Beiträge von Amneris

    Ein letztes Mal fuhr sie herum, zitternd vor Wut und Aufregung. Was hatte sie sich nur gedacht? Warum nur war sie darauf eingegangen? Warum war sie hierher gekommen? Nun, zumindest hatte sie einmal wieder etwas für die Zukunft gelernt.
    Dinge schossen ihr durch den Kopf, die sie ihm entgegen schleudern wollte. Dinge, wie ‚Du kennst mich nicht einmal, wieso glaubst du, bereits beurteilen zu können, ob du mich magst?’ sowie diverse Flüche in allen ihr bekannten Sprachen. Doch sie starrte nur stumm, suchte ihn mit Blicken zu Boden zu zwingen, wie es schien.
    Ohne erkennbaren Grund machte sie wieder kehrt, die Hände zu Fäusten geballt und stolzierte hoch erhobenen Hauptes davon, nicht einen Blick zurückwerfend.
    Das war also das Ende. Vorerst?

    Sie hatte halb damit gerechnet, dass Celeste ablehnen würde, doch noch immer machte sie keine Anstalten, ihre Beute zurück zu nehmen, schüttelte wieder energisch den Kopf.
    "Es gehört mir, also kann ich es schenken, wem ich will.", erwiderte sie mit bestimmter, ruhiger Stimme und kam langsam mit dem Gesicht näher an das von Celeste. "Genau wie mein Herz.*"
    Damit war gesagt, was zu sagen war. Nicht im Traum dachte sie daran, das Schmuckstück wieder in ihren Besitz zu nehmen. Es schien einfach zu perfekt zur Keltin zu passen. Die hellen Steine, das glänzende Gold würde die blonden Haare und weiße Haut unterstreichen, einer vollkommene Komposition der Götter noch das i-Tüpfelchen aufsetzen.




    *Ja, wir wissen doch alle, aus welchem Film ich das geklaut hab :P

    Doch Amneris schüttelte den Kopf.
    Sie erhob den Arm, nicht jedoch um den Armreif zurückzunehmen. Vorsichtig schloss sie Celestes Finger um das Schmuckstück, lächelte zufrieden.
    "Behalt ihn.", sagte sie leise. "Ich bringe es nicht über mich, ihn zu verkaufen. Aber er liegt hier nur in einer Ecke, wie du gesehen hast. Behalt ihn, trag ihn und funkel mit ihm für mich um die Wette."
    Seltsam gelöst schien die Nubierin nun zu sein, jetzt, da sie diese Entscheidung getroffen hatte.

    Sie betrachtete das angestrengt nachdenkende Gesicht Celestes, welches sich schließlich wieder in den normalen Anblick verwandelte. Der Blick in diese hellen Augen entlockte der Nubierin einmal mehr ein leicht dümmliches Lächeln. Dinge wie 'Das Wertvollste? Dein Herz.' schossen ihr durch den Kopf, nur um sie im nächsten Moment wieder zu verwerfen. Nein, so etwas klang viel zu abgedroschen und passte so gar nicht zu Amneris.
    So begann auch sie zu überlegen, keine Sekunde ihren Gast aus den Augen lassend.
    "Hm, schwierig.", sagte sie nach einer ganzen Weile des Nachdenkens. "Ich glaube..."
    Ohne jede Vorwarnung erhob sie sich flink von ihrem Sitzplatz, begann im Raum herumzustromern, zog unzählige Schubladen auf, kramte hier und dort, um schließlich einen triumphierenden Ton von sich zu geben.
    "Habs.", verkündete sie schließlich und kehrte mit etwas Glitzerndem in der Hand zurück. Ein Armreif, golden und auf der Außenseite über und über mit Juwelen besetzt wurde Celeste auf der flachen Hand präsentiert.
    "Ich weiß nicht genau, was er wert ist. Hab es nicht über mich gebracht, ihn zu verkaufen. Aber ich denke, das ist das Stück, das mir am meisten Geld eingebracht hätte."

