ganz offensichtlich so mausetot wie ein Mann nur sein konnte. Und eine Frau war da, halbnackt, blutverschmiert, so sehr, dass er zuerst fast dachte sie hätte auch was abbekommen. So sehr, dass er im ersten Augenblick gar nicht bewusst realisierte, dass die Frau ihm bekannt vorkam. Und dann war alles drunter und drüber gegangen. Tertullinus war nicht dicht genug rangekommen, um zu verstehen, was da genau gesagt worden war, aber – und hier war sein Sehsinn zum Zug gekommen – er hatte gesehen, dass sie sich unterhalten hatten, und über die Unruhe, die ohnehin herrschte, hatte er zumindest mitbekommen, dass es kein ruhiges Gespräch gewesen war. Allzu lange hatte es auch nicht gedauert, denn ein dumpfes Grollen hatte begonnen – zuerst wie ein Gewitter, das im Anzug war, aber es war immer lauter geworden und lauter, bis Tertullinus voller Schrecken realisiert hatte, dass er nun etwas erleben würde, von dem er weder geglaubt noch gehofft hatte, es je zu erleben: die Rinderherde. Mit einem Satz war er zum nächstbesten Baum gesprungen und hatte sich hochgehangelt, und seitdem hing er dort, in den Ästen, verdeckt von Blättern, klammerte sich fest, während die Rinder unter ihm dahin rasten und alles platt walzten, was nicht bei drei auf den Bäumen war.


    Curiatius Tertullinus klammerte also. Er klammerte auch noch, als die Rinder weniger wurden, als nur noch vereinzelt eines hindurch lief. Er klammerte auch dann noch, als andere bereits wieder herunter stiegen. Aber neben dem Klammern sah er sich auch um, und da er immer noch ganz in der Nähe der Vorfälle war, sah er ebenso, wie die Frau, um die sich das Ganze hier offenbar drehte, von einem Baum in der Nähe kippte, einfach so, wie eine reife Frucht vom Ast fiel. Sie rührte sich nicht, aber ein Mann sprang zu ihr und drehte sie um – und in diesem Moment traf es Tertullinus wie ein Schlag, so sehr, so heftig, dass er beinahe aufgehört hätte mit dem Klammern. Das... das war doch... die Frau vom Chef! Vom ehemaligen, aber nichtsdestotrotz seine Frau! Tertullinus war sich sicher – er hatte die beiden ab und zu mal gemeinsam gesehen, und sie war ja auch keine Unbekannte, sie war eine Patrizierin, und der Chef, der ehemalige, war ja nicht nur Acta-Chef, sondern auch sonst noch ein hohes Vieh... Und Tertullinus hatte sie bewundert gehabt, für ihre Schönheit, ihre Eleganz, ihre Ausstrahlung. Und ihn hatte er bewundert für so eine Frau. Und das da, das war sie, auch wenn sie von ihrer Eleganz und Ausstrahlung im Moment einiges eingebüßt hatte. Tertullinus ließ das Klammern nun endgültig sein, aber nicht plötzlich, sondern langsam. Vorsichtig ließ er sich vom Baum herunter, und kaum spürte er den Boden unter den Füßen, da rannte er auch schon los, als seien sämtliche Furien hinter ihm her – schnurstracks in die Stadt.

    Zitat

    Original von Spurius Tiberius Dolabella
    Dolabella widerstand dem Antrieb das stottern des Columnus zu retournieren und lächelte stattdessen lieber


    "Mein Name ist Spurius Tiberius Dolabella und ich kam um mit der Leitung der Acta zu sprechen. Darüber hinaus würde ich gerne einige Anzeigen aufgeben falls die möglich ist."


    „Soso“, machte Caius und schwankte zwischen einem misstrauischen Gesichtsausdruck – was seine eigentliche Reaktion gewesen wäre, immerhin konnte der Mann potentielle Konkurrenz bedeuten! – und einem einschmeichelnden Lächeln –was seine eigentliche Reaktion gewesen wäre, immerhin konnte dieser Mann potentielle Unterstützung bedeuten! „Die Leitung der Acta. So. Die hat gewechselt, musst du wissen“, begann er zu schwadronieren, während er den Tiberier hinein- und Ion, den Türsklaven, der wieder zurückgekommen war an seinen Platz, ungeduldig fort winkte. Zumindest für diesen Moment gehörte der Tiberier ihm! „Aurelius Corvinus, der war das lange. Und jetzt, jetzt haben die im Senat Decima Seiana gewählt. Eigentlich, also eigentlich... wär ich ja dran gewesen. Aber so ist das, nech. Passiert. Anzeigen, ja, Anzeigen kannst du natürlich aufgeben.“ Caius blieb vor einer Tür stehen. „Da, das ist ihr Büro. Willst du gleich mit ihr reden? Alles besprechen? Oder willst du das mit den Anzeigen mit mir vorher besprechen? Ich bin quasi der Anzeigenprofi.“ War er ganz sicher. Eigentlich war er sich nur zu gut dafür, Anzeigen aufzunehmen. Nein, er war Redakteur, er schrieb Artikel, ach was, die großen Enthüllungsgeschichten, die waren sein Bereich! Aber was tat man nicht alles, wenn man gerade einen Patrizier an der Angel hatte.

