Beiträge von Aurelia Laevina

    Ich nickte und nahm noch einen Schluck. Dann verstummten wir für einen Moment, in dem wir auf Tilla warteten. Ich musterte den Raum und Corvinus. Ich dachte über mich und mein neues Leben nach. Rom, da war ich! Nun würde ich eine Sklavin kriegen, Rom erkunden und auf eine Hochzeit gehen. Ich freute mich, aber gleichzeitig war diese Unsicherheit wieder da. Ich konnte sie meistens überspielen oder sogar nutzen, doch tief in mir drinnen war sie immer anwesend. Für den Moment konnte ich sie allerdings verdrängen.

    Dass die Villa nicht ruhig war, fand ich klasse, etwas Leben war in der Bude.
    Seine Zusage zur Unterstützung klang auch schön in meinen Worten, das liess sich weit dehnen. Ich nahm mir vor, bald herauszufinden, wie weit.
    Als er auf Brix verwies, nickte ich, auch wenn ich natürlich keine Ahnung hatte, wer dieser Mann war. Aber das wüssten sicherlich alle ausser mir die hier lebten. Er rief nach Tilla. Gespannt wartete ich, wer erscheinen würde. Ich überprüfte unauffällig meine Haltung, wollte ich doch gleich einen angemessenen Eindruck auf die Sklavin machen. Ich trank einen winzigen Schluck, als Corvinus mich zur Hochzeit einlud. Meine Augen öffneten sich erfreut: Eine Feier! Dort würde ich gleich die Gelegenheit haben, wichtige Leute kennenzulernen. Auch wenn der Mann kein Adeliger war und der Name blöde klang, war ich entzückt. Ich strahlte Corvinus an und sagte: "Sehr gerne möchte ich mitkommen! Wie ist die Braut mit dem Kaiser verwandt? Wird er etwa auch da sein?" Das wäre soo aufregend!

    Auf einen Wink Corvinus´ erschienen die Sklaven mit verschiedenen Platten bei uns und wir konnten uns das aussuchen, was nach unserem Geschmack war. Ehrlich gesagt fand ich Essen allgemein nicht besonders lecker. Aber weil ich etwas essen musste und es sonst auch unhöflich gewesen wäre, nahm ich etwas von den kleinen gekochten Eiern, die wohl eingelegt worden waren und ass etwas von dem Fladenbrot dazu. Schliesslich verzehrte ich ein paar in Honig eingelegte Kirschen. Diese teure Delikatesse war eine meiner liebsten. Was soviel hiess, wie dass ich sie ganz gut ertragen konnte.
    Dann fühlte ich mich von meinem "Vormund" gerügt. Obwohl mir eigentlich klar war, dass es im Grunde nicht meine Schuld war, fühlte ich, ich müsse mich irgendwie verteidigen: "Blandus war dafür verantwortlich! Er meinte, er wolle lieber keine Sklaven mitnehmen, die wurden in Griechenland alle verkauft oder freigelassen und er selbst ist nun auf seinem Landsitz, den er geerbt hat." Ich legte alle meine Verachtung - und das war nicht wenig - die ich für Blandus empfand in diese Worte. Dann beruhigte ich Corvinus. "Es ist ja nichts passiert... Aber du hast sicher Recht.", meinte ich mit gesenktem Köpfchen. Ich versprach ihm erneut, nicht alleine durch die Stadt zu ziehen und versuchte dann auf seine Fragen einzugehen. Das war aber gar nicht so einfach.
    "Ich hoffe erst einmal, dass ich hier mehr am Leben teilhaben kann als in Achaia. Auf die Familie bin ich sehr gespannt, ich hoffe, ich finde auch hier einige Freunde!" Von den Kerlen schwieg ich vorsichtshalber. Meinem sozusagen Vater musste ich das ja nicht unter die Nase reiben.
    "Was ich von dir erwarte??" Er würde meinen Vater nie ersetzen aber das sollte er ja auch gar nicht. Geld und Aufmerksamkeit und etwas vorsichtige Liebe wollte ich. Doch das wollte und konnte ich so nicht in Worte fassen. Also versuchte ich es etwas unbeholfen und frech. "Von dir? Sei immer nett zu mir und unterstütz mich, dann bin ich schon zufrieden.", sagte ich mit einem unsicheren Grinsen, doch gleich darauf warf ich ihm einen um Zutrauen und Liebe bettelnden fast verzweifelten Blick zu, der ganz tief und ziemlich unbeabsichtigt aus mir hochgestiegen war.
    Als mir diese Schwäche auffiel, musste ich sie schnell überspielen. Also nahm ich einen weiteren Happen und fragte dann: "Wie ist das nun mit meiner Begleitung? Du willst ja nicht Schuld sein, wenn mir in der Stadt etwas zustösst..."

