Beiträge von Amneris

    Amneris' Laune war auch am heutigen Tage nicht die beste. Im Grunde genommen befand sie sich etwa auf einer Höhe mit dem Hades, seit sie sich von Celeste hatte überreden lassen, deren neuen "Arbeitgeber", beziehungsweise dessen Vergangenheit genauer unter die Lupe zu nehmen.
    So kam es, dass sie sich am Ende dieses sonnigen Tages, der so gar nicht zu ihrer Stimmung passen wollte, zum einzigen Anhaltspunkt aufgemacht hatte, den Celeste ihr genannt hatte. Das namenlose Lupanar beim Venustempel. Missmutig der Sonne entgegen blinzelnd blieb sie vor dem Gebäude stehen, in das sich zu dieser Tageszeit naturgemäß eine Großzahl an Kundschaft hinein bewegte. Würde sie nichts von den Angestellten erfahren, so fand sich vielleicht ein 'alter Freund', der ihr ein wenig weiterhelfen konnte.
    "Das Mädel hat dich ziemlich um den Finger gewickelt, was?", grinste ihr Begleiter Crinix sie an. Crinix war seit langen Jahren ein... Kollege und Freund der Nubierin, jemand, der ihr absolutes Vertrauen genoss. Aus diesem Grund hatte sie ihn gebeten, sie zu begleiten, wollte sie doch tunlichst vermeiden als aufgeschlitzte Leiche im Tiber zu enden. Schließlich würde es seine Gründe haben, dass der Decimer einst unter einem anderen Namen gelebt hatte. Nichtsdestotrotz funkelte sie den Muskelberg neben sich nun böse an. Da ihr jedoch keine rechte Erwiderung einfallen wollte - schließlich entsprach seine Äußerung ja den Tatsachen - zischte sie nur:
    "Halt die Klappe!" und verschränkte einem trotzigen Kind gleich die Arme. Crinix kicherte leise - ein Geräusch, das bei seiner Statur mehr als lächerlich wirkte - und beließ es dabei.
    Minuten verronnen, Freier und Huren kamen und gingen, lediglich Amneris und ihr Begleiter verharrten an Ort und Stelle.
    "Sollten wir nicht reingehen?"
    "Vermutlich."
    "Warum tun wir es dann nicht?"
    "Mpf..."
    Es folgte abermals das Geräusch, das so gar nicht zu Crinix passen wollte.


    "He, die brauchst du nicht, wir haben genug eigene lupae.", empfing der Türsteher die beiden Einbrecher auf Abwegen.
    "Sie ist keine lupa, sie ist Kundin.", erwiderte Crinix, der bei diesem Auftrag offensichtlich mehr Spaß hatte, als Amneris, die ihn finster anfunkelte.
    "Was?", echote der Türsteher und zog beide Augenbrauen in die Höhe.
    "Glaub mir, sie kann zahlen."
    "Also ich weiß nicht..."
    Nachdem ein Säckchen mit Sesterzen den Besitzer gewechselt hatte schienen die Bedenken schließlich zerstreut, Gallier und Nubierin durften eintreten. Amneris war überrascht. Positiv überrascht, hatte sie sich bislang Lupanare doch als düstere, stinkende und dreckige Löcher vorgestellt. Hier war es, sah man von der durch viele Menschen bedingten stickigen Luft einmal ab, eigentlich recht angenehm. Nunja, kein Ort den sie unbedingt zweimal aufsuchen wollte, aber es hätte wesentlich schlimmer sein können.
    "Da gehts lang.", ließ Crinix sich vernehmen und ging zielstrebig den Korridor entlang, der in den Schankraum führte.
    "Wie oft warst du denn schon hier?"
    "Ein, zweimal vielleicht..."
    Nun war es an Amneris zu grinsen. Sicher, ein, zweimal...


