Beiträge von Louan

    Noch einer, der ins Gras gebissen hat! -->


    Ich möchte mich bei all meinen Mitspielern ganz herzlich bedanken und besonders bei Catubodus ;)

    Der Nubier kam auf mich los gestürzt. Er hatte einen Dolch und war willens, anmir den Tod seines Herrn zu rächen. Gegen ihn hatte ich keine Chance. Der aurelsche Sklave kam mir noch zur Hlfe. Doch er konnte nicht verhindern, was dann geschah. Ähnlich wie es Celsus ergangen sein musste, spürte ich nun den Dolch, der sich in meinen Körper bohrte. Der brennende Schmerz, der dabei entstand wollte nicht enden. Ich fiel zu Boden und blieb einfach liegen. Plötzlich fiel der Nubier zu Boden und sein massiger Körper begleitete mich.
    Mir war, als liefe mein ganzes Leben vor meinem Augen noch einmal im Zeitraffer ab. Da war meine Mutter, mein Großvater, Iustus und Caelyn. "Caelyn!" Ich hatte kaum noch die Kraft dazu, zu sprechen. Aber die Götter schienen mich erhört zu haben. Bevor ich in die andere Welt hinüber ging, sah ich noch einmal in das schöne Gesicht meiner Schwester. Ich hatte sie nicht aus der Sklaverei befreien können, doch wenigstens hatte ich sie vor dem Schicksal einer lupa bewahren können.
    Meine Augen wurden schwer und mir war so kalt. Es war wieder Winter in Augustodunum. Meine Schwester und ich waren wieder Kinder. In der Nacht hatte es geschneit und wir lieferten uns gegenseitig eine wilde Schneeballschlacht. Das Rufen unseres Großvaters ließ uns aufblicken. Wir wussten, was das zu bedeuten hatte. Mutter war tot.

    Er hatte verstanden und stürzte sich sofort mit seinem Dolch auf den Nubier. Somit gab er mir die Möglichkeit, Celsus hinterher zu rennen und ihn zu stoppen.
    In mir brannte eine unbändige Wut. dieser Kerl sollte bezahlen, für das, was er meiner Schwester angetan hatte! Ich zog mein Dolch und rannte durch die Tür. Mein krankes Bein war dabei etwas hinderlich. Aber zum Glück war ich ja nicht alleine. Der Sklave, der uns begleitet hatte, rannte hinter mir her. Er rannte an mir vorbei und holte den kleinen Mann ganz problemlos ein.
    "Bleib stehen du Mistkerl! Du wirst meiner Schwester nie wieder etwas antun!" Der Sklave packte ihn und hielt ihn fest. Celsus begann, nach seinem Nubier zu schreien. Aber zum Schreien sollte er nicht mehr lange Gelegenheit haben. Ich stach mit meinem Dolch mehrmals zu. Seine Tunika verfärbte sich rot. Celsus hatte einen überraschenden Ausdruck auf seinem Gesicht, als ihn das Messer zum ersten Mal traf. Vor Schmerz quiekte er auf, wie ein Schwein, das man schlachtete. Irgendwann verstummte er und sank leblos zu Boden und auch ich sank erschöpft auf meine Knie.
    "Da, der Nubier!", rief der Sklave. Ich hatte kaum Zeit, um wieder auf die Füße zu kommen.

    Ich hätte mir die Zunge abschneiden können! Wäre ich doch nur still gewesen! Die kleine Kröte hatte Verdacht geschöpft. Sonst wäre er bestimmt nicht einfach so davon geeilt. Wenn jetzt alles in die Hose ging, dann war ich schuld daran!
    Ich sah hilfesuchend zu unserem Begleiter, der uns zu diesem Lupanar geführt hatte und verzog unzufrieden mein Gesicht. Einer von uns musste diese Mistkröte aufhalten. Vorher mussten wir aber an diesem schwarzen Riesen vorbei, der sich wie eine unbezwingbare Mauer vor der Tür aufbaute. Alleine konnte ich aber den Nubier nicht gezwingen…

    Caelyns Zustand und Aussehen machte mich einfach nur noch wütend. Ich hätte mir so gerne diesen kleinen Dreckskerl vorgenommen und seine dämliche Visage eingeschlagen. Aber das wäre ziemlich unklug gewesen, solange meine Schwester nicht in Sicherheit war.


