Beiträge von Aurelia Laevina

    Die Lage wurde immer ernster. Der Mann kam näher und näher und ich hatte keinerlei Plan oder auch nur den Schimmer einer Ahnung, wie wir aus dieser Situation heile, unversehrt und sozusagen unbefleckt herauskommen sollten. Im letzten Moment jedoch setzte meine mutige Cousine allerdings einfach meine Drohung um - und schlug den Übeltäter. Das hatte sicherlich gesessen, ich bewunderte Prisca heimlich für die Kraft, die sie aufgebracht hatte und rüstete mich nun meinerseits, sie tatkräftig zu unterstützen. Als der Imperator uns jedoch einfach umfasste und zum Bett schleifte, half das um sich Schlagen überhaupt nicht mehr - der Kerl war einfach zu gut gepanzert. Das Schlimmste befürchtend stiegen mir die Tränen in die Augen - dieser Ausflug war so schief gegangen, wie es nur hätte kommen können. Ich kreischte laut, vielleicht liess sich der Widerling davon abschrecken - und tatsächlich verschwand er plötzlich aus meinem Blickfeld. Aber nicht mein Gekreische, sondern ein heftiger Schlag hatte ihn auf die Bretter geworfen. Ursus hatte uns entdeckt. Wimmernd sprang ich ihn an und klammerte mich Schutz suchend an seine Seite. Jetzt war es eh egal, er hatte uns ja wohl schon gesehen. "Den Göttern sei gedankt - Du hast uns das LEBEN gerettet!" Ursus war wirklich ein Held! Dass ich durch meine Umklammerung seinen - ziemlich muskulösen - rechten Arm ausser Gefecht setzte war mir nicht bewusst. Das Abenteuer schien eh vorbei zu sein. Jetzt kam es wohl nur noch darauf an, mich irgendwie mit Prisca über den besten Ausweg zu beraten. Am besten, wir würden gar nichts sagen... oder das wir verschleppt worden waren von dem alten Knacker... Oder war das vielleicht doch etwas zuu abenteuerlich? Fest stand, dass Ursus gerade im rechten Augenblick erschienen war um uns zu retten.

    Als Durus nach dem Essen endlich fragte, ob die Tiberia und ich in den Garten gehen wollten, nickte ich eifrig und hoffentlich nicht allzu schnell. Arvinia führte mich hinaus in einen netten kleinen Garten, wo wir auf einer Bank nahe eines Springbrunnens Platz nahmen. Ich hatte genug von der Etikette und der Förmlichkeit und fragte meine Freundin einfach geradeheraus: "Du und Orest?" Das schien mir dann doch etwas zu kühl zu sein und ich fügte schnell hinzu: "Wie lange kennt ihr euch schon? Bist du glücklich damit?" Ich konnte ja nicht ahnen, dass es sich hier um eine Liebesheirat handelte, und nicht - wie bei mir selbst - um eine arrangierte Ehe.

    Zustimmend und immer noch kichernd stimmte ich allem zu, was Prisca der Sklavin erklärte. "Jaja... ganz normal!!"
    Das war doch wohl ziemlich klar. Das schien Cantalla jedoch nicht zu finden.
    Meine Cousine ergriff daraufhin einfach die Führung und tat damit vermutlich das einzig Richtige. Wir waren ja eh nur hier um etwas zu sehen... Welche Vorlieben unsere erfundenen Verlobten hatten, das spielte so oder so keine grosse Rolle.
    "Brix!", stiess ich empört aus und mein Gekicher erstarb. Ich fühlte mich jetzt, da ich Brix in offensichtlich angetrunkenem Zustand durch den Flur hatte torkeln sehen, lange nicht mehr so gut beschützt. Aber das würde sicher Konsequenzen. Während ich mich von Prisca nur leicht wiederwillig wegziehen liess, warf ich Brix einen bedeutungsschwangeren Blick zu, der eine nicht zu unterschätzende Strafe in Aussicht stellte.


    "Ursus?", fragte ich - mittlerweile völlig durcheinander. Mein Bauch schmerzte noch vom Lachen, meine Wangen waren noch von der Erregung gerötet, und nun standen Schock und Zweifel in meinem Gesicht geschrieben. "Ursus? Hier? Hast Du ihn gesehen?" Das war völlig undenkbar. Meine heimliche Flamme, meine unmögliche Liebe hier im Lupanar zu treffen war nicht gerade das, was ich mir wünschte... NEIN! "Er darf uns nicht sehen!" Wenn er es überhaupt war. Warum hatte ich ihn nicht gesehen, wenn er hier war? Auf keinen Fall konnten wir hinaus gehen, bis wir nicht sicher waren, dass Ursus fort war... Aber wo waren...?? Die Frage beantwortete sich, bevor ich sie überhaupt zuende denken konnte. Auch mir entfuhr ein kleiner Schrei, als der "Imperator" aus dem Bett sprang und auf uns Jagd zu machen begann. Während ich mich gegen die nächste Wand drückte, wisperte ich Prisca ins Ohr: "Was sollen wir nur jetzt tun? Raus können wir auch nicht!" Aber hier bleiben natürlich auch nicht. Der alte Knacker war nur noch wenige Schritte von mir entfernt, als ich mich entschloss mich zu wehren. Ich stellte mich so sicher und breit hin, wie ich konnte und versuchte mit tiefer Stimme zu verkünden:"Wenn Du uns anrührst, stech ich Dir die Augen aus!" Was heraus kam, war jedoch kaum mehr als ein leises Kieksen. Panik machte sich in mir breit. Es würde uns wohl kaum etwas anderes übrig bleiben, als hier zu verschwinden. "Cantalla!", rief ich mit einer gepressten Stimme, in der Hoffnung, dass sie mich hören würde, Ursus sofern er hier war, mich jedoch nicht erkennen würde. Doch zunächst blieb die Tür zu und ich kniff die Augen zusammen und gab meine standhafte Pose auf, drückte mich stattdessen wieder an die Wand und an Prisca. Als ob sie mich hätte beschützen können...

