Beiträge von Galeo Redivivus Tychicus

    Und -wusch--- schon flogen die Speere in alle Richtungen, wirklich, in fast alle Richtungen, denn die Probati konzentrierten sich wie befohlen ersteinmal mehr auf den Bewegungsablauf des Wurfs als auf das Zielen.
    Auch Tychicus tat das und war deshalb positiv überrascht, als sein Pilum sogar eine einigermaßen gerade Flugbahn nahm um dann mit der Spitze kurz im staubigen Boden des Campus' stecken zu bleiben und dann zu Boden zu fallen.


    Der Rediviver konnte sich gut vorstellen, wie in einer großen Schlacht diese Waffen zum Einsatz kamen, um die Feinde schon beim Ansturm zu behindern oder sogar zu stoppen. Wenn er gut gezielt war und auch die nötige Kraft dahinter Steckte, konnte ein Schwarm solcher Wurfwaffen durchaus tödlich werden.
    Beinahe bedauerte es Tychicus, dass die Cohortes Urbanae das Pilum so gut wie nie wirklich benutzten, aber ihm war klar, dass die Verhältnisse in den Straßen und Gassen Romas völlig andere waren als die auf einem freien Schlachtfeld. Trotzdem strengte er sich an, seine Wurftechnik zu verbessern, denn er bemerkte, dass es ihm auf Dauer sogar richtig Spaß machte.


    Das einzige, was sich als ermüdent herausstellte, war das ständige Hin- und Herlaufen, um sein geworfenes Pilum wieder zurückzuholen...

    Tychicus nickte müde und brachte sogar ein Lächeln zustande, als Stella ihr Verständnis für seine Reaktion bekundete.


    "Vale, und gute Nacht",
    verabschiedete er sich,
    "Und noch einmal vielen Dank für die Fackel!"


    Ohne das Licht hätte er sich um diese Zeit wohl wirklich hoffnungslos im Wald verirrt. Er war noch längst nicht lange genug in der Stadt, um auch nur die Straßen und Insulae nahe der Castra so gut zu kennen, dass er sich auch in schwarzer Finsternis zurechtifinden konnte.


    Raschen Schrittes entfernte er sich in die entgegengesetzte Richtung, zur Castra hin.

    Tychicus hatte den Verband erst etwas misstrauisch gemustert, sich jetzt jedoch damit abgefunden, dass er ihn über Nacht würde tragen müssen.
    Es half bestimmt.


    "Keine weiteren Fragen.",
    antwortete er dann auf Brutus frage.
    "Aber vielen Dank für die Hilfe! Vale und gute Nacht!"


    Und damit verließ Tychicus das Valetudinarium, in der guten Hoffnug, dass es seiner Schulter morgen schon viel besser gehen würde, und vor allem mit der Aussicht, gleich endlich in sein Bett steigen zu können...

    Verstanden Princeps Prior Decimus!


    antworteten die Probati im Chor.


    Es war Tychicus klar gewesen, dass ihn irgendeine Strafe erwartete.
    Mit einem unterdrückten Seufzer ließ er sich zu Boden fallen und machte seine zwanzig Liegestütz. Ihm war klar, dass Calvena sich schelmisch freute, dass er Tychicus einen so "tollen" Streich gespielt hatte, aber der Rediviver strafte ihn während der nächsten Minuten mit Nichtbeachtung.


    Nachdem er sich, mit leicht roten Kopf und erhöter Atemfrequenz, wieder aufrichtete, machte er sich in Gedanken schon einmal eine Liste der Dinge, die er heute noch unbedingt tun musste: Den Ausbildungstag absolvieren (klar), mit Bavius die Hundewache übernehmen, seine Rüstung ausbessern lassen und putzen... puh.


    Na, er würde es schon schaffen.
    Die Rekruten standen wieder still.

    Vorsichtig zog Tychicus seine Tunica über der linken Schulter herunter, sodass der Gegenstand seiner Probleme zum Vorschein kam:


    Die Schulter wurde geziert von mehreren ursprünglich blauen Flecken, die inzwischen schon eher eine violette Färbung angenomen hatten.
    Als der junge Mann die Schulter vorsichtig bewegte und rollte stellte sich, zu seiner Erleichterung, nur ein leichter Schmerz ein, der sich außerdem relativ oberflächlich Anfühlte, der Knochen schien also keinen oder nur wenig Schaden genommen zu haben.