    Im Schankraum selbst empfing sie ein Gemisch aus Musik, Stimmen, Lachen, Klatschen und den obligatorischen Gerüchen, die ein solcher Raum mit sich brachte. Den Gallier Crinix indes empfing noch etwas anderes - eine leicht angesäuselte (nennen wir sie) 'Dame', die ihn mit einem geräuschvollen Schmatzer auf die Lippen begrüßte. "Crinix, Schätzchen! Wie schön dich wieder zu sehen, warst ja Ewigkeiten nicht hier... wie lange war das nun? Eine Woche? Zwei?"
    Amneris' Laune hob sich zusehends, während sie ihrem Kumpan ein vielsagendes Grinsen zuwarf.
    "Gladiola!", erwiderte Crinix verlegen lächelnd und übersah gnädig die Freude Amneris'. Ehe sie es sich versah wurde sie jedoch mitgezerrt und auf einem Stuhl platziert inmitten einer kleinen persönlichen Wiedersehensfeier von der lupa und ihrem Kollegen. Ein wenig amüsiert betrachtete sie den Austausch von Küsschen und gegenseitigem Pieken, bis sie sich schließlich vernehmlich räusperte.
    "Crinix..."
    "Mh? Achja... Gladiola, Licht meines Lebens, du kannst uns doch bestimmt ein paar Auskünfte geben."
    "Für dich doch alles, Schätzchen."
    "Meine Freundin hier sucht ihren... äh... Bruder. Flosculus heißt er und war früher mal recht oft hier."
    Bruder. Etwas Dümmeres konnte ihm wohl wirklich nicht einfallen. Amneris' Blick wechselte von aufmerksam zu resigniert und bereute augenblicklich nicht doch alleine hergekommen zu sein. Wie konnte eine Nubierin, schwarz wie die Nacht, die Schwester eines allenfalls gebräunten Römers sein? Doch die lupa, vermutlich an solche abstrusen Geschichten gewohnt, grinste wissend.
    "Dein Bruder, ja? Muss ja eine interessante Familie sein. Ach, aber ich weiß nicht... Flosculus, sagst du? Flosculus... hm..."
    Ein weiteres Säckchen wechselte den Besitzer und, oh Wunder, im Handumdrehen veränderte sich Gladiolas Miene. "Flosculus, natürlich, nun fällt es mir ein. Ja, das Herzchen. Ach, wie lange hab ich den nicht mehr gesehen...Was willst du denn wissen, Kätzchen?"
    Offenbar hatte Gladiola für jeden, den sie traf, umgehend einen Kosenamen bereit. Die Nubierin störte sich nicht weiter daran, schließlich hieß es die Quelle bei Laune zu halten.
    "Weißt du, wo er sich früher noch so herumgetrieben hat? Was hat er gemacht um über die Runden zu kommen... und alles, was dir noch so einfällt."
    Die lupa wog das Säckchen in einer Hand, als messe sie ab, wie viel sie für das entsprechende Gewicht gewillt war zu verraten.
    "Flosculus, tja... ein netter Kerl. Toller Flötenspieler. War immer dabei, wenn es was zu feiern gab."
    Es folgte ein Kichern, das dem von Crinix in nichts nachstand.
    "War ein guter Freund von Hannibal, wenn ich mich recht entsinne. Hm... was aus dem wohl geworden ist... naja, egal, Flosculus, nicht?"
    "Ja...", bestätigte Amneris gedehnt.
    "Hatte viele Schulden, der Ärmste. Naja, kein Wunder, als Künstler verdient man ja meist nicht so viel..."
    "Musiker, ja?"
    "Oh, neinein. Ein so begabter Poet... aber leider überhaupt nicht geschäftstüchtig. Und dann diese angebliche Geschichte mit den Urbanern..."
    Hier wurde Amneris endlich hellhörig. Ein Urbaner mit einer kriminellen Vergangenheit?
    "Hat sich aber nur als Gerücht herausgestellt. Hat er zumindest behauptet."
    Die lupa zwinkerte der Einbrecherin zu, was dieser ein gewisses Unwohlbehagen bereitete.
    "An Gerüchten", erwiderte diese mit honigsüßer Stimme, "bin ich besonders interessiert."
    "Dachte ichs mir doch."
    Eine eindeutige Geste gab Amneris zu verstehen, dass diese Türe allerdings nur mit weiteren Zuwendungen in Form von Sesterzen zu öffnen war. Innerlich seufzend zog sie also das letzte der verbliebenen Säckchen hervor, um es jener Lupa zu überlassen, die sicher noch nie auf derart einfache Weise derart viel Geld verdient hatte.
    "Hat angeblich etwas gestohlen und ist dann ein Weilchen im Kerker der Urbaner verschwunden. Sagte man zumindest."
    "Soso."
    Die folgenden Minuten verbrachte die unfreiwillige Hobbydetektivin damit, sich Geschichten über strahlend blaue Augen anzuhören und 'wie niedlich' Flosculus doch gewesen sei. Amneris, die nach wie vor fürchtete, jener 'Flosculus' könne ihr die Freundin ausspannen, hatte allerdings gewisse Schwierigkeiten jene Lobeshymnen kommentarlos zu schlucken. Im Gegenteil, mit jedem Wort wurde sie unruhiger, bis sie schließlich abwinkte.
    "Ich glaube, mehr muss ich nicht wissen... darf ich annehmen, dass du hier bleibst?", fragte sie an Crinix gewandt, der nur vielsagend lächelte.
    "Na dann, einen schönen Abend."
    Mit diesen Worten erhob sie sich von ihrem Sitzplatz, hielt jedoch nochmals inne.
    "Ach, Gladiola?"
    "Ja, Kätzchen?"
    "Bei wem hatte Flosculus denn Schulden?"
    "Ach herrje, wie hieß er noch..."
    Hilfesuchend sah Amneris zu Crinix, mit einer Geste bedeutend, dass ihr Geldvorrat für heute aufgebraucht war. Der Gallier verdrehte die Augen und flüsterte der Lupa etwas ins Ohr. Diese kicherte, schien jedoch einverstanden und wandte sich ein letztes Mal an Amneris.
    "Satryus hieß der Mann."
    "Danke."
    "Nichts zu danken, Kätzchen."
    Womit sie vermutlich recht hatte, schließlich hatte Amneris mehr als gut gezahlt. Das sollte die Nubierin jedoch am heutigen Abend nicht weiter stören, hatte sie doch weit mehr erfahren als erhofft. So machte sie sich mit gemischten Gefühlen auf den Weg zurück nach draußen, halb zufrieden, halb beunruhigt. Ein oder zwei recht eindeutigen Angeboten begegnete sie mit stiller Verachtung und war doch recht froh, als die ausnahmsweise sehr angenehme Luft Roms sie umfing. Nun hieß es erst einmal wieder ab nach Hause.