    Der Schwarze brachte Ursus und Caelyn in eines der Zimmer und war somit für einen Moment nicht bei seinem Herrn. Das wäre die beste Zeit gewesen, um sich um den Lupanarbesitzer zu kümmern. Stattdessen schwiegen wir uns gegenseitig an und blieben untätig. Ich wusste zwar genau, was ich sehr gerne tun wollte, war mit unsicher, was ich davon wirklich umsetzen konnte, ohne die Befreiungsaktion zu gefährden.
    Schließlich kam der Nubier wieder zurück und blieb mit verschränkten Armen vor der Tür zu den Zimmern stehen.
    "Wie kommt man denn an solche Huren, wie die da?" fragte ich plötzlich den kleinen Mann, weil ich es einfach nicht mehr aushielt. Dabei klang meine Frage doch sehr provokant. Es widerstrebte mir sowieso meine Schwester als Hure zu bezeichnen. Währenddessen umfasste ich mir unauffällig an meinen Dolch, der unter meiner Tunika verborgen war.

    Die Zeit in der wir warten mussten, schien endlos zu sein. Was machte der Nubier bloß? Vielleicht holte er jetzt Caelyn. Die Anspannung in mir wuchs jede Minute. Ich konnte es kaum erwarten, sie endlich wieder zu sehen. Wortlos sah ich zu meinen Begleitern.
    Dann hörte ich Schritte. Der Nubier kam in Begleitung eines kleinen schmierigen Mannes zurück. Mir fielen gleich die Kratzer in seinem Gesicht auf, ich dachte mir aber nichts weiter dabei. Ich war nur sehr enttäuscht, denn ich hoffte, meine Schwester wieder zu sehen.

    Dieser Kerl laberte etwas von einer Gallierin aus Lutetia. Fast schon zweifelte ich daran, dass Caelyn wirklich hier war. Etwas drängte sich in mir auf, darauf zu widersprechen. Ich zog es aber besser vor, die Klappe zu halten.
    Der kleine Mann schickte den Nubier los, diese Letitia zu holen. Während wir wieder warteten, redete er belangloses Zeug, nichts was interessant war. Ich hörte gar nicht zu, denn ich wollte nur eins, meine Schwester wieder haben.
    Dann ging die Tür zum Innenhof auf und der Nubier trat mit einem Mädchen ein. Das war Caelyn! Das war meine Schwester! Ich konnte es kaum glauben!
    Ihr Anblick versetzte mir einen Schlag und berührte mich peinlich. Sie war fast nackt. Ich versuchte, meinen Blick von ihr abzuwenden, aber es ging nicht. Etwas stimmte nicht mit ihr.
    Auf gar keinen Fall durfte ich etwas sagen! Ich musste warten, bis Ursus mit Caelyn in Sicherheit war und dann würde ich mir dieses Schwein vornehmen!