    Schliesslich war ich fertig und fand Corvinus im Garten wieder. Er trank nur etwas, doch die Sklaven die in der Nähe waren, würden sicherlich das Essen schnell bringen. Ich setzte mich verlegen lächelnd zu ihm. Der Garten war sehr schön und auch der Tag war einer der schöneren. Das Licht brach sich in den Blättern und Vögel zwitscherten.

    Oh, ich freute mich. Ich liebte es, Geschenke zu kriegen!! Und das war ja wohl so, eine eigene Leibsklavin zu kriegen. Ich konnte es kaum erwarten.
    "Doch, ich bin allein gekommen!", doch dann fiel mir Blandus ein. "Nein, also der ehemalige Verwalter meines Vaters hat mich begleitet, aber er ist schon weiter gereist und einen Sklaven habe ich nicht mitgebracht."
    Jetzt stimmte es, oder?? Auf seinen Vorschlag hin nickte ich eifrig und als er mein Zimmer verlassen hatte, zog ich mich schleunigst ordentlich an, machte mich zurecht und schliesslich folgte ich ihm in den Garten.

    Ja, sicher, das war nicht besonders schlau von mir gewesen, dass Patrizier keinen Handel trieben, wusste ich. Naja. Ein Schiff nur zum Vergnügen?? Sehr zweifelnd schaute ich Corvinus an und es schüttelte mich etwas. Nein, freiwillig würde ich auf dem Boot keine Zeit verbringen.
    Oh, er zählte die Leute auf, mit denen ich Rom erkunden könnte. Das war interessant. Ich würde sie sicherlich bald alle kennenlernen und ich freute mich tatsächlich schon darauf. Doch Ursus hatte keine Zeit... Corvinus hatte keine Zeit... Die interessanten Männer waren beschäftigt. Aber Rom war gross, wie er richtig bemerkt hatte, es gab sicher noch andere.
    "Ich weiss ja was sich gehört!", versicherte ich ihm energisch kopfnickend, aber etwas naiv. Dann viel mir auf, dass ich nicht mehr in Griechenland war sondern in DER Stadt. Es ging ihm sicherlich um meine Sicherheit noch vielmehr als um den Anstand. Also fügte ich hinzu: "Es wäre ja auch sehr leichtsinnig von mir, mich der Gefahr einfach so auszusetzen...". Leichtsinnig... Nunja, das war ich manchmal auch, aber ich hatte im Augenblick zumindest wirklich nicht vor, alleine in die Stadt zu gehen.
    Aber es wäre doch wichtig, dass ich einen eigenen Sklaven hätte, dieser könnte mich dann immer begleiten. Es klang hoffentlich nicht zu forsch, als ich Corvinus darauf ansprach. "Gibt es einen Sklaven, der sich um mich kümmert oder mich begleiten würde? Oder gibt es nur Haussklaven?"
    Ich hatte nicht viel Hunger, aber so ein freundliches Angebot wollte ich auch nicht ausschlagen und da Corvinus sagte, er sei sowieso sehr beschäftigt, nickte ich etwas verlegen. "Nun ja. Ich hab´s mir nochmal überlegt, ich würde sehr gerne mit dir etwas im Garten sitzen! Viel Appetit habe ich nie, aber eine Kleinigkeit täte mir sicherlich trotzdem gut."

