Beiträge von Appius Decimus Drusus

    "Verstanden, optio!" brüllten Drusus und Natator gleichzeitig.


    Sie behielten ihre Arbeitsverteilung bei und folgten der Anweisung des optio.


    Der hatte nur einen Schuß freigegeben.


    "Wohin soll ich richten?" fragte Natator.


    "Am besten in die Luft!" grinste Drusus, "von einem Ziel hat der optio nichts gesagt."


    Es dauerte nicht lange und der Bolzen flog einem unbekannten Ziel entgegen.

    "Und wir machen jetzt eine Verteilung der Aufgaben,"


    meinte Drusus zu Natator,


    "ich schieße und du richtest, oder besser gesagt, zielst!"


    "Und wie soll ich zielen?"


    "Wieder mal nicht aufgepaßt?" grinste Drusus.


    "Das auf der Säule mit Drehkopf montierte Geschütz kann nach allen Seiten gedreht werden. Die Säule steht, wie du siehst, in einem Dreifuß. Die von dem oberen Ende der Säule auf den Boden reichende schräge Strebe dient beim Spannen der Sehne als Auflage für die an der Pfeife befestigte, umklappbare Stütze. Und wenn du vergessen hast, was die Pfeife ist, dann bist du wirklich eine!"


    Und während sich Natator mit dem Richten beschäftigte, verschoß Drusus einen Bolzen nach dem anderen.


    Bolzen in die Schiene, spannen, weg vom Rad und Schuß.


    Noch war es ein Leichtes, in der Gegend herum zu schießen. Die Schwierigkeit kam aber erst mit einer Zielangabe. Und die dürfte nicht mehr lange auf sich warten!

    Drusus rempelte Natator an.


    "Los! Schnappen wir uns ein scorpio. Wir müssen die ersten sein, beim Antransport und erst recht beim ersten Schuß!"


    Dann standen sie vor einem scorpio und wuchteten ihn hoch.


    "Mensch, ist der schwer!" stöhnte Natator.


    "Stell` dich nicht so an. Dein dauerndes Reden kostet dich nur Kraft."


    Kurze Zeit später standen sie mit ihrem scorpio vor dem optio.

    Voll Tatendrang marschierten sie im Gleichschritt den horrea zu.


    Drusus hatte zwar in seiner Zeit vor der legio ein scorpio gesehen, aber wie damit umzugehen war, wußte er nicht.


    Er sah die Kampfmaschine bereits vor sich und hoffte, daß die Instruktion für deren Bedienung nicht allzu viel Zeit in Anspruch nahm.


    Schießen und Treffen ... das war die Losung!

    Verbissen schuftete Drusus weiter. Der Schweiß lief in Strömen und langsam machten sich Schwielen an den Händen bemerkbar.


    Er wollte alles, nur keine Müdigkeit vorschützen. Er versuchte schneller zu arbeiten. Seiner Meinung nach wurde er schneller, aber ob das auch der centurio so sah?


    Aber dennoch schafften sie es, einen Pfahl nach dem anderen wieder zum Stehen zu bringen.

    Auf dem Weg zum horreum tertium fing Natator wieder an:


    "Und was ist so ein Skorpion?"


    "Mensch, Natator, halt endlich deine Klappe, ich habe nicht die geringste Lust wegen dir aufzufallen!"


    "Ich hab` doch noch nie von einem Skorpion gehört," jammerte Natator.


    "Also, hör` zu, ein Skorpion ist ein leichtes Pfeilgeschütz, das mit hölzernen Pfeilen, die geschmiedete Eisenspitzen haben, betrieben wird. Das Oberteil des Geschützes ist drehbar über dem Fuß montiert, so daß zumindest auf kurze Distanzen eine präzise Ausrichtung auch zum Kampf gegen lebende Ziele, denen die hohe Geschwindigkeit des Geschosses keine Ausweichmöglichkeit läßt, möglich ist. Und jetzt gib? endlich Frieden!"

    ... und wieder standen sie und warteten, was ihnen der centurio nun präsentieren wollte.


    Sein Nebenmann rempelte Drusus an. Der sah leicht ungehalten nach rechts: da stand Natator, der Nichtschwimmer.


    "Kennst du dich mit Belagerungsgeräten aus, welche gibt es denn? Du weißt doch sonst auch alles!" flüsterte er.


    Ebenso leise kam die Antwort:


    "Angreifer und Verteidiger setzen auch ihre Artillerie ein, die sich aus Katapultgeschützen verschiedenen Kalibers und verschiedener Konstruktion zusammensetzt. Die Abschußenergie liefern gedrillte tränge tierischer Sehnen.

