Beiträge von Aurelia Laevina

    Gäste würden kommen. Das freute mich sehr. Die Sklavin, die mich beim Baden begleitet hatte, las die Geschichte der Stadtgründung. Man romanisierte sie? Ein anderer Grund für sie, das zu lesen, fiel mir nicht ein. Es war nicht die schlechteste Wahl. Prisca betrat den Raum und ich freute mich, hatte ich sie doch vor kurzem kennen gelernt. Sie trug den einfachen Zopf, den Tilla ihr verpasst hatte. Ich sagte ehrlich und ernst: "Salve, Prisca! Schön, dass Du da bist! Du siehst gut aus!" Allerdings zwinkerte ich ihr zu. Sie war mutig, so in die Halböffentlichkeit zu kommen.
    Dann bot Corvinus uns endlich etwas zu trinken an, da sagte ich nicht Nein. "Gerne Wein!" Oder trank man den erst zum Essen?

    Das war ja gar nicht so kompliziert. Und offenbar war ich ziemlich gut... Nein, ich hatte Glück. Aber ich begann zu verstehen, dass dieses Spiel tatsächlich ziemlich kompliziert werden konnte. Was wenn es mehr als drei vorgegebene Murmeln geben würde? Dann müsste man gut kombinieren und knobeln. Doch so war ich schon fast am Ziel und legte eine der beiden möglichen Kombinationen (- die mir einfielen) und reichte das Brett mit einem triumphalen Lächeln zurück. Das musste es sein!


    cerebrum maximum*
    Farben zur Auswahl:
    O O O O O O O


    I. O O O | - o -
    II. O O O | o - o
    III. O O O


    Erst einen Augenblick später fiel mir mein Fehler auf, ich hatte mir überlegt, wie simpel es in diesem Fall sei und hatte dennoch etwas übersehen!


    "Mir war auch noch gar keine Pflicht eingefallen.", gab ich zu. Gut also, dass sie antwortete. Wenn es auch streng genommen keine besonders gute Antwort war. Ich fragte aber natürlich trotzdem neugierig nach: "Du bist also nicht mehr in ihn verliebt? Was ist aus ihm geworden?" Das Thema fand ich sehr spannend. Aber es machte mich auch etwas unsicher, weil ich dieses Gefühl bisher nochn nie richtig gespürt hatte. Natürlich fand ich hin und wieder einen Jungen oder Mann interessant... So wie Ursus. Aber richtig verliebt war ich noch nie gewesen.
    Ihre nächste Frage war für mich! Unwillkürlich wurde ich rot. Ich dachte sofort an Severa. Durfte ich das hier erzählen? Es war unser Geheimnis, wir hatten geschworen, es niemandem zu erzählen. Auf der anderen Seite, war Prisca auch eine Verwandte und wann war es gewesen? Vor drei Jahren bestimmt. Das schien mir jetzt wie eine Ewigkeit. Um der Pflicht zu entgehen, antwortete ich aber erst einmal etwas kurz angebunden: "Ja..." Etwas sehr kurz angebunden. Das würde Prisca auf keinen Fall durchgehen lassen, zumal es mir zwar augenscheinlich peinlich war, das aber durch mein verlegenes Grinsen nicht besonders überzeugend war.

    Er schien irritiert. War es unschicklich, dass ich mich hingelegt hatte? Das verwirrte mich, denn so furchtbar schien es mir nicht. Doch als er es überspielte, schob ich den Gedanken zur Seite und antwortete: "Danke! Dir auch!" Erst da bemerkte ich Siv, wie hatte ich sie übersehen können? Entschuldigend wandte ich mich an sie, sagte aber nur: "Und Dir natürlich auch!"
    Ich konnte mir vorstellen, wieso Corvinus den freien Tag so mochte, es blieb ihm ja dadurch viel Arbeit erspart. Aber ich hatte keine Arbeit und wenn auch noch die meisten Bewohner der Villa nicht da waren, was sollte ich dann tun. Also war ich ehrlich und sagte: "Ein wenig langweile ich mich schon. Besonders wenn es so ruhig ist. Aber ich freue mich, dass Du durch diese Tage entlastet wirst!"


