Beiträge von Philotas Crixus

    Philotas hatte irgendwie das Gefühl, dass der Praefectus ihn missverstanden hatte: "Entschuldigung, ich muss mich missverständlich ausgedrückt haben", sagte er daher. "Ich war sowieso davon ausgegangen, dass ich dies dem Optio mitteilen werde. Meine Frage bezog sich darauf, ob Du dem Optio mitteilst, wenn Dich die Verwaltung um die Untersuchung des Piratenüberfalls gebeten hat." Die Frage war tatsächlich schlecht formuliert gewesen. Hoffentlich konnte man sie jetzt besser verstehen.

    "Ich verstehe", sagte Philotas und nickte, "dann werden wir wohl auf die Verwaltung warten müssen." Der Präfekt wollte wohl nicht so recht glauben, dass Piraten aufgetaucht waren. Er würde sich wahrscheinlich wundern, wenn irgendwann jemand von der Verwaltung auftauchte. "Du wirst dann eine Nachricht an den Optio senden?", fragte Philotas. Irgendwie müssen sie ja erfahren, dass der Antrag eingegangen war.

    "Salve Classicus. Dann lass uns mal reingehen.", forderte Philotas diesen auf und ging mit schnellen Schritten ins apodyterium, den Umkleideraum. Dort zog er seine Tunica und die restlichen Kleidungsstücke aus. Diese legte er in eine Nische, die zu diesem Zweck in die Wand eingelassen worden war. Seine anderen Sachen nahm er wieder in die Hand. "Was meinst Du, sollen wir zuerst ins caldarium?", fragte er Classicus. Das heiße Wasser zu Anfang würde ihnen sicher guttun.

    Pünktlich zu Sonnenuntergang hatte sich Philotas vor der Therme eingefunden. Mitgebracht hatte er seine strigilis, Badeschuhe, ein Handtuch und eine Flasche von Öl. Außerdem noch einen Krug Wein und zwei Becher. So gerüstet, wartete er, bis Classicus auftauchte.

    "In Ordnung. Ich muss auch noch etwas holen.", sagte Philotas, der die "Erledigungen", die Classicus meinte, auf das Holen von dessen Thermenausrüstung bezog. Diese musste er auch noch holen. Zum Glück hatte er seine aus Syracus mitgenommen und musste keine neue kaufen. In diese Gedanken vertieft, ging er vom Exerzierplatz weg.

    Philotas holte noch einmal tief Luft, bevor er die Tür öffnete und eintrat. Den Praefectus grüßte er militärisch und begann zu sprechen: "Salve, Praefectus Florus. Ich bin Probatus Philotas Crixus. Der Optio Decimus Verus schickt mich. In Misenum haben sich Gerüchte verbreitet, dass ein Piratenangriff in der Nähe von Sardinien stattgefunden hat. Der Optio bittet, dass Du ihm eine Liburne mit militärischer Bewaffnung freigibst, damit er in einer Aufklärungsmission die Gerüchte überprüfen kann."

    Kaum war der Befehl zum Wegtreten gekommen, als Philotas der Probatus, der ihm eben bei der Wassergrube geholfen hatte, ansprach. Soweit er sich erinnerte, war sein Name Classicus gewesen.


    "Gerne trinke ich später mit dir noch ein Vinum", antwortete er auf die Frage von Classicus. "Wann sollen wir uns denn treffen - und wo?", fragte er. Da kam ihm eine Idee: "Vielleicht in der Therme?". Philotas hatte nämlich momentan das starke Bedürfnis, sich seinen Schweiß abzuwaschen und dafür seinen Körper einzuölen. Ob man in der Therme Wein trinken durfte, wusste er nicht, doch man konnte es ja versuchen.

    Philotas kam aufgeregt beim Vorzimmer des Präfekten an. Würde dieser ihn überhaupt vorlassen? Und würde er seiner Geschichte Glauben schenken?


    In diese Gedanken vertieft, fragte er etwas geistesabwesend den Soldaten im Vorzimmer: "Salve. Probatus Philotas Crixus hier. Ich wurde vom Optio Decimus Verus geschickt und soll den Präfekten bitten, eine Liburne für eine Aufklärungsmission freizugeben. Kann ich zu ihm vorgelassen werden?"

    "Optio, ich habe mich schon genauer informiert. Das Schiff, dass die Leichen gefunden hat, war die Crateipolis. Ich habe mit deren Kapitän gesprochen. Diese war auf dem Weg von Turris Libisonis nach Misenum. Auf dem offenen Meer sah plötzlich jemand aus der Besatzung ungefähr zehn Leichen. Eine der Leichen holten sie an Bord. Der Kapitän hat mir versichert, dass diese eine Schnittwunde wie von einem Gladius hatte. Nachdem er dies gesehen hat, hat er sie ins Meer zurückwerfen lassen.", fasste Philotas für den Optio die Aussagen, die er gehört hatte, zusammen.

    Nun war wieder wie am Anfang Laufen über den Platz angesagt. Wenigstens war es das letzte Mal für heute. Diese Gedanken gingen Philotas durch den Kopf, als er sich mit den anderen Probati in Bewegung setzte. Zwar waren sie nicht mehr so schnell wie zu Beginn, doch allen gelang es, die Runden durchzuhalten.


    So stand Philotas nach den vier Runden erschöpft und mit schmerzenden Beinen, aber glücklich, den heutigen Tag gut überstanden zu haben, in einer Reihe mit den anderen Probati. Er wartete jetzt nur noch darauf, vom Optio entlassen zu werden.