    Zeiten änderten sich. Auctoren auch. Aber hatte irgendwer daran gedacht, ihm Bescheid zu geben? Nein. Gar ihn als Nachfolger des Auctors, also des vorherigen Auctors, vorzuschlagen? Nein! Caius war zutiefst enttäuscht, denn für ihn war eigentlich sonnenklar gewesen, dass er nun endlich zum Zug kommen würde. Nach allem was er schon getan hatte! Bei allem was er noch vorhatte zu tun! Aber nein… Stattdessen war er wieder derjenige, der nach vorne stiefeln und die Tür öffnen musste, als es klopfte. „Was?“ schnauzte er, nur um im nächsten Augenblick, als sein Blick – etwas, was er fast schon wie von selbst machte – nach unten wanderte und erkannte, dass einer der beiden ein Patrizier war, hinzuzufügen: „Äh. Ja. Hä. Hähä. Wie kann ich behilflich sein?“

    "Wie lang dauert das denn noch?" Caius Columnus platzte fast vor Ungeduld. Er war ja von Natur aus schon nicht der Geduldigste, aber das hier, das ging wirklich zu weit. Seit Stunden werkelten die da jetzt schon rum, seit Äonen! Ein Hämmern und Klopfen, dann ein Schaben, dann kurz Ruhe und dann ging es wieder von vorn los. Caius Columnus stand im Atrium, die Arme vor der Brust verschränkt und eine Miene aufgesetzt, die zeigte, dass er nicht zum Diskutieren aufgelegt war. Aber das war er ohnehin in den seltensten Fällen. Einziger Nachteil daran: Das wussten die zwei Männer nicht, die in dem Seitenbereich des kleinen Atriums werkelten. Und einer der beiden ließ seinen Hammer sinken und sah Columnus säuerlich an. "Wir tun hier nur unsere Arbeit, und es hieß, wir sollen sorgfältig sein und nicht pfuschen. Also, willst du deinem Chef erklären, dass wir deinetwegen solche Anweisungen ignorieren oder sollen wir das dann machen? Unangenehm wird es wohl in beiden Fällen." Caius Columnus ärgerte sich schwarz, gab aber kleinbei. "Ahso, ja... Na denn! Seht mir mal schön zu, dass ihr das auch ordentlich macht, nech!" Er nickte dem bärtigen Handwerker abschließend zu und verschwand dann in dem Gang, der zum Archiv führte. Kurz darauf setzte das Gehämmere wieder ein, das ihm auch in seiner winzigen Schreibstube ganz hinten links noch den letzten Nerv raubte. Wusste der Geier, was die da überhaupt machten! Ihm sagte ja mal wieder niemand was! Und das, obwohl er so schrecklich neugierig war. Und überhaupt... Eigentlich sollte er endlich mal wieder auf einen Außeneinsatz geschickt werden. Aber in letzter Zeit wurden immer andere bevorzugt. Wenn man überhaupt mal einen Termin irgendwo bekam. War fast so, als würde niemand mehr die Acta lesen wollen! Dabei reichte Caius Columnus doch einen Artikel nach dem anderen ein. Gut, die meisten befassten sich eher mit uninteressanten Kleinigkeiten....aber...Tropsdem!


    Irgendwann war Caius mit seinen Gedanken am Ende und hatte den Entschluss gefasst, dem Auctor die Meinung zu geigen - wie so oft in letzter Zeit, nur um dann direkt vor dem Büro mit den Edelholzintarsien den Schwanz einzukneifen - als er feststellte, dass es ruhig war. Potzblitz! Da hatte er wohl tatsächlich das Ende dieser Bauarbeiten verpasst! Columnus sprang auf und verließ sein Büro. Er erwartete schon fast ein neues kleines Fenster neben der Tür, vielleicht, damit man wartenden Gästen Getränke hinausreichen konnte. Aber das war ja Blödsinn. Er betrat das Atrium und entdeckte zwei marmorne Tafeln, angebracht für jeden gut sichtbar. Caius ging näher und hielt direkt vor der Wand an, um sich die Widmungen durchzulesen. Das tat er mit in die Hüften gestemmten Armen, und anschließend seufzte er, schüttelte den Kopf und ging unverrichteten Meinungsgeigens zurück in sein Büro. Der Tod kam manchmal schneller, als es einem lieb war. Und so übel war der Germane gar nicht gewesen.