    Kurz verschwand sein Lächeln, doch bald war es wieder da und ich musste mir keine tieferen Gedanken machen, wieso es kurz verschwunden war. Amtsgeschäfte?? Ja, es war sehr wahrscheinlich, dass die mich langweilen würden. So nickte ich auch lächelnd. Ein eigenes Schiff?? Wofür das denn?? Wer konnte das wollen? Ich antwortete irritiert und ich fürchte leicht verächtlich: "Nein, das Meer ist mir gruselig und auch der Geruch reizt mich nicht. Willst Du Handel betreiben mit Deinem Schiff??" Er stupste mir in die Seite. Erst war ich durchaus sehr verwirrt. Das hatte man schon seit Jahren nicht mehr mit mir gemacht. Doch vielleicht würde ich mich daran gewöhnen können oder müssen - oder dürfen? Wie auch immer, ich beschloss, dass es mir gefiel, von ihm berührt zu werden, auch wenn es ungewohnt war und so lachte ich. Bisher hatten wir uns natürlich noch nicht kennengelernt, ich war ja auch erst einen Tag hier. Sein Grinsen unterdrückend versuchte er mich wegen des Aufstehens zu ermahnen. "Es tut mir sehr Leid!", sagte ich mit gesenktem Blick und gespieltem Schuldbewusstsein. "Es wird nicht wieder vorkommen!" Dann richtete ich den Blick wieder auf und schaute ihm vergnügt in die Augen: "Ich habe auch viel zu viel zu entdecken hier in Rom! Ich sagte gestern schon zu Ursus, ich hoffe, jemand zeigt mir die Stadt!"
    Schliesslich fragte er mich nach dem Essen. Ich hatte wie üblich keinen Hunger und hielt es auch nicht für nötig etwas zu mir zu nehmen.
    So schüttelte ich zweimal den Kopf. Ich hatte nichts gegessen, wollte auch nichts. Ich musterte Corvinus von der Seite. Er war mir symphatisch, das waren mir nicht viele und natürlich war das ganz praktisch, bei meinem künftigen Vormund. Bald würde ich herausfinden, ob er auch freigiebig war. Für mich ein weiteres wichtiges Kriterium bei der Charakterprüfung...
    Für den Moment aber freute ich mich, dass er so freundlich war.

    Schliesslich hatte ich genug, viel länger konnte ich mich nicht über Wasser halten. Also stieg ich aus dem Becken, liess mir beim Abtrocknen helfen und ging schliesslich ins Bett. Morgen würde das Leben beginnen, ich wollte ausgeschlafen dafür sein!

    Der Mann betrat den Raum und wünschte mir einen guten Tag. So spät war es auch wieder nicht. Sodann öffnete er das Fenster. Die Luft war wirklich angenehm und half mir ein wenig beim Aufwachen. Spätestens als er sich neben mich auf´s Bett setzte war ich mir sicher, dass es Corvinus sein musste. Sonst würde er das nicht wagen. Davon ging ich wenigstens aus. Ich lächelte freundlich zurück. "Danke! Ich habe sehr gut geschlafen. Es war sehr erholsam, wieder auf dem Land zu schlafen. Die Reise... war nicht besonders schön, aber ich glaube für eine Seereise ist sie ganz gut verlaufen." Dann fügte ich aus Neugierde hinzu: "Wo warst Du gestern Abend bis so spät abends?" Schliesslich fiel mir auf, dass das auch eine sehr unhöfliche Frage sein konnte, doch nun war es eh heraus, also schaute ich den Mann, den ich für meinen Vormund hielt in die Augen und musterte ihn nebenbei möglichst unauffällig. Er sah auch nicht schlecht aus und war nur ein paar Jahre älter als die beiden Männer, die ich gestern kennen gelernt hatte. Das schien ein richtiger Männerhaushalt zu sein...