    Unser Begleiter nickte mir zu. Dann konnte es jetzt los gehen. Zunehmend stieg meine Nervosität. Ich überprüfte noch einmal, ob der Dolch, den ich unter meiner Tunika trug, noch da war, bevor ich zur Tür schritt. Bevor ich endlich anklopfte, sah ich mich noch einmal um. Bisher waren mir meine Götter gleich gewesen, denn sie hatten sich nie um mich gekümmert. Heute aber hoffte ich, Taranis würde alle diejenigen mit seinen Blitzen treffen, die meiner Schwester böses angetan hatten.
    Dann klopfte ich und wartete.
    Kurze Zeit später öffnete sich die Tür und ein dunkelhäutiger Riese baute sich vor mir auf. Keine Frage, das war der Nubier. "Was willst du?" Er musterte mich und sah dann zu meinen Begleitern.
    Mir hatte es doch tatsächlich die Sprache verschlagen, aber ich riss mich zusammen und ließ mir irgendeine Geschichte einfallen.
    "Mein Herr, sein Name soll nicht genannt werden, möchte ein paar schöne Stunden in diesem Haus verbringen."Der Nubier lenkte seinen Blick nochmals zu Ursus. Er konnte unschwer erkennen, dass dieser Kunde nicht der üblichen Klientel entsprach, die in diesem Lupanar verkehrte. Er war viel besser gekleidet und wenn er mit einem solchen Tross von Sklaven unterwegs war, konnte man davon ausgehen, dass es ich um eine wichtige oder zumindest um eine sehr reiche Person handelte.
    "Kommt rein! Die Sklaven bleiben aber draußen!" Der Nubier hielt nun einladend die Tür auf, damit wir eintreten konnten. In einer Art Vorraum kamen wir zum stehen. Ich sah mich um. Die Wände waren mit anzüglichen Malereien verziert, die den Kunden die verschiedenen Dienstleistungen der lupae aufzeigten. Teils war die Farbe schon abgeblättert. Auch das Mobiliar machte eher einen schäbigen Eindruck. Doch der Geruch raubte mir fast den Atem. Ein Mief der sich aus ranzigem Lampenöl mit der verbrauchten abgestandenen Luft und Körperausdünstungen mischte.
    "Womit können wir dienen, Herr?", fragte der Nubier und sprach Ursus dabei direkt an.

    Ich konnte mir nicht vorstellen, einfach so in den Laden hinein zumarschieren, nach meiner Schwester zu verlangen und wieder unbeschadet hinauszumarschieren. Niemand von uns konnte genau sagen, was uns da drinnen erwartete.
    "Ja, so machen wir´s! Keine Angst, ich warte den richtigen Moment ab! Jetzt klopfe ich erst mal an und sage, du hättest gerne eines von den Mädchen. Wenn sie dir Caelyn bringen, dann geh mit ihr und pass auf sie auf. Wir beide und die Sklaven kümmern uns um den Rest der Bande!" Ich sah nochmal zu unserem Begleiter, ob er irgendwelche Einwände hatte. Das Wohl meiner Schwester lag mir besonders am Herzen. Ich würde nicht den Helden spielen und somit vielleicht unseren ganzen Rettungsplan zu gefährden.

    Dieser Mann brachte uns schließlich zu diesem Lupanar, in dem angeblich meine Schwester gefangen gehalten wurde. Der schmuddelige Laden passte genau in die miese Gegend. Hoffentlich hatten sie ihr noch nichts angetan!
    Jetzt fragte er genau das, was ich mir die ganze Zeit schon überleget hatte. Ich blieb dabei, die einfachste Art in ein Lupanar zu kommen, war als Kunde. Bevor ich allerdings meine Meinung kundtat, trat ich zu Ursus. "Wir sollten so tun, als wollten wir hier unser Vergnügen suchen. Vielleicht finden wir so Caelyn."
    Mir war allerdings noch schleierhaft, wie wir mit Caelyn türmen konnten.

    Schweigend folgte ich den beiden. Ich fragte mich die ganze Zeit, was Ursus dem Jungen zugeflüstert hatte. Fand aber keine Antwort darauf.
    Dann überlegte ich, wie wir in dieses Lupanar hineinkamen, ohne großes Aufsehen zu erregen. Naja, das Einfachste war wohl, wenn wir so taten, als wären wir Kunden. Mir war zwar dabei nicht wohl. Aber eine andere Möglichkeit sah ich da nicht. Aber vielleicht hatte ja Ursus noch eine bessere Idee.
    Er unterhielt sich mit diesem Kerl. Dabei konnte man immer noch sein Misstrauen heraushören. Ob der Kerl wirklich Dreck am Stecken hatte? Für mich war das im Moment nebensächlich. Hauptsache er half uns, Caelyn zu finden.