    Boudoir der Cleopatra




    Ich hatte Prisca noch milde lächelnd zugestimmt, dass alles hervorragend sei, nachdem ich mich von meinem Schock erholt hatte. Doch nun hatte es mir abermals die Sprache verschlagen. In der Erwartung, Männer Dinge mit Frauen zu machen, waren wir ins Lupanar gekommen. Doch im Boudoir der Cleopatra, in das Cantalla uns geführt hatte, waren nur Frauen ernstlich beschäftigt, die Männer beobachteten sie nur bei ihrem Spiel. Seltsam aufregend war das aber auch sehr komisch... Ich konnte ein nervöses Kichern nicht unterdrücken, bis die zahlenden Kunden uns anzustarren begannen und Prisca und ich schnellstmöglich aus diesem Raum flohen. "Nein! Das sind sie nicht!" Ich grinste immer noch fassungslos meine Cousine an und fügte dann an die Sklavin gewandt hinzu: "Weiter! Dannn müssen wir wohl weiter suchen."


    Cantalla war enttäsucht, aber weiterhin gespannt, was für Typen diese beiden Verlobten wohl wären, dass sie ins Lupanar gingen, obwohl sie so hübsche junge Dinger zuhause hatten. Da kam ihr die Erläuchtung. "Jetzt hab ich´s!", rief sie und führte die beiden Patrizierinnen schnell den Gang hinab, um eine scharfe Ecke, durch eine Tür in einen anderen Teil des Hauses.


    Ein ganz anderes Ambiente herrschte hier, doch mir war nicht klar, woran das lag, bis ich das Schild vor der Tür las, vor welche Cantalla uns geführt hatte und wo sie nun erwartungsvoll darauf wartete, dass wir eintraten.


    Gymnasion ~~ Griechische Lustbarkeiten und -knaben


    "Neinnein!", kicherte ich. "Hier sind sie sicher nicht drin." Cantalla war beleidigt, da hatte sie schon eine so gute Idee gehabt, und die Herrinnen waren nicht einmal interessiert, hineinzugucken. Vorwurfsvoll sagte sie: "Wo wollt ihr denn dann hin?" Und um nicht allzu aufmüpfig daher zu kommen, ergänzte sie rasch: "Was sind denn deren Vorlieben... ihr wisst schon..."
    Das liess mich noch stärker kichern, doch mir kam der Gedanke, dass Prisca vielleicht Interesse daran hatte, den Raum mit den Herren und den Herren zu betreten. Oder sie müsste sich etwas über die Vorlieben unserer Verlobten ausdenken... Ich war auf jeden Fall viel zu sehr mit alberner Kicherei beschäftigt, um kreativ zu sein.

    Es war kaum vorzustellen, wie froh und erleichtert ich war, diesen Raum endlich verlassen zu können. Tatsächlich hatte ich geradezu furchtbare Angst vor Hunden und diese waren nun einmal Prachtexemplare, wenn es um Grausamkeit ging.
    Auch auf dem Flur zitterte ich noch leicht, doch ich riss mich zusammen, biss mir auf die Lippe und schaute dann erwartungsvoll auf Prisca, wie sie diesen unerfreulichen Aufenthalt verkraftet hatte.


    "Alles in Ordnung?? Alles in Ordnung?", fuhr ich Prisca etwas zu heftig an, der Stress hatte sich in mir gestaut und nun liess ich ihn ausgerechnet an meiner treuen Begleiterin aus. Doch direkt darauf, ergriff ich ihre Hand und sah sie entschuldigend an. "Bitte verzeih mir... Ich bin nur... es ist nur...", sagte ich mit sanfter aber etwas zittriger Stimme. Noch einmal atmete ich tief durch. Nachdem ich mich nun einigermassen gefasst hatte, nickte ich Prisca zustimmend und gaaaanz unauffällig verschmitzt grinsend zu. Auf zur Suche! Dafür waren wir ja schliesslich hergekommen, jetzt konnte es endlich losgehen. Erwartungsvoll wendete ich meinen Blick auf Cantalla, dass die Leibwächter nicht mehr hier waren, fiel mir überhaupt gar nicht erst auf.