    Wie Ursus... oder war es Orestes gewesen? - vorausgesagt hatte, hatte auch mein festes Bett an Land erheblich geschwankt. Dennoch war ich ziemlich schnell eingeschlafen und hatte tief und traumlos geschlafen. Manchmal hatte ich in den letzten Nächten von meinem Vater geträumt, doch hier in Rom, nach meinem Neuanfang verschwendete ich meine Nächte nicht mehr daran.
    Als ich morgens aufwachte, vielleicht durch die Sonne die durch das kleine Fenster schien, vielleicht durch die Geräusche des Hauses, war es schon recht spät, zumindest schätzte ich das angesichts der Sonne und der Lebendigkeit. Hier war also doch ein bisschen etwas los, gestern abend war es mir fast ein wenig zu still vorgekommen.
    Ich blieb noch eine Weile liegen, überlegte, was ich heute machen würde, kam aber zu keinem Schluss und entschied schliesslich, liegen zu bleiben, bis jemand an mich dachte oder mir etwas zu essen bringen würde. Andererseits wollte ich das Haus erkunden, doch das machte man wohl in meinem Alter nicht mehr... Wie auch immer, nach einer langen Zeit, wie es mir vorkam, klopfte es an meine Tür. Sofort sprang ich erschrocken auf, als ich meinen Namen hörte. Ich sagte nichts und warf mir so schnell es ging und so ordentlich es ging eine palla über mein dünnes Unterkleid. Dann ordnete ich mein Haar - es war ein Mann an der Tür. Es war zwar nicht Ursus aber auch sicher kein Sklave. Schliesslich musste ich mich mit meinem Erscheinungsbild zufrieden geben und während ich mich aufrecht auf mein Bett setzte, damit ich nicht dämlich im Raum rumstünde, sagte ich: "Ja, herein!??" und wartete, wer wohl eintreten würde.

    Nicht ohne einiges Zerren gelang es der Sklavin schliesslich mich meiner Kleidung zu entledigen. Ich nickte ihr zu und sagte, da sie offensichtlich sehr unsicher und unerfahren war und auch gerade zudem etwas abwesend wirkte: "Stell dich da in die Ecke, ich rufe, wenn ich dich brauche!" Damit war das für mich geregelt und ich stieg ins warme Wasser. Endlich konnten sich meine Muskeln entspannen und der Dreck der langen Fahrt wurde von mir gewaschen. Das warme Wasser und die duftende Luft machten mich noch müder und ich konnte nicht so gut über Corvinus, die Villa und das neue Leben nachdenken, wie ich es mir vorgenommen hatte. Immer wieder nickte ich kurz ein...

    Ich trat mit der britischen Sklavin ins Balneum. Es war nicht besonders gross, doch angenehm eingerichtet. Die Mosaiken waren sicherlich teuer genug gewesen, wenn sie mich auch leicht anödeten... ich hatte schon aufregendere gesehen.
    Als ich nun da stand bemerkte ich, dass die Sklavin orientierungslos schien und nicht wusste, was sie machen sollte. Ich hatte also Nachsicht und sagte es ihr, doch ich fragte mich, wieso Corvinus oder wer auch immer einer so inkompetenten Bediensteten so eine wichtige Rolle anvertraut hatte. War vielleicht doch nicht genug Geld für gute Sklaven da? Ich schob den Gedanken erstmal beiseite und wendete mich an meine Begleitung während ich mich allerdings in die entgegengesetzte Richtung drehte.
    "Hilf mir, mich zu entkleiden!" Ich drehte mich so, dass sie an die Verschlüsse meiner stola, und meiner Unterbekleidung herankommen konnte.
    Ich vermutete, dass sie gerne gehen würde, doch wozu war eine Sklavin gut, die nicht einmal die selbstverständlichsten Dienste tun konnte.
    Natürlich hätte ich mich auch selbst ausziehen können, doch da das in Griechenland immer für mich getan wurde, zumindest im Bad, kam ich gar nicht ernsthaft auf die Idee.