    „Ja. Wer weiß schon, wie es gekommen wäre.“, seufzte Amneris mit einem Lächeln im Gesicht. „Allzu viel würde ich wohl ohnehin nicht ändern, wenn ich mein Leben erneut beginnen könnte.“
    Ausdruck ihrer Zufriedenheit mit dem Leben, das sie führte. Gut, vielleicht hier ein wenig vorsichtiger und da ein wenig schneller sein, das sollte sich einrichten lassen. Dennoch säße sie nun wohl hier, auf dieser Kline, mit dieser Frau neben sich.
    Mit dieser Frau, die immer näher kam, gewollt oder ungewollt. Aus welchen Gründen auch immer, die Nubierin hielt für einen Moment die Luft an, wagte nicht zu atmen, bis Celeste in ihren Bewegungen wieder inne hielt. Sie stellte sich wohl wirklich an wie der erste Mensch, machte sich zu viele Gedanken, anstatt einfach hinter sich zu bringen, zu was jede Faser ihres Körpers sie in dieser Minute drängte.
    Doch sie tat nichts, verlagerte lediglich ihrerseits ein wenig das Gewicht, sodass nun ihr Arm an den der Keltin stieß. Sofern diese den ihren nicht zurückzog, würde es wohl auch so bleiben.
    „Genug der trüben Themen.“, ordnete sie schließlich an und entblößte eine Reihe heller Zähne, die durch den dunklen Teint der Afrikanerin natürlich noch um einiges strahlender wirkten. „Lass uns von etwas anderem reden. Hm. Was war das Wertvollste, das du jemals gestohlen hast?“
    Mit einem kleinen Wettbewerb konnte man doch für gewöhnlich jeden noch so reservierten Charakter aus der Reserve locken. Wären sie zwei Männer, hätte man wohl von einem… *hust*-Vergleich gesprochen.

    Es beruhigte Amneris, eine Geschichte zu hören, die ihrer eigenen recht ähnlich war. Wenngleich sie auch so etwas erwartet hatte, waren in ihrem Kopf doch immer noch die Worte Silkos herumgeschwirrt. Etwas Besonderes, etwas Außergewöhnliches… ha! Männer. Waren ohnehin nur auf das Eine aus, selbst wenn sie einem Märchen dafür erzählen mussten. Womit sie im Übrigen wieder im Hier und Jetzt war.
    „Das sind sie wohl, ja.“, ließ sie sich vernehmen. „Mit dem Unterschied, dass ich dieses Leben wohl mehr oder minder freiwillig gewählt habe, im Gegensatz zu dir.“
    Es war ein bedrückendes Thema. Und in Ermangelung eines Freudigeren folgte der nächste Satz.
    „Die Sache mit deiner Schwester tut mir natürlich leid. Weißt du, was aus ihr geworden ist?“
    In Gedanken schalt sie sich einen Dummkopf. So würde das niemals vorwärts kommen. Andererseits, wenn sich erst ein Vertrauen aufbaute, Wenn Celeste so weit war, dass sie ihre Vergangenheit offenbarte – ein Vorgang, mit dem die Nubierin zeitlebens Schwierigkeiten hatte – konnte sie sich am heutigen Tage vielleicht doch noch mehr erhoffen, als einen flüchtigen Kuss.

    Noch ehe sie auf die gestellte Frage antworten konnte, sprudelte bereits die nächste aus der kleinen Keltin heraus und somit erübrigte sich die Erlaubnis hierzu. Als sie die Frage jedoch hörte, runzelte sie kurz die Stirn, erinnerte sie sie doch an einen nicht allzu lange zurückliegenden Nachmittag, an welchem sie eben dies schon einmal gefragt wurde.
    „Naja, es hat sich so ergeben.“, antwortete sie zunächst. „Ich verließ meine Heimat, um in Aegyptus, genauer gesagt, in Alexandria, ein anderes Leben zu beginnen. Besonders viele Möglichkeiten gab es natürlich nicht für ein junges Mädchen, das praktisch nichts gelernt hatte und die Wahl zwischen Diebstahl oder dem Dasein einer Lupa fiel mir nicht besonders schwer.“
    Sacht lächelnd zuckte Amneris mit den Schultern.
    „Wie war es denn bei dir?“

    Amneris hatte den Becher bereits abgesetzt, als Celeste erneut das Blut in die Wangen schoss. Eine Reaktion, die der Nubierin ein schelmisches Grinsen entlockte. Kopfschüttelnd wiegelte sie ab.
    „Du musst dich nicht entschuldigen. Hätte mir auch passieren können.“
    Ein Zwinkern verriet, dass sie der Keltin tatsächlich nicht Böse war. Erst recht nicht, da diese mit ihrer Berührung zum wiederholten Male ein angenehm warm-kribbelndes Gefühl in ihr auslöste.
    „Hättest du damals nicht versucht mich zu bestehlen säßen wir heute wohl nicht hier, nicht wahr?“

