Beiträge von Viridovix

    Als alle Mann angekommen waren, antwortete ich in kurzen, aber klaren Sätzen.


    "Unbekannte Angreifer. Ca. 20-40 Angreifer, eventuell mehr in den Wäldern! Bewaffnung unbekannt. Keine geordnete Einheit, es scheinen Barbaren zu sein. Vielleicht Räuber aus der Umgebung."


    Ich deutete in die Richtung aus der Geräusche kamen und auch ab und an Schatten zu sehen waren. Sie kamen immer näher.

    Auf der einen Seite des Waldes sah ich eine Fackel aufleuchten und mehrere Männer um eine Person, wahrscheinlich Hierax, stehen. Dann hörte ich Gebrüll.


    Von der anderen Seite kamen mehrere Dutzend Gestalten auf das Lager zugerannt. Im schwachen Mondlicht konnte ich nur erkennen dass es sich nicht um Römer handeln konnte. Es mussten also Barbaren sein.


    "Ein Angriff, ein Angriff!", rief ich so laut ich konnte. Dann schlug ich mit meinem Schwert gegen mein Schild.
    "Alles raus! An die Waffen, an die Waffen!"


    So brüllend lief ich den Wall entlang, bis ich an der Stelle war die von den Angreifern wahrscheinlich als erstes erreicht werden würde. Ich schrie noch einmal laut und ging dann in Stellung. Ich schaute kurz nach hinten um zu sehen ob der Decurio kommen würde.

    Plötzlich brüllte einer der berittenen Wachen Richtung Lager, dann hörte ich auch Einar nach dem Decurio rufen.
    Ich lief zurück zu meinem Posten und blickte in die Dunkelheit.


    Dann rief ich in die Nacht: "Was ist mit Hierax? Bringt ihn ins Lager, wenn er verletzt ist!"


    Nun wartete ich auf Antwort und darauf dass der Decurio weitere Befehle gab.

    Auf meinem Gang über den Wall bemerkte ich dass einer meiner Kameraden, von der Statur vermutlich Hierax, in Richtung Wald ritt. Ich wunderte mich etwas. Ich war mir nicht sicher was ich tun sollte, also beschloss ich mich nach den anderen Reitern umzusehen und Einar zu suchen.
    Langsam, die Augen auf die Umgebung gerichtet, ging ich auf seinen Posten zu.

    Nun war es im Lager bereits ruhig geworden. Die meisten waren schlafen gegangen, nur ein paar wenige waren noch wach und unterhielten sich leise in der Nacht.


    Die Wachen ritten um das Lager oder standen auf den Wällen und hielten sich mit ständigen Bewegungen wach. Die Nacht war ruhig und nur ab und an war das Geräusch eines Tieres zu hören oder das Rauschen vom Wind.


    Ich war nicht müde, immer noch voller Tatendrang und Willenskraft. Aber ich hoffte es würde eine ruhige Nacht werden, schließlich waren wir von dem Überraschungsangriff immer noch zermürbt und müde.

    Ich nickte zum Zeichen dass ich verstanden hatte. Dann gesellte ich mich zu Einar und Harluf um mit ihnen zusammen die Wache anzutreten.
    Während die anderen sich langsam für die Nacht vorbereiteten, waren wir drei damit beschäftigt unsere Wachposten einzunehmen.


    "Die erste Wache Einar. Ich hoffe das geht in Ordnung? Ich bin noch recht wach, aber ich hoffe es gibt keine Zwischenfälle."

    Auch ich gesellte mich zu meinen Kameraden und reihte mich ein. Nun würde bestimmt die Nachtwache eingeteilt und der Decurio würde bestimmt auch ein Wort über unseren Lageraufbau verlieren.


    Ich fühlte mich nicht sehr müde. Wahrscheinlich war ich immer noch zu aufgeregt über diesen ersten Einsatz, der gleichzeitig unser letzter Eignungstest für die Ernennung zum Eques war.

    Einige Zeit waren wir mit dem Anschaffen des Holzes und dem Aufbau des Lagers beschäftigt. Der Decurio bewachte alles und beobachtete genau unsere Arbeit.


    Nun sah es bereits nach einem richtigen römischen Lager aus. Die Pfähle waren so gut wie komplett in den Boden gerammt, das Titulum war aufgeschüttet und der Graben ausgehoben.
    Einige waren bereits damit beschäftigt das Feuerholz zusammenzulegen und für das Lagerfeuer vorzubereiten, während ich mit einigen Kameraden noch die restlichen Pfähle befestigte.

    Ich nickte.


    Wenn ich bedenke wie lange mein Stamm benötigte um ein Dorf so gut wie möglich mit Holzpfählen zu schützen. Die Römer sind so viel schneller und besser darin. Sie schaffen Lager die besser geschützt sind als manches Dorf.
    Und nun sind wir hier und bauen selbst so ein römisches Lager. Erstaunlich."

    Ich meldete mich zum Holz holen. Wir waren etwa zwei gleich große Gruppen, eine die die Wälle aufschüttete und die andere die das Holz holte.
    Unsere Gruppe holte das Werkzeug und ich rief einigen meiner Kameraden zu auch Seile mitzunehmen um die Holzblöcke zusammenbinden zu können.


    Dann gingen wir Richtung Wald. Schon kurze Zeit später konnte man das relativ regelmäßige Geräusch der Äxte hören und einige laute Stimmen der Probati.
    "Vorsicht! Der hier fällt gleich."