    Breitwillig ließ Tychicus sich von Brutus abtasten, wobei er feststellte, dass der Schmerz am stärksten aufflammte, wenn der Mann die Stelle berührte, wo sein Schulterblatt auf das Gelenk traf.

    Nachdem er seine Aufgabe erfüllt hatte reihte sich Tychicus am einen Ende der angetretenen Kameraden ein, neben Calvena, wie er bemerkte, der irgendwie unausgeschlafen wirkte, aber ihm einfrig zugrinste.


    Und dann die Rüstungsmusterung. Oh-oh.
    Nachdem er gestern noch im Valetudinarium gewesen war, hatte Tychicus keine Zeit mehr gehab, sich um seine Ausrüstung zu kümmern.
    Während Calvenas Rüstung strahlte, als hätte sie gerade erst die Schmiede verlassen (deshalb wirkte der Freund wahrscheinlich auch so müde - er hatte gestern bis spät in die Nacht an seinem Zeug herumgeschrubbt und -poliert!) war Tychicus' Rüstung noch etwas staubig vom vergangenen Tag.
    Außerdem bildete der Rediviver sich ein, dass sein linkes Schultersegment eine leichte Beule von seinem Unfall gestern davongetragen hatte. Oder bildete er sich das in seiner Panik jetzt nur ein?!
    Während Serapio noch die Probati vor ihm musterte, begann Tychicus wie wild an diversen Stellen seiner Rüstung herumzureiben, um sie wenigstens ein wenig gepflegter erscheinen zu lassen.
    Minidius Calvenas freundliches grinsen wurde eindeutig schadenfroh.


    "Hör bloß auf, so zu gucken!", zischte Tychicus, so leise, dass der Princeps Prior hoffentlich nicht hörte.
    "Wenn du gestern abend schon so viel Zeit hattest, hättest du dir meine Sache ja ruhig auch mal kurz vornehmen können!"


    Es brachte nichts; Anstatt die Flecken auf seiner Rüstung mit seinem Reiben zu entfernen verwischte der Rediviver sie nur noch mehr.
    Seufzend ließ er von dem guten Stück ab und ergab sich in sein Schicksal. Gerade war der Decimer am Ende ihrer Reihe - bei ihm und Calvena - angelangt. Tychicus zog unwillkürlich den Kopf ein und erwartete die zu vermutende Zurechtweisung.

    Tychicus nickte und setzte sich in Bewegung.
    Erste Tür rechts.
    Er hoffte, dass man ihm helfen konnte, er hoffte aber auch, dass es sich bei der Verletung um nihts so Schlimmes handelte, dass er seine Grundausbildung zeitweilig nicht fortsetzen konnte.


    Er trat duch die offen stehende Tür und gelangte in einen kleinen Raum. Vor ihm saß der Mann, der ihn anscheinend untersuchen sollte.

    Es war eines der ersten Male, dass Tychicus auf eine Patroullie mitkam, um Praxiserfahrung in den Straßen Romas zu sammeln, und es war auch das erste Mal, dass er dies unter dem Befehl des Centurio Flavius Aristides tat.
    Insgesamt waren heute (wieder einmal) viele ehemalige Milites der Legio Prima dabei, einige davon kannte der Rediviver bereits vom Hasta-Training unter Princeps Prior Decimus Serapio.


    Es war (auch wieder einmal) heiß in der riesigen Stadt, zu heiß eigentlich, um in Helm und Rüstung herumzulaufen, aber er hatte ja leider keine Wahl...
    Irgendetwas, dass Kühlung versprach, hätte Tychicus jetzt bereitwillig angenommen. Als ihm jedoch unwillkürlich kalt wurde unter seiner Rüstung, war Tychicus ganz und gar nicht erfreut - denn es war ein kalter Schauer, der ihm den Rücken hinabfuhr, als er hörte, was die junge Frau dem Centurio da völlig außer Atem erzählte.