    „Oh, ja, natürlich.“
    Natürlich hatte sie dieses Problem nicht, ebenso wenig wie Celeste in Wahrheit, doch ahnte sie zu jenem Zeitpunkt ja noch nichts von deren wahrem Beruf.
    Ihr Erklärungsversuch trieb das Grinsen indes nur noch tiefer in Amneris’ Gesicht, welches sie nun hinter ihrem Becher zu verstecken suchte.
    „Ich weiß, ich weiß. Nimm es mir nicht übel, es klang nur… lustig.“
    Celeste schien es tatsächlich sehr unangenehm zu sein, angesichts des Rötegrades ihrer Wangen, so entschied sich die Nubierin, nicht weiter Salz in die Wunde zu streuen und die arme Keltin noch verlegener zu machen, indem sie selbst die ein oder andere Zweideutigkeit einstreute.

    Langsam wanderte ihre Hand Celestes Bein nach oben, die dunkle Hand im starken Kontrast zu der milchweißen Haut. Weiter, immer weiter, bis-
    Erschrocken schüttelte Amneris den Kopf. Solche Tagträumereien sollte sie beileibe sein lassen, solange die Keltin hier neben ihr saß. Wie ein Roboter griff auch sie nach ihrem Becher und reckte ihn in die Höhe.
    „Auf…“
    Ja, auf was eigentlich? Ein Moment des Schweigens zog vorüber, ehe sie eine Idee hatte.
    „Auf das Schicksal, welches uns auf so sonderbare Weise zusammengeführt hat.“
    Kaum ausgesprochen führte sie den Becher an ihren Mund und ließ den Saft ihre Kehle hinab rinnen.
    „Da fällt mir ein… damals auf dem Markt… du hattest doch nicht etwa vor, mich zu bestehlen?“
    Verschmitzt lächelte Amneris ihre Besucherin an, war sie sich mittlerweile doch gewiss, dass Celeste sie seinerzeit nicht zufällig angerempelt hatte.

    Verlegen und irgendwie doch erfreut begann Amneris zu lächeln, als Celeste sie zurückbegrüßte.
    „Ich hoffe, du hast nichts gegen Kirschsaft mit Wasser?!“, erwiderte sie auf deren Frage hin und lauschte anschließend der Erklärung, wie sie gefunden wurde. Schuldbewusst nickte sie.
    „Ich weiß, ich weiß. Aber im Allgemeinen gehe ich nicht davon aus, dass man mir bei einer solchen Hitze über einen so weiten Weg hierher folgt. Hat zumindest bisher niemand getan.“
    Frech begann sie zu grinsen. Auch sie wurde etwas gelöster, als sie bemerkte, oder wenigstens glaubte zu bemerken, dass ihr Gast sich zu entspannen begann.
    „Oh, natürlich, entschuldige.“
    Amneris griff nach dem Krug und goss beide Becher jeweils zu drei Vierteln voll.
    "Greif zu."

    Amneris ließ Celeste in der Tat los. Zwar hätte sie sie auch so umklammert einfach mitziehen können, doch man konnte alles übertreiben.
    Flugs war sie in einem der Nebenräume verschwunden. Geklapper drang kurze Zeit später aus jenem Zimmer, das erst verstummte, als Amneris wieder in der Türe erschien. Sie hatte es sich verkniffen, der Versuchung widerstanden und keinen Wein mitgebracht. Schließlich wollte sie ihre Besucherin nicht betrunken machen. So glaubte sie zumindest.
    "So, da bin ich wieder."
    Da sie kaum zu übersehen war war diese Verkündung mehr oder weniger unnütz. Doch bewaffnet mit zwei Bechern und einem Tonkrug kam sie schließlich näher, stellte alles auf einem niedrigen Tischchen ab und setzte sich anschließend ebenfalls auf die Kline. In gebührendem Abstand aber dennoch nicht allzu weit weg von der kleinen Keltin.
    "Wer war es eigentlich?", fragte sie, in dem Versuch ein unverfängliches Gesprächsthema zu finden. "Wer hat dir verraten, wo du mich findest, meine ich?"