    Der Feind kam immer näher, während mein Pferd mich trug und ich mich weiterhin auf die Formation konzentrierte. Ich visierte mit der Hasta einen Feind an und konzentrierte mich nun nur noch auf mein Ziel.
    Meine Augen waren auf den Gegner gerichtet und als ich nah genug war, stieß ich die Hasta nach vorn und traf mein Ziel in der Bauchgegend. Erst jetzt, als ein großes Loch an der Seite des Gegners zu sehen war, wurde mir wirklich bewußt dass es eine Strohpuppe war.


    Ich ließ mein Pferd ausreiten, wie es der Decurio tat und bildete dann mit den anderen Probati wieder eine lose Formation.

    Ich blickte in die Ferne. Dort stand tatsächlich eine große Gruppe und sie blickte genau in unsere Richtung. Feinde also. Hoffentlich nicht wieder ein Trick, sondern diesmal echte Feinde.


    Schnell nahm ich Stellung und ritt los. Ich versuchte meine Wut über den erniedrigenden Angriff von eben zu vergessen und konzentrierte mich auf mein Pferd und meine Waffe. Diesmal würde es ein Sieg auf ganzer Linie werden.

    Ein Test? Ich war überrascht, aber meine Wut wurde nicht weniger. Dies war also nur eine Übung, ob noch andere folgen würden? Wir waren tief im Feindesland und jederzeit könnte auch ein echter Angriff kommen.
    Ich hielt mich gerade und wartete bis der Decurio zu Ende gesprochen hatte. Dann reihten wir uns wieder ein und der Marsch wurde fortgesetzt. Vielleicht würde die Wut am Ende des Tages meiner Erschöpfung Platz machen.

    Der Angriff war scheinbar vorüber und sogleich brüllte der Decurio los. Die Linie in der ich saß erhob sich sofort, griff nach ihren Pferden und beeilte sich zum Decurio zu kommen.
    Als wir ankamen, reihte ich mich in die Nähe Einars ein und beobachtete den Decurio. Meine Augen waren direkt auf ihn gerichtet und ich verzog keine Miene. In mir aber brodelte es...einen nächsten Angriff würde mindestens ein Angreifer nicht überleben. Er würde meiner Klinge zum Opfer fallen.

    Nun also wieder absitzen. Gerade nachdem ich meinem Kameraden aufgeholfen hatte und wieder auf meinem Pferd saß, musste ich also wieder herunter. Ich stieg aus dem Sattel und schützte mich mit der Parma.
    Mit einer kleinen Gruppe Probati bildeten wir eine Linie die langsam zu den anderen aufschloss. Wir näherten uns immer weiter dem Decurio und der Linie die er anführte.
    "Weiter, weiter. Gleich sind wir da."


    Der Schrecken stand einigen Probati ins Gesicht geschrieben. Nun war es kein Training mehr, keine Hiebe und Stiche gegen Strohpuppen, keine Reitübungen. Das war unsere Zukunft! Der Kampf fürs römische Reich, der Kampf gegen richtige Gegner die uns töten wollen. Diese Erkenntnis mussten einige wohl noch verdauen. Ich war zu beschäftigt die Befehle des Decurio zu befolgen und diesen Überfall zu überleben um mir Gedanken darüber zu machen.

    Noch als das Horn ertönte war mir bewußt dass die Geräusche nicht alle natürlich waren. Instinktiv griff ich mein Schild fester und als die ersten Pfeile auf uns niederregneten rieß ich es hoch, um nicht getroffen zu werden. Tatsächlich trafen einige Pfeile meine Parma.


    Neben mir war ein Probati vom Pferd gerutsch und schrie schmerzverzerrt auf. "Ich bin getroffen...mein Gesicht."
    Während Einar nach vorne ritt um dem Decurio Bericht zu erstatten, fauchte ich meinen am Boden liegenden Kameraden an: "Hinter deine Parma." Dann kniete ich mich neben ihn und nahm seinen Trinkbeutel. Mit etwas Wasser benetzte ich sein Gesicht und sah mir seine Augen an. "Keine Verletzungen, nur ein paar Schrammen. Reiß ich zusammen und auf dein Pferd." Er stand vorsichtig auf und nahm sein Pferd am Zügel.


    Dann folgten erneut hunderte Pfeile die auf uns niederprasselten. Wieder nahm ich meine Parma in die eine Hand und zog meine Spatha. Ich warf einen Blick auf die Büsche neben uns. Wenn dies ein Angriff auf unser Leben war, schien er mir zu schwach zu sein. Es roch eher nach einem Überfall. Aber auf eine Gruppe römischer Ala-Probati? Diese Banditen mussten sehr gerissen sein.

    Wir waren bereits einige Zeit unterwegs und es war nichts passiert. Der Decurio hatte ein paar Mal die Formation überprüft und die Geschwindigkeit geändert, ansonsten war alles ruhig gewesen.


    Gerade ritten wir durch einen Hohlweg und einige Male knackte es in den Gebüschen und Bäumen um uns herum. Ich schaute mich um und sagte leise zu meinen Nachbarn: "Passt auf die Pferde auf, nicht dass Wildschweine durch unsere Reihen laufen."


    Einige der Probati drehten sich immer wieder um, um eventuelle Gefahren hinter oder neben uns zu entdecken. Aber außer den Geräuschen der Natur war nichts zu vernehmen.