    ########


    Cantalla war nicht besonders froh darüber, von ihrem Boss getrennt zu sein. Es war auch nicht so, dass sie sich besonders geärgert hätte, dass sie diese Patrizierinnen rumführen sollte. Es war bloss so, dass ihr das alles im Grunde genommen ziemlich gleichgültig war. Sie dachte - zumindest während der Arbeitsstunden - nicht besonders viel. Nur neugierig war sie natürlich. Was wollten diese beiden jungen Frauen hier? Sie mussten etwa in ihrem Alter sein, lediglich in der Herkunft unterschieden sie sich voneinander.
    Doch gleichzeitig war Cantalla natürlich bewusst, dass dies hier reiche und wohlerzogene und adelige Damen waren und dem Boss viel an ihnen zu liegen schien - immerhin hatte er sie nicht sofort rausgeschmissen.
    "Hmm... wo fangen wir nur an?", dachte Cantalla laut nach. Dann entschied sie sich spontan für ihren Lieblingsraum.
    Sie lächelte den jungen Damen zutraulich und vielleicht etwas naiv zu und schwebte auf das

    Boudoir der Cleopatra


    Sie warf einen kurzen Blick auf die anwesenden Gäste, die so beschäftigt waren, einigen Ägypterinnen zuzusehen, die miteinander beschäftigt waren, dass sie gar nicht bemerkten, wie die Tür geöffnet worden war.
    "Ist es einer von den hier?", fragte sie gespannt ihre beiden "Gäste".
    Cantalla

    Sie konnte sich nicht beschweren. Ich schüttelte mich innerlich, weil auch ich ahnte, dass das eine Anspielung auf was auch immer zwischen ihr und Orestes sein möge war. Doch natürlich äusserte ich diese Abscheu nicht hier und nicht jetzt und vor allem nicht vor Arvinia selbst.
    "Dinge aus Germanien?" Diese Äusserung hatte mich aufhören lassen, immerhin gab es da sehr schöne Dinge, doch mir war nicht bekannt gewesen, dass ich in Arvinia offenbar eine Fachfrau in diesen Dingen vor mir hatte, was mir sicherlich einmal von Nutzen sein konnte, wenn ich an kostbare Steine oder kräftige Sklaven kommen wollte.
    "Mir ist es ganz gut ergangen. Meine Sklavin Tilla ist verschwunden, aber sie wird bereits gesucht und ich bin mir sicher, dass sie bald wieder auftauchen wird." Ich zeigte nicht, dass mich dieses Thema weit mehr beschäftigte, als sich zuzugeben gehörte. Um diesen Verdacht gar nicht erst aufkommen zu lassen, fügte ich hinzu: "Es ist sicher eine gute Nachricht, dass das die schlimmste Nachricht ist, die ich zurzeit selbst erlebt habe." Was Gerüchte aus der Stadt anging, schien Arvinia nicht tiefergehend informiert zu sein, weshalb ich auch nicht hier mit den Gerüchten starten wollte, vielleicht hätten wir später noch die Möglichkeit uns ohne die Gegenwart der Männer auszutauschen. Beinahe wünschte ich es, denn die angespannte Stimmung und die Ungewissheit der Situation strengten mich an und liessen die Zeit langsamer vergehen.

    Ich war geschockt, als der schwarze Mann so dicht an Prisca herankam und sie danach aufs übelste beschimpfte. Hätte ich nicht so eine furchtbare Angst vor seinen Hunden gehabt, hätte ich ihm mit Sicherheit eine geknallt - auch stellvertretend für Prisca, die offenbar genauso eingeschüchtert war, wie ich.
    Doch da ich wirklich kaum die Augen von den beiden Monstern lassen konnte, die nur mich anzuknurrenund keinen schlechten Appetit auf mich zu haben schienen, war ich sehr dankbar für Priscas schnell wiedergewonnene Fassung. Ich stimmte ihrem genialen Einfall mit dem "wenn, dann können sie sie gerne als Stammkunden behalten" zu, indem ich nickte, ohne die Blicke von den Hunden zu lassen. Desweiteren versteckte ich mich halb hinter Prisca und drückte ihre Hand fest... fest!


    ~~~


    http://img269.imageshack.us/i/avatarptb.jpg/[/IMG]


    Oleus Canis schüttelte noch einmal den Kopf. Schade, dass er nicht an sie rankommen würde. Schade, schade...
    Tatsächlich erwirderte die eine von den beiden, die offenbar mutiger war, ihm etwas, doch er entschloss sich, die Angelegenheit nicht weiter zu verfolgen und noch mehr Stress für ihn selbst zu generieren. Er hatte heute noch viel vor mit den Damen, die ihm zur Verfügung standen.
    Also machte er nur eine wegwerfende Handbewegung und signalisierte sein Einverständnis. "Von mir aus... Jemand soll euch durch die Zimmer führen, wenn ihr sie findet, könnt ihr sie gleich hier lassen. Wenn nicht... könnt ihr sie herschicken!" Oleus Canis liebte es, über seine eigenen Witze zu lachen. Wie es seine Art war, wurde er aber schlagartig wieder ernst und wandte sich an die blondere seiner beiden Gespielinnen. "Cantalla, gib diesen beiden..." Hier machte er eine kurze Pause und musterte die Aureliae mit einem Blick zwischen Verachtung und Bedauern, dass er nicht mehr zum Mustern hatte. "... eine Führung durch´s Haus." Denn eins stand fest, ein Mädchen musste diese Aufgabe übernehmen. Die meisten und die liebsten Gäste wären höchst erbost, würden sie von einem männlichen Wesen unterbrochen. Noch einmal wiederholte Oleus seine liebgewonnene Geste mit der Hand und drehte sich dann ohne Abschied zu nehmen von den beiden sexy Nervensägen weg um sich wieder ganz der ihm verbleibenen Schönheit zu widmen. "Nun, wo waren wir stehen geblieben, Iessica?" Noch einmal war sein dreckiges Lachen zu hören, bevor Prisca und Laevina aus dem Büro des Besitzers geführt wurden.


