Beiträge von Aurelia Laevina

    Und dann war es soweit, Durus trat uns entgegen und öffnete den Mund, sagte etwas, begrüsste uns alle. Er hatte eine angenehme Stimme, zumindest fiel mir daran nichts Schlimmes auf. Er hatte Geschmack, war schlicht aber edel gekleidet - fast wie Orestes, wie mir auffiel. Der Tiberier war wirklich deutlich älter als ich. War er vielleicht am Ende doch zu alt? Aber er hatte auch etwas Junges in seinem Blick. Er schien noch Energie zu haben, noch war nicht alle Jugend aus ihm gewichen. Und das war das Wichtigste.
    Und er musterte mich. Natürlich senkte ich den Blick, als ich es bemerkte und errötete wohl auch leicht, was mir aber nicht gerade schlecht stand.


    "Sei willkommen in meinem Haus!" Das war schon gleich doppeldeutig zu verstehen, auf jeden Fall freute ich mich, denn ich verliess mich darauf, dass ich genug Menschenkenntnis gehabt hätte, um zu erkennen, wenn ich ihm überhaupt nicht gefallen hätte. "Danke!", sagte ich etwas verlegen und errötete erneut, obwohl es mich jetzt ärgerte, aber wie das so ist, kann man dagegen nichts machen.
    Doch zum Glück schob Durus schnell Arvinia vor, die ich tatsächlich bereits kannte und fast ein wenig überrascht aber vor allem äusserst beglückt war hier zu treffen. So war ich wenigstens nicht ganz allein unter Männern. Mit einem breiten Lächeln begrüsste ich sie und wartete ab, wie der Ablauf der Gespräche, des Essens... der Verhandlungen oder was sonst geplant wäre. Ich gab mir alle Mühe nicht zu sehr im Mittelpunkt zu stehen, es waren ja auch genug andere Menschen hier, wobei mir nicht bei allen ganz klar war, weshalb...

    Ich melde mich nach sowiesoschon halber Abwesenheit für eine weitere Woche komplett ab. Da Radfahren vom Internet abgeschnitten :(;)


    Ich wünsch Euch alles Gute und bin Freitag wieder da.... voraussichtlich.

    Kichernd hatten Prisca und ich die Szene beobachtet, die sich uns bot. Es war einfach herrlich. "Wo hast Du nur diesen Vogel her?", wisperte ich etwas zu laut und drehte mich dann schnell weg als der befragte Mann in unsere Richtung blickte. Er sollte ja nicht ahnen, wer wirklich hinter diesem Gefrage steckte.
    Als der komische Sklave dann Bericht erstattette hatte auch ich das Gefühl, irgendetwas sei verkehrt. "Die Namen klingen aber sehr, sehr komisch.", bemerkte ich zweifelnd und fügte hinzu: "Irgendeiner will uns hier auf den Arm nehmen." Dabei dachte ich nicht nur an Alexandros sondern auch an den reichen Bürger, der Opfer der Frageattacke geworden war. Ich konnte es ihm nicht verübeln.
    Ganz ungerührt wandte ich mich an meine Cousine und urteilte über den Kundschafter, der direkt und empört daneben stand: "DER hier ist auf jeden Fall der falsche für den Job!"
    Aber selbst nachfragen war gefährlich. Wir durften auf keinen Fall auffliegen. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, was geschehen würde, wenn Corvinus - oder gar die Acta von unserem Plan erführe.
    "Vielleicht müssen wir einen richtigen... einen deiner Leibwächter schicken." Ohne Erlaubnis abzuwarten, wandte ich mich an Brix, der sehr kräftig und überaus männlich und ernst zu nehmend aussah.
    "Geh Du, sag, Du fragst für Deinen Herrn!"
    Eine Sänfte hatte auf der Strasse vor uns gehalten und ein Bote hatte sie verlassen um in einem nahe gelegenden Hauseingang zu verschwinden.
    Brix sträubte sich verständlicherweise gehörig, aber mit einem "Los, das ist Deine Chance, sag Dein Herr sitzt da drin!" schubste ich ihn auf die Strasse. Natürlich war das lächerlich, ich war viel zu schwach um den Mann zu schubsen, aber dies war doch der ernsthafteste und spürbarste Impuls, den ich zu geben fähig war.