    Er nahm das Geld, das er von Ursus bekommen hatte und steckte es ein. Dann ging es auch schon los und wir folgten ihm.
    Unterwegs beschrieb er ganz genau Caelyns Kleidung. Spätestens jetzt hatteich zumindes keinen Zweifel mehr, dass er die Wahrheit sprach.
    Er führte uns zu der Stelle wo sie entführt worden war. Das war nicht gerade eine vertrauenswürdige Ecke gewesen. Absolut geeignet, um jemanden zu überwältigen, ohne dasses dabei Zeugen gab.
    Ich sah mich automatisch um, ob ich vielleicht einen Hinweis finden konnte, der auf meine Schwester verwies. Ein Stück ihrer Kleidung vielleicht. Aber da war nichts. Aber da erkannte ich in der Ritze des Pflasters etwas Glänzendes. Ich bückte mich danach und fand Caelyns Anhänger, den sie immer trug. Das Lederbändchen war zerrissen. Offenbar hatte sie es verloren, als sie sie überwältigt hatten.
    "Da, das gehört Caelyn!" Ich hielt Ursus denAnhänger hin,damit er sich überzeugen konnte.

    Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte! Dieser Mann hatte sie gesehen und er wusste sogar, wo sie war. Das war die beste Nachricht desTages! Aber dann kamen seine Bedingungen, die mir glatt die Sprache verschlugen. Dass er seine Identität nicht preisgeben wollte, konnte ich ja noch verstehen. Früher, als ich noch in Gallien lebte, hatte ich öfters mit solchen lichtscheuen Typen zu tun. Dann verlangte er aber auch noch tausend Sesterzen! Ich konnte nicht begreifen, dass er aus Caelyns Not auch noch Profit schlagen wollte.


    Ursus kam mir zuvor. Er lehnte seine Forderung sofort ab. Verdammt, ich wusste nicht, was ich machen sollte. Soviel Geld hatte ich nicht und soviel bekäme ich in einem Jahr nicht zusammen.
    Ursus bot ihm dreißig Sesterzen für den Anfang. In den Ohren des Fremden musste das ganz schön lächerlich klingen, auch wenn Ursus ihm mit den Cohortes Urbanae drohte.
    "Sie ist meine Schwester! Bitte, ich habe nicht so viel Geld. Bitte hilf uns trotzdem!"
    Kaum hatte ich das gesagt, begann er zurück zu rudern. Er war mit weniger zufrieden und er begann zu reden. Demnach steckte Caelyn tatsächlich in großen Schwierigkeiten! Sie war entführt worden und man hatte sie in ein Lupanar gebracht.
    Ich konnte nicht mehr zurückhalten. Das war einfach zu viel! Meine Augen weiteten sich und ich begann laut loszuschreien.
    "In ein Lupanar? Nein, bloß das nicht! Nein! Hilf uns! Du musst uns helfen! Zeig uns, wo sie ist! Schnell!" Wir durften keine Zeit mehr verlieren.

    Ich befürchtete, der Kerl war mit meinen Fragen ganz schön überfordert. Da kam es ihm gerade recht, als Ursus seine Würstchen lobte und zwei Portionen bestellte. Ich wollte erst etwas dagegen einwenden, dass ich gar keinen Appetit hätte. Aber vielleicht ging Ursus Strategie ja auf, wenn er dadurch hoffte,der Kerl könne sich dann besser erinnern, wenn er etwas verdiente.
    "Oh, ja äh danke! Zwei Portionen. Kommt sofort!" Man konnte ihm ansehen, wie er erleichtert aufatmete, als die Bestellung kam. Jetzt konnte er endlich wieder das machen, weswegen er eigentlich da war. Aber kaum kam er mit den Würstchen an, nahm Ursus ihn wieder in die Mange und fragte ihn aus. Das Lächeln verschwand schlagartig aus seinem Gesicht. Schon wieder die lästigen Fragen!
    "Äh welcher Kerl? Ach der Kerl! Äh, nein. Den hab ich noch nie gesehen. Weiß nicht, worüber die geredet haben. Ich hatte ja hier zu tun und kann nicht aufpassen, worüber meine Gäste reden. Und außerdem, die hatte ja auch gar nichts bestellt." Wenigstens das wusste er noch! Langsam wurde es mir zu bunt. Eigentlich war ich ja ein ganz friedlicher Mensch. Aber dieser Typ strapazierte meine Nerven. Ich hatte große Lust, ihm eine in seine dämliche Fresse zu schlagen. Sein Glück, dass sich auf einmal einer der anderen Gäste rührte.
    "Was hast du gesagt? Du kannst uns helfen? Weißt du was über sie? Hast du sie gesehen?"

