Beiträge von Manius Aurelius Orestes

    Orestes wusste nicht, wie er die mehreren Ähs in der Antwort des Consuls deuten sollte, aber darüber würde er sich jetzt nicht weiter den Kopf zerbrechen, auch wenn die Frage nach einem Patronat, sich in ihm festsetzen würde, auch wenn andere Dinge, wie Wahlkampf und Augurat erst einmal Aufmerksamkeit verlangten, wenn er vom Privatleben mal absah.


    Zu diesem Zeitpunkt konnte er jedenfalls mit sich zufrieden sein, was die Unterstützung durch einflussreiche Senatoren betraf. Deswegen bedankte er sich beim Consul und leitete das Ende des Gesprächs ein, in dem er sagte: "Ich danke Dir, Consul Aelius, es ist mir eine Ehre und eine Freude, dass Du unsere Familie schätzt. Jetzt will ich Dich aber nicht weiter von Deinen consularischen Pflichten abhalten. Ich nehme an, dass ich dann eine Einladung zur Vorstellung im Senat bekomme?"

    "Ah, salve, Marcus, schön zu sehen, dass Du wieder auf den Beinen bist, hat Dich Siv gesund gepflegt , sagte Orestes anspielungsreich auf die Begrüßung seines Vetters. Als dieser an ihm vorbei in sein Cubiculum ging, folgte ihm Orestes, setze sich allerdings nicht, da es nicht lange dauern sollte.


    Weißt Du, ich wollte Dich gar nicht lange aufhalten, nur kurz die Sache mit den Kollegien. Ich denke, ich würde die Auguren bevorzugen. Wenn die also zufällig demnächst jemanden aufnehmen wollen, sollten wir schauen, ob wir mich da nicht platzieren könnten.

    Er hätte am liebsten antworten wollen, Mantua? Das ist ja noch weiter im Norden, aber ihm viel glücklicherweise ein, das Nuala ja von noch weiter im Norden kam, und dass er sie damit hätte unnötig beleidigen wollen, was ihm grundsätzlich (wenigstens meistens) fremd war.


    Die Freude, die gerade noch aus Nualas Gesicht gesprochen hatte, war verschwunden, das missfiel dem Aurelier, denn diese Freude hatte ihm wenigstens ein wenig Helligkeit in die Trübe gebracht. Vielleicht hatte sie ja recht, dass seine winterschlaf-ähnliche Einigelung ihn nicht weiterbrachte - und dass er raus musste. In diesen Gedanken hängend fragte er nach - "Wer fährt denn alles mit - nach Mantua, meine ich? Ursus?"


    Nicht dass es viel bedeutete, redete er sich ein, aber fragen kann man ja mal, dachte er bei sich.

    Aurelius Orestes musste sich wohl bemühen, deutlicher und klarer seine Gedanken in Sprache zu fassen, da solche Missverständnisse nur peinlich werden könnten. Nicht, direkt werter, Konsul. Sicherlich gibt es keinen unter den Römern - außer dem Kaiser - der als Patron angesehener wäre als Du, und alleine schon deshalb wäre ein solches Ansinnen meinerseits viel zu weit und zu hoch gegriffen. Ich wollte, viel bescheidener, nur nach Deiner Stimme bei dieser Wahl fragen, denn das weißt Du selber besser als ich, dass die Senatoren schauen, wie Du abstimmst. Und wenn Du meiner Kandidatur durch Deine Stimme Glanz gibst, wäre mir ein positiver Ausgang der Wahl schon viel sicherer.,


    trug er nun blumig, aber bescheiden und irgendwie deutlicher sein Anliegen an den Konsul vor.

    Ein ungewöhnlich schweigsamer Sklavenjunge brachte einen Brief für der nicht nur durch die ungewöhnliche Form ( ein Papyrus der um eine Rose gerollt war) sondern auch durch die Auszeichnung - "An Tiberia Arvinia persönlichst". Auffällig war. Der Inhalt des (natürlich versiegelten Schreibens) war folgender:


    Liebste Arvinia,
    ja es ist viel Zeit vergangen und es war für mich eine Zeit, die mehr von Nebeln und Dunkelheiten, denn von Sonnenschein geprägt war. Ob es nur die Trennung von Dir war, wie ich Dir gerne schreiben würde, kann ich nicht sagen. Was ich allerdings sagen kann, ist dass mit dem Empfang Deiner Zeilen mich sehr erleichtert fühlte, gerade zu leicht geworden, als ob die Schwere des Seins sich in eine Leichtigkeit verwandelt hätte. Aber auch diese Leichtigkeit wird mir unerträglich.


    Doch es gibt Hoffnung. Ich sprach mit Corvinus, meinem Vetter, der die politischen Wege meiner gens in Händen hält und mit Deinem Tiberius Durus - so dies in diesen Zeiten möglich ist - befreundet ist. Ich glaube er hat etwas in die Wege geleitet, was unter einigen Umständen, wenn es Dir so geht wie mir, durchaus erfreulich sein könnte. Mehr kann ich dazu aber noch nicht sagen.


