Beiträge von Manius Aurelius Orestes

    Orestes öffnete die Tür und sah hinter einem Schreibtisch eine hagere Gestalt, die ganz offensichtlich nicht Corvinus war, sondern höchstwahrscheinlich einer seiner Scribae. Orestes ging hinein und sprach zu dem Scriba.


    Salve. Mein Name ist Manius Aurelius Orestes. Ich möchte zum Septemvir Aurelius Corvinus. In einem unspezifischen Sinn erwartet er mich sogar.

    Die Gebote gingen los. Orestes hatte gerade noch beobachtet wie das junge Mädchen auf den Kisten sich wegbewegt hatte - dieser Blick hatte seinen ersten Verdacht erhärtet. Er hatte dieses Gesicht schon einmal gesehen. Sie war sicherlich eine der Sklavinnen des Corvinus. Gut, was auch immer sie hier machte, er würde es später herausfinden.


    Das erste Gebot machte jemand, dessen Anwesenheit alleine ein Murmeln hervorrief und dass er das Anfangsgebot um das vierfache überbot, tat ein übriges. Orestes fragte die umstehenden: "Wer ist denn der Bieter?". Und die Antwort, die er bekam "Das ist der Senator Germanicus Avarus. Jeder kennt ihn.", ließ ihn darauf schließen, dass dieser Germanicer einer war, den er sich merken sollte. Also schärfte er sich das Gesicht ein.

    Orestes hatte die Worte des Händlers wohl nicht richtig verstanden, denn der ließ andere Waren hervorkramen, so dass - auch wenn Orest den Unterschied nicht wirklich bemerkte - er gleich abwinkte.


    "Nein, nein Fronto. Mir hätten diese Tuniken nach parthischer Art hier wenigstens einigermaßen gefallen. Der Rest ist für mich nicht wirklich interessant. Also gebe ich Dir 18 Denare für die VI Tuniken. Und wenn Dir das immer noch zu wenig ist - werde ich wohl bei einem anderen Schneider vorbeischauen. Es gibt davon wahrlich genug in der Stadt."


    Auch Orest wurde es langsam ungemütlich hier. Deshalb machte er einige eindeutige Gesten und Bewegungen, die andeuten sollten, dass er gehen würde.

    Der Händler -er hieß anscheinend Fronto- war mit der Lage überfordert. Zuerst die extravagante Gruppe und jetzt auch noch Orestes mit einem guten Geschäft. Der Blick des Händlers, der jetzt immer abwechselnd nach links zu Orestes und nach rechts zu der anderen Gruppe ging, schien dem Aurelier etwas gehetzt. Seso Fronto. Damit Du es weißt - ich bin Manius Aurelius Orestes - und werin Auftritt schien gelungen.
    So Du bist alde wenn Du Dich kooperativ zeigst, gewiss nicht das letzte Mal bei Dir einkaufen.


    Also diese edlen Tuniken im parthischen Stil sind nicht billig, aber für ein Mitglied der Aurelier gebe ich es natürlich gerne für zwei Aurei das Stück ab., sagte Fronto und man meinte einige Goldstücke in seinen Augen aufblitzen zu sehen. Orestes war das nicht entgangen, so dass er sich über den übertriebenen Preis nicht aufregte, sondern ganz ruhig antwortete.
    "Für diese sechs Tuniken gebe ich Dir 12 Denare. Denn sie sehen zwar etwas parthische aus, sind aber durchaus ganz normale römische Tuniken mit ein paar parthischen Details. Also kein Grund einen solchen Aufschlag zu nehmen."


    Fronto wollte sich gerade ereifern und von seinen Kindern und den Sklaven erzählen und die üblichen Geschäften erzählen, als Orestes sagte:


    Vielleicht solltest Du Dich aber auch zuerst um Deine anderen Kunden kümmern, schließlich will ich mich nicht vorgedrängelt haben."


    Dabei lächelte Orestes der Gruppe insbesondere der Dame zu und machte iene den Vortritt lassende Geste.

    Das Treiben rund um die Versteigerung zog die Aufmerksamkeit auf sich. Ein interessierter Kunde begann sich zu erkundigen. Einige andere unterhielten sich. So eine Versteigerung schien in Rom weit mehr zu sein als eine einfache Versteigerung. Man traf sich auch hier. Also begann Orestes auch in die Menge zu schauen. Ein Gesicht eines jungen Mädchens kam ihm bekannt vor. Er wusste aber nicht woher. Hatte er sie in der Villa Aurelia gesehen?