    Ein Toter.


    Gehört hatte Tychicus schon viel; von ruchlosen Meuchelmördern, von gnadenlosen Verbrechern, von gefährlichen Banden, aber Hören war doch weit entfernt von dieser Erfahrung des Unmittelbaren - am eigenen Leib sozusagen.


    Tychicus hatte noch nicht getötet, worüber er froh war, und er hatte auch noch nie das Opfer eines gewaltsamen Todes gesehen, worüber er mindestens genauso froh war.
    Jetzt zwang er sich zur Ruhe, verstärkte den Griff seiner rechten Hand um den beruhigend kühlen, harten Griff seines Gladius, der in der Scheide an seiner Hüfte baumelte, und folgte dem Centurio mit seinen Kameraden durch die engen Gassen Romas.

    "Wie lange?",
    Tychicus runzelte die Stirn,
    "Das weiß ich selbst gar nicht genau... wahrscheinlich so lange, bis man findet, dass ich den Rang des Miles verdiene."


    Jetzt kam es. Woher kam er. Düstere Wolken schienen sich über sein Gemüt zu ziehen, sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich entsprechend.


    "Ich wurde... ich Tarraco, in Hispania geboren. Als meine...meine Mutter starb, zogen mein Vater und ich nach Confluentes, nach Germania. Dann... dann starb auch mein Vater... und ich kam später - vor kurzem - hier nach Roma. Um das Vergessen und ein neues Leben zu suchen."


    Auf einmal fühlte er sich schrecklich müde und hatte jegliche Lust an einem Gespräch verloren. Er räusperte sich und fuhr dann gefasster fort:
    "Verzeih, es war wirklich nett, dich zu treffen Stella und wir können das gerne wiederholen, wenn du mir sagst, wo ich dich antreffen kann, aber ist wirklich schon spät und morgen wartet wieder ein anstrengender Tag auf mich. Ich muss gehen."


    Er hoffte, dass die junge Frau ihm seinen Gefühlsumschwung nicht übel nahm, aber er wollte einfach nur noch in sein Bett und ein wenig allein sein...

    "Ich war einfach ungeschickt...",


    antwortete Tychicus,


    "Ich bin beim Training ins Stolpern gekommen und, wärend ich den Schild in der Hand hatte, heftig mit der Schulter gegen den Übungspfahl gestoßen. Ich hatte zwar den Schild zwischen mir und dem Pfahl, aber das hat den Aufprall nicht wirklich gehemmt. Seitdem sind die Schmerzen nicht mehr wirklich weniger geworden."


    Sim-Off:

    Bitte nichts zu Schlimmes prognostizieren, ich will ja meine Grundausbildung noch fortsetzen. ;)

    Tag 2:


    Mit vor Stolz geschwellter Brust führte Tychicus am nächsten Tag die Rekruten auf den Campus, wie Princeps Prior Decimus es angeordnet hatte.
    Es fühlte sich schon irgendwie gut an, jemanden anzuführen!
    Dabei hatte er sich selber immer für bescheiden gehalten...naja.


    "Kameraden! In aciem venite! State!"


    Nein - er war nicht nur stolz, es machte auch noch richtig Spaß!! Ein paar Tage bei den Cohortes, und schon diese Ehre!
    Aber ob er es sich überhaupt erlauben konnte, seine Kameraden so herumzukommandieren?
    Der Princeps Prior hatte schließlich nur davon gesprochen, die Leute auf den Campus zu führen...
    Wo war er überhaupt?
    Tychicus hielt Ausschau nach ihrem Vorgesetzten, konnte ihn aber noch nicht entdecken.
    Hatte er sich im Eifer des Gefechts so verfrüht?

    Es war schon am Abend, als Tychicus ins Valetudinarium kam und sich an den Mann wandte, der hinter einem Tisch im Vorraum des kleinen Lazaretts saß.


    "Salve! Ich bin Redivivus Tychicus, Probatus, und würde mich gerne kurz untersuchen lassen. Ich habe seit heute Mittag Schmerzen in der Schulter und Angst, das es sich um etwas Schlimmeres als nur eine Prellung handelt."