    ~~~


    [Blockierte Grafik: http://www.ddr-hoerspiele.de/litera/Doggek.JPG]


    "...grrr... knurr.... ggrrrr!"

    Auch mir fiel es nicht so leicht, das Gespräch voranzubringen, weshalb ich einerseits zwar dankbar war, dass Durus diese Aufgabe zu übernehmen versuchte, doch andererseits blieb die ganze Last des Redens und Antwortens doch auf mir.
    Natürlich antwortete ich aber freundlich und schnell auf die letzte Frage des Tiberiers.
    "Seit einigen Monaten schon, ich glaube es ist noch nicht ganz ein Jahr." Tatsächlich hatte ich keine Ahnung wann genau ich in Rom angekommen war. Der Tod meines Vaters schien mir ewig her, weil er schon Monate vorher krank und schwach gewesen war und für mich wie tot und seit ich in Rom war, war bereits so viel passiert. Doch einige Monate war ich bestimmt schon hier, auch wenn es mir manchmal vorkam wie eine Woche, manchmal wie Jahre.


    Nach einer kurzen Pause, um nicht unhöflich zu erscheinen, richtete ich mich an Tiberia. "Arvinia, wie ist es dir ergangen, seit wir uns das letzte Mal getroffen haben?" Da ich das Theme für mich persönlich meiden wollte, fragte ich nicht offen, ob - und warum - sie mit Orestes liiert sei. Das wäre zu peinlich gewesen. Mittlerweile hatte ich genug gegessen und wartete nun gespannt, was die nächsten Schritte diesen formalen Treffens sein würde.

    Auch ich war sehr überrascht, als der Mann so zügig verschwand und uns nur sehr wortkarg hineinwies. Den hatten wir aber ganz schön fertig gemacht, dachte ich.
    Ob wir ihm zu sehr zugesetzt hatten? "Und wenn schon...!", grinste ich zurück. Natürlich hatte ich die Tafeln gelesen und offenbar hatten sie genauso Eindruck auf Prisca gemacht, wie auf mich - und offenbar hatten sie auch die gleiche Neugier in ihr geweckt. Ich nickte meiner Cousine zustimmend zu und liess mich dann von ihr in den Raum führen.
    Die Situation in der wir uns empfanden, kam mir auf einmal sehr bedrohlich vor. Der Sklave grinste mir zu selbstzufrieden und war viel zu reich gekleidet und geschmückt, die Hunde waren furchteinflössend und die beiden nackten Mädchen waren zwar ein interessantes Detail - immerhin befanden wir uns hier im Büro - doch steigerten meine Selbstsicherheit nicht gerade. So war ich ganz froh, dass Prisca das Wort ergriff und hoffte nur, dass sie sich nicht im Ton vergriffen hatte und die Situation falsch einschätzte.



    ~~~



    http://img197.imageshack.us/my.php?image=avatarf.jpg[/IMG]


    Hübsche Mädchen waren das. Jung und knackig und von römischem Adel. Ganz nach Oleus´ Geschmack... nur zu streng bekleidet.
    Deswegen grinste der Inhaber des besten Lupanars der Stadt auch sehr zufrieden und versuchte sich, wie es seine - rein geschäftlich begründete - Angewohnheit war, sich die beiden jungen Damen unbekleidet vorzustellen. Er war zufrieden mit seiner Vorstellungskraft!
    Doch seine Laune - und damit auch die seiner beiden Lieblinge (die Hunde sind hier gemeint) - änderte sich schlagartig, als die eine der beiden Gäste nach dem Besitzer verlangte und ihn auf eine herabwürdigende Weise ansprach, die ihn nur zu sehr an frühere Zeiten erinnerte.
    "Der Besitzer steht vor euch!", sagte er zuckersüss und ging langsam ganz dicht an das freche Stück heran um - nachdem er ihr Haar gerochen hatte - ins Gesicht zu brüllen: "Ich bin kein verdammter Sklave, also behandel mich gefälligst mit dem Respekt, den Du mir schuldest, du Schlampe!"
    Die beiden grossen Hunde quittierten sein Brüllen mit lautem Bellen. Oleus Canis hielt nicht viel von Lärm, doch mit seiner Herkunft hatte die Patrizierin einen wunden Punkt getroffen - war er doch tatsächlich als Sklave nach Rom gekommen und hatte sich nur durch harte Arbeit und einige krumme Dinger so hoch- und frei gearbeitet, wie er jetzt stand.
    Doch auch ihm viel auf, dass er überreagiert hatte und so wandte er sich von den beiden jungen Frauen an und presste seine Hand vor die Augen. Nach einer Weile der Stille drehte er sich wieder um und fuhr mit leiser Stimme und einem etwas weniger bedrohlichen Tonfall fort: "Wer seid ihr? Wie heissen eure Verlobten? Vielleicht zählen sie zu meinen Stammkunden, dann möchte ich sie nicht verlieren..."
    Was sprach dagegen, die beiden ihre Männer suchen zu lassen? Die eine hatte ihn - zwar unwissend aber doch herb - beleidigt. Ausserdem könnte es geschäftsschädigend sein, wenn die Gäste unterbrochen wurden. Andererseits... wieso sollte man nicht von zwei solchen hübschen Grazien unterbrochen wollen werden - bei was auch immer man eben trieb?
    Mit einem abschätzenden und zweifelnden Blick betrachtete Oleus Canis seine beiden Besucherinnen. Das schlimmste war, dass er auf legalem Weg wohl nicht dazu kommen würde, mit ihnen in näheren Kontakt zu treten. Was wiederum gegen einen Gefallen seinerseits sprach...

