Gespannt lauschten Phelan und seine heutigen Helfer den Reden. Viele wichtige Dinge wurden gesagt, viele Namen genannt.
Petronius Crispus versprach sich einmal in seiner Rede. Eigentlich sollte so etwas nicht passieren und er hätte es auch nicht von dem Magistraten erwartet, da jener sehr redegewand schien, aber die Leute hatten es wahrscheinlich eh nicht gehört. Viele Menschen waren hier und heute versammelt, ein Wunder wenn die letzten Reihen überhaupt etwas mitbekamen.
"Danke für deine Worte, Bantius. Bitten wir nun auch Rhenus, dass er unsere Brücke nicht einreißt und den Handel stärkt." hörte der junge Sacerdos klar und deutlich und gab seinen Helfern das Zeichen.
Einer von ihnen hielt ihm eine Schale voll mit Wasser hin, so wusch er sich seine Hände und erfuhr die Reinheit, die das kommende abverlangte. Das Handtuch reichte ihm ein anderer und das Voropfer wurde eingeleitet.
Die Tibicines und die Fidicines fingen an über Flöten und Laute das ganze zu untermalen. Es sorgte für Ruhe, da jeder die zarten Klänge hören wollte. Nunja, es sorgte auch dafür, die Leute bei der Stange zu halten.
Bei der Vorbereitung wurde ein Kultbild des Rhenus nicht unweit des Opferaltares postiert, an das sich Phelan nun wand. Mit erhobenen Händen sprach er "Oh Rhenus Pater, Hüter des Wassers, welches fließt durch unser geliebtes Mogontiacum. Sei gnädig und schenk uns deine Ohren!" Nun war das Voropfer im vollen Gange und Gaben wie Weihrauch, den besten Wein als symbol für die römischen Bürger und diverses Getreide als symbol für den germanischen Boden.
Während des Voropfers gingen im viele Sachen durch den Kopf. Was würden die Leute denken? Ein Germane und zugleich römischer Priester? Natürlich hatte er schon im Tempelbezirk gearbeitet und vielerlei Menschen, Römer als auch Germane, beraten und geholfen, aber das hier war sein erster richtig großer öffentlicher Auftritt als einziger vollwertiger Priester der Stadt.
Dieser Gedanke beschäftigte ihn über das ganze Voropfer, so dass er rein physisch die obligatorische Drehung nach rechts machte, ein Glück! Denn dran gedacht hatte er in diesem Moment nicht.
Die Prozession viel eher klein aus bis gar nicht. Der provisorische Opferaltar war nur wenige Schritte entfernt, auf diesem schon ein prachtvoll geschmückter Eber angekettet war und dort seine Ruhe finden sollte.
Doch zunächst wurde der Zug von einem Ministri mit Wasser besprängt und somit gereinigt. Der Ministri der sie reinigte war ein kleiner germanischer Junge, der voller Freude war an diesem wichtigen Tag dabei sein zu dürfen. Mogontiacum war nunmal keine Stadt, in der von Geburt an römische Bürger wohnten. Hier trafen viele Kulturen aufeinander, germanische und römische, so wie die keltische im Vordergrund.
Nachdem die Worte "Favete Linguis" erklangen schritt Phelan nach vorne und berührte das Tier, bei welchem er diesmal keine Wutausbrüche verspürrte .. eher erhoffte.
So sprach er "Oh deus bonus! Oh Rhenus Pater! Dieses Tier sei dir geweiht. Lege deine Schützende Hand über diese Brücke die über deinen Fluß führt und bewahre sie vor jeglichem Übel! Stärke unseren Handel, um weitere Güter unzähliger Waren tauschen zu können. Stärke auch unsere Neugeborenen, segnie sie in deinen göttlichen Gewässern! *"
Nun folgte eine weiterer Waschung für den Sacerdos. Nachdem er sich mit dem malluium latum die Hände getrocknet hatte wurde das Tier mit der mola salsa bestrichen, was ebenfalls zwei Ministri übernahmen.
Anschließend lies er den Wein über die Schnauze des Tieres fließen.
Der Victimarius stand bereit und er gab diesem das Opfermesser, nachdem die Meserspitze über den Rücken des Tieres, welches der Götter sei Dank immer noch ruhig war, gefahren war.
Jetzt wartete man gespannt auf die folgenden Worte...
"Agone?"
Spannung baute sich auf.
Auf dem Platz konnte man selbst keine Vögel mehr zwitschern hören, völlige Stille herrschte.
"Age!" rief Phelan aus und das Blut floß. Schnell wurde etwas von der Flüssigkeit des Lebens in einer Schale aufgefangen.
Nun folgte die Eingeweideschau. Die Organe wurden entnommen und der Haruspex stand bereit und wartete geduldig. Der junge Sacerdos schaute sich die Organe genau an, jeden Fleck nahm er genaustens unter die Lupe und als er sie als gut ansah, reichte er sie dem Haruspex.
Die Stille wartete darauf gebrochen zu werden .. die Spannung blieb ... keiner sagte etwas ..
"Litatio!"
Phelan ließ ein unauffälliges Seufzen los .. er war sehr erleichtert, dass bei seinem ersten öffentlichen Auftritt alles gut verlaufen war.
Nun sollten noch die Reste des Fleisches verteilt werden.
Er schaute zu seinem Vetter, dessen Kollegen und zu Petronius Crispus und bat sie mit einem Handzeichen zu ihm.
Sim-Off:* Damals wurden die Säuglinge der nordischen Stämme in das Wasser des Rhenus getaucht, um sie abzuhärten und um zu schauen, ob sie ehelich sind.