    Äußerlich geduldig und ruhig hörte Amneris sich Celestes Erklärung an, innerlich jedoch brodelte es weiter in ihr. Sie hatte sich als Lupa ausgegeben? Celeste? Als Lupa? Sie verkniff sich Fragen, ob Celeste bei der Gelegenheit gewisse Trinkgelder erhalten habe oder gar Gefallen daran gefunden hatte, war sie sich doch zum einen bewusst, dass es völliger Unsinn war und zum anderen, dass sie mit Sicherheit die folgende Nacht auf einer Kline statt in ihrem Bett genächtigt hätte. Etwas, das sie gerade heute unbedingt vermeiden wollte. So gab die Nubierin nur hin und wieder ein unbestimmtes Brummen von sich, das nicht mehr und nicht weniger aussagte, als dass sie die Keltin gehört hatte.
    Ein wenig versöhnlicher stimmte sie schließlich der letzte Satz, der sie auf- und zu ihrer Freundin blicken ließ. "Das will ich ihm auch geraten haben, das würde dem feinen Herrn nämlich nicht gut bekommen."
    Vorwitzig grinste Amneris, als Celeste schließlich aufstand und die Nubierin hinter sich herzog. Zunächst mit einen gequälten Stöhnen ließ diese die kleinere Frau gewähren. Das Ziel der Reise nun jedoch lokalisierend, schien auf einmal alle Müdigkeit hinweggeblasen und die afrikanische Wildkatze folgte brav ihrer Dompteuse...

    Nützlich. Pah. Was interessierte es Amneris, ob dieser Kerl noch nützlich sein konnte. Bislang waren sie beide doch auch so wunderbar zurecht gekommen. Oder ging diese Sache am Ende schon länger? Kannte Celeste diesen Menschen vielleicht schon aus der Zeit vor der Nubierin? Ein alter Freund, im wahrsten Sinne des Wortes?
    Für ihn arbeiten… wie das klingt… wir sind freie Menschen, Celeste, wir arbeiten für niemanden, nur für uns selbst.“, maulte sie also weiter, wurde jedoch des umhertigerns müde und stapfte daher zu einer Sitzgelegenheit, auf die sie sich missmutig fallen ließ. Was für ein Tag.
    Während die Keltin schließlich begann zu argumentieren, ging Amneris dazu über, am Daumennagel zu kauen. Ein Decimus. Na sicher, die hatten ja alle Leichen im Keller. Das Wort ‚Lupanar‘ hingegen schürte ihr Misstrauen erneut. „Lupanar, wie? Was machst du denn in einem Lupanar?“, zischte sie eingeschnappt, nur um im folgenden Satz gleich über das ‚Warum‘ aufgeklärt zu werden. Versöhnt war sie damit jedoch noch lange nicht.
    Vor sich hinbrütend schwieg sie lange Zeit, doch deutlich konnte man in ihrem Gesicht den inneren Widerstreit ablesen, als sie das Für und Wider dieser Bitte um Nachforschung abwog. Sie abzulehnen konnte sie sich eigentlich kaum leisten, liefe sie dadurch doch Gefahr, dass Celeste sich einem anderen anvertraute und sich dadurch nur noch weiter von der Nubierin entfernte, als ohnehin schon durch diesen Decimer.
    „Schön.“, tönte es schließlich seitens Amneris. „Dann informiere ich mich also über einen Flosculus, der sich gerne in Lupanaren herumgetrieben hat.“
    Es folgte ein tadelnder Blick an Celeste. „Morgen. Denn wenn du nicht noch eine Überraschung für mich hast… ich bin totmüde...“

    Mit Widerspruch hatte Amneris ganz offensichtlich nicht gerechnet, denn Celestes Erwiderung ließ sie erst einmal verstummen. Hilflos ein- und ausatmend, blinzelnd und ihre Freundin anstarrend stand sie da, kaute auf ihrer Unterlippe und überlegte fieberhaft, wie sie der Keltin diesen Unsinn wieder ausreden konnte. Die Ruhe, die der Blondschopf in jenem Moment ausstrahlte, verunsicherte sie nur noch mehr. Wo war die Celeste, die wild fuchtelte, die zeterte, die aufstampfte? Wer stand da nur vor ihr?
    „Du wärst nicht die Erste.“, brummte die Nubierin also missmutig und verschränkte die Arme.
    Je mehr Celeste schließlich von ihrem „Arbeitgeber“ zu erzählen begann, desto mehr kroch eine dunkle Ahnung in Amneris auf. Sicher, es begann ganz unschuldig. Nur seine Scriba… und dann, irgendwann, würde er sie abfüllen und Amneris‘ Armen entreissen. Es stellte ihr die Nackenhaare auf. „Nichts Kleines bei den Urbanern, ja? Ich wusste gar nicht, dass du Macht und Ansehen anziehend findest.“
    In den dunklen Augen blitzte es. Mit Konkurrenz konnte die Nubierin zeitlebens eher schlecht umgehend. Besonders wenn es Konkurrenz war, mit der sie sich nicht wirklich messen konnte. Denn was konnte sie schon tun, wenn Celeste befand, dass ein Mann reizvoller war als eine Frau? Bevor sie sich begegnet waren, hatte sie schließlich nicht im Traum daran gedacht, jemals mit einer Frau zusammen zu leben. So war es eine Mischung aus Wut und Angst, die sie der Partnerin den Rücken zukehren ließ, als diese ihren Plan offenbarte. Ein freudloses Lachen entfuhr ihr.
    „Ich soll deinem neuen Freund hinterher schnüffeln? Ich bin doch kein Hobbydetektiv, ich bin Einbrecherin, ich raube Häuser aus. Nachforschungen sind dein Gebiet.“, empörte sie sich und wirbelte wieder herum. Doch schon in der nächsten Sekunde wurde ihr bewusst, welche Vorteile es haben konnte, wenn sie selbst anstatt Celeste diese Nachforschungen anstellte. Wenngleich die Idee einer ehrlichen Arbeit für ihre Partnerin ihr nach wie vor nicht behagte. Doch alles Schreien und Streiten würde die Keltin nicht davon abbringen, dessen war sich die Nubierin nun sicher. Es musste also ein anderer Weg gefunden werden… warum also nicht dieser?
    „Wie heißt er überhaupt, dieser Urbaner?“