    Zwar war er noch halb an Siv gewandt, doch ich reagierte sofort auf seine Frage nach meinen Cousinen. "Nein, ich weiss auch nicht wo sie sind oder ob sie kommen.", sagte ich interessiert und richtete meinen fragenden Blick ebenfalls auf die Sklavin, vielleicht wusste sie ja etwas.


    Ein Verwandter, den ich noch nicht kannte, betrat nun den Raum und wünschte uns ebenfalls ein schönes Fest. Ich nickte und gab den Gruss freundlich zurück. Allerdings sagte ich nichts, vielleicht würde Corvinus uns ja vorstellen und wenn nicht, würde sich bestimmt noch eine Gelegenheit finden.

    Natürlich kannte er Corvinus, er war ja auch einer der wichtigsten Männer von Rom, dachte ich mir. Ob das wirklich stimmte? Vielleicht fragte ich mal jemanden danach.
    Rechtzeitig vor den Wahlen... Dann würde Tilla wohl hin und wieder auch zur Schola für mich gehen müssen.
    "Vielen Dank für die Auskunft, ich werde dann wiederkommen, wenn es soweit ist!"
    Was für Exemplare? Exemplare von was? Bücher? Ich schaute ihn etwas schräg an, als er Werbung für etwas machte, bei dem ich zumindest nicht verstand worum es ging. Höflich versicherte ich jedoch: "Ich werde es mir gleich einmal ansehen." Das hatte ich auch tatsächlich vor, allerdings war ich mir ziemlich sicher, dass ich mir keine Bücher kaufen würde. Zumindest keine, die man in der "Bildungseinrichtung" erwerben konnte. Ich verabschiedete mich höflich vom Rector und verliess gefolgt von meinem Leibwächter-auf-Zeit die Schola. Den Büchertisch entdeckte ich nicht, oder hatte ich das Angebot schon vergessen?

    Tilla war nicht da und mir war wieder einmal langweilig. Bis mir beim Mittagessen auffiel, dass ich noch gar nicht alle Geschenke hatte. Für Tilla hatte ich schöne Sandalen gekauft, doch sie war ja nicht da. Ansonsten hatte ich fast gar keine Ideen gehabt, aber heute Mittag war ich dann noch einmal in die Stadt gegangen, unbewusst der Tatsache, dass fast alle normalen Märkte nicht stattfanden. Doch zum Glück fand ich zahlreiche Stände, die speziell kleine Geschenke und Opferfiguren anboten. Als ich beladen zurückkehrte, nahm ich ein kurzes Bad und machte mich dann so gut es ging zurecht. Heute konnte ich ein neues Kleid anziehen. Es war sehr hübsch, allerdings war es keins von jenen Seidenkleidern, die ebenso reizend wie verwerflich waren. Oder waren sie so reizend, weil sie so verwerflich waren? Ich wollte und würde mir unbedingt eines kaufen!
    Mit einem Handspiegel, einem Kamm und einigen Nadeln machte ich mir meine Haare, so gut es ging. Doch es ging wirklich nicht besonders gut. Doch dann beschloss ich, dass ich zu kritisch sei und schliesslich konnte ich ja auch nichts daran ändern. Da wir in Griechenland die Saturnalien fast gar nicht gefeiert hatten, wusste ich gar nicht wann all die Geschenke übergeben werden sollte oder wann überhaupt etwas stattfand. Da ich leider auch versäumt hatte, irgendwen zu fragen und vor allem weil Tillas Abwesenheit mich ganz einsam in meinem Zimmer machte, war ich schliesslich von dort und aus der Einsamkeit aufgebrochen und wanderte eine Weile im Haus herum. Es war ungewöhnlich still und ich hoffte, dass es dennoch ein Festessen oder Ähnliches geben würde, was meine einsamen Gefühle verscheuchen würde.
    Als ich zum triclinium kam, riskierte ich einen Blick hinein und betrat es auch, da es auf mich sehr einladend wirkte. Ich liess mich seufzend auf einer der Klinen nieder, auf denen die Männer für gewöhnlich speisten. Ich freute mich nicht besonders auf das Essen, sehr wohl aber auf den Wein und die Süssigkeiten. Mein Vater hatte mir von beidem immer nicht allzu viel erlaubt, aber jetzt kam ich mir sehr frei vor... Nur Corvinus hatte mir noch etwas zu sagen. Und in diesem Moment, schaute er durch die Tür.
    Ich richtete mich schnell auf, wodurch ich noch etwas röter im Gesicht wurde und sagte etwas verlegen: "Salve, Corvinus! Ich hoffe, es geht Dir gut!" Nach einer kurzen Pause, in der ich mein Kleid geordnet und sittsam über meinen Beinen glattgestrichen hatte, fügte ich gefasster hinzu: "Ist es nicht schrecklich ruhig heute?"