    Der Alte schaute ganz schön dumm, als Ursus begann, meine Schwester zu verteidigen. Caelyn war vielleicht irgendwann mal eine Diebin gewesen, aber jetzt nicht mehr. Er beschwörte ihn, sich zu melden, falls er was über sie noch was erfuhr oder sie sogar sah. Mehr konnten wir hier auch nicht mehr ausrichten. Der Alte nickte und versicherte uns, uns unterstützen zu wollen, besonders dann, als Ursus ihm eine Münze in die Hand drückte.
    Wir verließen diese Gasse wieder und gingen zurück, dort wo das Marktleben pulsierte. Unser nächstes Ziel sollte die Garküche sein, zu der es auch Caelyn gezogen hatte. Ich war mir nicht sicher, ob sie dort nach einer Arbeit gefragt hatte, oder ob sie einfach nur etwas essen wollte. Am besten, wir fragten uns wieder durch.
    Ein wenig entmutigt sah ich zu Ursus. Wie konnte ein Mensch nur so spurlos verschwinden? Vor uns rückte die Garküche in unser Blickfeld. Ein Mann hantierte an der Theke und bediente seine Kundschaft. Es roch verlockend nach gebratenen Würstchen. Der Duft überdeckte alles. Aber mich ließ er kalt. Ich hatte keinen Hunger, solange ich nicht wusste, was mit meiner Schwester los war.
    Wir warteten, bis seine Kundschaft weg war. Der Mann hinter der Theke sah uns freundlich mit seinen Kulleraugen an. "Salvete, womit kann ich dienen?", fragte er schleppend.
    "Wir wollen nichts essen! Wir möchten nur eine Auskunft!" Ich holte meine Zeichnung hervor und hielt sie ihm vor sein Gesicht. "Hast du diese Frau gesehen? Sie soll gestern hier bei dir gewesen sein." Der ,Mann sah sich das Bild genau an und kratze sich am Kopf. "Ähhh, ich äh weiß nicht. Kann sein. Warum, hat sie was ausgefressen?" Er war nicht wirklich von der schnellen Truppe, weder beim reden, noch beim denken. Ich schüttelte den Kopf. "Nein, hat sie nicht. Schau dir das Bild noch mal genau an. Sie soll gestern hier gewesen sein. Vielleicht hat sie nach einer Arbeit gefragt."Der Mann sah noch einmaleingehend auf das Bild. Diesmal gab er sich richtig viel Mühe. "Ähh, ja. Ich glaube, die war hier. Gestern. So ein Kerl hat sich mit ihr unterhalten. Ich glaube, die suchte etwas. Sie ist mit ihm gegangen, mit dem Kerl."