    Zu Beginn war Amneris noch recht gelassen. Zwar ließ allein das Wort „Urbaner“ sie aufhorchen und die Augenbrauen ein wenig hochziehen, doch stand Celeste schließlich vor ihr und war ganz offensichtlich nicht in einen dunklen Kerker geworfen worden.
    Doch mit jedem weiteren Wort verspannte sich die Nubierin zunehmend, legte die bequeme Haltung ab und rutschte auf ihrem Sitzplatz nach oben, ihr Blick glich einem Raubvogel, der soeben sein Abendessen erspäht hatte. Das konnte unmöglich ihr Ernst sein. Nein, bestimmt wollte Celeste ihre Freundin nur ärgern, das war es. Allein die Erwähnung eines Lupanars… doch andererseits. Bei Isis und Osiris…
    Erst jetzt bemerkte Amneris, dass ihr Mund offen stand. Schnell klappte sie diesen zu, während sie gleichzeitig auf die Füße sprang und begann im Raum auf und ab zu gehen.
    „Wenn das ein Scherz sein soll…“
    Sie hielt inne, sah Celeste abermals an und kam zu dem Schluss, dass es die Schicksalsgötter heute besonders schlecht mit ihr meinten. Celeste und ein ehrlicher Beruf... bei allen Göttern, wenn das jeder machen würde... „Das ist doch… du kannst doch nicht… bist du denn völlig wahnsinnig?“
    Das war wohl erstmals alles, was sie dazu sagte, denn die nächsten Sekunden verbrachte sie leise Worte vor sich hinmurmelnd damit, quer durch den Raum zu marschieren und wild mit den Armen zu fuchteln. Plötzlich blieb sie stehen, ebenso schnell wie sie losgestürmt war.
    „Rechtschaffen. Ha! Dass ich nicht lache! Was hast du dir dabei nur gedacht? Du wirst sofort zu diesem… diesem Kerl gehen und ihm mitteilen, dass er sich sein Angebot in den Hintern stecken kann. WIR haben so etwas nicht nötig!“
    Derartig in Rage geredet, stemmte sie die Hände in die Hüften und erwartete selbstverständlich keinerlei Widerspruch von „ihrer Frau“.

    Dankbar nahm Amneris den Becher entgegen und überhörte jeden auch nur annähernd bissigen Ton, den Celeste in ihrem Satz von sich gab. Stattdessen brummte sie zufrieden etwas, das man als „Danke“ verstehen konnte, ehe sie einen großen Schluck des erfrischenden Nasses ihre Kehle hinab rinnen ließ.
    Zufrieden räkelte die Nubierin sich, streckte nochmals die langen Beine von sich, was ein unschönes Knacken der Knochen nach sich zog und ließ sich mit einem wohligen Seufzer tiefer auf ihrer Sitzgelegenheit hinab sinken. Müde blinzelnd bedachte sie Celeste mit einem kurzen, wenn auch gütigen, Lächeln. Dass ihre Partnerin offenbar einen inneren Kampf austrug, entging ihr. Sie war absolut glücklich mit der Stille, die einkehrte. Ruhe und Frieden. Genau das, was sie wollte. Genau das, was sie eigentlich nie bekam, wenn sie es wollte. Allein jener Umstand hätte ihr jede innere Ausgeglichenheit umgehend wieder nehmen sollen. Umso mehr, als sie Celestes leises Seufzen hörte. Ihr matter Geist jedoch interpretierte jenes Geräusch als Ausdruck eben jener Zufriedenheit, die sie selbst auch empfand und wog sich in Sicherheit.
    Viele hundert Jahre später würde es wohl heißen ‚Der Rest ist Schweigen…‘. Ob dies auch hier und heute geschehen würde, sollte zweifelhaft bleiben.

    Zu jeder anderen Zeit hätte Amneris erstaunt inne gehalten, hätte die Stirn in Falten gelegt oder wenigsten eine Augenbraue hochgezogen, bei Celestes allzu zuvorkommendem Verhalten. Doch sie war müde, es war warm und ihre Energie benötigte sie um mit hängenden Schultern zur erstbesten Sitzgelegenheit zu schlurfen, um sich letztendlich darauf fallen zu lassen.
    "Trinken klingt gut. Wasser... oder Saft... egal was, hauptsache nass.", erwiderte sie mit schiefem Grinsen und streckte die langen Beine von sich.
    Gewiss würde die Keltin die Gunst der Stunde nutzen. Kein Raubtier ließ seine verletzte Beute einfach so aus ihren Fängen - und sie beide waren zweifellos Jäger Roms. Amneris jedoch war noch arglos, wenngleich sie niemals wirklich erwartete völlig ihre Ruhe zu haben, wenn Celeste im Hause war. Sie schien immer unter Strom zu stehen, immer etwas zu tun zu haben oder über etwas nachzugrübeln, während die Nubierin sich auch gerne einfach nur hinlegte und Löcher in die Decke starrte, froh darüber eben einmal nicht denken zu müssen.
    Und so dachte sie sich auch jetzt nichts weiter dabei, als Celestes Lächeln etwas dürftig ausfiel, schöpfte keinerlei Verdacht und lächelte stattdessen schwach zurück. Mitleid, das wollte sie. Mitleid, Verständnis, sie wollte verhätschelt werden. Vor allem jedoch wollte sie eines nicht: Sich erneut den Kopf zerbrechen.