    Er überlegte - entschied aber sie bis auf weiteres nicht anzusprechen. Statt dessen schaute er weiter herum.

    Corvinus nicht so viel älter als Orestes hatte schon einiges erreicht. Sein Weg konnte Orestes nun einiges an Vorteilen verschaffen. Aber nicht nur das freute Manius Orestes - vielmehr, dass er gute Aufnahme gefunden hatte und dass sein ägyptisches Experiment offensichtlich keinen allzuschlechten Eindruck hinterlassen hatte.


    "Wenn Du auf die Bevölkerung schaust wirst Du merken, dass es sehr viele Griechen gibt. Die sind sehr griechisch natürlich. Die echten Ägypter sind aber anders. Irgendwie geheimnissvoll. Wie ihre Bauten und wie ihr Land. Die alten Bauten sind für uns unheimlich. Wie die pyramiden. Aber seit der Zeit des Makedonischen Alexanders und der Ptolemaier wurde das Land mehr und mehr hellenisiert. Der Palast hat einen fast östlichen Charme. Auch wenn versucht wird deutlich zu machen, dass der Kaiser - der römishce Pharao wie er genannt wird der eigentliche Herrscher ist, ist der Palast schon sehr prächtig."


    Er nahm wieder einen Schluck Wein. "Besonders griechisch mutet es aber an, dass sich in Alexandreia eine sogenante Ekklesia trifft - eine Volksversammlung. Du solltest es echt mal sehen - bevor es nicht mehr geht."


    Dann kam er nach einem kalten Hühnerbein mit einer interessanten Kruste wieder auf das andere Thema ihres gespräches zu sprechen:


    "Gut. Dann werde ich wohl Iuppiter wählen. Weißt Du, ich bin damit richtig zufrieden. Nach alld er Zeit des Herumstreunens und Studierens jetzt etwas vernünftiges für Rom, für unsere Familie und für mich zu tun. Das fühlt sich richtig gut an."

    Vom verrückten Schreiber war Orestes zum Septemvir Aurelius Corvinus geschickt worden. Es war zwar schon alles vorbesprochen worden. Aber jetzt würde es noch offiziell werden. Wenn Marcus alles vorbereitet hätte und schon jemanden für die praktische Prüfung ausgesucht hätte, könnte alles seine Gang gehen.


    Also klopfte Orestes wohlgemut.


    *klopf*

    Der Scriba war von einer merkwürdigen Wesensart, aber er versah seinen Dienst anscheinend gewissenhaft und gut. Da er auch die richtige Antwort parat hatte, nämlich dass Orestes zu seinem Verwandten Corvinus vorgelassen würde, konnte er von Orest aus so viele Ticks haben, wie er wollte und hätte trotzdem dem ein freundliches Lächeln und ein ebenso freundliches:


    "Vielen Dank - und vale!"


    bekommen.

    Jetzt auch noch wahrscheinlich exquisite Pasteten und andere Leckereien. Orestes nahm sich eine bemühte sich sie nicht zu verschlingen, sondern zu genießen und erwiderte:


    Sehr gut. Als Septemvir hast Du ja tatsächlich gewisse Möglichkeiten. Das freut mich. In welche Priesterschaft sollte man denn sinnvollerweise hineingehen. Iuppiter?"


    Er hörte die Namen der in Rom anwesenden Familienmitglieder. Eine ganze Schar aus seiner Generation. Das würde ein Spaß werden, freute er sich innerlich und ein Lächeln trat auf sein Gesicht."Dann ist die Villa ja recht belebt! Titus hat ein Tribunat bekommen. Sehr gut." Dann nahm er sich noch eine Pastete und eine Schluck Wein.


    "Besonders Alexandrien solltest Du sehen. Eine Stadt. Eine zweite Urbs. Wir Römer gehen ja davon aus, dass es keine zweite Stadt wie Rom gibt. Aber wenigstens Alexandria kann mithalten. Sie ist aber auch ganz anders als Rom. Ein noch viel größerer Schmelztiegel an Völkern, Nationen und Religionen. Da bin ich schon auch wieder froh es hier in Rom mit unserer Religio Romana zu tun zu haben - ganz entsprechend den Sitten der maiores."