    "Ja, ich würde es auch ausprobieren!", die Aussage kam sehr schnell und sehr klar und liess mich lachen. Offenbar wusste Prisca schon sehr gut bescheid, was sie wollte und es freute mich, dass wir uns so gut verstanden, dass sie mir das auch so offen mitteilte. Wie froh war ich, in Rom zu sein und endlich Menschen - Freundinnen - zu haben, mit denen ich über fast alles reden konnte.


    Auch die Zustimmung zu meinem Plan war mir gewiss, wir würden es tatsächlich noch heute tun. "Nur eine Stunde?", fragte ich geschockt. Ich hatte mir auch gerade Gedanken gemacht, wieviel Zeit ich wohl brauchen würde. Doch dann stimmte ich zu. Immerhin durften wir nicht zu spät aufbrechen. "Ist gut!", stimmte ich also schliesslich zu und nach unserer Verabschiedung - die mir vorkam, als kennten wir uns schon seit Jahren - hastete ich in mein Zimmer und richtete bzw. liess mich herrichten. Wenige Stunden später waren wir bereits mitten im Getümmel...

    Das wäre wirklich spassig, Ursus auf den Arm zu nehmen. Aber letzendlich wäre wirklich die wagemutigere Variante die bessere. Wir wollten ja nicht, dass es uns am Ende doch noch verboten werden würde.
    "Wann? Ich habe fast nichts zu tun. Also könnten wir sogar schon heute Abend losziehen!" Oder war das zu übereilt? Aber lieber jetzt als dass wir es uns später selbst anders überlegen würden.
    Im Laufe unseres Gesprächs war der Tag auch schon ziemlich fortgeschritten und ich würde mich auch noch umziehen müssen. Ich sollte mir auch noch einmal die Haare machen lassen. "Tilla!", rief ich leise, wobei sie aus dem Schlaf hochschreckte und sich entschuldigen wollte, dass sie eingeschlafen war, aber ich winkte ab.
    Doch bevor wir gingen, zückte Prisca noch 2 Bilder.
    Erneut war ich geschockt und fasziniert zugleich. Heute hatte ich mehr nackte Menschen gesehen, die aufregendere Sachen machten, als je in meinem Leben zuvor. Ich merkte auf einmal wie trocken mein Mund war und dass ich grossen Durst hatte. Mein Becher war allerdings leer, ich würde gleich noch etwas trinken können. Zuerst fesselten mich die Darstellungen. "Von oben... von hinten...", versuchte ich das Gesehene zu beschreiben.
    "Das da bestimmt...", sagte ich auf das erste deutend. "Aber das hier... das ist so... tierisch!" Oder war das vielleicht der Reiz an der Sache? Ich war mir nicht sicher, was ich davon halten sollte. Aber im Prinzip... "Ausprobieren würd ich es trotzdem... Was ist mit dir?", fragte ich meine Cousine, die ebenso wie ich von jedem neuen Bild erschrocken war, obwohl sie sie schon einmal gesehen hatte.

    Natürlich kannte Prisca kein gutes Lupanar. Ich hätte auch sehr anders von ihr gedacht, hätte sie mir Namen und Vorzüge aufzählen können. Aber diese in einer Weise so beruhigende Tatsache brachte uns nichtsdestoweniger in ein Dilemma. Wir waren so gut und behütet erzogen und aufgebracht worden, dass wir niemanden kannten, der ein gutes Lupanar empfehlen konnte - oder zumindest wollte. Doch genau dies war auch der Grund, weshalb wir in eines wollten. Wir hatten einfach noch nicht genug von der Welt gesehen.


    "Ich kenne auch keines. Marcus..." Marcus, der kannte bestimmt eines. Mindestens aus Erzählungen, aber wie ich frecherweise vermutete auch aus eigener Erfahrung. Aber konnten wir ihn fragen? "Nein! Den können wir nicht fragen. Er würd es uns verbieten, bevor wir gehn... natürlich." Dann dachte ich darüber nach, welche Männer - denn nur Männer kamen für diese Aufgabe in Frage - ich in Rom noch kannte. "Eigentlich können wir keinen von den Aureliern fragen. Das ist wirklich ein Problem. Oder könnten wir Ursus fragen? Vielleicht hakt er nicht so genau nach? Oder ein Sklave? Aber der würde vermutlich nur die schlechten Absteigen kennen..." Das war wirklich ein Problem. "Oder wir fragen uns in der Stadt herum. Gehen abends los und fragen dann nach dem Edellupanar, dessen Namen wir vergessen haben, wo unsere Verlobten sind. Irgendwer wird uns schon den Weg weisen. Und wenn wir diesen Hektor oder so mitnehmen, dann sind wir auch nicht in grosser Gefahr." Das war immerhin eine Idee, aber ich war nicht sicher wie gut sie war - oder wie sehr sie Prisca gefallen würde.