    … so viel zu organisieren und so viel zu tun.
    Amneris war, gegensätzlich zu Celeste, derzeit nicht mit nachdenken beschäftigt. Die Nubierin war die ganze Nacht auf den Beinen gewesen – und an Orten, an denen sie besser nicht gewesen wäre. Doch wie so oft hatte niemand sie oder ihre „Arbeitskollegen“ gesehen und somit war sie am Morgen gleich zu den Märkten aufgebrochen, um bereits einen Teil ihrer hart erarbeiteten Beute an den Händler ihres Vertrauens zu veräußern.
    Dementsprechend müde schlurfte sie nun in Richtung ihres zu Hauses, im Kopf schwirrten noch immer die Eindrücke der Nacht herum, die Finger rieben sich unbewusst aneinander, um das verschwitzte Gefühl auf der Haut loszuwerden.


    An ihrer Insula angekommen drückte sie die Tür auf und stockte erst einmal. Bei Isis und Osiris, hier drin war es ja noch wärmer als draußen.
    „Herrje…“, entfuhr es ihr, als sie nach Luft jappste. Und mitten in der gedrückten Luft und Düsternis glaubte sie Celeste zu entdecken. Einige Male musste sie blinzeln, um nach der grellen Sonne draußen überhaupt etwas zu erkennen ehe sie endlich ihre Wohnung betrat.
    „Celeste?“, fragte sie sicherheitshalber in ihrer tief-melodischen Stimme noch einmal nach. Ihr war nicht nach Reden. Sie war müde, sie war verschwitzt, sie war für die nächsten Stunden am Ende ihrer Kräfte.


    So viel zu Reden und so wenig Energie…
    Wie gut, dass Amneris ohnehin meist nur zuhören musste.

    Celestes beinahe schon philosophische Antwort ließ Amneris grinsen. Sie selbst sah sich zwar nicht wirklich einer Volksgruppe zugehörig – ob nun Römer oder Nubier – doch war es interessant zu hören, wie ihre Freundin hierüber dachte.
    „Kosmetik also.“, wiederholte die große Frau, hielt kurz inne und ließ ihren Blick schweifen, nur um letztlich die Richtung zu ändern. Sie selbst kaufte zwar so gut wie nie Cremes und Parfums und was auch immer man sich so auf den Körper tupfen sollte, wenn man eine Frau war – Celeste jedoch griff hier und da in die Auslagen, weshalb die Nubierin eine ungefähre Ahnung hatte, wo Fiona vielleicht fündig werden würde. Weiterhin den Worten der Sklavin lauschend, schlich sich erneut ein Schmunzeln in ihr Gesicht. Nur gut, dass sie vorne ging und die beiden Frauen dahinter es daher nicht sehen konnten. Ein wenig erinnerte Fiona sie in diesem Moment an ein trotziges Kind. Vornehmlich aufgrund ihrer „Sie ist so gemein“-Aussage. Schnell jedoch neutralisierte sich ihr Gesichtsausdruck wieder, wurde zur suchenden Maske, die stets in der Öffentlichkeit ihr Gesicht zu zieren schien.
    Amneris hatte nie so recht verstanden, was die Sklaven eigentlich bei ihren Herren hielt. Als ein Mensch, der bereits in jungen Jahren aus seinem eigenen „Gefängnis“ ausgebrochen war, der Familie und Freunde verlassen hatte, nur um in der Welt sein Glück zu suchen, schien es ihr abwegig an einem Ort zu bleiben, an dem man nicht bleiben mochte. Doch war sie niemals Sklave gewesen, noch hatte sie je einen besessen, sodass ihr wohl ein genauerer Einblick in die Materie fehlte.
    „Warum ist es denn so wichtig für dich wieder nach Hause zu kommen?“

    „Hört sich an als sei deine Herrin eine ziemliche Furie.“
    Warum auch immer Amneris nach jenem Satz Celeste ansah, es wurde von einem breiten Grinsen begleitet, das im günstigsten Fall die zweifellos folgende Zurechtweisung, die die Keltin an irgendeinem späteren Punkt in ihrer Beziehung hervorkramen und gegen die Nubierin verwenden würde, abschwächen konnte. „Was musst du denn noch für sie besorgen? Auf den Märkten hier kennen wir uns recht gut aus, vielleicht ist es ja gar nicht mehr allzu weit.“
    Den beiden anderen Frauen voraus bahnte sich die wendige Amneris einen Weg durch Mensch und Tier, im Bestreben auch für die wesentlich kleinere Celeste eine Art Schneise zu schaffen. Hierbei hatten sich die Arbeitsteilung und die Gegensätze der beiden stets bezahlt gemacht, sodass die kleinere der beiden nicht ständig angerempelt werden würde. So zumindest der Plan.
    Die Beantwortung der Frage überließ die Nubierin schließlich Celeste. Vielleicht half ja ein wenig Ablenkung den zweifellos aufwallenden Zorn abzuschwächen.