    Es funktionierte!! Schneller als erwartet und von einem eingeschüchterten Kassierer wurden wir die Treppe hinauf in Richtung Büro des Chefs geführt. "Lump"... wie niedlich. Ich grinste Prisca an und stiess sie leicht in die Seite. Dann stimmte ich ihr flüsternd zu. "Ja, wir haben es geschafft... Nein. Noch nicht. Aber immerhin..."
    Auch ich sah und las natürlich die Schilder an den Türen und wurde immer aufgeregter. Es gab wirklich Leute mit viel, viel Fantasie wenn es zu diesem Teil der Unterhaltungsbranche kam. Und es musste Leute - wohl vor allem Männer geben, die für diese Art von Unterhaltung jede Menge Geld zahlten.
    Ich las das Wort "Carcer" und dachte zunächst hier würde man vielleicht Betrunkene oder tatsächlich Verbrecher halten. Ein lustvoller Schrei ertönte, als wir die Tür passierten und ich zuckte zusammen. Mir dämmerte, worum es sich hier handeln könnte - eine Art Folterkammer der anderen Art. Ich schüttelte den Kopf und starrte Prisca entsetzt an. Doch schon waren wir vor dem Büro angekommen und der Kassierer war drinnen verschwunden.


    http://img38.imageshack.us/my.php?image=avatarkud.jpg[/IMG]


    Der Kassierer unterbrach den Besitzer des Hauses, Oleus Canis, bei einer seiner liebsten Beschäftigungen. In beiden Armen ein Mädchen, liess er sich mit Trauben und Hühnchenschenkeln füttern, während seine beiden grossen braunen Hunde vor sich hinsabberten und auch hin und wieder ein Hühnerbein abkriegten. Gerade hielt ihm eine der entzückenden und dürftig bekleideten jungen Damen den Weinkelch mit feinstem Falerner gefüllt, als der trottelige Angestellte hereinplatzte.
    "Verdammt, Alter! Siehst Du nicht, dass ich arbeite?" Der Störenfried errötete und verbeugte sich tief und die Unterhalterinnen kicherten albern, während die Hunde begannen zu knurren. Sie spürten stets die Laune ihres Herrn und schlossen sich ganz willenlos und bedingungslos seiner Meinung an. Meistens wenn sie diesen Wurm zu Gesicht bekamen, war seltsamerweise Knurren angesagt.
    "Verzeihung, Herr!", begann der Kassierer, doch er wurde sofort unterbrochen. "Sprich gefälligst laut, Mann!"
    Also räusperte er sich, nahm all seinen Mut zusammen und teilte mit zittriger Stimme mit: "Herr, zwei adelige Damen verlangen mit Euch zu sprechen! Es scheint wichtig zu sein..." Um seine Versuche zu illustrieren, die beiden aufsässigen Dinger - die ihn wenn er es recht bedachte erst in diese missliche Lage gebracht hatten - selbst abzuspeisen, fügte er etwas schüchtern hinzu: "... aber sie wollen keine Lustknaben... und arbeiten wollen sie hier auch nicht."
    Oleus Canis tat etwas, das er ausserordentlich gut konnte - neben seinen anderen Talenten, zu denen er Geld verdienen, das verdiente Geld geniessen und sich mit Frauen beschäftigen zählte - er seufzte tief!
    Schliesslich pfiff er jedoch eine seiner Tölen zurück, die sich mittlerweile knurrend erhoben hatte und eindeutig Lust auf Kassiererbein als Hauptgang nach dem Geflügelaperitif hatte, und verscheuchte mit einer Handbewegung seiner mit Goldringen besetzten Hand nicht nur die Mädchen, sondern auch den unfähigen Angestellten. "Lass sie rein und geh wieder an die Kasse, Kassierer! Und ihr..." Er gab der einen der Schönheiten einen Klaps auf den fast nackten Hintern. "Ihr bleibt hier. Haltet euch einfach unauffällig im Hintergrund auf. Ich will mich nicht einen Augenblick zu lang von euch trennen..." Er richtete sich etwas auf seinen Kissen auf und nahm einen genüsslichen Schluck Wein, während er auf den hohen Besuch wartete. Wenn es auch ungewöhnlich war, dass ihn zwei Patrizierinnen besuchen wollten, so war es doch nicht ungewöhnlich genug um ihn aus der Ruhe zu bringen. Nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen... ausser vielleicht die Aussicht auf ein gutes Geschäft.


    Schweissgebadet und zutiefst erleichtert nicht heute schon als Hundefutter geendet zu haben, verliess der nunmehr noch kleinere Kassierer das Büro seines Bosses. Mit einem Unheil-verkündenden Blick wandte er sich an die Damen und rauschte dann an ihnen vorbei um unten neue Gäste in Empfang zu nehmen und weiter Geld zu zählen. "Ihr könnt jetzt rein... Ihr werdet erwartet."

    Zum Glück viel mir weder Orestes aufgefrischte Abneigung gegen mich, noch die kleine Enttäuschung die meine Zurückhaltung dem Tiberier beibrachte auf. Ich fühlte mich tatsächlich recht unsicher in dieser Runde, obwohl ich mich selbst nicht für schüchtern hielt. Aber immerhin handelte es sich hier um meinen möglichen Gatten - was mich zugegebenermassen einigermassen nervös machte.