    Ursus lachte laut über Orsestes gewagten Scherz. Ich lächelte leicht doch tatsächlich nahm die Müdigkeit langsam Überhand. So stimmte ich erleichtert zu, als Ursus fragte, ob ich sehr müde sei. Als er Fhionn beauftragte, mich zu begleiten war ich nur minder begeistert, aber letzendlich war es mir egal.
    Ich erhob mich und lächelte Orestes zu, dann Ursus bedeutend tiefer in die Augen schauend und sagte: "Wenn ihr nichts einzuwenden habt, dann ziehe ich mich jetzt zurück. Aber vielleicht treffen wir uns ja morgen schon wieder. Möglicherweise zeigt mir ja jemand die Stadt! Gute Nacht!", ergänzte ich, als ich aus der Tür trat um Fhionn ins Bad zu folgen, dass hoffentlich schon jemand vorbereitet hatte.


    Den Vilicus meines Vaters liess ich hilflos zurück. Er würde diese Nacht im Haus verbringen und vermutlich morgen, sobald er sich überzeugt hatte, dass Corvinus tatsächlich hier lebte, ohne Verabschiedung davon machen. Er hatte ein kleines Stück Land in Oberitalien geerbt, dort würde er vielleicht auf seine alten Tage noch glücklich werden. Zumindest mich hatte er nicht mehr am Hals.

    Meine Bemerkung wusste erst einmal niemand zu deuten. Keiner zeigte mir mein Zimmer oder führte mich ins Bad oder so. Hmm, sie würden sich schon noch daran gewöhnen, dass ich anspruchsvoll war und nicht immer alles aussprechen wollte, was ich wollte. Ein Schweigen breitete sich aus, bevor Orestes, "der andere" das Wort ergriff und noch einmal auf die Gesellschaft Roms einging. Auch er versuchte, wie Ursus vorher mir zu schmeicheln. Doch fand ich es recht unglücklich ausgedrückt: "können die Römer sich an dich gewöhnen". Das konnte ich auch anders auffassen. So lächelte ich auch nicht zu dieser Bemerkung, wie ich es für Ursus sicher getan hätte, sondern ignorierte sie. Dann weiteten sich kurz meine Augen, als er etwas über Wagen und Karren sagte. Ich fürchtete schon, er wolle mich mit diesen vergleichen oder ähnliches, bis ich verstand, dass dies auch ein schmeichelhafter Scherz war. Doch der Schock sass tief, und das Kompliment war zu gewagt und kompliziert. Ich fragte mich, wie alt Orestes war. Und wieviel älter Ursus wohl sein mochte. Da dieser angesprochen war, wartete ich auf seine Antwort an Orestes und nahm mir vor, wenn dieser mich auch nicht ins Bett bringen würde, die Initiative zu ergreifen.

    Eine Feier direkt im eigenen Haus. Dagegen hatte ich auch nichts einzuwenden, ich war gespannt, wie Corvinus das sah. Die "Jungs" schienen sowieso alle wichtigen Entscheidungen tatsächlich dem Haushaltsvorstand zu überlassen. Wenn Corvinus gut war, durchaus angemessen, wenn nicht, dann würde sich das sicher auch irgendwann ändern.
    Dass die Oberschicht ausserhalb Roms weilte, konnte ich verstehen, doch doof war es dennoch. Hochzeiten dagegen waren genau nach meinem Geschmack, da traf man an einem Abend alle wichtigen Menschen der Umgebung. So war es in Griechenland gewesen, hier würde es nicht viel anders sein. Der Gedanke an Hochzeit erinnerte mich daran, dass ich auch irgendwann heiraten sollte. Mein Vater hätte mich mit Sicherheit im nächsten Jahr verlobt, ich war ja schon ungewöhnlich alt dafür. Ich hoffte, Corvinus würde das nicht so eng sehen und mehr nach meinen Wünschen sehen.
    Jetzt brachte die britische Sklavin Essen. Es sah gut aus und es roch auch gut, doch seit ich ein Kind mehr war hatte ich nicht mehr richtig Hunger gehabt, ich aß, weil ich musste. Als man mir etwas anbot, nahm ich auch heute eine gefüllte Aprikose. Sie schmeckte tatsächlich gut.
    ´umschwärmt und bewundert, wie Du es verdienst`. Er machte mir Komplimente! Ein tolles Gefühl! Auch daran würde ich mich sicher in Rom gewöhnen können, doch von Ursus war es besonders schön zu hören.
    Ich genoss die Gesellschaft, aber auf einmal viel mir ein, dass ich eigentlich auf Corvinus wartete und die Müdigkeit stellte sich langsam ein.
    Ich war in Gedanken vertieft, als mich ein Gähnen überraschte und ich es nicht verhindern konnte. Natürlich hielt ich mir schnell die Hand vor den Mund und versuchte es noch nachträglich zu unterdrücken. Ich errötete leicht - das war aber peinlich! - und schaute wie üblich verlegen kurz zu Boden um dann möglichst unauffällig um Verzeihung bittend von unten zu Ursus und Orestes aufblickte. Als eine Ruhepause entstand sagte ich erklärend: "Die Reise war doch anstrengend... Ich freue mich schon auf ein Bett, das nicht schaukelt!" Das war gar nicht als Scherz gemeint, sondern ganz ernst, aber als ich mich sprechen hörte, viel mir auf, dass es auch als ironischer Humor gewertet werden konnte.