    In mir wuchs stetig die Gewissheit, dass etwas Furchtbares passiert war. Der Schneider konnte uns leider auch nicht weiter helfen. Seine Aussage stürzte mich nur noch mehr ins Grübeln. Nachdem ihm Ursus noch eine kleine Belohnung zugesteckt hatte, bedankte ich mich auch, ehe wir weiter gingen.
    Wieder auf der Straße, lugte ich in diese geheimnisvolle Gasse, die irgendwie mit dem Schicksal meiner Schwester zu tun hatte. Ich nickte Ursus nur still zu. Mit jeder Minute, die unsere Suche andauerte, litt ich mehr. Zwar versuchte ich, den Gedanken, Caelyn sei etwas zugestoßen, von mir wegzuschieben. Das aber wurde von Minute zu Minute schwieriger.
    Ich befolgte alles, was Ursus mir sagte. Die Gasse war wirklich nicht gerade einladend. Sie war eng, dunkel und muffig. Hoch über uns hing gewaschene Wäsche, die man zum trocknen aufgehängt hatte. "Ich weiß nicht! Ich weiß bald überhaupt nichts mehr. Das ist alles so undurchsichtig."
    Auf einer Eingangstreppe saß ein alter Mann, der vor sich hin starrte. Unsere Schritte lenkten seinen Blick direkt auf uns. Aufmerksam musterte er uns. Ihn wollte ich nach meiner Schwester fragen. Vielleicht hatte er sie gestern gesehen und konnte uns weiterhelfen.
    "Alter Mann, bitte kannst du uns helfen? Wir suchen diese junge Frau hier!" Wieder hielt ich ihm das Portrait von Caelyn vor. "Sie soll gestern in dieser Gasse gewesen sein. Sie trägt eine dunkelblaue Tunika und ihre Haarfarbe ist blond."Der Alte hielt das Bild ganz dicht an seine Augen. Es dauerte ein bisschen, bis er etwas sagte.
    "Ja, das muss diese Irre von gestern sein. Sauber und ordentlich war sie angezogen und dann hat sie sich Dreck ins Gesicht geschmiert und hat ihre Haare durcheinander gebracht. Was die jungen Dinger heute so im Kopf haben. Nicht zu glauben! Alles, nur nichts Gutes! Zu meiner Zeit hat man so was nicht gemacht. Da haben…" Unglaublich, wie gesprächig der Alte auf einmal wurde. Wahrscheinlich sprach sonst niemand mit ihm. "Entschuldige, wenn ich dich unterbreche. Du sagst, sie hat sich Dreck ins Gesicht geschmiert?" Wozu das denn nur? Ich sah zu Ursus hinüber, der wahrscheinlich darauf auch keine Antwort parat hatte.
    "Ja, ja hat sie , hat sie! Das muss eine Verrückte gewesen sein. So ein schönes Kleid! Und dabei…" Ich stoppte die Redseligkeit des Alten, indem ich gleich noch eine Frage stellte. "Und dann, was ist dann geschehen? Hat jemand sie angesprochen oder ist sie mit jemandem mitgegangen?" Der Alte hielt kurz inne und quittierte die Frage mit einem Kopfschütteln. "Nein, wieso? Nichts ist dann passiert. Sie ist dann wieder zurück gelaufen. Ich glaube langsam, die hat das schöne Kleid gestohlen. Das war bestimmt eine Diebin. So ein schönes Kleid! Deshalb hat sie es auch schmutzig gemacht. Ganz bestimmt…."
    Der Alte redete noch eine ganze Weile vor sich hin, selbst dann noch, als ich ihm schon gar keine Beachtung mehr schenkte. Ratlos sah ich zu Ursus. Was jetzt? Die Geschichte wurde immer seltsamer.

    Ich hatte schon eine Münze in der Hand, die ich dem Bettler geben wollte. Da erledigte das schon Ursus und ich ließ die Münze wieder zurück in den Beutel fallen. Er hatte immer noch kein richtiges Vertrauen in die Aussage des Bettlers. Aber welche Anhaltspunkte hatten wir denn schon? Gar keine! Meine Schwester war wie von Erdboden verschwunden. Dafür musste es doch eine Erklärung geben!
    Vielleicht konnte der Schneider helfen. Ich nickte Ursus zu und machte einige eilige Schritte zu dem Laden. Der Inhaber selbst begrüßte uns und fragte gleich nach, wie er uns helfen konnte. Er hoffte natürlich auf ein gutes Geschäft. Leider mussten wir ihn da enttäuschen.
    "Guter Mann, ich habe gehört, diese junge Frau soll gestern Morgen in deinem Geschäft gewesen sein. Wahrscheinlich hat sie sich nacheiner Arbeitsstelle erkundigt. Kannst du uns dazu etwas sagen?"
    Ich hielt ihm die Zeichnung von Caelyn vor die Nase. Der Schneider nahm sie und betrachtete sie für einen Moment. "Mhm, kann schon sein? Ja, gestern war so eine junge Frau hier, die nach Arbeit fragte. Sie war recht ordentlich gekleidet. Aber ich habe sie wieder weggeschickt, weil ich sie im Moment nicht brauchen konnte. Sie sagte, sie könne nicht jeden Tag hier arbeiten, nur ab und zu. Das ist mir leider zu wenig. Schade eigentlich. Sie hatte einen ganz guten Eindruck gemacht. Warum, ist etwas mit ihr?" Der Schneider sah erst mich an und dann Ursus.
    "Wir wissen es nicht, was mit ihr ist. Sie ist nicht nach Hause gekommen. Wir suchen sie jetzt. Hast du gesehen, wo sie als nächstes hingegangen ist? Hat sie etwas gesagt?" Der Schneider dachte nach, schüttelte dann aber den Kopf. "Nein, viel gesagt hat sie nichts. Nur das sie weiter suchen wollte. Dann ist die gegangen. Ich glaube, sie ist dann da in die Gasse hinein gegangen. Aber komisch, da gibt es gar keine Läden!"Das war allerdings komisch! Was hatte Caelyn nur in dieser Gasse gemacht und warum war sie anschließend schmutzig und zerzaust, als sie wieder zurück kam?