    Prisca war erneut sehr offen in Bezug auf die Bilder und ihre Wünsche. Dabei glühten ihre Wangen noch stärker als ohnehin schon. Ich legte einen Finger darauf und grinste sie an. Ihre Haut war trocken und brennend heiss. Anschliessend konzentrierte ich mich wieder auf das Bild, aber vor allem auf die unausweichliche ungestellte Frage.
    "Wenn es wirklich so gut ist, wie behauptet wird und..." Jetzt wurde ich auch rot. "...und ich es mir vorstelle... dann möchte ich auch alles ausprobieren. Aber nur wenn ich den Mann wirklich mag. Sonst könnte ich mich glaube ich nicht darauf einlassen." Eine seltsame Idee formte sich in meinem Kopf: Wie ging es wohl den Beschäftigten in jenen Lupanaren? Doch dieser Gedanke war zu weit weg von mir und meiner Realität, als dass ich weiter darüber nachsinnen würde. Sie hatten es sicher verdient... oder aber sie mochten es sogar.
    Ich auf jeden Fall war im jetzt und hier: Und wartete auf Priscas Zustimmung, denn es schien mir, dass wir sehr ähnliche Ansichten hatten. Und natürlich auf das nächste Bild.

    Hinter Marcus folgte ich dem Sklaven ins Triclinium. Ich war sehr gespannt, so gespannt wie selten und aufgeregt, wie Manius Tiberius Durus wohl aussehen würde. Würde ich mich an ihn erinnern, wenn ich ihn erst sah? Immerhin hatte ich ihn schon einmal gesehen - bei dieser Hochzeit, kurz nach meiner Ankunft in Rom.


    Für dieses Treffen hatte ich mich äusserst schick gemacht. Ich hatte eines meiner schönsten und gleichzeitig eins meiner anständigsten Kleider angezogen, Tilla hatte sich beim Machen meiner Haare von einer erfahreneren Sklavin helfen lassen und schliesslich hatte ich mich noch dezent und unauffällig geschmückt. Sozusagen zu Marcus´ Ehren hatte ich den Haarschmuck an, den er mir zu den Saturnalien geschenkt hatte. Er stand mir wirklich ausgezeichnet... wie mir auch Tilla immer wieder versichert hatte.
    Als wir aufbrachen und ich erfuhr, dass Orestes mitkommen würde, war ich zunächst etwas mies gelaunt - ich konnte den nicht gut ab. Irgendwie waren wir uns gegenseitig schon seit meiner Ankunft im neuen Zuhause nicht sehr gewogen. Aber auf dem Weg besserte sich meine Stimmungslage schnell wieder und ich wurde nervös. Der Mann, den wir heute treffen würden, würde möglicherweise mein Ehegatte werden - ich würde vielleicht den Rest meines Lebens ...aber doch auf jeden Fall einige Jahre... mit ihm verbringen. Was wenn er ein alter Mann war? Oder potthässlich? Oder einfach dumm? Natürlich hatte ich auch - unwillentlich - die letzten Nächte zu solchen Sorgen genutzt, ich brauchte mir also nichts neues auszumalen um mir Angst zu machen. Doch die sinkende Distanz machte mich zunehmend unsicher. Als wir schliesslich an der Türe angelangt waren und eingelassen wurden, wäre ich am liebsten weggerannt. Zu meiner Severa, zu Prisca oder zu Tilla, wo ich sicher war.


    Doch natürlich tat ich es nicht, sondern folgte brav den Männern hinein nachdem ich Marcus aber noch einmal mit einem eindeutigen Blick über meine Aufregung aufklärte. Vielleicht half es mir, wenn er bescheid wusste. Konnte er sich überhaupt in meine Situation hineinversetzen? Ich bezweifelte es und doch war es mir ein Trost, dass er bei mir in der Nähe war... und Orestes fiel auch nicht weiter negativ auf... 8)


    Kurz vor dem Triclinium kam uns dann Durus entgegen. Ich hielt mich möglichst unauffällig im Hintergrund um erst einmal beobachten zu können, doch neugierige Blicke konnte ich nicht unterdrücken. Noch bevor er ein Wort sagte hatte ich die ersten Punkte meiner mentalen Checkliste abgearbeitet. Er sah nicht schlecht aus. Er war nicht überaus alt... Natürlich war er kein Apollo und natürlich war er viel älter als ich... Aber ich hatte in meiner Unsicherheit zuletzt Schlimmeres befürchtet.