    Ich war durchaus Ursus´ Meinung, dass das Boot schlecht war, auch wenn mir klar war, dass das nicht allein Blandus´Schuld gewesen war. Wie auch immer beliess ich es darauf, da der andere Verwandte in diesem Moment den Raum betreten hatte.
    Ich musste grinsen, ob seines Witzes und er gefiel mir immer besser. Schade eigentlich, dass er mein Cousin war... Zu alt fand ich ihn auf jeden Fall nicht, er war gerade im richtigen Alter, erfahrener als die meisten Jungen in meinem Alter aber noch kein eingestaubter Onkel.
    "Ein Politiker... Dann wünsche ich Dir viel Erfolg bei der Wahl. Du würdest das Amt mit Sicherheit mit Würde tragen." Nach den Erzählungen meines Vaters war das Quästorenamt ziemlich langweilig und unnütz, doch es war nun mal das Sprungbrett zu Höherem. Ein politischer, gebildeter Soldat... das war wahrlich eines Römers und Patriziers würdig! Ich war zufrieden. 8)
    Oh, ich erwartete viel von meinem Leben in Rom. Alles, sozusagen. Ich sagte etwas wage, genau wusste ich es ja auch noch nicht: "Nun, ich möchte gerne in die Oberschicht eingeführt werden, in Griechenland waren wir sehr einsam. Und ich möchte geniessen, im Zentrum der Welt leben zu können. Ich hoffe, Ihr nehmt mich mal mit in die Stadt und zeigt sie mir!" Ich sprach aus Höflichkeit mit beiden, doch Ursus faszinierte mich immer mehr, so lächelte ich nur ihn verschmitzt an.

