An das Wort Schlaf wollte der Aurelier nun überhaupt nicht mehr denken, nach diesem Zwischenfall und einer Begnung der irgendwievielten Art. Im Gegenteil, sich nun erneut auf die Pritsche hinzulegen und damit unter Umständen wehrloser zu sein als wachsam im Stehen, löste in Avianus ein leichtes Anzeichen von Todesangst aus. Während sich Avianus mit runden Kopfbewegungen das Genick wieder zurechtrenkte, lief er schweigend zu der Öllampe, welche über Nacht ihr Dasein auf dem Schreibtisch fristete. Das Herzklopfen stellte sich wieder ein und Ruhe kehrte in ihn zurück, als Avianus die Flamme in der Lampe entzündete und das beruhigende Flackern des Flämmchens im Dunkel beobachtete, welche einen milden Lichtschein in das Cubiculum warf.
Aviauns setzte sich auf seinen Schreibtisch und überlegte scharf. Was er nie, sondern nur jetzt tat war es, die Augen fest zu schließen und sich in Gedanken mit dem Zeigefinger auf seiner Schläfe umherzukreisen. Sollte er nun herausgehen, der Begebenheit auf die Schliche kommen? Oder sich in seinem Zimmer verbarrikadieren, wo er am Ende wohl wieder nicht sicher sein konnte? Nun, es war aus seiner Sicht das Gleiche, egal ob er nun in der Villa umherstreifte oder in seinem Zimmer verblieb. Er fasste also den Entschluss, eine Erkundungstour zu machen, hoffte innerlich jedoch trotzdem, auf einmal aus einem bösen Traum zu erwachen.
Mit der Öllampe, welche ein nahezu schützendes Licht abgab, schlurfte Avianus zu seiner Türe, welcher nun durch gruselige Umstände geweckt wurde. Am aller-, allerliebsten hätte er sich nun auf die Pritsche geschwungen und hätte friedlich bis zum Morgengrauen geschlafen. Was jetzt eine denkbar schlechte Idee war.
Mit leisen Sohlen öffnete der junge Aurelier die Tür und biss sich fest die Zähne zusammen, als diese ein leichtes Quietschen abgab. Hatten eigentlich die Anderen solche Ereignisse oder war Avianus der einzige Wahnsinnige in der Villa? War er hier etwa alleine auf Geisterjagd, eine unbekannte Gefahr, gegen die er sich vielleicht nicht mehr wehren konnte?
Diese und ähnliche Fragen stellte er sich, als er langsam die Tür hinter sich schloss. Anschließend striff Avianus durch die nächtlichen Gänge.
Mittlerweile war es spät in der Nacht und die Fackeln in den Gängen waren erloschen, spendeten kein Licht des Wohlgefühls und der Sicherheit mehr. Immer wieder stießen kalte, sanfte Winde in Avianus´ Gesicht, als er in langsamen Schritten die sonst so vertrauten, doch auf einmal bedrohlichen und fremdartigen Gänge erkundete. Seine Schritten waren hörbar...
*Tock... tock... tock...*
...und Avianus konnte sich in all dieser Ruhe selbst atmen hören. Sein Herz fing nur in dem einen Moment wieder zu rasen an, als sich die Anzahl der Schritte verdoppelte, ohne dass er schneller lief.
*TockTock... TockTock... TockTock...*
Erfüllt von Schrecken, welcher sich in seinem Herzen schmiegte, wandte sich der Aurelier schlagartig um und blieb stehen. Seine Schritten waren nun nicht mehr hörbar. Dafür jedoch andere.
*Tock... Tock... Tock...*
Ein besonders kalter, noch stärkerer Windhauch folgte auf die Schritte und ließ Avianus das Blut in den Adern gefrieren. Das Licht aus der Öllampe erlosch nun und offenbarte dem jungen, verängstigten Aurelier nicht mehr, was ihn umgab. Ein nur allzu geplantes Stöhnen durchdrang den stockfinsteren Gang, in welchem sich Avianus in diesem ungünstigen Moment tummelte. Wäre er doch lieber schlafen gegangen!
"Was willst du von mir, wer bist du?!".