    Was das Theater anbelangt, spielen sie im Teatrum Balbi (das ist klein und recht beschaulich und beheizt!) einige gute Dinge, wie wäre es wenn ich Dich übermorgen zur Zeit der Cena abholen käme, wir könnten eine Kleinigkeit essen und dann das Stück anschauen?


    Ich würde mich freuen, schönere Worte aus meinem Calamus fließen zu lassen, aber weil mir das in diesen Tagen nicht allzuoft gelingt, sei Dir diese Rose als Ersatz für sie geschenkt.
    m.

    Am nächsten Tag nahm er die Tafel noch einmal her und schrieb den Inhalt (mit nur wenigen Veränderungen auf ein schönes Papyrus, das er um eine aus dem Garten stiebitzte Rose rollte und dann einem Sklavenburschen gab, schrieb.


    Der Bursche sollte es schnellst möglich zu den Tiberiern bringen, und keinem der Sklaven etwas davon erzählen, wenn er sich eine Tracht Prügel ersparen wollte - außerdem würde er für das Stillschweigen, eine kleine Belohnung erhalten. Er versprach es und zog ab.

    Es schien der Priesterin so, als ob sich die gute Vorbereitung und Durchführung des Opfers gelohnt hatte, sie konnte keine Fehler an den Vitalia entdecken. "Litatio", rief sie deshalb erfreut aus.


    Und die restlichen Tätigkeiten (einschließlich des Aufräumens) wurden von den Tempeldienern in gewohnter Zuverlässigkeit vollbracht.

    Auf dieses Wort, auf das alle schon wie gebannt warteten, hin bekam das Opfertier ein Hieb in die Sehnen der Hinterläufe und fiel - ein Ereignis das die Kuh vielleicht erwartete, vielleicht auch überrascht vernahm. Dieser Gedanke wäre dann aber auch ihr letzter gewesen, den schon kam der erlösende, sie zum (hoffentlich) vollkommenen Opfer machende Schnitt, der ihr die Halsschlagader durchtrennte, und in schnellen Fluss mehrere Liter Blut entfließen ließ, das zumindest teilweise aufgefangen wurde.


    Als die Kuh ausgeblutet war, machten sich die Opferdiener an ihr eingeübtes Werk. Nachdem die Zeit bis jetzt langsam und gemächlich - wie ein adagio - verflossen zu sein schien, ging sie mit dem schnellen Blutfluss in ein allegro maestoso über. Die vitalia wurden entnommen und der Priesterin in einer goldenen Schale gereicht, während andere Diener die Kuh fachmännisch zerlegten und die Teile, die dem Brandopfer übergeben werden sollten von denen trennten, die nachher verteilt werden würden.


    Währenddessen schaute die Priesterin genau - schließlich war es eine Hochzeit und dieses Opfer war wie eine Wurzel eines Baumes, der als Frucht starke Römer und kluge Römerinnen hervorbringen sollte, da durfte man nichts übereilen.

    "Ja, Consul Aelius. Ich bin fest dazu entschlossen.", dann wartete er einen halben Moment, bevor er den zweiten Grund seines Kommens, der mit dem ersten in direkter Verbindung stand, zu nennen. "Da ist noch etwas. Es ist wohl niemand in Rom, der das besser wüsste als Du, es sind jedesmal viele gute Kandidaten auf Deiner Liste. Und vielleicht fragen Dich auch alle, ich möchte es dennoch nicht unterlassen, Dich um Deine zu Unterstützung bitten."

    Auch wenn ihm der Purgitier die Unterstützung nicht direkt zusagte, sondern nur mit einer - wenn auch äußerst hypothetischen - Bedingung, war Orestes mit dem Gespräch zufrieden. "Ich danke Dir, Senator Purgitius", sagte er deswegen, "für Deine mögliche Unterstützung - denn es werden sicherlich noch einige andere gute Kandidaten auftauchen, wenn auch keine Hundertschaften. Und natürlich danke ich Dir auch für Deine kostbare Zeit, die Du mir geschenkt hast."

    Dass der Purgitier schon einen Vetter zweiten Grades als eher entfernte Verwandtschaft einstufte, erschien dem jungen Aurelier schon etwas merkwürdig - aber das ließ er sich das nicht anmerken. "Die Flavier und TIberius Durus sind Freunde der Familie. Bei Consul Aelius werde ich bei der Bekanntgabe der Kandidatur vorstellig werden. Vielleicht, wenn es sich anbietet bei den Germanicern."

    "Ja, gut. Ich überlege es ein wenig und sage Dir dann Bescheid.", sagte Orestes abschließend zum Thema der collegia. Erfreut, dass sein Vetter auf den gutgemeinten Ratschlag sich etwas zu erholen einging, stimmte er natürlich seiner Bitte gern zu.Gut. Lass einfach nach ihr schicken, ich werde sie zu Deiner Gesundung freistellen. :D


    Dann wandte er sich zum Gehen und beendete somit das Gespräch mit einem ernstegemeinten: Vale bene!