    Ursus war erst mal vorsichtig, was ich auch gut nachvollziehen konnte. Der Bettler war nun wirklich nicht besonders vertrauenswürdig. Doch der war fast schon beleidigt, weil wir ihm eine Lüge unterstellen wollten. "Ich und lügen? Wie käme ich denn dazu? Aber wenn du nicht wissen willst, wohin die Kleine gestern gegangen ist, dann lass es halt bleiben!"
    Ich wurde immer zappliger, je mehr Andeutungen der Bettler machte. Ich war mir ganz sicher, er sprach die Wahrheit. Er hatte Caelyn gestern noch gesehen und er konnte uns vielleicht weiter helfen, damit wir ihren Weg nachvollziehen konnten, den sie gestern gegangen war. "Ich glaube dir! Wenn du uns sagst, wo und wann du sie gesehen hast, bekommst du ganz sicher eine Belohnung. Aber sag mir, wo meine Schwester ist!" Der Bettler sah mich mit großen Augen an. "Deine Schwester, aha! Also ich habe sie am frühen Nachmittag gesehen. Sie war fein gekleidet und schien etwas zu suchen. Sie ist da drüben in den Schneiderladen gegangen. Kam aber bald wieder heraus. Dann habe ich mich nicht mehr weiter um sie gekümmert. Aber eigenartigerweise ist sie mir kurze Zeit später wieder aufgefallen. Da war sie gar nicht mehr so fein, wie am Anfang. Sie sah schmutzig und zerzaust aus, fast wie eine von der Straße. Sie ist dann dort drüben zu dieser Garküche gegangen. Hat erst mit dem von der Garküche geredet und dann mit so einem komischen Kerl. Der sah wie ein Grieche aus, aber wenn ihr mich fragt, der war nicht ganz koscher. Mit dem ist sie dann auch mitgegangen. Danach habe ich sie nicht mehr gesehen." Der Bettler sah noch zur Garküche hinüber, als ob ihm das helfen könnte, sich zu erinnern.
    "Danke, ich glaube du hast uns ein ganzes Stück weiter gebracht!"
    Für mich waren das einige wichtige Anhaltspunkte, die uns vielleicht auf Caelyns Spur bringen konnten. Wir mussten unbedingt den Mann von der Garküche Caelyns Bild zeigen. Aber vorher hatte der Bettler eine Belohnung verdient. "Hier, ich habe zwar nicht viel. Aber einige Sesterzen kann ich dir geben!"