    Tychicus zeigte auf seine linke Schulter.

    Erschöpft kehrten die Probati nach ihrem Formaltraining bei Princeps Prior Decimus in die Unterkünfte zurück.
    Nachdem sie sich in der Contubernia an dem "leckeren" Militärs-Einheitsbrei gütlich getan hatten kehrte die Gruppe junge Männer wieder in die Unterkunfts-Baracken zurück und Tychicus ließ sich erleichtert auf sein Bett fallen.
    Neben ihm tat Minidius Calvena dasselbe und seufzte:
    "Geschafft! Das war ja mal wieder 'n Tag, was? Ich glaube, ich könnte den ganzen morgigen Tag durchschlafen!"
    Tychicus ließ sich etwas Zeit mit der Antwort, genoss kurz ein fach das wunderbare Gefühl des Ruhens, bei dem die Schmerzen und die Erschöpfung wie in Luft auflösten.
    Jedenfalls fast. Der latente, leicht pochende Schmerz in seiner Schulter war seit seinem Unfall am Vormittag beim Gladius-Training nicht abgeklungen. Vielleicht sollte er doch das Lazarett noch einmal kurz aufsuchen, bevor er ganz eingeschlafen war. Sein Vater hatte manchmal gesagt: "Die gefährlichsten Verletzungen sind die, die am wenigsten Schmerzen verursachen, aber auch nicht verschwinden"
    was daran wahr war, wusste Tychicus aber nicht.
    Trotzdem wandte er sich an Calvena und sagte, während er sich stöhnend wieder aufrichtete:


    "Ich werde wohl noch mal dem Valetudinarium einen Besuch abstatten, meine Schulter wird seit heute Mittag einfach nicht mehr besser."


    "Tu das!", erwiderte der Freund, "Mein Vater hat immer zu mir gesagt: 'Die gefährlichsten Verletzungen sind die, die am wenigsten weh tun...' oder so."


    Tychicus, der schon aufgestanden war und sich zum gehen dewandt hatte zog überrascht eine Augenbraue hoch, als er den Minidier hörte.
    Sieh an! Da hatte seine eigener Vater wohl nicht so ganz Unrecht gehabt!
    Er unterdrückte das Bedürfnis, sich noch einmal umzudrehen und verließ die Unterkünfte in Richtung Lazarett.

    "Curator Libris?" ,
    Tychicus staunte nicht schlecht und nickte dem Sklaven dankbar zu, der ihm jetzt seine Fackel reichte.
    "Und Verwalterin der Bibliotheca! Wie kommt man in so jungen Jahren schon zu einem solchen Amt?"


    Natürlich durch einflussreiche Freunde oder einen guten Ruf, beantwortete Tychicus sich die Frage selbst, aber er wartete trotzdem gespannt auf die Antwort von Furia Stella.
    Dann fiel ihm ein, dass er seine Vortstellung versäumt hatte und fügte hinzu:
    "Mein Name ist übrigens Redivivus Tychicus, ich bin Probatus bei den Cohortes Urbanae. Ich bin erst in meiner Grundausbildung, denn ich bin erst vor kurzem nach Roma gekommen."

    "Jawohl Princeps Prior!"
    antworteten die Probati erleichtert und fielen ersteinmal über den Brunnen her, um sich eine Erfrischung zu gönnen.
    Tychicus war stolz, dass der Princeps Prior Decimus ihn ausgewählt hatte, um die Kameraden morgen wieder auf den Exerzierplatz zu führen. Es zeugte davon, dass er eher positiv als negativ aufgefallen war. Nachdem auch er sich an dem wunderbat kühlen Wasser gelabt hatte, fuhr er sich mit dem Handrücken pber den Mund und seufzte erleichtert.
    Ein weiteter Tag war gemeistert und sie schritten auf ihrem Weg zum Miles, und damit zum vollwertigen Mitglied der Cohortes Urbanae, immer weiter fort.


    Erschöpft, aber in der Gewissheit, heute eine gute Leistung gebracht zu haben und einige Fortschritte gemacht zu haben, machten ich die Rekruten auf den Weg zu den Unterkünften.