    Im Laufe der Jahre hatte Amneris sich an allerlei gewöhnt, zumal ihr Beruf häufiger mit diversen Schwierigkeiten verbunden war. Auch die Tatsache, dass sie die einzige Frau in ihrem… Kollegenkreis war hatte zu einer gewissen Abhärtung beigetragen. Die Zeit mit Celeste jedoch verlangte eine gänzlich neue Art von Geduld und stahlharte Nerven. Besonders dann, wenn sie zu einem ihrer längeren Vorträge ansetzte… und im Grunde genommen waren all ihre Vorträge lang. Hin und wieder hatte sich die Nubierin beim Gedanken ‚Weiber‘ ertappt. Erschrocken hatte sie jedesmal den Kopf über sich selbst geschüttelt und sich ins Gedächtnis gerufen, dass gerade jene Hibbeligkeit Celestes es war, das sie so an ihr mochte. In solchen Momenten jedoch vergaß sie jene Erkenntnis sehr schnell wieder. Ihre Antworten beschränkten sich heute, wie meist, also lediglich auf „Mhm“, „Ja“, „Natürlich“ und „Du hast Recht“. Feldstudien hatten ergeben, dass diese Antworten am ungefährlichsten waren.
    So in ihrer Gedankenwelt gefangen, die sie beständig vor zu viel Information seitens der Keltin abschirmte, überhörte sie zunächst die Worte der Sklavin und wurde sich ihrer erst gewahr, als Celeste sich an sie wandte. Herrin? Wie? Was? Ohweh, nur nichts anmerken lassen war nun die Devise. Ein wenig hilflos sah die großgewachsene Frau zwischen den beiden anderen hin und her im Bestreben doch noch das Thema herauszufinden. Es gelang nicht sonderlich gut. Nur eines war klar: Die Rothaarige hatte Celestes Tirade unterbrochen und allein dafür wäre die Nubierin wohl ewig dankbar. Es musste also logisch an die Sache heran gegangen werden. Es wurde etwas von einer Herrin gesagt, also war die andere vermutlich eine Sklavin. Und das gefiel ihr, nach der letzten Äußerung, wohl eher weniger gut. Unzufriedene Sklaven waren etwas wunderbares, wie Amneris fand. Mehr als einmal hatte sie schließlich Informationen über einen lohnenswerten Raubzug von einem solchen erhalten. Vielleicht ging das hier ja auch.
    „Oh, du störst uns nicht, nicht im Geringsten. Ich bin Amneris.“, erwiderte die Nubierin und deutete zunächst auf sich selbst. Anschließend blickte sie zu Celeste. „Und das hier ist Celeste. Wenn du noch Besorgungen zu machen hast, können wir ja ein Stückchen gemeinsam zurücklegen.“
    Und wenn sich schon keine Villa fand, in die man einbrechen konnte, so würde doch die fremde Sklavin Celeste davon abhalten weitere Vorträge über sie herabregnen zu lassen.

    Das Grinsen, welches in Amneris’ Gesicht erschien als lüstern zu bezeichnen wäre vielleicht zu viel gesagt… doch genau genommen traf es zu wie kein anderes Wort. Betont langsam wanderte ihr Blick von Celestes Füßen an nach oben, bis er beim Gesicht der jungen Frau endlich Halt machte. Wenn schon einmal eine nackte Keltin im Raum stand wollte dies schließlich auch zur Genüge ausgekostet werden. Noch nie hatte Amneris eine derart helle Haut gesehen. Nicht, wenn sie sich gänzlich ohne schützende und versteckende Kleidung präsentierte. Ein angenehmes Kribbeln durchzog ihr Nacken.
    „Solange du zurück kommst, brauche ich sonst nichts, nein.“, gab sie mit einem Zwinkern zurück und streckte wohlig die Arme nach oben, was ein leises Knacken der Gelenke nach sich zog. „Bedien dich, tu dir keinen Zwang an, nimm dir, was du möchtest… solange es nicht glitzert.“
    Witzelnd streckte die Nubierin ihrem Besuch die Zunge heraus.

    Amneris hielt sich für gewöhnlich für recht schnell, doch Celestes Überraschungsangriff war zu schnell und so lag sie kurze Zeit später auf dem Rücken und „musste“ wehrlos den leidenschaftlichen Kuss Celestes „über sich ergehen lassen“. Nun gut, es gab wahrlich schlimmere Methoden, um einen neuen Tag/Nacht beginnen zu lassen. Eben dies ging ihr durch den Kopf, als sie zu grinsen begann, nachdem die Keltin sich dazu entschied, dass Amneris’ Schulter weitaus bequemer als jedes Kissen war. Die Nubierin bemühte sich, dieser Vorstellung gerecht zu werden.
    Beide Arme legte sie um die kleine Frau, hielt sie sanft aber doch besitzergreifend fest, während deren Finger wohlige Schauer verursachte. Zunächst im Arm und schließlich ausbreitend im ganzen Körper.
    „Hm, was machen wir denn da nur?“, erwiderte Amneris in grüblerischem Ton und seufzte.
    „Ich fürchte, dann werde ich mich opfern müssen, für meine Liebe. Sofern diese mich aufstehen lässt.“
    Schmunzelnd drückte sie Celeste einen Kuss auf die Oberseite ihres Kopfes.

    Als Celeste aufwachte bereute Amneris fast, dass es vermutlich ihre Berührung war, die die so friedliche wirkende der Keltin aus ihren Träumen gerissen hatte. Ein Lächeln, das Armeen hätte inne halten lassen verscheuchte jedoch die Reue, erzeugte ein glückliches Lächeln als Pendant im Gesicht der Nubierin, die gar nicht mehr wusste, ob es jemals etwas anderes gegeben hatte in ihrem Leben, das derartiges Wohlgefühl in auslöste.
    „Hallo.“, erwiderte sie schließlich auf die gedämpfte Begrüßung, während ihre Augen jeder Bewegung Celestes zu folgen schienen, als habe sie Angst, etwas elementar Wichtiges zu verpassen. Auch sie richtete den Blick aufs Fenster, hatte jedoch keine Augen für die Farbenpracht, die die Sonne zwangsläufig, wie jeden Abend, erzeugte und wandte ihre Aufmerksamkeit recht schnell wieder dem Blondschopf neben sich zu.
    „Im Gegenteil.“, widersprach sie in ihrer melodisch-tiefen Stimme und zwinkerte Celeste zu. „Es ist früh. Viel zu früh. Wir sollten noch eine ganze Weile liegen bleiben.“
    Es war zwecklos es verhindern zu wollen, ein schelmisches Grinsen, das Amneris’ Gedanken nur zu genau verraten musste, trat in ihr Gesicht. Und wieder offenbarten sich die Gegensätze zwischen beiden Frauen. Denn nicht wie ihr „Gast“ hätte sie selbst noch stunden-, gar tagelang so verharren können, einfach nur die Gegenwart der Keltin genießend. Kein Wort hätte sie gesprochen, um nicht den Moment des Glücks zu verscheuchen, wäre still geblieben und hätte beobachtet, was geschah.