    Der Worte waren genug gewechselt, es sollten Taten folgen. Für einen Moment wenigstens, denn Amneris hatte nicht die geringste Ahnung, was sie hätte erwidern sollen.
    Jener eine Moment gehörte ihnen. Es gab weder Zukunft, noch Vergangenheit, nur sie beide hier und jetzt. Nur dieser Moment, in dem Amneris den warmen Atmen Celestes wahrnahm, in dem die Nubierin sie an sich zog und einmal mehr ihre Lippen verschmolzen. Wen kümmerte, was morgen sein würde?
    Nach einer Ewigkeit – oder waren es nur Sekunden? – löste sich die Große von der Kleinen, hielt sie weiterhin in ihren Armen. Doch sie zögerte. Dies hier war kein Neuland für sie, Celeste jedoch schien völlig verwirrt und überfordert. Konnte sie das einfach so ausnutzen? Unentschlossen, ob sie nun tun sollte, was sie tun wollte oder tun sollte, was angebracht war, verlor sich ihr Blick in den blauen Augen ihres Gegenübers. Sie konnte es nicht. Nicht so. Nicht, während sie dieses Gemisch aus Neugier und Angst ausstrahlte. Gegen die Neugier war selbstverständlich nichts einzuwenden, die Angst war es, die Amneris den Blick senken ließ.
    „Hast du Durst?“, fragte sie völlig unvermittelt und hob den Kopf wieder. Vielleicht würde sich Celeste wohler fühlen, wenn sie sich ein wenig akklimatisiert hatte. Schaden konnte es in jedem Fall nicht und nachdem sie bereits so lange gewartet hatte, kam es auf eine Stunde mehr oder weniger auch nicht an.

    „Und es ist mir egal, verstehst du? Es ist mir egal, welche Entschuldigung du hast.“
    Ruckartig blieb sie stehen, von einem kräftigen Arm dazu gezwungen. Hätte sie daran gedacht, ihm zu vergeben, nun wäre es endgültig dahin gewesen. Eine Katze ließ sich nicht zähmen und wenn sie denn in seinen Augen eine sein sollte, umso besser. Zornig riss sie den Arm zurück, kaum dass Silkos Griff sich lockerte.
    „Es ist mir egal, was du als gerecht erachtest. Es ist mir egal, was du glaubst für mich getan zu haben. Ruf die Cohortes, wenn du meinst, dass sie einem Sklaven ohne Beweise glauben werden. Womit glaubst du, hättest du diese Chance verdient?“
    Die Augen zu schlitzen verengt wartete sie seine Antwort gar nicht erst ab, wandte sich um und ging weiter, ohne auf ihre Umgebung zu achten und so wurde der ein oder andere unschuldige Passant wüst angerempelt.
    „Was glaubt der eigentlich…“, murmelte sie halblaut zu sich selbst, unverständig den Kopf schüttelnd.

    Überrascht, nach solchen Worten nun Celestes Kopf auf ihrem Körper zu spüren, brauchte Amneris einen Moment, bis sie die Arme hob und schließlich um die kleine Frau schloss. Was hatte sie der armen nur angetan? Das schlechte Gewissen mischte sich mit dem Glücksgefühl und verlieh ihm einen fahlen Beigeschmack. Zudem sich die Nubierin sicher war, das ihre gespielte Selbstsicherheit entlarvt werden wurde, nun, da Celeste ihr trommelndes Herz, das scheinbar aus dem Brustkorb springen wollte, spüren musste.
    „Du musst keine Angst haben.“, erwiderte sie mit möglichst ruhiger Stimme, strich eine blonde Haarsträhne aus dem verwirrten Gesicht und lächelte unaufhörlich. Weich wie Seide, glänzend wie gold...
    „Was passieren könnte… ich verspreche dir, es geschieht nichts, was dir unangenehm ist, nichts, was du nicht möchtest.“
    Irgendwie glaubte sie zwar nicht, dass das Celeste sonderlich beruhigte, doch einen Versuch war es allemal wert.

    Es widerstrebte ihr zwar, doch in einem solchen Moment war eine Zustimmung wohl durchaus noch vertretbar.
    „Stimmt, hast du. Und ich habe wenig Hoffnung, dass dieses Verhalten nur eine temporäre Phase war.“
    Noch immer hatten sich ihre Schritte nicht verlangsamt, doch ziellos streifte sie durch die Straßen. Wohin hätte sie auch gehen sollen, solange er sie sah?
    „Sag mir, welcher Teil von ‚Lass mich in Frieden’ war unverständlich? Soll ich es in einer anderen Sprache wiederholen, wirst du es dann verstehen?“