    Wahrheit oder Pflicht konnte sehr interessant werden! Natürlich musste man immer etwas persönliches über sich preisgeben, aber man erfuhr auch spannende Sachen über das Gegenüber und da es sich hierbei ja um meine Cousine handelte, hatte ich keine grossen Bedenken, war aber umso neugieriger. "Ja, das ist spassig und immer interessant...", sagte ich etwas schelmisch, versicherte mich aber dann noch einmal: "Soll ich zuerst meine Frage stellen oder soll ich auch gleich den Pflichtteil bestimmen?"
    Im Folgenden hörte ich äusserst aufmerksam zu um zu verstehen, was ihre Erklärungen bedeuteten. Als ich auch das "Spielfeld" mit den Murmeln sah, meinte ich das Spiel verstanden zu haben. Also schaute ich Prisca in die Augen und legte dann drei Murmeln in die nächste Reihe.


    cerebrum maximum*
    Farben zur Auswahl:
    O O O O O O O


    I. O O O | - o -
    II. O O O


    Versichernd blickte ich erneut auf, ob ich alles richtig gemacht hatte. Im Prinzip war es ja nicht besonders kompliziert.
    Während meine Cousine meine Vorgabe kontrollierte, überlegte ich eine gute erste Frage für Wahrheit oder Pflicht. Die erste Frage war ziemlich kompliziert. Also fühlte ich mich auch nicht im Vorteil, weil ich sie stellen durfte. Im Grunde war es eine Herausforderung! Man wollte nicht zu persönlich sein, aber wenn die erste Frage zu langweilig war, war es auch nicht gut. Die erste Frage konnte über das Level des Spiels entscheiden. Nach einigem Überlegen formulierte ich vorsichtig: "Warst Du schon einmal... so richtig verliebt?" Ich wusste die Antwort für mich selbst nicht so genau, aber vielleicht hatte meine Cousine ja mehr Klarheit.

    Das war eine sehr direkte Frage, ich fühlte mich durchschaut, aber sah auch keinen Grund darin, etwas zu vertuschen. Also antwortete ich ehrlich: "Aurelius Corvinus hat mich gebeten, bei Gelegenheit den Cursus abzulegen." Cursus Res Vulgares... soso, das klang ja herrlich!
    "Wann findet er denn das nächste Mal statt? Kostet es etwas?" Wenn es tatsächlich teuer sein sollte, würde Corvinus sicherlich die Kosten tragen, da war ich mir sicher.

    Tillas unverschämtes Verhalten hatte meine Laune schon erheblich gehoben.
    Ich nickte so ernst wie möglich, als Prisca sich ihrer Frisur versicherte. Sicherlich würde sie das Haus nicht so verlassen, von daher konnte ich guten Gewissens sagen, dass es ihr ganz gut stand. Etwas erstaunt war ich schon, als sie so plötzlich zu Griechenland zurückkehrte. Etwas verwirrt nickte ich erneut und freute mich dann, als sie aufs Spielen zurückkam, das ich schon fast vergessen hatte.
    "Frage-Antwort-Spiele finde ich gut oder... Erklär mir doch dieses Cerberum maximus oder wie das hiess!" Cerberus, der Höllenhund? Oder brachte ich da irgendetwas durcheinander?? Was sich wohl hinter dem Titel verbarg... Ich wollte einen Schluck trinken, während ich mir die Regeln anhörte, doch während ich nach dem Glas griff, fiel mir auf, dass Tilla ja eben erst weggegangen war um etwas zu Trinken zu holen. Also liess ich die Hand sinken und lächelte etwas verlegen.