    Das plötzliche Aufreißen der Tür und der gespielte Zorn des Optios erschreckten den jungen Probatus Philotas und ließen ihn unsicher werden. Dennoch riss er sich zusammen und grüßte militärisch: "Salve Optio. Ich habe in Misenum Gerüchte gehört und dachte, diese würden die Classis interessieren. Ein Schiff hat Leichen im Meer gefunden, und diese hatten wohl Verletzungen von Waffen. Die Leute vermuten, dass es einen Piratenüberfall gegeben hat.".


    Philotas fragte sich, wie der Optio wohl reagieren würde. Hoffentlich würde er es nicht als Gerücht abtun und ihn dafür bestrafen, ihn damit belästigt zu haben.

    Erleichtert stellte Philotas fest, dass das Opfer geglückt war und das Rennen nun beginnen konnte. Labeos Bemerkung quittierte er mit einem Nicken, als die Hörner seine Aufmerksamkeit auf den Sprecher richteten. Nach dessen Ansprache sah er die Pferde aus der Boxengasse kommen. Jetzt warteten alle nur noch auf das Startzeichen des Praefectus, den Philotas erwartungsvoll und gespannt anschaute.

    In der Stadt Misenum waren Gerüchte aufgekommen, dass es vor Sardinien einen Piratenüberfall gegeben hatte, und Philotas hatte davon erfahren. Da er dachte, dass es die Flotte sicher interessieren würde, ging er zum Optio, der ihn ausgebildet hatte. Diesem wollte er von den Gerüchten berichten. So stand er nun vor dessen Quartier und klopfte an die Tür.

    "Da hast du wohl Recht.", antwortete Philotas dem Kapitän. Er überlegte kurz, doch ihm fiel nichts ein, was er ihn sonst noch fragen konnte. "Das war alles, was ich wissen wollte. Ich werde dann nicht weiter deine kostbare Zeit belästigen. Vale!", sagte er zum Kapitän und verließ das Schiff.


    Draußen überlegte er kurz, wen er von den Gerüchten erzählen sollte. Der einzige, der ihm einfiel, war der Optio. Dieser würde wohl wissen, was zu tun sei.

    Philotas hörte dem Kapitän aufmerksam zu. Anscheinend war der Piratenüberfall - auch er glaubte jetzt, dass er es mit keinem Schiffbruch zu tun hatte - zwischen Sardinien und Italien erfolgt. Ob sich die Leiche wohl noch auf dem Schiff befand? Das war seiner Meinung nach zwar unwahrscheinlich, aber Fragen kostete ja nichts: "Was ist denn mit der Leiche passiert, an denen ihr die Schnittwunde gesehen habt? Ist sie hier noch auf dem Schiff?" Wenn er Glück hatte, war es tatsächlich so und die Seemänner hatten die nicht einfach wieder ins Wasser geworfen.

    Der Tonfall des Matrosen kam Philotas schon komisch vor, doch er wusste nicht, was er falsch gemacht haben sollte. Deshalb folgte er dem Matrosen auf das Schiff, wo sich der Kapitän befand. Dieser lachte erst einmal los und machte Philotas auf seinen Fehler aufmerksam. "Ehhm, ja...", begann dieser verlegen, hustete zweimal kurz und sagte dann mit fester Stimme: "Philotas Crixus von der Classis Misenensis. Stimmt es, dass Du vor Sardinien einige Wasserleichen entdeckt hast? Und wenn ja, kannst Du mir sagen, wo genau? Denn wenn dort Piraten am Werk waren, wird die Classis diese finden und beseitigen, damit die Handelsschiffe wieder sicher fahren können.", versprach er großmundig. Dabei hatte er, ein einfacher Probatus, dies gar nicht zu entscheiden. Denn obwohl er annahm, dass die Classis keine Piraten im Mittelmeer dulden würde, war ja noch gar nicht klar, ob die Offiziere den Gerüchten überhaupt Glauben schenken würden.

    Philotas studierte währenddessen die Liste und verglich sie mit der aufgehängten Karte. Zum Glück kamen die meisten Schiffe nicht aus dem westlichen Reichsteil, sondern vor allem aus Ägypten und Griechenland. Auch aus Sizilien kamen einige. Dennoch gab es auch welche, die aus Spanien kamen und so theoretisch an Sardinien vorbeigesegelt sein könnten. Trotzdem hielt er auch die Crateipolis von Turris Libisonis für das vielversprechenste Schiff. Damit wollte er beginnen. Er verabschiedete sich kurz vom Scriba und ging aus dem Gebäude.


    Nach kurzem Nachfragen konnte er auch den Liegeplatz der Crateipolis herausfinden. Dort angekommen sah er einen Matrosen, der wohl zum Schiff gehörte und anscheinend noch relativ nüchtern war. Nachdem er militärisch gegrüßt hatte, sprach er ihn an: "Salve, Philotas Crixus, Classis Misenensis. Ich wünsche Turris Libisonis zu sprechen. Ist er auf dem Schiff?". Hoffentlich war er wirklich auf dem Schiff und Philotas musste nicht irgenwelche Bordelle und Hafenkneipen nach ihm durchsuchen.

    Der Scriba war sehr diensteifrig und stellte keine unnötigen Fragen. So gefiel es Philotas. "Die Liste mit dem Herkunfsort müsste genügen.", sagte er zum Scriba, während er sich nach einer Karte im Raum umguckte. Bei manchen Häfen würde er bestimmt Probleme haben, sie einer Provinz zuzuordnen. Und tatsächlich - an der Wand hing eine. Wahrscheinlich hatte auch manch ein Scriba Probleme, sich alle Häfen zu merken.