    Corvinus begann jetzt auch noch zu husten, so dass Orestes klar wurde, dass er den guten Vetter nicht von der Arbeit abhalten sollte, damit der sich irgendwann einmal ins Bett legen könnte. "Gut, da hast Du recht. Das collegium augurum wäre vielleicht auch interessant. Am besten denke ich noch einmal darüber nach. Dann sehen wir, bene? Er machte nur eine kurze Pause, dann sagte er dabei aufstehend: Jetzt musst Du aber wirklich etwas für Deine Gesundheit tun. Nicht, dass Du dir etwas einhandelst, dass dich am heiraten hindern könnte..

    Irgendwo aus dem Hinterkämmerchen seines Gedächtnisses kam ihm das ganze wieder, das Schiff, ide Hochzeit auf dem Meer. Richtig. "Schön. Da werden wir - wenn das Wetter mitspielt ja eine schöne Feier haben." Er wollte sich beinahe schon wieder erheben, da fiel ihm noch etwas ein. Ach, nur so nebenbei. Wann wird eigentlich Dein Platz im Siebenmännergremium wiederbesetzt? Und gibt es da schon Kandidaten?"

    "Ich danke Dir für Deine ermutigenden Worte.", sagte Orestes bescheiden. Die Nachfrage nach den genauen Familienverhältnissen hatte er nicht erwartet, so dass er einen kurzen Moment nachdenken musste. "Corvinus ist mein Vetter zweiten Grades, während Avianus mein Neffe dritten Grades ist. Das heißt mein Großvater der Senator Aurelius Crassus, über den ich auch den Ordo habe, war der Bruder von Corvinus Groß- und Avianus Urgroßvater."

    "Salve, Consul Aelius Quarto", sagte Orestes, als er eintrat. Ich freue mich, dass ich gleich zu Dir vorgelassen wurde. Dein ägyptischer Sklave wird Dir mein Anliegen sicher schon überbracht haben.


    Das Arbeitszimmer des Consul zeugte von Geschmack. Aber das sollte nicht weiter verwundern, dachte sich Orestes und fuhr fort. Ich möchte mich um ein Amt in der Schar der Zwanzigmänner bewerben.

    Das Grinsen des Purgitiers deutete Orestes mal als positiv, wenigstens war so die Unterhaltung nicht allzuernst. Dann kam die erwartete Frage, warum er gerade ihn unterstützen sollte. Nun, große Erfahrungen habe ich natürlich noch nicht viele gemacht. Aber das ist bei einem Kandidaten für ein Vigintivirat ja nicht außergewöhnlich, sondern eher der Normalfall. Ich könnte als erstes natürlich eine Menge an Verwandschaft vorweisen, die auch wenn sicherlich ein Name heute nicht mehr viel heißen muss, in den letzten Jahren doch durch ihre gute Arbeit gerade auch im cursus aufgefallen sein sollte. So unter anderem Dein Klient Avianus. Weiters könnte ich vorweisen, dass ich ein guter Römer bin, dass ich den Göttern und dem römischen Imperium treu war und ihnen nun im cursus honorum zu dienen wünsche. Doch dieses oder ähnliches wird nun auch wieder jeder vorzuweisen haben. Doch, wenn auch nur anfanghaft, so habe ich dies aber auch schon an einer wichtigen Stelle zu zeigen versucht: als Priester im Tempel des kapitolinischen Iuppiter. Das ist zwar nicht besonders viel aber auch nicht wenig, weil wir ja alle um die Wichtigkeit der pax deorum für das Imperium wissen."

    Waren sie damals auch diesem Sklaven mit ägyptischem Akzent begegnet? Wahrscheinlich schon. Als er nach seinem Wunsch fragte, antwortete Orest:


    Ich möchte den Consul Aelius Quarto sehen, um meine Kandidatur zum Vigintivir bekanntzugeben.

    Orestes musste doch glatt vergessen haben herein zu rufen, aber der Nubier hatte schon verstanden und öffnete die Tür und brachte den Brief herein. “Ja, geh nur." Als er das Billet in Händen hielt, war er doch etwas aufgeregt. Also öffnete er es langsam und behutsam und las den Brief einmal, nein zwei oder dreimal durch und sein Herz - machte seit langem wieder - Sprünge. Er war von Arvinia. Und sie sprach von Sehnsucht, und von Kribbeln und vom Theater und von Hoffnung. Er musste ihr antworten. Nur wie? Er nahm sich einen Bogen Papier und begann. Als er nach einigen Versuchen merkte, dass er nur das teure Papier verschwendete, indem er das, was er schrieb als unzureichend ansehend, nach ein paar Zeilen zerknüllte und in die Ecke warf. Daher nahm er sich eine Tafel und began vorzuschreiben.



    Liebste Arvinia,
    ja es ist viel Zeit vergangen und es war für mich eine Zeit, die mehr von Nebeln und Dunkelheiten, denn von Sonnenschein geprägt war. Ob es nur die Trennung von Dir war, wie ich Dir gerne schreiben würde, kann ich nicht sagen. Was ich allerdings sagen kann, ist dass mit dem Empfang...


    Als er so ein paar Tafeln voll geschrieben hatte, legte er sie zur Seite. Er würde noch einmal darüber schlafen wollen und sie morgen schön abschreiben und ausliefern lassen.