Beiträge von Viridovix

    Als Gisco sprach wurde ich still und bedächtig. Seine Worte lösten in mir eher Hoffnung und Glücksgefühle aus.
    Auch wenn mein Stamm von den Römern geschlagen wurde, empfand ich keine Wut, keine Trauer. Der Stärkere hatte gesiegt und die Gegner wurden unterworfen. Viele meines Stammes waren gefallen, aber die meisten lebten nun als Peregrinus oder Libertas in den Gegenden Germaniens oder sogar in anderen Provinzen des römischen Reiches.
    "Ich mag die Wälder hier, aber auch die Wiesen über die man tagelang reiten kann. Das Wetter ist rau und härtet ab, genau das richtige für Krieger. Und ich bin frohen Mutes eines Tages die schönen Seiten des Imperiums genießen zu können. Wenn ich erfolgreich als Soldat Roms gedient habe und erfolgreich war wo auch immer mein Weg mich hingeführt haben wird."


    Ich beendete meine Ansprache, um die Gefühle der anderen nicht zu verletzten oder zu belächeln. Ich konnte das Heimweh oder den Schmerz der anderen nachvollziehen, aber ich selbst fühlte nicht so. In mir überwog Hoffnung und Fröhlichkeit.


    "Nun wenn also unsere Ausbildungszeit zu Ende ist und wir alle hoffentlich zu Eques ernannt wurden, werden wir ein wenig feiern gehen in Confluentes. Das wird ein Spaß!"
    Ich lachte die anderen an.

    Ich war begeistert wie toll die Pferde bereits dressiert waren. Ich drückte abwechselnd die Fersen in die linke und rechte Flanke des Pferdes und dann mit beiden. Abaris reagierte perfekt, er drehte sich nach rechts, nach links oder trabte vorwärts und als ich die Zügel leicht straffte blieb er stehen.


    Die Pferde waren sehr gut eingeritten und perfekt dressiert. Besser konnte ich es mir nicht vorstellen.

    "Ich komme aus Mogontiacum. Meine Eltern sind vor einigen Monaten dorthin gezogen. Eigentlich komme ich vom Land. Wir sind vom Stamm der Mediomatrices unsere Nachbarstämme waren die Leuker und Eburonen. Wir lebten in der Nähe unserer Stammesstadt Mediomatricum. Das liegt in der heutigen Provinz Belgica und trägt den Namen Divodurum."

    Kaltwasserbecken.
    Gar keine schlechte Idee. Außerdem fiel mir ein dass ich etwas darüber gehört hatte Probati hätten keinen Ausgang, da sie sich noch in Ausbildung befänden und das Castellum nicht verlassen durften. Bevor Gisco noch aus Unwissenheit eine Strafe bekommt, wäre eine Warnung wohl durchaus freundlich und kameradschaftlich anzusehen. Außerdem würde das die Stimmung wieder heben.


    Ich wartete ein wenig und folgte Gisco dann zum Kaltwasserbecken. Ich legte mein Handtuch ab und begab mich ins Becken. Gisco war mir genau gegenüber und ich sprach ihn gleich an:


    "Soweit ich weiß haben wir keinen Ausgang. Probati haben die ganze Zeit ihrer Ausbildung im Castellum zu bleiben. Als Eques gibt es bestimmt Ausgang. Und die Stadt würde ich mir ebenfalls gerne einmal ansehen. Wir werden uns wohl noch etwas gedulden müssen."


    Das kalte Wasser war wunderbar kühlend, meine Muskeln spannten sich langsam und die Hitze verschwand aus meinen Knochen. Ich tauchte ein paar Mal unter und kam laut prustend wieder an die Oberfläche.

    Vorsichtig nahm ich die Zügelhilfe in die eine Hand und strich Abaris mit der anderen Hand zärtlich über den Hals um ihn zu beruhigen.
    Meine Füße legte ich vorsichtig an die Flanken meines Pferdes und wartete ein wenig. Dann begann ich langsam Druck auf die Flanken auszuüben. Abaris spannte seine Muskeln und ich begann die Zügelhilfe etwas zu straffen, damit er nicht sofort lostrabt.

    Einar sah zu mir herüber und ich nickte ihm zu. Er war ebenfalls schnell auf seinem Pferd aufgesessen. Das Üben mit den Holzattrappen hatte sich scheinbar bei einigen ausgezahlt.


    Wir sahen uns nun gemeinsam nach dem Dicken Probati um, der sich bedauerlicherweise immer ziemlich ungeschickt benahm. Ich fragte mich schon oft wie so ein dicker Tolpatsch auf die Idee gekommen ist, der Ala beizutreten. Und wie ich es fast befürchtete, hatte der Dicke einige Probleme sein Pferd still zu halten und aufzusitzen. Er tat mir ein wenig Leid.