    Die kleineren und mittleren Katapulte funktionieren wie Armbrüste. Allerdings ist der Bogen zweiteilig; jeder Teil steckt in einem senkrecht verankerten und gedrillten Sehnenstrang. Abgeschossen werden recht massive Pfeile, aber auch Blei- und Steinkugeln.

    Die schwere Artillerie umfaßt einarmige Katapulte (onager) von beachtlichem Ausmaß und großem Gewicht, die meist Steinkugeln zwischen 13 und 40 kg Gewicht auf die Reise schicken. Die Schussweite beträgt bis zu 350 m. Mehr weiß ich auch nicht.


    Aber jetzt halt die Klappe bevor es der centurio merkt!"

    Drusus hatte viel mitgeschrieben. Er hatte dabei Randbemerkungen gemacht, die er mittels Fragen an den centurio von diesem klären lassen wollte. Er rechnete damit, daß sich dazu am Ende des theoretischen Unterrichts die Gelegenheit bieten würde.


    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Drusus
    "Mit der Theorie war's das!", gab Drusus anschließend bekannt.


    Drusus sah auf. Von evtl. Fragen, die ihm noch gestellt werden konnten, sagte der centurio nichts.


    Mit viel Wissen über sein Nichtwissen verließ Drusus die schola.

    Die Miene des centurio verriet alles: Die Fragen, deren Beantwortung sich Drusus erhoffte, kamen weder der Fortführung des theoretischen Unterrichts entgegen - im Gegenteil, sie waren eher hinderlich - noch waren sie erwünscht.


    Drusus nahm es gelassen. So beeilte er sich, ohne lange nachdenken zu müssen, sich an die Ausführungen des centurio zu halten und diese auf der Grundlage der Wachstafeln mit eigenen Worten zu wiederholen.


    "In der Annäherungsphase vor resp. am Beginn einer Schlacht sieht man zwei Manipel zu jeweils zwei Centurien, die von den jeweils sich an der Spitze befindenden centuriones und signiferi angeführt werden. Der Zusammenhalt der einzelnen Truppenkörper obliegt den jeweils am Schluß postierten tesserarii und optiones. Der cornicen befindet sich an einer Flanke auf Höhe der ersten Reihe.


    In der Kampfphase schließt die jeweils hintere Centurie die Lücke zwischen den Manipeln und bildet so eine Schlachtlinie. Centurio und signifer ziehen sich in den Zwischenraum zwischen zwei Centurien zurück. Der centurio steht in der ersten Reihe, centurio."

    Die bohrenden Fragen von Quinctilius wurden Drusus lästig.


    Barsch antwortete er.


    "Mein gladius war verdreckt. Ich wußte keine Erklärung. So kam ich zu dieser Wache. Ich hoffe, du bist mit meiner Antwort zufrieden.


    Aber zur Ablösung ist nicht mehr weit hin. Und jetzt laß` mich zufrieden!"


    Damit wandte er sich wieder seinem Posten zu.

    legionarius Quinctilius


    Quinctilius lachte mit einem höhnischen Unterton.


    "Das kannst du mir nicht weismachen! Ich kenne centurio Iulius schon aus der Zeit, wo er noch nicht centurio war. Und der schickt keinen, der wegen eines verdreckten gladius auffällt, auf Wache. Noch dazu, wenn es sich um einen probatus handelt, der gerade mal ein paar Tage bei der Armee ist. Also, sei ehrlich, so unter uns, was hat es mit deiner Wache auf sich?"


    Neugierig sah Quinctilius Drusus an.

    probatus Sextus Hadrianus Natator


    Neben Drusus saß Natator, der mehr oder weniger gelangweilt den Ausführungen des centurio folgte. Theorie war nicht gerade seine Stärke,da er ständig damit beschäftigt war, sich am Einschlafen zu hindern. Ihm war mehr daran gelegen, endlich das Schwimmen zu erlernen um nicht noch einmal wie neulich im See kläglich unterzugehen.


    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Drusus
    Diesmal fiel der strenge Blick des Centurios auf den Probatus Natator, der bei einer vorherigen Lektion beinahe ertrunken wäre. "Probatus Natator, wie viele Mann hat eine Turma im Idealfall, welchen Sonderrang hat die Legionsreiterei und welche spezielle Funktion übernimmt die Reiterei?"