    Während ich keinen Schimmer hatte, was die Deiotoriana waren, wusste ich sehr wohl um das Tabu Ägyptens für alle Senatoren - "Ägypten ist zu reich - wenn ein Senator den Fuss dorthin setzen würde, müsste ganz Rom um sein Brot fürchten". So ähnlich hatte ich noch die Stimme meines Lehrers aus Griechenland in den Ohren. Und auch einen Schluss zog ich aus dieser Äusserung zu seiner Herkunft: Er war ein Homo novus - ein neuer Mann in der Politik. Er hatte sich aus eigener Kraft hochgearbeitet... andererseits hatte er vermutlich keine lange und edle Ahnentradition. Doch ich tröstete mich mit seinem Adel und dem positiven Aspekt dieser Neuigkeit.


    "Achaia ist schön! Du musst es unbedingt einmal dorthin reisen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Aber es ist dort nicht viel los..." Er fragte nach dem genauen Ort der Villa meines Vaters, obwohl er noch nie in dem Land gewesen war. Das war etwas seltsam, aber ich antwortete gehorsam und so genau ich konnte.
    "Mein Vater besass Landgüter und eine Villa ausserhalb Corinthus´. Dort bin ich aufgewachsen..." Dass meine Mutter so früh verstorben war, verschwieg ich, dass meine frühe Jugend auf dem Land ziemlich langweilig gewesen sein musste, konnte der Tiberier sich vielleicht denken.
    Mir war entfallen, welches Amt im Cursus Honorum Durus innehatte, doch da ich mich erinnerte wie Marcus es mir erzählt hatte, wollte ich mich nicht blossstellen und fragen. Ich nahm einen Schluck Wein um nicht mehr in dieser Runde über mich Preis geben zu müssen - vor Orestes und bevor ich Durus richtig kannte. Stattdessen warf ich Arvinia ein breites Lächeln zu und fragte mich, wie es ihr seit unserem letzten Treffen ergangen war. Sie fragte ich natürlich nicht, darüber könnten wir später sicher noch reden.

    Ich lag leider nicht nah bei dem Tiberier, der mein Schicksal zu sein schien. So konnte ich mich auch nicht so einfach in das Gespräch einmischen, dass er mit Orestes führte. Da ich an letzterem freundlich gesagt auch wenig interessiert war und der Abstand auch Vorteile mit sich brachte, bedauerte ich die Situation aber nicht zu sehr. Zunächst beobachtete ich die Teilnehmer des Treffens. Weshalb ich hier war, war mir klar. Marcus war mein Vormund, Durus der vorgesehene Gatte. Doch Orestes... und Arvinia... Da dämmerte es mir und sofort fielen mir auch entsprechende Wortfetzen oder Andeutungen ein, die ich aufgeschnappt hatte. Arvinia war mir so nett vorgekommen, als ich sie kennengelernt hatte. Und jetzt so etwas... Meine Verwunderung und Enttäuschung verbarg ich jedoch gut und widmete mich bald wieder meinem Hauptanliegen hier. Der Tiberier machte eine gute Figur bei Tisch - das heisst, er wusste ein Gespräch zu führen und zu moderieren, er hatte eine angenehme Stimme - ich war gespannt, ihn einmal eine Rede halten zu hören. Sicherlich war er rhetorisch gut ausgebildet worden. Vielleicht sogar in Griechenland? Dann hätten wir immerhin schon ein gemeinsames Kapitel in unserer Vergangenheit.
    Und Durus hatte Geschmack. Gleich zu Beginn des Mahls wurde eine seltsame Spezialität aufgetragen. Zumindest handelte es sich nicht um Garum oder andere Gewürz(-saucen), die ich kannte. Obwohl ich viel zu aufgeregt war um hungrig zu sein, probierte ich und es schmeckte tatsächlich gut, wenn auch sehr scharf.
    Ich war ganz in die Musterung seines Gesichtes vertieft, als er mich plötzlich ansprach. Deshalb schreckte ich ein wenig auf und erzählte dann: "Äh nein! Ich bin ursprünglich Römerin. Allerdings ist mein Vater schon mit mir nach Griechenland gezogen, als ich noch klein war." Und seit er tot war, war ich wieder in Rom. Eigentlich war in meinem Leben bisher kaum etwas passiert. Ich fühlte mich ein wenig schäbig, bevor ich abschloss: "Und jetzt lebe ich wieder in Rom..." Wie lange war das jetzt schon? Es schien mir eine Ewigkeit! Soviel hatte ich hier schon gesehen! "Es gefällt mir sehr gut hier! Es ist doch eine schöne Stadt - trotz all ihrer dunklen Ecken und Flecken." Errötend, weil mir plötzlich bewusst wurde, dass ich nun doch im Rampenlicht stand - gerade so wie ich es nicht gewollt hatte - fügte ich noch hinzu: "Immerhin ist hier etwas los!"
    Um wieder von mir abzulenken aber vor allem um wenigstens ein bisschen von meinem potenziellen Zukünftigen zu erfahren, fragte ich: "Und du? Du bist doch sicher Römer!?" Privatere Dinge wagte ich nicht vor den anderen Männern zu fragen, obwohl meine Neugier nach Details über seine Militär- und Politikkarriere verlangte, über frühere Frauen und seine Eltern. Sicherlich würde ich an einem anderen Tag noch die Möglichkeit haben, ihn genauer auszufragen.