    Nach seinem Kleidungseinkauf waren seine Mittel beinahe erschöpft - und da er mit Corvinus noch nicht endgültig über Pekuniäres gesprochen hatte. War es fast müßig auf den Sklavenmarkt zu gehen. Obwohl es ihm klar und deutlich vor Augen stand, dass er einen Sklaven oder eine Sklavin brauchen würde hier in Roma. Also nannte er es innerlich Sondierung des Marktes, dass er bei einem Händler nierderließ, der eine östlich Schönheit verkaufte. Wenn Rom sich nicht verändert hatte würde sie astronomische Summen erzielen. Orestes schaute also was passierte und schaute - wie viele andere - die Sklavin an. Hübsch war sie, jung, etwas verschüchtert, eigentlich genau das, was Orestes brauchen könnte.

    Oliven, Wein - ja so ließ es sich aushalten. Die Entscheidung nach Roma zu gehen war wirklich richtig gewesen. Deswegen hörte Orestes mit offenem Ohr dem Vorschlag des Corvinus zu - nicht ohne sich dabei zu bedienen und seine trockene Kehle mit dem Wein zu benetzen:


    Gut. Ich vertraue Deiner Einschätzung, dass Valerianus nicht viel ändern wird. Manche sagen ja auch, dass er krank sei. Mögen die Götter das verhüten.


    Womit er auch schon beim Thema angelangt wäre. Orestes hoffte, dass der Blick seines Verwandten so klar war, wie seine Argumente


    "Der Cultus Deorum. Das klingt gut. Man wird in der heutigen Zeit wahrscheinlich über kurz oder lang wahrscheinlich kein höheres Amt erreichen können, wenn man nicht auch seiner pietas Ausdruck verleiht. Und es so zu tun und gleichzeitig in die richtigen Kreise hineinzukommen. Das klingt sehr vernünftig. Du hast doch selbst auch ein religiöses Amt, oder?"

    Nicht lang nach seiner Ankunft in Roma und dem weiterführenden Gespräch mit Marcus Corvinus machte sich Manius Aurelius Orestes auf, die Beschlüsse in die Tat umzusetzen. Er würde das Amt eines Priesters anstreben. Er hoffte, dass Corvinus schon ein wenig vorbereitet hatte und die Formalitäten schnell zu erledigen waren.


    Also begab er sich in die Regia des Cultus Deorum. Er fand schnell etwas wie einen Empfang. Orestes klopfte und erwarte Einlass.

    Es war nicht so, dass er abgerissen aussah - gewiss nicht. Dennoch schien es ihm angemessen vor seinem Einstieg in die römische Gesellschaft sich etwas angemessener einzukleiden, schließlich war er nicht irgendwer, sondern der Enkel...


    Diese Gedanken flogen in seinem Kopf herum, als er einen recht ausgesuchten Laden betrat, in dem - so hoffte er es wenigstens - noch ausgesuchtere Tuniken. Immerhin waren einige im warsten Sinne gut betuchte Kunden beider Geschlechter im erstaunlich weitläufigen Laden.


    Orestes hatte keine rechte Ahnung, was genau er suchte. Es war nicht mehr üblich mit besonderen Togen zu glänzen, da man diese nur noch selten und nur zu besonderen Anlässen trug. Also eine Tunika.


    Gut, ein kurzer Blick, bestätigte, dass er keine Ahnung hatte, was man in der römischen Nobilität - und bei denen die zwar nicht wirklich dazugehörten, aber dies gerne wollten - trug. So schaute er unsicher herum. Zu Zeiten seines Großvaters war das noch einfacher gewesen...


    So lief er durch den Laden und hörte von verschieden möglichen Kunden immer wieder das Wort "parthisch". Also - so schloss er - brauchte er eine parthische Tunika. Kurz nach diesem Entschluss fiel ihm eine Gruppe ins Auge, der offen oder verdeckt anscheinend die Aufmerksamkeit fast aller Menschen hier im Laden galt.


    Orestes hatte deswegen nicht vor sich auch noch in die Szene zu bewegen, sondern schaute die parthischen Tuniken, die jetzt direkt vor ihm lagen durch. Eine Sklavin des Hauses sprach ihn an:
    ""Kann ich Dir helfen, Dominus?"


    "Ja ich brauche eine sehr feine Tunika. Gerade gut genug, dass man wegen seines guten Stiles auffällt. Nicht aber wegen seiner Extravaganz.",


    sagte Orestes und schaute sich interessiert die Stücke an, die die Sklavin ihm raussuchte. Fünf oder sechs Stück hatte sie ihm vorgelegt, als Orestes den Satz relativ laut sagte, der den Besitzer zu einem inneren Luftsprung gebracht haben sollte.


    "Ich nehme sie alle - wenn der Preis vernünftig ist."