    War der Sklave zu arrogant gewesen? Auf jeden Fall winkte er mich hinein und blieb selbst draussen stehen. Ich betrat den Raum und stellte mich dem Mann vor. "Salve! Ich bin Aurelia Laevina und ich soll einen Kurs belegen... Den ersten." Welch Verschwendung. Der Mann immerhin war ein Senator, also musste er Ahnung haben.

    Wie Corvinus kurz nach meiner Ankunft angeregt hatte, begab ich mich an einem besonders schönen Tag zur Schola Atheniensis um mich anzumelden. Dabei war ich sehr wenig motiviert. Ich hatte schon eine mehr oder minder gute, wenn auch griechische Ausbildung genossen oder besser erlitten und es erschien mir unsinnig, Kurse hier in Rom zu belegen.
    Trotzdem hatte ich mich dazu durchgerungen.
    So liess ich den kräftigen Sklaven, der mich begleitete klopfen und mich ankündigen.
    "Aurelia Laevina wünscht eine Auskunft über allgemeine Bildung.", sagte er kurz angeboten, als die Tür geöffnet wurde.

    Eine Reise durch das nördliche Italien... überlegte ich. Das wäre doch auch einmal etwas für mich. Einfach mit sich und den Gedanken allein sein... aber besser noch mit Severa zusammen! Ich musste sie mal fragen.
    "Doch, doch, es ist mein erstes Mal. Mein Vater zog sich vor Jahren nach Griechenland aufs Land zurück und da bin ich leider aufgewachsen." Leider? Das klang sehr hart. Aber ich fühlte mich schon ein klein bisschen bedauernswert. Was ich nicht alles verpasst hatte!
    Ui, Fragespiele klang sehr reizvoll. Doch meine Cousine schlug schon von alleine etwas vor. Natürlich war es mir nicht bekannt, also fragte ich nach: "Was ist das... cerebrum maximum?"
    Dann blieb mir der Mund offen stehen. Tilla hatte unser beider eindeutiges Verhalten bewusst ignoriert und ausdrücklich unser beider Anweisungen gebrochen. Und dann grinste sie auch noch frech. Ich war völlig perplex und als ich mich versichernd an Prisca wandte, deren Reaktioin ähnlich der meinen war, verschwand Tilla schon, vermutlich um etwas zu Trinken zu besorgen. Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Dann klappte ich den Mund zu und wollte mich zunächst bei Prisca entschuldigen und versprechen, dass ich Tilla bestrafen würde für diese Unverfrorenheit. Doch als ich gerade den Mund öffnete, fiel mir auf, wie nett der Pferdeschwanz bei Prisca aussah. Ungewohnt aber nett. "Es sieht nicht schlecht aus...!", sagte ich grinsend und ungläubig lachend. Hoffentlich würde Prisca nicht allzu empört sein. Für mich war ja immer noch Zeit wütend auf Tilla zu sein, wenn die denn selbst wieder da wäre.

    "Tilla!", entfuhr es mir hauptsächlich überrascht, als sie sofort die Haare von Prisca richten wollte. Das war wirklich komisches Verhalten. Doch Prisca ignorierte, also tat auch ich es.
    Mir war nicht bewusst, dass Prisca auf einer Reise gewesen war... War es zu unhöflich das zuzugeben? "Ich bin auch erst einige Tage hier...", oder waren es schon Wochen? "Wo warst Du denn auf Reisen?"
    Ich freute mich, dass ich hergekommen war. Prisca konnte meine Laune nicht nur nachvollziehen, sondern sie würde mich auch aufheitern. Sie hatte sofort Erfolg. "Ja! Lass uns etwas spielen." Ich kannte gar keine Spiele, nur einige aus meiner Kindheit, die man grösstenteils allein spielen konnte. Umso mehr freute ich mich hierauf. Als sie mir etwas zu Trinken anbot nickte ich und blickte zu Tilla und dann fragend zurück. Tilla könnte doch was besorgen, wenn Priscas eigene Dienerinnen schon nicht mehr da waren.