    Noch einmal überprüfte ich Sattelgurte und auch die Zügelhilfen. Ich rückte hier und da noch einmal zurecht und achtete penibel darauf dass alles richtig sitzt und weder zu feste noch zu locker war.
    Als ich mir sicher war dass alles perfekt war, nahm ich meine Übungswaffen und ging wieder zu Abaris. Ich sammelte mich, legte eine Hand um ein Horn des Sattels und stieg auf mein Pferd. Obwohl ich etwas nervös war klappte es direkt auf Anhieb.


    Nun saß ich fest in meinem Sattel auf Abaris mit meinen Waffen in der Hand. Ich erwartete gespannt die weiteren Befehle des Decurio.

    Ich hatte Abaris im Stall gesattelt und war dann sofort mit ihm Richtung Exierzierplatz getrabt.
    Am Zügel führte ich mein Pferd nun auf den Platz wo der Decurio bereits auf uns wartete. Ich ging mit Abaris bis zur Mitte des Platzes, hielt dann und überprüfte noch einmal den Sitz des Hörnersattels. Ein Glück dass die Römer diese keltische Sattelkonstruktion schnell übernommen hatten, so hatte ich kaum Probleme damit klar zu kommen. Nachdem ich den Sitz des Sattels überprüft hatte, strich ich Abaris übers Fell und wartete auf die anderen Probati die nach und nach eintrudelten.

    Ich stutzte ein wenig über den Verlauf der Unterhaltung. Einar sah zu mir herüber und produzierte dann im Wasser lustige Blubberbläschen.


    Ich lachte laut auf.
    "Philosophieverein? Ich bin Kelte, Einar ist Germane, Gisco ist Iberer, Arianus ebenfalls Germane...ich sehe keinen Probati aus Achaia. Stilo ist doch Grieche nicht? Ich hörte dort und in Rom kann man gut philosophieren, da kommen die Gelehrten her."


    Dann blickte ich mit ernsthafter Miene Richtung Decke.
    "Was auch immer geschieht. Noch sind wir Probati und keine richtigen Soldaten. Sollte es einen Krieg geben, wird man uns wohl noch nicht in eine Schlacht lassen. Meinen Eid jedenfalls habe ich auf den Kaiser geschworen und der lebt noch."


    Ich hoffte dass es auch so bliebe. Es wäre eine kurze Amtszeit...eine zu kurze wie ich fand.

    Jetzt ging es im wahrsten Sinne des Wortes Schlag auf Schlag.


    Rechts, gerade aus, links, gerade aus, rechts, rechts, gerade aus, links....und immer so weiter.


    Meine Arme waren zwar müde und die Geschwindigkeit des Decurio erhöhte sich ständig, aber ich machte schnaufend weiter. Schließlich wollte ich die harte Ausbildung erfolgreich abschließen und Eques werden. Also hieß es einfach die Erschöpfung ignorieren:
    Recte, Latus, Scaevus, Recte, Latus, Latus, Recte, Scaevus, Scaevus, Recte, Latus...und immer weiter.

    Wie es der Decurio befohlen hatte, suchte ich mir einen Pfosten und stellte mich genau davor. Mit den Beinen fest am Boden nahm ich das Schild halbhoch und drehte die Schulter etwas, so dass sie genau im Schild war. Dann nahm ich mein Spatha und schlug los.


    Der erste Stoß nach vorne, Ictus Recte, der zweite von rechts unten, Ictus Latus, der dritte Schlag von links oben, Ictus Scaevus. Bei jedem Schlag nannte ich im Kopf den Namen, um mir so alles zu merken.

    "Ich bin sicher, auch wenn wir von dem neuen Kaiser nicht viel wissen, wird er nicht umsonst der Nachfolger unseres toten Kaisers sein. Über seine Gesundheit weiß ich nichts. Wenn er so schwer krank ist...dann hoffe ich er wird schnell gesunden."


    Etwas anderes wollte ich mir gar nicht vorstellen. Das römische Imperium kopflos? Wenn der Stammeschef gestorben war, gab es immer Streit um die Nachfolge...so kannte ich es aus meiner Kindheit. Ich hoffte nicht das im römischen Reich auch Kampf und Missgunst an der Tagesordnung standen, wenn es keinen Kaiser geben würde.

    Es wunderte mich ein wenig dass der Neue direkt darauf ansprach beim ersten Lauf nicht mitgelaufen zu sein. Er würde bestimmt noch das harte Training des Decurio mitbekommen. Früher oder später wäre auch er so erledigt wie der Rest am heutigen Tag.


    "Willkommen. Ich bin Viridovix." Meine Antwort war kurz. Hauptsächlich weil ich immer noch ziemlich geschafft war.

    Ich lauschte bedächtig den Worten der anderen und machte mir meine Gedanken. Schließlich sagte ich selbstsicher:
    "Der Kaiser wird schon richtig entscheiden was für Rom das Beste ist. Ich vertraue ganz auf ihn!"

    Ich meldete mich.


    "Die Reiterei nutzt das Spatha weil es länger ist als das Schwert der Legion. So kann ein Reiter auch einen Fußsoldaten vom Pferd aus bekämpfen.
    Das Parma, unser Schild, ist leichter als das Schild der Legion und ist aufgrund seiner Form auf einem Pferd leichter zu nutzen."