    Der Siegelring hatte eindeutig Eindruck auf den abscheulichen Mann gemacht, wie ich mit Zufriedenheit feststellte. Er verhielt sich sogleich angemessener und damit angenehmer für uns. Allerdings wollte er offenbar nicht an einem ruhigen Fleck mit uns reden. Zumindest reagierte er überrascht und ausweichend auf meine Forderung. Mit gesenkter Stimme machte er dann einen unerhörten Vorschlag. Da ich leicht zu erschrecken war, riss ich die Augen auf und öffnete den Mund. Doch da Prisca das Schimpfen übernahm, beschränkte ich mich auf einen todbringenden Blick und erklärte unsere Angelegenheit nun mit vor Verachtung triefender Stimme so: "Wir sind auf der Suche nach jemandem. Aber entweder du führst uns jetzt an einen stillen Ort, wo wir ungestört reden können..." Ein Blick über die Schulter bestätigte mir, dass wir von den Gästen des Hauses, die sich in der Umgebung befanden nach wie vor höchst interessiert beäugt wurden. "Oder du bringst uns zu deinem Chef, dem Besitzer oder sonst einem anständigen Mann!" Ich war zu dem Schluss gekommen, dass es sich hier nicht um den Kerl handeln konnte, den wir suchten. Er verhielt sich zu unprofessionell, er war zu verkommen und zu dreist für einen Boss - und wenn es nur der Boss eines Lupanars sei.
    Auch zu unseren Leibwächtern - angeführt von Brix - schaute ich mich noch einmal sicherheitshalber um und war glücklich, sie dabei zu haben. Wer wusste schon, wie lange der Siegelring uns genügend Schutz vor Frechheiten gewähren würde. Ich hoffte inständig, dass der Mann uns endlich zu seinem Vorgesetzten führen würde. Mit ihm selbst wollte ich mich nicht länger abgeben und mich ihm vor allem nicht anvertrauen. Unsere - ausgedachte - Geschichte war schon peinlich genug.

    Und plötzlich standen wir IM Lupanar. Auch ich wurde von dem ersten Eindruck überrascht. "Ooooh..." antwortete ich schockiert auf Priscas gleichartigen Kommentar.
    Doch dann wurden wir auch schon angesprochen. Ein ziemlich gruseliger Mann fragte uns aus. Ganz spontan antwortete ich empört: "Was erlaubst du dir eigentlich? Also wirklich..." Dann fiel mir ein, wo wir waren und ich schaute mich besorgt um, schliesslich wollte ich hier keine Szene machen und für viel Aufmerksamkeit sorgen. Im Gegenteil, so ruhig wie möglich wollten wir soviel sehen wie möglich. Die sehr detaillierten Bilder in der Eingangshalle waren schon ganz nett, doch ich war vor allem gespannt auf die Damen... und Herren?! - die hier arbeiteten. An SO einen Typ hatte ich aber sicher nicht gedacht. Durch die kurze Gedankenpause nun doch verunsichert, blickte ich mich einmal versichernd zu Prisca um. Wir ihm dienen? Ob wir dafür "geeignet" wären... mal abgesehen von unserem Stand? Darüber hatte ich noch nie nachgedacht, der Gedanke war so fern... Aber schlecht sahen wir nicht aus... Mit einem kräftigen Kopfschütteln vertrieb ich den Gedanken und fuhr den Mann - mit etwas ruhigerer Stimme - an: "Wir bieten dir überhaupt nichts an... Wir brauchen eine Auskunft. Es ist nämlich soo..." Ich unterbrach, als ich die sehr interessierten Blicke eines Mannes sah, der ganz in der Nähe auf einer Kline lag und sich von einer jungen Frau mit Weintrauben füttern liess. Er schien sich von seinen Abenteuern zu erholen, doch die Blicke, die er Prisca und mir zuwarf, regten Ekel in mir und ich raunte dem Portier oder Besitzer oder wem auch immer zu: "Können wir irgendwo in Ruhe reden?" Dabei öffnete ich einen kleinen Beutel, in dem sich mein Siegelring befand um dem Mann zu bedeuten, dass wir ein Gespräch wert waren. Den Adel musste er nun erkennen, doch auch die Münzen, die sich in dem Beutel befanden, hatte er gesehen. Eins von beidem würde ihn vielleicht dazu bewegen uns das Haus zu zeigen oder doch wenigstens mit uns zu reden.

    Fast hätte er mich entdeckt. Für eine ganze Weile meinte ich noch seine Blicke auf mir zu spüren, als ich schon lange wieder aus Sicht sein musste. "Uff, das war knapp!", flüsterte ich Prisca erleichtert zu. Oder war es zu knapp gewesen? Prisca konnte nichts sehen, also stellte ich mich auf Zehenspitzen und versuchte einen Blick von dem Mann zu erhaschen, der uns hergeführt hatte. Doch er war verschwunden. Und Brix auch! "Sie... sie sind weg!", keuchte ich und erschrak furchtbar, als Brix plötzlich neben uns auftauchte und uns hineinbegleiten wollte. Mit der Hand auf meinem schlagenden Herzen atmete ich erst einmal tief durch.
    Ich wollte ihn gerade ausschimpfen, aber nicht nur die Tatsache, dass er uns schon so einen grossen Dienst erwiesen hatte, sondern auch dass er bereits die Tür aufhielt, hielten mich davon ab.
    Da ich noch immer ganz erschreckt war, suchte ich ohne genauer hinzugucken nach Priscas Hand und klammerte mich fest, als ich meinte sie gefunden zu haben. "Jetzt geht es los!" Wir würden so schnell wie möglich das Lupanar betreten müssen um nicht entdeckt zu werden und nicht zu viel Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Aber zur gleichen Zeit sollten wir wenn wir drinnen waren auch dort so unauffällig sein, wie möglich. Wir waren immerhin seriöse und ernstzunehmende Damen... Naja, wir gaben uns wenigstens als solche aus...