    Als Kunden oder als Arbeitnehmer verkleidet waren wohl beides keine besonders guten Ideen, das sah ich sofort ein. Vor allem wenn wir als... nun ja als Huren den Besuch machen würden war es ungewiss und sehr gefährlich, was uns alles passieren könnte.
    Doch Prisca hatte eine ganz geniale Idee und ich klatschte begeistert in die Hände. "Das ist sehr gut. Das könnte auch klappen. Ach was, das klappt bestimmt... Aber warte, kennst Du überhaupt ein gutes Lupanar?" Ein gutes Lupanar... seltsam, dass ich so eine Frage stellte. Meine Cousine hatte meine Hand genommen und ich drückte sie zurück, es war gut, sie zu spüren, wir taten zusammen etwas verwerfliches und planten noch etwas weitaus schlimmeres, da war es gut, dass wir zu zweit waren und uns so nahe sein konnten.
    Als sie mir allerdings das nächste Bild zeigte, lies ich sie erneut erschrocken los und hielt mir die Hand vor den Mund.
    "Das ist ja noch überraschender!" Und eine viel bessere Variante. Ob das wohl wirklich schön wäre? "Ob unsere Ehegatten das wohl je mit uns machen werden?" Ich konnte es mir ehrlich gesagt kaum vorstellen.
    "Was würdest Du denn gerne tun?" Das war eine sehr direkte Frage, wobei ich gar nicht mehr an das Spiel, dachte, mit dem alles angefangen hatte. Ersteinmal wollte ich überhaupt Erfahrungen sammeln. Wer weiss, vielleicht würde es mir gar nicht gefallen. Wenn aber doch, dann würde ich alles ausprobieren wollen!

    Ich lachte laut, als Prisca so schön reagierte. Kichernd schubste ich sie in die Seite und meinte: "Natürlich! Wenn ich das sage!" Und sofort fing meine Cousine an zu planen. Verkleiden... "Das ist eine gute Idee, aber als was? Als Kunden wohl kaum und anders auch nicht. Oder hast Du eine Idee?" Wenn man zu den richtigen Leuten Kontakt herstellen könnte, wäre es sicher kein Problem, vermummt hineinzukommen und sich einfach unauffällig in einer Ecke aufzuhalten.


    Prisca schien überzeugt davon, dass das was die Frau auf dem Bild tat Absicht und kein Versehen war. Tja, höchstwahrscheinlich. Ich studierte die Zeichnung noch einmal eingehend, liess aber Priscas Frage selbstverständlich unbeantwortet. Ich würde - im Gegensatz zu der abgebildeten Dame - solche Sachen oder Worte nicht in den Mund nehmen.
    Ob ich das selbst tun würde? Ich dachte kurz darüber nach, war dann aber selbst überrascht, wie entschieden ich die Antwort an meine Cousine gab.
    "Nein! Das ist doch eklig irgendwie. Ausserdem: Es sieht so aus, als ob nur er etwas davon hätte. Ist das nicht ungerecht?" Es sei denn die Frau wollte ihm etwas Gutes tun. Aber trotzdem kam mir diese Art, für die sie sich entschieden hatte sehr seltsam und äusserst unangenehm vor. Vielleicht wollte sie ihn ja auch bestrafen...
    Ich löste meinen Blick von dem rätselhaften Bild und erwartete das nächste.

    Auch Prisca wurde rot und erregt, das musste am Thema liegen. So war ich wenigstens nicht die Einzige, die aufgeregt und rot im Gesicht war.
    Aus der Schola? Das war ja erstaunlich, dass man dort so etwas kriegen konnte. Aber meine Cousine redete noch weiter und zeigte einen anderen Stapel, der mir weitaus interessanter vorkam, was ihr Stottern noch bestätigte. Ich grinste breit und fragte: "Ja, ja??"


    "In Lupanaren gibt es Bilder zum Angucken? Wieso das denn?" Da kam mir ein interessanter Einfall: "Wir sollten mal gemeinsam in ein Lupanar gehen! Ich wollte schon immer einmal wissen, wie es darin aussieht. Natürlich heimlich. Marcus darf nichts davon erfahren. Aber interessant wäre es doch...!?"