    Natator fuhr von seinen Gedanken auf. Gerade noch mit einem Ohr hatte er die Fragen des centurio mitbekommen. Hastig antwortete er:


    "Im Idealfall hat eine turma XXX Ma..., equites. Die Legionsreiterei hat als Leibwache des legatus legionis einen Sonderrang."


    Bei der Funktion der Reiterei überkam es ihn wie ein Gedankenblitz. Er dachte nicht mehr daran, von wem oder woher es hatte, aber er legte los:


    "Die Aufgabe der Reiterei ist operativer und taktischer Natur. Operativ
    dient sie ihrer Beweglichkeit und Geschwindigkeit wegen zur Aufklärung
    als sog. Auge des Heeres und zur Verschleierung, d.h. zum Abfangen
    und Unterbinden der feindlichen Aufklärung, zu Vorposten-, Sicherungs-
    und Verbindungsaufgaben, zur operativen Verfolgung, zu hinhaltenden
    und festhaltenden Aktionen und zu überfallartigen Vorstößen und Kommandounternehmen oft tief in Feindesland. Ferner ist die Reiterei
    wegen ihres weiten Operationsradius am besten geeignet, ein größeres Gebiet unter Kontrolle zu halten, logistisch für die eigene Armee auszubeuten und die feindliche an seiner Ausbeutung zu hindern, gegebenenfalls es systematisch zu verwüsten, centurio."


    Erst jetzt holte Natator Luft. Er wußte zwar nicht, ob alles richtig war, was er aus dem Stegreif von sich gab, aber er war davon überzeugt, daß das den centurio mehr beeindrucken würde als seine klägliche Leistung beim Schwimmen.

    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Drusus
    Erneut fiel der Blick des Centurios auf den Decimer. "Probatus Decimus!", meinte er in strengem Ton. "Wer ist der aktuelle Praefectus Castrorum und was sind seine Aufgaben? Kommt ein Tribunus Laticlavius aus dem Ritterstand, oder dem Senatorenstand?"


    Drusus stand auf und antwortete:


    "Der aktuelle praefectus castrorum ist Servius Artorius Reatius. Rangmäßig steht er im Legionskommando an dritter Stelle, nach dem legatus legionis und dem tribunus laticlavius, in der Praxis wird er wegen seiner ungleich größeren Erfahrung statt des letzteren mit dem stellvertretenden Kommando betraut.


    Er ist eine Art oberster Quartiermeister und für den gesamten inneren Dienst incl. den Wachdienst, die Ausbildung, für das Gerät, die Lagergebäude und alle Baumaßnahmen zuständig.


    Ein tribunus laticlavius kommt aus dem ordo senatorius, centurio."

    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Drusus
    So langsam würde der Iulier gerne weitermachen, mit seiner Theoriestunde...


    Drusus merkte, daß er den centurio mit seinen einfach zuviel wissen wollenden Fragen an der Fortsetzung des theoretischen Unterrichts hinderte. Gerade bei dem Thema "Aufbau einer Legion" hätte es noch einiges zu erfragen gegeben.


    So hielt er sich mit weiteren Fragen zurück.

    Drusus meldete sich erneut.


    "Ich habe noch eine Frage zum tesserarius.


    Du sagtest, daß er damit betraut werden kann Wachschichten zu kommandieren und zu kontrollieren. Heißt das, daß er da der "Vorgesetzte" der vier Wachschichten ist, das wäre eine sehr lange Zeit, oder nur für eine Wachschicht?"

    Drusus begann.


    "Du sagtest:


    Zitat

    Original von Tiberius Iulius Drusus
    "Jede Centuria hat, wie ihr wohl schon mitbekommen habt, darüber hinaus einige Offiziere! Zu den Offizieren zählen sich Optio, Signifer, Tesserarius, Cornicen und der führende Kopf der Centurie, der Centurio!


    Sind optio, signifer, tesserarius und cornicen auch Offiziere?


    Und wie wird ein legionarius, der tesserarius ist, angesprochen? Mit legionarius oder mit tesserarius? Bei einem optio ist die Anrede klar."

    Drusus hielt sich neben Brutus. Der war länger bei der legio, kannte sich folglich besser aus und schien auch sonst zu wissen was zu tun war.


    Er sah der Reiterei nach und versuchte angestrengt den Gleichschritt beizubehalten.


    Er war gespannt, was alles auf ihn zukommen sollte und war trotz allem voller Zuversicht ... im Notfall war Brutus da! Und der war sein Kamerad!