    "Nein!? Das ist nicht wirklich ein Flavier? Und Du kennst ihn auch noch..." Ich musterte den Mann noch einmal eingehender, doch ich kannte ihn mit Sicherheit nicht. Vielleicht hatte er mich aber bei der Hochzeit gesehen. So zog auch ich vorsichtshalber mein Gewand über den Kopf - im Zweifelsfall würde es nicht viel helfen.


    Eine ganze Weile - zumindest für eine kleine verwöhnte und Sänftengewöhnte Patrizierin - waren wir hinter ihm hergeeilt. Zum Glück guckte er sich nicht um, denn unsere Tarnungsversuche waren oft wenig erfolgsversprechend. Schliesslich kam er vor einem grossen Gebäude in der Nähe eines Marktes zu stehen und schaute zu den Fenstern hinauf. Sofort versteckten wir uns hinter einer Menschenmenge und im Schatten auf der gegenüberliegenden Strassenseite. Die Dämmerung war angebrochen, so waren wir nicht mehr allzu leicht zu erkennen. "Das muss es sein!", wisperte ich Prisca zu. Doch warum verschwand der Flavier nicht einfach mit seinem Sklaven und warum konnte nicht endlich Brix kommen und uns hineinbringen. Stattdessen begann Brix noch ein Gespräch mit dem Mann. Was wollte er noch? Jetzt, wo wir so nah dran waren, war ich furchtbar aufgeregt und konnte es kaum noch abwarten.
    "Also wir suchen nach unseren... Verlobten...", versuchte ich flüsternd schon die ersten Abmachungen mit Prisca zu treffen, doch in dem Moment begannen sich zwei Frauen auf der Strasse anzuschreien. Über was sie sich stritten, ob sie womöglich sogar zum Lupanar gehörten, konnte ich nicht ausmachen, aber meine Aufmerksamkeit wurde für einen Augenblick von dem neuen Geschehnis angezogen. Schnell wich ich in den Schatten zurück, als mir Bewusst wurde, wie offen ich auf der Strasse gestanden hatte. Hatte der Flavier mich gesehen? Aber selbst wenn... er wusste vermutlich nicht, wer ich war und auf jeden Fall nicht, dass ich zu Brix gehörte.

    Sim-Off:

    Jetzt bin ich endlich wieder da...


    Brix stellte sich nicht blöd an, zumindest nicht so, wie der vorige Sklave. Und der Mann, den er ansprach, der sehr wohlhabend schien, und wohl auch zum Adel gehörte, war dem Brix Anliegen auch offenbar nicht komplett abgeneigt - was ihn in meinen Augen allerdings des Adels kaum mehr würdig sein liess. Das war natürlich ein völlig naives Bild von Roms Oberschicht, und das wusste ich auch, aber es gehörte sich wohl trotzdem, dass ich es missbilligte, wenn ein Angehöriger meines Standes wusste, wo ein gutes Lupanar war.
    Prisca und ich kicherten vor uns hin, während Brix die Arbeit machte und warfen nur dann und wann verstohlene Blicke nach ihm und dem Fortschritt seines Auftrags.
    Auf einmal bemerkte ich, wie ein junger Mann in die Sänfte stieg, die ich mir ausgeguckt hatte... und diese sich in Bewegung setzte. "Ooooh nein!",
    entfuhr es mir und bereitete mich schon auf eine Niederlage vor, doch gleichzeitig war ich gespannt, wie Brix wohl die Schläge oder die Abfuhr des Mannes aufnehmen würde. Doch es kam anders. Unerwarteter Weise - ich kannte Brix ja kaum und hatte ihm den Intelligenzquotienten eben eines durchschnittlichen Leibwächters zugetraut - musste dieser geschickt und geistesgegenwärtig eine neue Geschichte erfunden haben. Auf jeden Fall beruhigte sich der Römer schnell und schon kurz darauf liefen wir hinter Brix hinterdrein, der hinter dem Fremden herlief und uns aufforderte ihm unauffällig zu folgen. Ich war begeistert und beeindruckt und strahlte Brix an. Dann sagte ich an Prisca gewandt in einem verschwörerischen Ton während wir uns so unauffällig wie eben möglich hinter den Männern herbewegten: "Ich glaube, wir sind Brix etwas schuldig..." Lob oder Belobigung hatte er sich schon verdient, und hoffentlich würde er auch den Rest des Abends so gut zu Diensten sein.


    Wohin mochte der Patrizier uns wohl führen? Waren die guten Lupanare auch im Transtiber-Distrikt gelegen wie die billigeren - wie ich gehört hatte - oder in einer anderen ähnlich gefährlichen Gegend? Ich war sehr gespannt und fasste nach Priscas Hand um mich zu beruhigen. Nur schwer konnte ich das Kichern unterdrücken, um nicht völllig unsere Deckung zu verspielen.