    SimOff: Fortsetzung in den Unterkünften folgt bald, habe leider jetzt direkt keine Zeit mehr.

    Hatte er wirklich geschlafen?
    Es war Tychicus nicht so vorgekommen. Was allerdings nichts zu sagen hatte, denn oft genug kam es vor, dass er totmüde abends ins Bett sank, am nächsten Morgen wieder aufwachte und das Gefühl hatte, als hätte er gerade erst die Augen zu gemacht.


    "Eine Fackel! Das ist wirklich sehr freundlich von euch!",
    freute sich der Rediviver.
    Dann runzlete er die Stirn.
    Er sah die Schriftrollenbehälter in der Hand des einen Sklaven und hörte die Worte der jungen Frau, dass sie es auch nicht mehr weit habe bis nach Hause.


    "Habt ihr etwa ein Amt in der Schola Atheniensis inne, in der Bibliotheca oder etwas ähnliches?"


    Alte Erinnerungen wurden in ihm wach, diesmal waren es (überraschenderweise) gute. Als Junge und Jugendlicher hatte er das Lesen geliebt, er hatte alles verschlungen, was er zuhause in die Hände bekommen hatte, von den Satiren des Horaz über Geschichten des Ovid bis hin zu älteren Texten von Cicero oder sogar Caesar.


    Er bedauerte es, dass es bereits so spät am Tage war und keine große Zeit mehr blieb, um sich ausführlich zu unterhalten...

    Tod.
    Tot sein.
    Ein Ende für immer.
    Und Leere hinterlassen
    bei denen, die liebten...
    Aber was war mit den gehassten, den unbeliebten, den Verbrechern, Verrätern?
    Denjenigen, die von niemanden geliebt, von niemandem gemocht worden waren?
    Stimmte es denn, was die Philosophen, die Priester, all diese weisen Männer sagten? Dass der Tod nur eine der vielen Hürden ist, die man im Leben nehmen muss? Dass es weitergeht danach - irgendwie?
    Aber was interessierte ihn jetzt schon, wie es den Toten ging... Er saß hier an einem Baum, in der hereinbrechenden Nacht, mit einer Schriftrolle direkt neben seinen ausgestreckten Beinen.
    Moment.
    Eine Schriftrolle?!


    Erschreckt fuhr Tychicus aus seinen dunklen Gedanken hoch, richtete sich auf, noch etwas wacklig auf den Beinen, und überlegte, was die Frauenstimme da gesagt hatte.
    Es war eine junge Frau, die sich ängstlich hinter einem ihrer zwei Sklaven versteckte.
    Hilfe?


    "Nein, danke, ich brauche keine Hilfe. Verzeiht, wenn ich euch erschreckt habe. Ich habe irgendwie die Zeit vergessen... Es ist ja schon richtig dunkel..."


    Was auch stimmte, Tychicus war selbst überrascht, wie dunkel es schon geworden war, und er bereute sofort, sich keine Fackel oder Lampe von der Castra mitgenommen zu haben.

    Viele Stunden harter Arbeit?!
    Lächerlich!
    Tausende Stunden harter Arbeit!!
    Und das, als ob sie nicht schon heute weit genug gelaufen wären, um minestens von Roma bis über die Alpen zu kommen!
    Und eine Pause schien ihr Ausbilder ihnen auch nicht gönnen zu wollen. Das schlimmste war, dass sie hier nicht nur einfach draufloslaufen konnten, sondern auch noch die Formation halten mussten. Das funktionierte zwar schon viel besser als am Anfang ihrer Formalübung, aber mit zunehmener Erschöpfung ließ auch die Konzentration von Tychicus und seinen Kameraden immer mehr zu wünschen übrig.
    Ob sie wollten oder nicht, ihre schöne Marschkolonne geriet zunehmend ins Wanken, je mehr einzelne von ihnen ins Stolpern gerieten. Auch dem Rediviver ging das kräfte- und konzentrationszehrende Training schon bald mächtig an die Substanz; Mit zusammengebissenen Lippen stellte er sich gerade vor, dass er - wenn er an einer Stelle stehen bleiben würde - wahrscheinlich schon nach wenigen Augenblicken in einem wahren Schweißsee stehen würde. Er bekam beinahe Angst, dass bald alle seine Körperflüssigkeit in Form von Schweiß aus ihm herausgeströmt sein würde er wie eine leere Hülle umfallen würde.
    Aber auch nur beinahe.
    Sein gesunder Menschenverstand sagte ihm, dass so etwas überhaupt nicht möglich war.
    Er würde wahrscheinlich schon viel früher umkippen...