    Die Sklavin zog sich sehr schnell zurück, was mir ganz recht war, so sah sie nicht so viel von meiner Unsicherheit. Aber auch Ursus warme Worte halfen mir, mich etwas wohler zu fühlen. Also fasste ich neuen Mut und schaute ihm erneut in die Augen. Er wollte mich seine Cousine nennen. Da ich nicht wusste, wie wir verwandt waren, konnte ich kaum widersprechen, also nickte ich lächelnd.
    Das war ein echter Römer, der in Rom lebte und wirkte, anders als Vater, aber in Athen studiert hatte. So gehörte es sich für einen Aurelier, einen Römer überhaupt. Aha, Corvinus war also auch nicht sehr alt. Das war bestimmt auch von Vorteil. Schliesslich fragte er mich nach meiner Reise. Da er so herzlich mit mir umging, antwortete ich sehr direkt und seufzend: "Es war soo langweilig! Ewig saß ich auf diesem winzigen Boot fest, umgeben nur von Abschaum. Es war eng und unbequem...". Dann ging mir auf, dass er wahrscheinlich das Wetter und die Wellen meinte. Also fuhr ich hastig fort: "Aber das Wetter war gut! Ich bin auch fast nie krank geworden vom Wellengang..."
    Ein weiterer junger Mann betrat den Raum. Hier wimmelte es ja davon. Er schien Ursus zu kennen, aber ihn länger nicht gesehen zu haben... und wieso wusste er von mir? Er nannte mich auch Cousine. Ich war mir ziemlich sicher, dass er nicht mein Cousin war, doch Cousine zu sein, war sicher nicht das Schlechteste. Orestes. Der grosse Crassus. Das sagte mir etwas... wenn auch nicht viel. Ein Priester, das war ein weiterer ehrenvoller Aurelier!
    Ich nickte ihm mit breitem Lächeln zu und freute mich an seiner Mini-Verbeugung. Dann stellte ich mich auch vor.
    "Ich bin Aurelia Laevina und gerade aus Achaia eingetroffen...". Ich wurde mutiger und fügte mit einem frechen Grinsen hinzu: "Tochter des grossen Lyso...". Schliesslich wandte ich mich wieder an Ursus und fragte: "Was tust Du eigentlich? Ich meine ausserhalb Deiner Freizeit..." Das war eine ziemlich dumme Formulierung, es klang so, als ginge ich davon aus, er würde immer nur rumhängen, oder? Ich biss mir auf die Lippen und schaute mal wieder kurz verlegen auf den Boden. Rhetorik hatte ich nie gelernt, aber vielleicht sollte es mir mal einer beibringen!

    Ein junger recht gut aussehender Mann betrat den Raum. Er war eindeutig ein Aurelier, das sah ich ihm an. Er schien gut gelaunt und ich freute mich, dass er gekommen war. Mit der britischen Sklavin war es langweilig geworden und ausserdem erwartete ich, dies wäre Corvinus. Auch wenn ich gedacht hatte, der wäre älter...
    Zuerst beließ er mich in diesem Glauben. Er wusste offensichtlich auch, dass ich hier war und schien mich erwartet zu haben. Sehr freundlich hiess er mich willkommen, ich hatte natürlich sofort Haltung angenommen, als er den Raum betrat. Ich schüttelte nur den Kopf, als er mich wegen des Imbisses fragte. Ich hatte diesen ja abgelehnt, aber es würde schlecht aussehen, wenn ich das Essen nicht annehmen würde. Und was die Sklavin dachte, war mir letzlich egal. Dies war endlich ein Verwandter. Ich war weiterhin nicht besonders hungrig, essen fand ich sowieso ziemlich mühselig... man wurde eh früher oder später wieder hungrig. Ein Bad? Das war dagegen nicht schlecht. Aber erstmal wollte ich Corvinus kennenlernen. Denn als der Neuankömmling sich vorstellte wurde mir bewusst, dass er nicht mein zukünftiger Vormund war. Meine Augen öffneten sich weit vor Erstaunen. Dann erinnerte ich mich, dass die Britin ihn aufgezählt hatte.
    Da ich ihn bisher allein hatte reden lassen, war es wohl nun angebracht, etwas zu sagen. Ich versuchte meine Worte mit Bedacht zu wählen, obwohl das noch relativ häufig schief ging. Ich schaute ihm in die Augen, während ich mit ihm sprach, anders als mit der Sklavin.
    "Ich bin Aurelia Laevina, Tochter des Marcus Aurelius Lyso. Wie Du wohl weisst, bin ich gerade aus Achaia angekommen und werde wohl bei Corvinus hier wohnen...". Schon gingen mir die Worte aus. Ich schlug die Augen nieder, bevor ich meinen Verwandten von unten herauf hilfesuchend anschaute. Mir wurde bewusst, wie nervös ich wegen dieses Neuanfangs war. Zum Glück passierte mir das hier und nicht gegenüber Sklaven oder anderen Patriziern. Immerhin war das hier Familie... wie auch immer ich mit Ursus verwandt war. Ich bildete mir ein, es läge an seiner ausgeprägten Präsenz im Raum und seinem sehr selbstbewussten Auftreten.