    Sie fand sie faszinierend. "Nur her damit!", forderte ich forsch und nahm meiner Cousine die Abbildung aus der Hand, sobald sie das Papyrus entrollt hatte.


    Als ich einen ersten Blick auf das Papier erheischte, wurden auch meine Augen grösser. Das war wirklich... beeindruckend. Einen Augenblick standen wir staunend vor der Zeichnung. Schliesslich nahm ich Prisca den Stapel aus den Händen und setzte mich auf ihr Bett und legte den Stapel neben mich.
    Schon griff ich nach dem nächsten Bild und erneut weiteten sich meine Augen und ich stiess einen verwunderten Schrei aus. "Was macht die da? Ist das wirklich so gewollt?" Oder gemeint oder gedacht... So etwas hätte ich mir nie ausmalen können, aber ich vermutete gleichzeitig, dass ich diese Bilder nie wieder vergessen würde.
    Ich zog meine Cousine neben mich aufs Bett und zeigte ihr den scheinbar falschen "Tatbestand". Die abgebildete Frau hatte etwas grundsätzliches falsch verstanden... oder ich!

    Prisca antwortete mit einer ebenso gewagten Zweideutigkeit - oder handelte es sich hier schon um Eindeutigkeiten? - auf Marcus Erläuterungen. Das überraschte mich schon wieder, aber mittlerweile war mir klar, auf welcher Seite ich hier stand - und stehen musste. Wieso gab es bei dieser Diskussion eigentlich Parteien und Seiten? War es nicht klar, dass dieses Thema ein solches war und auch behandelt werden musste? Vermutlich ging es meinen Cousinen wie mir, dass sie sich noch lange nicht bereit für eine Ehe fühlten. Anders als bei ihr blieb ihnen aber nicht einmal die Gewissheit eines erfolgreichen Interessenten.
    In ihrer Rolle bleibend seufzte Laevina also nur schulterzuckend auf Marcus Vorschlag hin und sagte: "Von mir aus..." Whatever!, hätte ich gesagt, wenn ich fast 2000 Jahre später auf einer barbarischen Insel im Norden gelebt hätte, aber so blieb mir nichts anderes übrig als die ganze Tragweite meiner Interesselosigkeit und Genervtheit in meine Geste und die drei Worte zu legen. Gleichzeitig hoffte ich, dass Marcus mich trotzdem verstehen würde und wirklich ein solches Treffen arrangieren würde, es wäre sicher sehr, sehr aufregend.
    Ich ging davon aus, dass das Gespräch beendet wäre. Mich hatte er "rumgekriegt" und bei Prisca und Severa war die Lage weiter aussichtslos.

    Für mich schon... Als wenn Tilla mir nichts bedeutet hätte.
    Die schroffe Art des Wilden und seine Besorgtheit um Tilla liessen mich aber nicht schweigen, stattdessen erklärte ich ihm: "Sicherlich. Mir ist sie auch wichtig. Ich habe lediglich gemeint, dass die Entführer, so es welche gibt, nicht viel Geld für sie verlangen werden. Sie wissen ja nicht dass ich - oder Du -", fügte ich etwas hämisch hinzu. "- oder Du - bereit wären für sie etwas mehr hinzulegen."
    Nun kam sein Vorschlag für eine Garantie. Keine. Na super. Da es mir selbst aber auch an Vorschlägen mangelte, sagte ich nur bestimmt und scheinbar entschlossen, was ich in Wirklichkeit ganz und gar nicht war: "Dann geh. Aber rechne damit, dass ich Dich nicht schützen werde, wenn Du versuchen solltest zu fliehen und bedenke immer, dass man meinem Wort immer mehr Gewicht beimessen wird als Deinem!"
    Ich wandte ihm den Rücken zu und liess ihn für einen kurzen Augenblick in der Tür stehen. Ich holte das Siegel der Aurelia, damit er sich ausweisen könnte - wenn er als Verbrecher oder Flüchtling gefasst würde, konnte ich immer noch sagen, er habe es mir gestohlen - als mir ein Gedanke kam.
    Es war ziemlich kühn und vermutlich dumm, aber ich folgte ihm trotzdem.
    Nachdem ich mich kurz umgeblickt hatte, holte ich Tillas Messer aus dem Versteck und überreichte es zusammen mit dem Siegel Hektor.
    "Wenn Du wirklich einem Entführer auf den Fersen bist, wirst Du das hier vielleicht gebrauchen können!"
    Es war eine falsche Entscheidung gewesen. Vielleicht war der Mann gefährlich. Plötzlich fürchtete ich mich. Ich hoffte, dass er es mir nicht anmerkte und forderte ihn mit unhöflichen Gesten eindeutig auf aufzubrechen.