    Im Normalfall wäre wohl der Morgen danach gefolgt… hier, bei diesen beiden war es jedoch der Abend danach, schließlich hatte alles am Mittag begonnen. Doch da bei Amneris und Celeste ohnehin meist die Nacht zum Tage wurde, war dies vielleicht nur allzu natürlich.
    Es waren also nicht die Strahlen der aufgehenden Sonne, die die Nubierin nun aus ihrem Schlaf weckten. Nichtsdestotrotz schlug sie die Augen auf, nahm einen Schemen neben sich im Bett wahr, verschwommen noch, doch sie wusste, wer da lag und begann unwillkürlich zu Lächeln. Mit wohligem Brummen drehte sie sich auf den Rücken und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Nein, es war kein Traum gewesen. Sie beide waren hier, hatten ihren Sehnsüchten Gestalt verliehen.
    Die dunklen Augen Amneris‘ wanderten hinüber zur kleinen Keltin, die friedlich zu schlafen schien. Im Licht der untergehenden Sonne schienen die blonden Haare, die die Nubierin in allzu sehnsüchtigen Fantasien hatten wandeln lassen, beinahe orangerot zu sein, ebenso wie die helle Haut einen leichten Schimmer der Abendröte abbekam. Aus Neugier hob sie ihren eigenen Arm, hielt ihn in die Strahlen, die durchs Fenster drangen. Völlig anders. Und genau das war es, was Amneris an Celeste faszinierte. Sie war völlig anders.
    Sie konnte sich des Bildes nicht erwehren, sie beide seien zwei Vögel, frei und ungebunden und doch zogen sie gemeinsam durchs Leben. Die Möwe und die Krähe, die sich unter anderen Umständen die Augen ausgepickt hätten. Noch immer das Lächeln im Gesicht drehte sich Amneris wieder auf die Seite, den Menschen neben sich musternd. Leise hob sie ihre Hand, führte sie zu der weichen blonden Mähne Celestes und fuhr sacht darüber. Sie wirkte andächtig, als berühre sie ein Heiligtum und wäre darauf bedacht, jedes einzelne Haar zu spüren.

    Ich fühl' Berührung,
    fühl' sanfte Führung,
    fühl' ein Vibrier'n,
    das mich zärtlich durchfährt.
    Dein tiefer Blick,
    der alle Sehnsucht weckt,
    verbot'ne Früchte,
    die mein Körper begehrt...


    Warum Amneris gerade jene Zeilen in den Sinn kamen war nicht weiter rätselhaft. Nun, vielleicht rätselhaft insofern, als dass der denkende und kontrollierende Bereich ihres Geistes derzeit mehr oder weniger außer Betrieb war.
    Celestes geschickte Finger erforschten ihren Körper, ließen sie ein ums andere Mal wohlig aufstöhnen. Ohne Widerstand ließ sie sich hinabziehen, gierend nach Liebe und Berührung erwiderte sie den Kuss. Einen besonderen Glanz in den Augen löste sie sich von ihrem „Opfer“, ließ ihren Blick über Celestes Gesicht gleiten, was ein undeutbares Lächeln nach sich zog. Ihre Lippen dicht neben das Ohr der Keltin bringend, erhob sie leise und tief wieder ihre Stimme.
    „Denn wenn du mich berührst, mich mit Blicken verführst, deine Augen vereinst mit mir. Spiel`n die Sinne verrückt, bin der Welt ich entrückt, voll Erregung, voll Lust und Gier.“
    Warum auch immer sie den Worten, die in ihrem Kopf herumspukten Gestalt verlieh, blieb ungesagt. Es schien jedoch, als sei es normal. Und in der Tat, die Nubierin beliebte allzu lyrisch zu werden in Situationen wie dieser. Wie jenes Werk letztlich endete, dass einer der beiden Protagonisten den anderen tötete, blieb ebenfalls tief in Amneris verborgen. Sie hatte nicht vor, den Tag derart enden zu lassen.


    S`ist ein Weg ohne Ziel,
    eine Sünde zu viel,
    ein gefährliches Spiel.


    Das Spiel ging dennoch weiter. Denn Amneris machte sich von der Keltin los, erforschte mit ihren Lippen milchweiße Hügel und Täler, gab, was zu geben war, bis sie in den tieferen Gefilden angelangt war.
    Und was weiter geschah würde wohl niemals in Versen verewigt werden.