    Das war eine gute Idee, bei den Anschlägen anzufangen. Wir bahnten uns den Weg dorthin. Auf dem Markte herrschte schon geschäftiges Treiben, wie jeden Morgen. Ich hielt meine Augen offen und sah bei jedem Blondschopf zweimal hin, ob es nicht doch Caelyn sein könnte. Aber sie war es nicht.
    "Sie hatte ihre neue Tunika an, die du ihr geschenkt hast. Sie war ganz stolz darauf, als sie sich bei mir verabschiedet hat."Endlich kamen wir zu den Anschlägen. Ich überflog die verschiedenen Angebote, fand aber nichts, was für Caelyn in Frage gekommen wäre. Ein alter Mann fiel mir auf, der auf einer steinernen Bank saß und das Treiben beobachtete. Ich ging auf ihn zu und hielt ihm Caelyns Bild vor die Nase. "He, Alter, hast du diese Frau schon einmal gesehen?" Der Alte nahm die Zeichnung und betrachtete sie sich, schüttelte dann aber den Kopf. Enttäuscht ging ich weiter und fragte noch einige andere Leute, die mir den Eindruck machten, als verbrächten sie den ganzen Tag auf dem Markt. Aber niemand konnte sich an Caelyn erinnern. Auf einmal hörte ich eine Stimme, die nach mir rief. Ich sah mich um und wurde dann auf einen Bettler aufmerksam, der in Fetzen gehüllt, auf dem Boden saß. "He du! Suchst du jemand? Zeig mal dein Bild! Ich bin jeden Tag hier!" Ohne zu zögern zeigte ich ihm das Bild meiner Schwester. Der Bettler hielt es ganz nah an seine Augen, drehte es hin und her und machte seltsame Geräusche. Ich wollte es ihm schon wieder aus der Hand reißen, weil ich dachte, er mache sich über mich lustig. Dann sah er mich aber an und meinte: "Warte mal, warte mal! Was krieg ich, wenn ich dir sage, dass ich die gestern gesehen habe?" Ein Hoffnungsschimmer keimte in mir auf, denn ich hatte niemand gesagt, dass Caelyn gestern hier war. Verblüfft warf ich Ursus einen Blick zu. Natürlich konnte es sein, dass der Bettler uns nur ausnehmen wollte. Vielleicht aber auch nicht.

    Mich hielt nichts mehr in der Villa und wenn ich mir Ursus anschaute, ging es ihm ähnlich. Nur noch raus! Diesmal hatte Caelyn nichts verbockt, das spürte ich. Diesmal war ihr etwas zugestoßen. Ich wollte mir gar nicht erst ausmalen, was passiert war. Irgendwo da draußen war sie und ich oder besser gesagt wir mussten sie finden.
    Ich war schnell in mein Zimmer gelaufen, hatte das Bild meiner Schwester geholt und hatte noch ein Stück Kohle und ein Papyrus mitgenommen, damit ich gegebenenfalls noch ein Bild zeichnen konnte. Einen kurzen Mantel warf ich noch über meine Schultern. Heute bereute ich es zum ersten Mal, dass ich keine Waffe besaß. Ein Messer wäre ideal gewesen, gerade dann, wenn man mit Gesindel in Berührung kam, mit dem wir es heute mit Sicherheit zu tun bekamen.
    Ich lief, nein ich rannte zum Ausgang. Dort wartete Ursus bereits auf mich. Es galt keine Zeit mehr zu verlieren. Jede Minute zählte. Unser Weg führte uns zuerst dorthin, wo Caelyns Suche nach Arbeit aller Wahrscheinlichkeit nach ihren Anfang genommen hatte, auf dem Markt. Man brauchte sich hier nur umzusehen, um zu verstehen, dass unsere Suche langwierig und auf gar keinen Fall einfach werden würde. . Hier gab es dutzende von Läden und noch mehr Händler. Sie konnte überall gewesen sein. Heute schien mir der Markt viel größer zu sein, als sonst,was natürlich kompletter Blödsinn war. Ratlos und ganz schön geknickt sah ich zu Ursus. "Wo sollen wir nur anfangen? Das ist ja riesig! Caelyn finden wir hier nie!"

    "Ja, das kann ich machen", antwortete ich tonlos und stand auf. "Ich warte dann vor der Villa auf dich!" Ich nahm ja mal stark an, dass er Caelyns Verschwinden nicht auf die lange Bank schieben wollte, sondern gleich los wollte. Dann ging ich zur Tür und verließ Ursus´ Büro. So schlecht, wie in diesem Augenblick hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Zu Hause in Gallien gab es schon öfters einmal brenzlige Situationen. Aber hier? Ich hatte Angst!