    Es zeigte sich immer mehr, je länger die Übung dauerte, dass die Defizite der Truppe nicht von mangelndem Können oder Einsatz herrührten, sondern einfach von magelnder Erfahrung.
    Was jedoch nicht unbedingt negativ zu sehen war.
    Denn am Ende waren sie zwar alle mit den Nerven am Ende und auch nicht mehr gerade in körperlicher Bestform, dafür bewegte sich ihre Formation aber so vorbildlich, dass kein Trupp altgedienter Legionäre es hätte besser machen können.
    Das fand auf jeden Fall der Rediviver, und nach dem Gesichtsausdruck ihres Princeps Prior zu schließen der sich im Laufe des Training sichtlich gebessert hatte, war dieser zumindest einigermaßen zufrieden mit seinen Rekruten.


    Und nicht nur er war zufrieden, auch die Neulinge einschließlich Tychicus machten einen leicht erschöpften, aber stolzen Eindruck. Innerhalb weniger Stunden hatten sie bewiesen, dass sie es würdig waren, der Stadt Rom als Cohortes Urbanae zu dienen.


    So lange die Aufgabe nur darin bestand, formiert zu marschieren... :D.


    ...was natürlich nicht der Fall war...:(
    Tychicus ahnte, dass noch einmal viele Stunden harter Arbeit vor ihnen lagen, bis sie auch nur in den Rang des Miles erhoben würden...

    Die Sonne näherte sich zunehmens dem westlichen Horizont und überzog die Stadt und das Italische Umland mit einen rosaroten Lichtschimmer.
    Tychicus schlenderte durch das kleine Wäldchen, das sich zwischen der Via Nomentana und der Via Tiburtina Vetus erstreckte. Man sollte gar nicht meinen, dass man sich hier schon innerhalb der Stadtmauern Romas befand, so idyllisch und friedlich war die Atmosphäre unter den Kronen Bäume.


    Ein weiterer harter Tag seiner Grundausbildung lag hinter dem Probatus der Cohortes Urbanae und Tychicus genoss die Ruhe, die er sich an diesem Abend gönnte.
    Er hing jedoch trüben Gedanken nach, wie er so durch den Wald schlenderte, denn die Einsamkeit, die ihn in der friedlichen Umgebung des Waldes überkam, kam nicht nur davon, dass weit und breit keine Menschenseele zu sehen war.
    Trotz der neuen Freunschaften, die der Rediviver inzwischen mit seinen Kameraden bei den Stadtkohorten geschlossen hatte, erfüllte ihn immer noch ein Gefühl der Leere, etwas, das sich schwer verdrängen ließ und schon gar nicht die Hoffnung zuließ, dass es nur ein vorübergehendes, vergängliches Gefühl war.
    Eine Welt war für Tychicus untergegangen, unweigerlich verloren - und doch nicht vergessen.


    Mit hängendem Kopf ließ sich Tychicus am Fuß einer riesigen Kiefer in das weiche Gras sinken, legte den Kopf in den Nacken und beobachtete, wie das Licht des Tages langsam vom östlichen Himmel verschwand und die ersten Sterne sich am dunkelnden Horizont zeigten. Die Vögel des Tages verstummten einer nach dem anderen, und wie ein schemenhafter, schwarzer Fleck am Himmel huschte eine Fledermaus durch die Baumkronen, auf der Suche nach Beute.


    Jeder andere hätte nichts als Glück empfunden angesichts dieses friedlichen Idylls, doch der junge Mann, der reglos am Stamm des Baumes lehnte, hatte keinen Sinn für solcherlei Dinge - jedenfalls im Augenblick nicht.


    Sim-Off:

    Frei für jeden, der mag :)