    Sim-Off:

    Wir entschuldigen uns hiermit bei allen Lesern, dass eine detaillierte Ausführung des Aktes an dieser Stelle entfallen muss, da uns allen Jugenschutz etc. bekannt sind. Weiteres überlassen wir der Fantasie der werten Leser und hoffen es hat ihnen so viel Freude bereitet wie uns ;) :P

    Ob Amneris wollte war wohl kaum die Frage, die Celeste sich hätte stellen müssen. Denn dass so eine Tunika etwas ungemein Lästiges sein konnte, war spätestens dann offensichtlich, als die Nubierin, nachdem sie Celeste kurz angegrinst hatte, mit schnellem Ruck die Dame ihres Herzens von dem unerwünschten Kleidungsstück befreite.
    Einen Moment hielt sie dann jedoch inne, ließ ihren Blick über den Körper der Keltin gleiten, der dem ihren einerseits so ähnlich und doch wieder völlig anders zu sein schien. Fasziniert war sie jedoch vor allem von der hellen Haut, die einen so starken Kontrast zu ihrer eigenen bildete. Mit einer schnellen Bewegung ging das Spiel weiter, warf die Katze die Maus auf den Rücken, erkundete mit ihren Lippen deren Hals. Und spätestens hier hörten die Parallelen zur Tierwelt auf, denn Amneris schlug nicht ihre Zähne ins weiche Fleisch. Liebkosend, forschend, drängend erkundete sie scheinbar jeden digitus Celestes, kostete jeden Moment aus, an ein Ende wollte und konnte sie nun nicht denken.
    Bei jeder Berührung lief ihr ein Schauder über den Rücken, bei jedem gehauchten Kuss wuchs das Verlangen. Und während sie sich mit einer Hand abstützte, nestelte nun die andere an ihrem eigenen Gürtel herum, entledigte sich des ledernen Störenfrieds.

    Amneris‘ Blick wurde unergründlich, als Celeste ihr antwortete. Konnte es wahr sein? Fühlte sie das Gleiche, war Amneris in Celestes Kopf und Herz ebenso verankert wie diese in ihrem?
    Ihr Herz wollte es glauben. Und da im Moment ihr Kopf eine niederere Rolle in der Hierarchie spielte ließ dieser sich nur zu gerne davon überzeugen. Sie lag auf dem Rücken. Die Katze hatte sich der Maus unterworfen und das Nagetier kostete seinen Triumph aus, indem es einen Kuss stahl, den das Raubtier nur zu gerne hergab. Die Nubierin schlang ihre langen Arme wieder um Celeste – Flucht ausgeschlossen. Und während eine Hand dazu bestimmt wurde, die Maus festzuhalten, wanderte die andere nach unten, forschend, suchend, um schließlich die Tunika der Keltin Stück für Stück nach oben zu ziehen. Langsam und bedächtig, als packe sie ein Geschenk aus, bei dem die Verpackung so kostbar und schön war, dass man sie nicht zerstören mochte.

    Amneris’ halb erwartete, halb befürchtete Reaktion blieb aus. Kein Wegstoßen, kein Schreien, im Gegenteil. Mit der Leichtigkeit eines Vogels landeten Celestes Hände auf ihren Rücken, ergänzte jede Bewegung die sie selbst machte mit einer, die dazu passte, im Einklang miteinander und in diesem Moment auch im Einklang mit der Welt an sich.
    Langsam suchte die Nubierin ihren Weg nach hinten, fand blind und ohne einmal anzuecken die Tür zu ihrem Cubiculum, welche ebenso schnell hinter sich gelassen wurde, wie sie gefunden worden war. Für einen Moment hielt sie in ihren Liebkosungen inne.
    „Du hast mich verhext. Körper und Seele.“, flüsterte sie leise, als hätte sie Angst den Moment durch laute Geräusche zu zerstören.
    Mit ihrer Ferse schließlich an den Bettrahmen stoßend stoppte sie ihre Bewegung nach hinten und wechselte zu einer Bewegung nach unten. Sie ließ sich aufs Bett fallen und zog Celeste mit sich nach unten. Mit in den Abgrund. Doch dies war nicht der Zeitpunkt für ein schlechtes Gewissen.
    Kein Haar würde die Katze der Maus krümmen. Denn die Katze konnte nicht sein ohne ihr Gegenstück, wäre nutzlos ohne Antagonist. Wer wurde schon zum Helden ohne seinen Gegenspieler?

    Fast unhörbar drangen die Worte an Amneris’ Ohr, verursachten ein wohlig warmes Gefühl in ihrem Inneren. Sie hatte das Richtige getan, dessen war sie sich nun sicher.
    Und während die Nubierin darauf wartete, dass Celeste sich wieder hinsetzte, tat diese – gar nichts. Starrte ebenso still zurück, wie sie selbst ihre Besucherin anstarrte. Nun gut, jetzt oder nie. Jedes Gramm Mut, das sie ins sich trug zusammenkratzend legte sie ihre Arme um die Hüften des ungleich kleineren Frau.
    „Wenn es zu viel wird, sag es.“, flüsterte sie dicht neben Celestes Ohr, löste einen Arm aus der Umklammerung und strich das blonde Haar von ihrer Schulter, um Hals und Nacken zu entblößen.
    Schwarz und Weiß, Tag und Nacht, Mond und Sonne, so standen sie beide hier, mitten im Raume. Kein besonders geeigneter Platz für das, was Amneris vorhatte, wie ihr gerade auffiel. Doch vielleicht würde Celeste sich abwenden, würde alle Hoffnung zunichte machen und somit ohnehin den Versuch ad absurdum führen.
    Schwarz und Weiß, Kopf und Herz, Gut und Böse. War sie nicht die Böse? Riss sie nicht Celeste aus ihrer heilen Welt und zog sie hinab zu sich, in die untersten Gefilde der menschlichen Empfindungen? Für einen Moment hielt sie inne, nur um schließlich die helle Haut Celestes zu küssen, jene Haut die ihrer so unähnlich war und die doch so perfekt mit den dunklen Tönen zu harmonieren schien.