    Noch bevor Minervina uns begrüssen konnte, zupfte Tilla mich am Ärmel. Sie hatte tatsächlich ein ausgeprägtes Gefühl für den falschen Moment.
    Ich schaute sie genervt an, verstand aber recht schnell was sie wollte. Ich winkte ab und raunte: "Nicht jetzt!"
    Damit war das Thema für mich erledigt und ich wandte mich wieder Minervina zu.

    Wieso wollten alle Männer erinnert werden? Was war daran so Grossartiges? Wenn man tot war, war es einem dann nicht eh egal? Auf der anderen Seite wollte ich auch mal jemanden heiraten, der erinnert werden würde.
    Caesar schaute ich bewundernd an. Er war so ein Mann. Ein wahrhaft grosser Mann! Und hatte er nicht auch diese Verbindung zur Venus?
    "Warum steht Caesar hier direkt beim Venustempel? Hat er ihn bauen lassen? War er nicht ein Abkomme von ihr oder so?" Ich hoffte, dass mein griechischer Geschichtslehrer, der freilich selbst nicht besonders viel von Caeser oder irgendeinem wahrhaft grossen Mann gehalten hatte, mit seinem Unterricht bei mir nicht völlig vergebens gewesen war.
    Ja, Venus faszinierte mich und ich nickte freudig, dass wir dorthin gehen würden. Vielleicht konnte ich beim Tempel ja auch ein kleines Opfer kaufen und... nunja- opfern.

    Selbst durch die Tür konnten wir hören, dass jemand die Sklaven ausschimpfte. Etwas wurde geworfen... Na, es schien mir, als wenn Prisca in einer der meinen ähnlichen Laune war. Wenn das nicht passend war. Auch ich weitete erstaunt die Augen, als zwei Sklavinnen uns die Tür öffneten um gleich darauf an mir vorbei hinwegzustürmen. Nach einer kurzen Zeit des sich-sammelns bat meine Cousine mich herein und ich folgte und setzte mich auf den gewiesenen Korbstuhl wobei ich einen kleinen Seufzer nicht unterdrücken konnte. "Salve! Ich freue mich auch, Dich kennenzulernen!", sagte ich aber sogleich mit aufrichtigem Blick um den ersten Eindruck, den ich hinterlassen haben musste, wieder gerade zu biegen.
    Das war eine gute Frage. Was führte mich zu ihr? Mir fiel nicht Recht etwas ein, dass ich schlechte Laune gehabt hatte, war vielleicht kein passender Grund sie zu stören. Also sagte ich etwas unbeholfen und zögerlich: "Ich wollte Dich endlich einmal kennenlernen und..." Ich blickte erst verlegen weg und dann wieder zu ihr und fuhr fort: "Und ich weiss heute auch nicht so richtig etwas mit mir anzufangen." Ich musste an Tilla denken, die im Raum stand und die meine schlechte Laune vorhin schon gehörig zu spüren bekommen hatte. Unsicher fügte ich noch hinzu: "Ich hoffe, ich komme nicht allzu ungelegen!"