    Mein Sitznachbar hatte mir erzählt, dass er Apollon dienen würde und schon gedient hatte. Er war der schönste Mann im Götterhimmel. Seine Statuen waren ansehnlich und hatten mir immer besonders gefallen.
    Ich nickte also anerkennend und ging dann kurz auf die Frage nach meiner Zeit in Griechenland ein.
    "Ja, ich bin auch neu in Rom. Wir zogen schon in meiner frühen Kindheit ins Exil..." - das war es doch, das war doch der eigentliche Grund für die Entscheidung ihres Vaters sie fernab allen Lebens grosszuziehen! - "Aber was ich bisher von Rom gesehen habe, hat mir ausgesprochen gut gefallen. Es ist eine grossartige Stadt, findest Du nicht?" In diesem Moment wurden wir unterbrochen, da Severa sich zwischen uns setzte. Ich lächelte Quintus - so hiess er doch?! - noch einmal freundlich zu, begrüsste dann Severa und musste mich dann den Geschehnissen im Raum widmen. Immerhin wurden schon erste Geschenke verteilt.


    Marcus hatte sich tatsächlich einige Mühe gegeben, für mich etwas Schönes auszusuchen - und es war ihm wahrlich gelungen.
    Kaum hatte ich ihn ob des beinahe übertriebenen Kompliments anzulächeln und ihm zu danken, erblickte ich die beiden Kämme. Sie mussten eine ganze Menge Wert sein und sie sahen entsprechend edel aus.
    Nun strahlte ich: ich liebte es, Geschenke zu kriegen. "Vielen Dank, Marcus! Sie sind wirklich herrlich! Ich freue mich schon auf das erste Mal, wenn ich sie tragen kann - sobald wieder jemand da ist, der mich ordentlich frisieren kann!", fügte ich hinzu. Ich wollte es nicht jetzt sofort vor allen Leuten hier selbst ausprobieren, aber die beiden Prachtstücke gefielen mir wirklich ausserordentlich gut - sie würden gut mit dem transparenten Seidengewand korrespondieren, welches ich immer noch vor hatte mir irgendwann einmal zu kaufen.

    Schade, sie hatte nicht wirklich zugeschaut. Das wäre aufregend gewesen. Ich war kurz enttäuscht, aber dann besann ich mich, dass Prisca ja doch durchaus etwas zu wissen schien, was mir fast völlig verborgen geblieben war. "Was dann?", fragte ich verwirrt.
    Doch erst einmal musste ich meine unbedachte Äusserung erklären, die ich hatte fallen lassen.


    Dabei wurde ich rot, auch wenn es mir eigentlich nicht peinlich sein musste, schliesslich war ich damals wirklich noch ein Kind gewesen. Aber das konnte man nur sehr schwer oder gar nicht beeinflussen.
    "Naja...", zögerte ich. "Meinen Vater, fürchte ich. Ist es nicht ganz normal, dass man seine Familie einmal ausgezogen sieht, wenn man mit ihr in einem Haus lebt? Zudem war ich ja auch noch klein. Später hab ich wohl selbst sehr viel Wert darauf gelegt, solchen Situationen aus dem Weg zu gehen." War das richtig gewesen? Vielleicht hatte ich etwas verpasst? Aber natürlich war es richtig. Es war mein Vater... Es ekelte mich bei dem Gedanken auch wenn ich bereute nicht wirklich zu wissen, wie Männer aussahen.


    Meine Cousine hatte von ihrem Schreibtisch einige Papyrus-Rollen geholt, die sie dort vielleicht versteckt gehalten hatte. Zumindest hoffte ich das - wer wusste schon, wie Marcus oder einer der Anderen reagiert hätten, wenn sie das gesehen hätten. Das erste Bild, das sie mir zeigte, war noch einigermassen anständig. Es war ein Liebespaar dargestellt, das sich innig küsste. Darüber hatten wir ja schon geredet. Doch die Zeichnung war, wenn wohl auch etwas zu hübsch dargestellt, ziemlich detaillreich und liess mich spannende Sachen erwarten.
    Mir stockte der Atem und ich fragte begeistert: "Wie: besorgt? Wo kriegst Du solche Zeichnungen her?"