    Da er sich noch nicht völlig auf die römische Lebensweise umgestellt hatte, hatte er keinen Sklaven mitgenommen. Deswegen musste er selber den Preis aushandeln, bezahlen und sie nach Hause tragen. Da es sich um ein kleines Sümmchen handelte brachte die Sklavin ihn zum Händler, der gerade mit der Gruppe beschäftigt war, die die Aufmerksamkeit vieler auf sich zog.


    "Entschuldige, Dominus Fronto. Der Herr möchte diese sechs edlen parthischen Tuniken kau.. äh er-werben."


    Es war der Sklavin anzuhören, dass sie versuchte ein gewähltes Latein zu sprechen, was ihr erstaunlich gut gelang.

    Eine sehr dezent in der Ecke des Raumes stehende Sklavin, die Orestes vorher nicht bemerkt hatte, entschwand - wohl um etwas zu essen zu holen. Und ab diesem Moment wusste Orestes, dass es gut war, wieder in Roma zu sein - be der Familie. Das Leben in Alexandria war doch deutlich zu einfach gewesen. Das hatte für die Zeit gepasst, aber jetzt würde er hier wieder anders leben können.


    "Meine Pläne, Vetter, sind eigentlich einfach: Ich möchte in die Politik. Gerade in dieser Zeit eines beginnenden Prinzipats müsste man dort das meiste erreichen können."


    Er lehnte sich zufrieden zurück. Wahrscheinlich würde auch ein guter Wein gereicht werden. Sehr gut, dachte er und fuhr sprechend fort:


    Das heißt, wenn man erstmal in der Gesellschaft in Rom angekommen ist. Was denkst Du, ich sollte erst einmal in wichtigen Kreisen in Rom bekannt sein und mich dann um ein Vigintivirat bemühen. Und dann sehen wir wie es weiter gehen kann, oder?

    "Ja. Tatsächlich. Traue Deinen Augen. Ich bin es Manius.",


    erwiederte Orestes die Einladung sich zu setzen annehmend.


    Hunger ja, ein wenig. Die Reise war doch appetitanregend. Ich komme gerade aus Ostia, wohin mich ein Schiff aus Alexandrien gebracht hatte. Und um Deine letzte Frage zu beantworten. ja, ich würde gerne eine gewisse Zeit hier in Rom bleiben. Das hat auch damit zu tun, warum ich Alexandrien verlassen habe.


    Er räusperte sich ein wenig, damit die Stimme bei den folgenden pathetischen Worten nicht belegt wirken würde:


    Ich bin erwachsen geworden. Ein Stück weit wenigstens und ich habe begriffen, dass ich hier in Rom, das tun muss, was ein Aurelier tun muss. Rom gestalten, wie mein Großvater Crassus. Und dafür bin ich jetzt da und will auch hier bleiben, wenn Du es mir erlaubst.

    "Ist schon gut. Geh ich werde Corvinus wecken.",


    raunte Orestes dem Sklavenjungen zu. Dann betrachte er das Adedis der Villa Aurelia. Fast wie er es in Erinnerung hatte - nur etwas stilvoller. Vielleicht war auch sein Stilempfinden in den vergangenen vier Jahren gewachsen.


    Jetzt stand er da und Aurelius Corvinus lag eingenickt auf der Liege. Es würde wichtig werden, dieses Gespräch. Von daher wollte er einen guten Eindruck machen. Sie hatten sich schließlich länger nicht gesehen und Orestes konnte sich nicht sicher sein, was Corvinus von ihm in Erinnerung hatte.


    Also stellte er sich in das gedachte Blickfeld des noch sclafenden Aureliers und sprach mit einigermaßen lauter Stimme:


    "Marcus, Du hast Besuch!"

    Ein dunkelhäutgier Ianitor mit einer sichtbar dicken Backe öffnete dem Neuankömmling die Türe. Er war kaum zu verstehen, was hoffentlich an der dickgewordenen Backe und nicht an einem prinzipiellen Sprachfehler lag. Orestes konnte also nur erahnen, was er sagte, antwortete aber als ob es eh klar wäre:


    "Salve. Ich bin Manius Aurelius Orestes - Enkel des Aurelius Crassus. Aus Alexandria nach Rom heimgekehrt, möchte ich Corvinus sprechen - er ist doch noch der pater familias hier in Roma?"


    Man hatte sein Gepäck hinter ihm abgeladen, so dass der Ianitor, wenn ihm ein Fünkchen Intelligenz zu eigen war, wusste, dass Orestes nicht nur für ein Gespräch vorbei gekommen war.