    Wenige Augenblicke, nachdem die Klinke ihrer Freiheit wieder hatte, ließ auch Amneris jenen Arm sinken, der bislang die Tür blockierte. Einfach hinaus spazieren konnte Celeste jedoch wohl trotzdem nicht, hätte es doch bedeutet, die Nubierin beiseite zu schieben, um die Tür weit genug zu öffnen. Dass Amneris nicht so einfach hätte schieben lassen, war wohl klar.
    „Ja, das solltest du.“, pflichtete sie der Keltin bei, ohne auch nur einen digitus von ihrer Position weg zu rücken. „Doch was wäre so schlimm daran, wenn du bleibst?“
    Einmal laut ausgesprochen, schien es schon weit weniger falsch zu sein, dass sie Celeste quasi überredete etwas zu tun, was dieser offenbar so gar nicht behagte. Und doch, gänzlich abgeneigt konnte sie nicht sein, sonst wären sie beide nicht in einer solchen Situation, dessen war Amneris sich sicher. Still genießend sog sie den Duft der blonden Haare ein, als ihre Besucherin sich umwandte. Ein sachtes Lächeln, gepaart mit einem forschenden Blick war es, was die Keltin im Gesicht ihres Gegenübers sah.
    „Wovor hast du Angst?“
    Die Runde war eröffnet, die Katze hatte der Maus einen Schubbser mit der Pfote gegeben. Rannte sie davon? Trotzte sie dem größeren Wesen? Oder ging sie gar in den Angriff über?

    Sie hatte es befürchtet. Nicht erwartet und doch befürchtet, dass der Nubier ihr folgen würde. Nun hieß es unnachgiebig bleiben, keine Schwäche zeigen und ihre Ablehnung offen zur Schau zu tragen.
    „Lass mich in Frieden!“, zischte sie über die Schulter nach hinten, keineswegs ihren Schritt verlangsamend. Das übliche Gedrängel machte ein vorankommen nicht ganz einfach, doch wer geübt im Fassadenklettern war, den hielt auch eine Menschenmenge nicht. Auf keinen Fall würde sie stehen bleiben.

    Ihre Erzählung trieb erneut ein Lächeln in Amneris’ Gesicht. Scheinbar kein Morgenmensch, die kleine Keltin, doch das konnte sie nur zu gut verstehen.
    „Oh, ich glaube, es wäre nicht das Schlimmste, wenn man mich nachts aus dem Bett holt. Ich bin ein Nachtschwärmer… tagsüber kaum zu gebrauchen.“
    Das Essen rettete auch Amneris vor allzu großen Dummheiten, die Celestes Zwinkern wohl hervorgebracht hätte. Noch während sie ihre Portion beschnupperte, machte ihr Gegenüber ihr ein Angebot, das sie einfach falsch verstehen musste. Sie sollte sich bei ihr bedienen? :D
    Ihren Gedanken für sich behaltend, verriet vielleicht nur ihr Grinsen, dass man die Aufforderung, sich ruhig bei Celestes Teller zu bedienen, durchaus auch anders verstehen konnte, als es gemeint war.
    „Ich glaube, ich versuche erstmal das Hühnchen zu vernichten, aber danke.“
    Um das schelmische Grinsen zu verstecken, nahm sie schließlich den ersten Bissen.

    So schnell wie Amneris ihre Fassung wieder gewann, so schnell schien Celeste die ihre zu verlieren. Ein sonderbares Phänomen, doch ehe die Nubierin sich darüber klar werden konnte, überrumpelte die Keltin sie auf jene Weise, wie sie selbst es bei ihr vor kurzem getan hatte. Und genau wie Celeste damals, konnte Amneris im ersten Moment nicht viel mehr erwidern, als ein überraschtes Gesicht und eine Kolonie aufgeregter Hummeln im Bauch. Hatte sie geglaubt, dass sie wohl den Fehler ihres Lebens begangen hatte, Celeste völlig verschreckt und auf immer verloren hatte, wurde diese Sorge nun zerstreut.
    Doch noch ehe sie auch nur eine Silbe erwidern konnte, wandte ihre Besucherin ihr den Rücken zu, beeilte sich zur Tür zu kommen – welche sich nicht öffnete. Aus einem recht einfachen Grund: Sie wurde von einer Hand zugehalten. Denn kaum hatte die Nubierin realisiert, was gerade geschehen war, war sie Celeste nachgeeilt, stand nun hinter ihr, einen Arm ausgestreckt, um zu verschließen, was sie nun wieder trennen könnte.
    „Du kannst mich gar nicht stören.“, flüsterte sie leise, mit gesenktem Kopf in Celestes Ohr. Langsam und sacht legte sie die freie Hand auf der Schulter der Keltin ab.
    „Bleib.“
    Es war nur ein einziges Wort, doch ausgesprochen, als läge Amneris in der Wüste und bäte um Wasser.