    Fortan reihten sich zwei marmorne Tafeln in die Reihe der Ehrbekundungen im Haus der Acta ein. Auf den beiden Inschriften war folgendes zu lesen:



    DANK GEBÜHRT
    UNSERER LANGJÄHRIGEN LECTRIX


    FLAVIA EPICHARIS


    FÜR IHRE SORGFÄLTIGE MITARBEIT
    UND IHRE KOMPETENTE BERATUNG
    FÜR DIE ACTA DIURNA




    IN MEMORIAM


    DANK GEBÜHRT
    UNSEREM LANGJÄHRIGEN SUBAUCTOR


    TIBERIUS DUCCIUS LANDO
    "LOKI"


    FÜR SEIN STETES ENGAGEMENT
    UND SEINEN UNERMÜDLICHEN EINSATZ
    FÜR DIE ACTA DIURNA BIS ZUM TODE


    Caius Columnus nahm selbstverständlich augenblicklich Platz. Im Gegensatz zu Aelius Quarto war der Reporter sich keinesfalls bewusst, dass er für viele eine Landplage auf zwei Beinen war, ganz im Gegenteil, er hielt sich für unverzichtbar und zeigte das auch. Der Sklave war fix, das musste man ihm lassen, und so kam es, dass Caius Columnus kurz darauf an seinem Wasser nippte und es dann fort stellte. Statt des Bechers befanden sich plötzlich Tafel und Griffel in seinen Händen.


    "Nun, Senator!" sagte er.


    "Dir ist sicher nicht entgangen, dass in den letzten Ausgaben der Acta Diurna kaum Neuigkeiten über unseren geliebten Kaiser zu lesen waren, und dass es überhaupt recht wenige Ausgaben in letzter Zeit gab. Was natürlich nicht an den gering gesähten Informationen über Valerian liegt, sondern anderes zur Ursache hat... *hüstl* Also, einer der Gründe, aus denen kaum etwas über Valerian zu lesen ist, ist dass es kaum etwas gibt, über dass es sich zu schreiben lohnt", erklärte Columnus wenig diplomatisch.


    "Natürlich werden ab und an und hin und wieder Artikel auch von freien Schreibern eingereichen. Jetzt kürzlich erreichte den Auctor ein Artikel über deinen Bruder, bei dem er große Bedenken hat, ihn zu veröffentlichen, denn es ist von Krankheit und Zweifeln darin die Rede und Senator Aurelius ist der Meinung, dass das Volk so etwas jetzt nicht auch noch gebrauchen kann, zusätzlich zu den Gerüchten um Salinator. Das sagte er. Deswegen hat er mich zu dir geschickt. Ich habe die Aufgabe, dich zu fragen, wie es um den Kaiser wirklich bestellt ist, und ob es nicht etwas gibt, dass die Acta guten Gewissens veröffentlichen könnte. Das römische Volk braucht einen Lichtblick, hat er gesagt. Aber wir wollen natürlich auch nichts Schlechtes gut reden, wenn du verstehst. *räusper* Dein Bruder hält sich gegenwärtig in Misenum auf? Und er hat vor kurzem eine Vestalin auserwählt. Wie geht es dem Kaiser denn und ist es absehbar, dass er bald zurück kommt?" Caius Columnus hielt den Griffel schreibbereit und blickte Quarto an.


    "Ah, wie gesagt, störe dich nicht an dem Schreibzeug. Das ist mehr für mich zur Erinnerung während unseres Gesprächs als zum Artikelschreiben."