    "Zeig mir mehr!", wollte ich sagen, doch die Aufregung liess es wie ein Hauchen oder Seufzen herauskommen und ich fing an albern zu kichern, als mir die Situation für einen Augenblick in ihrem ganzen Umfang bewusst wurde. Tilla döste vor sich hin, aber was, wenn jemand anderes unerwartet hereinkommen würde? Jeder würde zuerst klopfen, also war keine wirkliche Gefahr vorhanden. Dennoch steigerte die Nähe der Cousins und Mitbewohner der Villa meine Aufregung noch.

    "Sie ist nicht viel Lösegeld wert!", sagte ich mit großer Überzeugung. Doch dann überdachte ich die Aussage noch einmal und fügte hinzu: "Nun, sie ist für die Entführer nicht viel wert." Wenn sie wirklich entführt worden wäre.
    Sein Vorschlag gefiel mir sehr, Tilla bedeutete mir etwas, er nicht besonders viel und es konnte auf jeden Fall nicht schaden, ihn zu schicken... oder?
    "Das würd ich gerne, aber was, wenn Du nicht wieder auftauchst? Was habe ich für eine Garantie?" Wenn er tatsächlich fliehen würde, wäre Prisca sicher böse und auch Corvinus würde das kaum verstehen.

    Es war Hektor. Das erklärte... gar nichts, aber immerhin hatte ich den Namen schon mal gehört und mir fiel auch schnell ein, wo. Er war es gewesen, der Tilla und Prisca und den Flavier, welcher verschwunden war, zum Strand begleitet hatte. Trotzdem unerhört. Aber ich lauschte aufmerksam seiner Geschichte, die sehr seltsam schien. "Wieso hat dieser Margot, oder wie er auch heisst, irgendein Interesse an Tilla?" Er würde doch sicherlich kein Lösegeld verlangen, oder etwa doch? Da gab es wahrlich lohnendere Leute dort draussen, die es zu entführen und zu Geld zu machen galt. Ich reagierte auf das ganze seltsam gelassen. Vielleicht war es meine Erziehung, vielleicht der Adrenalinspiegel, der durch meinen kleinen An- oder Ausfall angestiegen war. Tilla bedeutete mir mehr als ich je zugegeben hätte. Sie war einfach liebenswert. Doch es war eine Sklavin, niemand würde für sie eine grosse Summe Lösegeld bezahlen und da sie taub war, würde sie auch als Sklavin nicht mehr sehr viel Geld einbringen. Ich entschloss mich aber Hektor zu glauben, beziehungsweise der Person, von der er die Geschichte hatte und fragte: "Warst Du schon bei Prisca? Sie ist doch deine Herrin!? Und was hast Du nun vor, wir müssen irgendwie herausfinden, ob an der Sache etwas dran ist." Und wenn ja, dann müsste man Tilla retten, BEVOR sie auf ein Schiff verladen würde. Denn sonst... wer wusste schon, wo dieser Matyp sie hinbringen würde.

    Das war alles. Das überraschte mich nicht sonderlich. Es wäre auch zu schön für mich gewesen, wenn ich hier auf so eine kleine Sauerei gestossen wäre. Es überraschte mich dann auch nicht, dass Prisca es noch nicht getan hatte, schliesslich schien es mir schon so, als ob der Flavier etwas ganz Besonderes und bestimmt auch das besonderste - wenn man das überhaupt sagen konnte - gewesen war.
    Schon wäre ich beinahe zumindest gedanklich zum nächsten Thema übergegangen, weil ich dachte, hier wäre nicht viel mehr an Aufregung und auch Auf-klärung zu holen, doch dann überraschte meine Cousine mich doch noch mit einem sehr lang gezogenen aaaber. Ich folgte ihrem Blick etwas verwirrt, was hatte der Tisch damit zu tun, oder der Stuhl davor??
    "Ich hab schon mal gesehen, wie sowas geht... Meine Augen weiteten sich und wie üblich wirkte ich entzückend überrascht, mit weit geöffnetem Mund und einem kleinen spitzen Schrei - ich wollte natürlich nicht Tilla aufwecken, aber die Situation war zu herrlich. Ich schaute Prisca schief von der Seite an und war aufrichtig erschrocken. "Du hast ZUGESCHAUT?" Seehr unkeusche Gedanken huschten durch meinen naiven Kopf und ich fragte sofort nach: "Bei wem??" Immer noch ungläubig ob des Wagemuts und der Kühnheit meiner nun immer mehr und mehr bewunderten Cousine schüttelte ich den Kopf. War es Corvinus gewesen? Sklaven? Oder meinte sie bloss irgendwelche Tiere, Pferde oder Köter oder so? Das hatte ich natürlich auch schon gesehen, ich war schliesslich auf einem Landgut aufgewachsen, doch das war doch sicherlich nicht mit dem zu vergleichen, was beim Menschen passierte. "Ich hab ja seit ich vielleicht 6 war nicht mal mehr einen Mann in echt nackt gesehen...", man musste natürlich von den Skulpturen oder Mosaiken absehen. Das Thema hatte mir die Röte in die Wangen getrieben und ich fühlte mich seltsam aufgekratzt, mit Prisca über dieses heikle Thema zu reden, das mich so sehr interessierte und das doch so oft ein Tabu darstellte.