    Auch mich fröstelte es und ich zog mein Gewand etwas enger um mich. Die Antwort die Severa mir gab, war die die ich erwartet hatte. Ich grinste zurück, wenn auch etwas vorsichtiger, es war ja immerhin noch ihre Mutter.
    Dann fragte sie zurück... das hätte ich ahnen müssen. Ich hörte auf zu Grinsen und sagte etwas leiser aber mit fester Stimme: "Vater ist vor einigen Wochen gestorben... Er war schon lange krank und wollte, dass ich zu Corvinus reise." Soweit, so gut oder schlecht viel mehr. Aber das Verhalten meines verstorbenen Vaters machte mich wütend. "Ich sollte nach Rom. Warum hat er damit solange gewartet, bis er nicht mehr mitkommen konnte?", fragte ich niemand bestimmten empört und traurig zugleich.
    Ich hoffte, Severa würde verstehen, warum ich nicht weinte oder meiner Trauer stärkeren Ausdruck verlieh. Denn ich konnte es nicht. Ich vermisste meinen Vater und was man alles tun sollte, wenn sein nächster Verwandter verstarb, aber es fiel mir ehrlich schwer. Er hatte mich fast immer auf Distanz gehalten, seit meine Mutter verstorben war und das war wirklich schon ewig her. Und obwohl er mir alles geben wollte, was er konnte, hatte er mich doch eingesperrt: Eingesperrt im langweiligen, verschlafenen Griechenland, eingesperrt durch die Einsamkeit die er mir zufügte um mit seiner scheinbar ewig währenden Trauer umgehen zu können.

    Die Frisur gefiel mir heute ganz gut. "An Tagen, wo ich besser drauf bin oder ausgehen will, musst Du dir aber noch ein bisschen mehr Mühe geben...", sagte ich augenzwinkernd zu Tilla und folgte ihr dann rasch zu Priscas Zimmer. Hoffentlich war die da. Ich stand noch hinter meiner jungen Sklavin, die selbst schon einen ordentlichen Abstand zur Tür einhielt. Es kam mir sicherer vor, erst einmal schauen, wer Prisca wohl war und ob sie meiner Neugier oder meiner Laune Erleichterung verschaffen konnte.

    "Lass uns zu ihr gehen!", beschloss ich kurzentschlossen. Wir aßen noch eine Weile, dann forderte ich Tilla auf, ihre erlernten Fähigkeiten noch einmal unter Beweis zu stellen und mir eine einfache Frisur zu machen. Ich konnte es kaum erwarten, zu meiner neuen Verwandten zu kommen und hoffte dass sie mich von meiner schlechten Laune heilte und nicht ich sie anstecken würde.

    Die Bögen waren wirklich gross und in einigen konnte man unendlich viele Szenen der Kämpfe erkennen. "Das sind alles Bögen, die Triumphatioren... Triumphirn..." Verfluchtes Wort. Hoffentlich half Ursus mir hier!
    Die Foren faszinierten mich. Hier herrschte immer Leben in allen Formen. Der Pöbel und Sklaven verbrachten hier ihren Tag aber auch Kandidaten für Ämter, Beamte und gelangweilte Patrizier konnte man hier finden. Unbewusst hielt ich Ausschau nach hübschen Jungs...
    Der Tempel des Mars war nicht so mein Fall. "Wo ist der Venustempel? Oder der der Vestalinnen?" Ui, da hatte ich zwei sehr unterschiedliche Bauten und Institutionen genannt. Das einzige, was sie gemein hatten, war dass sie beide interessanter waren für Frauen, als der Marstempel.
    Dass die Sklaven hinter mir scheinbar anfingen wild herumzurennen, besorgte mich nicht weiter, weil Ursus dabei war und offenbar nichts einzuwenden hatte.

    Als Tilla zurückkehrte, würdigte sie mich keines Blickes. Ich hatte es auch nicht verdient, so kam es mir vor. Ich hatte wenig Hunger - wie immer. Trotzdem ass ich etwas und fühlte mich schlecht. Als Tilla mir die vollgeschriebene Tafel gab, las ich und gab sie ihr zurück. Dann stand ich auf, zog ihren Hocker zum Tisch, bevor sie sich wieder gesetzt hatte und schob das Essen auf dem Tisch etwas näher zu meiner Sklavin. Dann forderte ich sie mit Blicken auf, sich hinzusetzen und hoffte, dass sie mir vergeben würde. Heute war alles verkehrte Welt!
    Erst dann antwortete ich auf ihre Zeilen. Ihre Erklärungen zum "ruhigen Tag" wischte ich mit einer Handbewegung fort, es war mir jetzt auch egal. Doch auf den letzten Satz ging ich ein. "Aurelia Prisca? Ist sie da? Ich kenne die noch gar nicht. Vielleicht kann sie mich ein bisschen fröhlicher machen..."