    Lustiger Gesichtsausdruck, dachte sich Columnus und wagte ein flüchtiges Grinsen.
    "Ja, Senator, das ist vollkommen richtig!" kommentierte Caius die Nachfrage des Senators und nickte geschäftig. Bei der nächsten Frage allerdings - Caius bemerkte die Skepsis und das fallende Tor dabei sehr wohl - galt es, ein wenig mehr Fingersppitzengefühl zu beweisen.
    "Ja und nicht, also, nicht direkt, Senator. Ich komme, weil der Auctor mich beauftragt hat, das ist richtig. Ich soll allerdings kein identisches Interview zusammenschreiben, sondern viel eher Informationen einholen. Eh... Können wir uns setzen? Und darf ich einen Schluck Wasser haben? Dann redet es sich bestimmt leichter." Caius lächelte betreten und aufmunternd zugleich. Wie er das schaffte, war selbst dem Schreiber hinter seiner Person ein Rätsel, doch er schaffte es dennoch.
    "Ich habe bedauerlichweise nämlich die Anweisung, nicht ein Wort ohne deine Zustimmung zu veröffentlichen." Und das war etwas, das Caius wirklich blöde fand. Aber was sollte man tun? Was der Auctor sagte, war Gestz. Nun ja, zumindest für ihn, nach dieser Vorstellung mit dem Elefanten, die er sich damals geleistet hatte....

    Caius unterdrückte ein "Wird auch Zeit", setzte stattdessen eine freundliche Miene auf und trat dem Senator entgegen.
    "Senator Aelius! Gestatten, ich bin Caius Columnus, rasender Reporter der Acta Diurna und politisch interessierter Nicht-Bürger des römischen Imperiums", stellte er sich vor und deutete eine Verbeugung an.
    "Ich bin im Auftrag des Auctors hier und würde gern eine Unterredung zu einem vielleicht delikaten Thema mit dir führen: Es geht um unsere geliebte Göttlichkeit, den Kaiser. Deinen Bruder", fügte Caius Columnus geschwollen hinzu, als mochte Aelius Quarto vielleicht entfallen sein, dass er einen Bruder besaß und wer dieser Bruder war. Gespannt wie ein Flitzebogen wartete der Schreiberling auf eine Reaktion seitens des Bruders des (zweit?)mächtigsten Mannes des Reiches.

    Caius Columnus hatte den Sklaven verfolgt und stand ein wenig abseits im Atrium. Fast hätte man es als Herumlungern bezeichnen können. Er spitzte die Ohren und versuchte zu hören, was der Sklave seinem Herrn berichtete, aber viel zu machen war da nicht. So wartete Columnus, ein wenig ungeduldig vielleicht, besah sich die Totenmasken und den sonstigen Zierrat im Atrium, freilich ohne ihn richtig wahrzunehmen - stand ihm doch ein Interview mit dem (zweit?) wichtigsten Mann des Kaisers bevor. Als der Senator aufstand, schnupperte Caius schon den Beginn. Aber einfach so hinzugehen, wäre wirklich unhöflich gewesen. Und deswegen wartete er noch, bis der Glatzkopf ihn dazu auffordern würde, mit durchgedrücktem Rücken und aneinandergeklackten Fersen.

    Endlich ging es hier voran! Caius Columnus sog die Luft ein. Gleich würde es losgehen, dann wäre er wieder in seinem Element. Zum ersten Mal wieder, seit diesem kleinen Zwischenfall in Spanien, war ihm eine unglaublich wichtige Aufgabe zugeteilt worden. Wortlos folgte er dem zerstreuten Sklaven, und das so dicht auf dem Fuße, dass der Ärmste sich verfolgt fühlen musste.

    Caius Columnus' selbstsichere Miene schmolz dahin, als der unwissende Sklave annahm, er wäre der Postbote. Seine linke Braue wölbte sich der Stirn entgegen und die Lippen teilten sich empört.
    "Wiiieee, Actazeitung für ihn hast? Ich hab keine. Ich BIN die Acta! Egal - ist dein Herr denn zu Hause? Hat er Zeit?"

    Caius Columnus hatte immer noch einen Auftrag.
    Caius Columnus hatte ihn immer noch vom Chef persönlich bekommen.
    Und auch hier würde ihn nichts, aber auch gar nichts davon abhalten, diesen Auftrag auszuführen.


    Abgesehen vielleicht davon, dass Quarto keine Zeit haben würde. Aber aufgeschoben war auch nur aufgehoben, jawohl! Caius hob die Hand und ließ die Knöchel dreimal in schnellem Rhythmus niedersausen - es klopfte. Und dem kahlköpfigen Portier erklärte er mit selbstsicherer Miene folgendes:
    "Hallöchen, ich bin Columnus. Caius Columnus. Und ich bin im Auftrag der Zeitung unterwegs. Nicht irgendeiner Zeitung - ha, nein! - der Acta. Ich möchte bitte mit Aelius Quarto sprechen. Und auch, wenn ihr das hier oft hört: Diesmal ist es wirklich echt total dringlich."