    "Du bist es nur..." "Was für eine Frechheit!", rief ich empört auf und richtete mich zu voller Größe auf, was gegen seine Länge natürlich immer noch wenig war. Eine runterhauen tat ich ihm nicht. Ich wär auch nicht auf die Idee gekommen einen Sklaven - selbst - zu schlagen.
    Statt mir sofort zu antworten, blickte der Barbar an mir vorbei und suchte offenbar Tilla. "Tilla ist nicht da!", fuhr ich ihn barsch an. "Wer bist Du überhaupt, und wieso wagst Du es...?"
    Doch dann sagte er, wieso er hier war und ich lenkte ein wenig ein. Ich war zwar noch ziemlich aufgebracht, so unverschämt behandelt zu werden, aber für einen kurzen Augenblick war es wichtiger zu wissen, wo Tilla war.
    "Ich habe ihr heute morgen frei gegeben und sie seitdem nicht mehr gesehen.", gab ich mit verschränkten Armen Auskunft. ""Wieso kommst Du darauf, dass sie verschwunden sein könnte?"
    Unter normalen Umständen hätte ich den Mann längst hinein in mein Zimmer geholt oder zumindest höflich dazu eingeladen, aber egal, was er für eine Botschaft überbringen würde, dieser Kerl war ein Rüpel und würde es sich sicherlich nicht in meinem Gemach bequem machen.

    Ich bemerkte nicht, wie sich die Situation zu einem Drama entwickelte. Allerdings überraschte mich der Wechsel von Titus´ Laune schon ein bisschen, da ich nicht genau verstanden, was Tilla in Bezug auf die Thermen vorhatte. Aber noch mehr verwunderte mich, dass sie sich nie zurechtweisen ließ.
    Sie musste immer noch etwas erwidern. So auch diesmal. "Ist er nicht auch auf den Münzen? Und da steht auch der Name dabei.", sagte ich ziemlich kurz, denn das waren wirklich blöde Fragen.
    Caelyn war schlecht und sie holte uns etwas zu Trinken. Ich lächelte ihr sehr freundlich und ein bisschen mitfühlend zu und freute mich, dass sie Ursus auf diese reizende Idee gebracht hatte.
    Tilla´s Trinkgeste deutete ich völlig miss. "Natürlich! Sie bringt Dir bestimmt auch etwas mit!" Dass sie selber Geld wollte, ahnte ich nicht einmal.
    Ich hatte mich gerade wieder an Titus gewandt, als seine Sklavin mir einen Becher... mit Wasser! in die Hand drückte. Hatte er nicht gesagt, Fruchtsaft oder noch besser Wein? Hatte er wohl nicht. Aber irgendwie war ich davon ausgegangen, etwas Süßes zu kriegen, immerhin hatte er betont, dass Caelyn selbst wegen ihrer angeblichen Übelkeit "nur" Wasser kriegen sollte. Ich blickte auf den Becher, dann wanderte mein ungläubiger Blick auf Caelyn und ruhte schliesslich etwas klagend auf Titus. Ja, ich war ein bisschen verwöhnt. Aber dies war auch wieder so eine Situation, in der ich gespannt war, wie mein Lieblingscousin mit seinen Sklaven umgehen würde. Würde er mir Saft verschaffen oder würde er über diese Unverschämtheit hinwegblicken, die ich zudem auch reichlich unbegründet fand, unabhängig davon, dass Caelyn´s Verhalten einfach dreist war.