Ich betrat den Raum.
"Chaire. Mein Name ist Marcus Achilleos. Ich hätte einen Vorschlag zur Verbesserung der Stadtwache und würde den gerne mit dem Strategos besprechen, wenn der Zeit hat."
Ich sah kurz auf meine chinesische Kleidung.
"Und um die Frage gleich vorweg zu nehmen: Nein, das ist nicht die neueste Mode in Athen. Aber jenseits von Indien ist das die Kleidung von Beamten, die unter anderem auch militärische Verantwortung haben."
Beiträge von Marcus Achilleos
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Auch wenn die Übersetzung der chinesischen Texte und die Weiterbildung im Museion für mich durchaus anspruchsvoll waren, irgendwie fehlte mir etwas. In Han hatte ich Befehlsgewalt über die Truppen der Stadt und in drei Jahren vier ernsthafte Gefechte erlebt. Irgendwie vermisste ich das. Außerdem war die Stadtwache hier in Alexandria bei weitem nicht so diszipliniert, wie ich das gewohnt war. Möglicherweise konnte ich aber meine Fähigkeiten und Erfahrungen in den Dienst der Stadt stellen...
Ich ging zur Stege des Strategos und klopfte zunächst an die Türe seines Grammateos. -
Dieser Teil war schon wesentlich schwieriger. Mir kamen zwar etliche mögliche Deutungen in den Sinn, die aber allesamt den Nachteil hatten, dass sie zu viele Annahmen voraussetzten. Deshalb schwieg ich lieber.
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Auf die Frage gab ich, ohne zu zögern, eine Antwort.
"Luoyang, Hauptstadt von Han. Residenz des Sohnes des Himmels, der Herr ist über 100 Millionen Menschen. Rom ist nicht das einzige große Reich auf dieser Welt. Ein Reich von gleicher Größe befindet sich nordöstlich von Indien."
Ich hoffte, ihr Weltbild damit nicht zerstört zu haben.
"Ich war dort. Zehn Jahre lang. Sie sind kultiviert, haben eine hochstehende Philosophie und ein sehr gutes Militär. Ich würde sagen, die Legionen Roms und die Divisionen des Reiches Han sind sich ebenbürtig. Die Verwaltung ist meiner Meinung nach in Han deutlich besser, die Behandlung der Untertanen ist im Imperium Romanum besser. Die Verteidigung der Grenzen ist dafür in Han deutlich besser. Im Süden stehen die hohen Berge des Himalaya, im Westen die Wüste Taklamakan, im Norden eine hohe Mauer von zehntausend Li... ähm... etwa viertausend römischen Meilen Länge... und im Osten ist ein Ozean." -
Ich lächelte charmant.
"Nun, so alt bist du nicht. Oder du siehst jünger aus, als du bist. Allerdings hast du recht, man handelt sich garantiert eine Menge Ärger ein, wenn man Römer in einem Teil des Imperiums angreift. Da fällt mir ein... du warst doch sicher schon mal in Roma? Wie sieht die Stadt aus? Oder nein, anders... lohnt sich eine Reise nach Rom?" -
"Ich weiß es nicht." Meine Antwort kam ohne jede Verlegenheit. Schließlich konnte man nicht alles wissen und ich hatte gelernt, dass es denjenigen ehrt, der um seine Unkenntnis weiß und offen Stärke zeigt, indem er das zugibt. "Aber ich bin ja auch hier, um zu lernen."
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"Ich danke für die Ehre," erwiderte ich mit einem Lächeln. "Was macht dich so sicher, dass dir nichts passieren wird?"
Das helle Tageslicht zwang auch mich zum blinzeln. Solche Momente machten einen immer gut angreifbar, weil man einen Gegner nicht sofort erkennen konnte. Deshalb bereitete ich mich instinktiv mental darauf vor, einen Angriff abzuwehren. Da kein Angriff kam, entspannte ich mich wieder. -
Ich nickte Urgulania zu.
"Da mir gerade kein Gebet einfällt, habe ich auch nichts weiter hier zu erledigen. Kann ich dich noch irgendwohin geleiten? Nur damit dir nichts passiert? Obwohl... du kamst ja auch sicher hierher." Ich lächelte kurz. "Ist wohl die Macht der Gewohnheit. In der Fremde, im Reich Han, war ich für eine Grenzstadt verantwortlich. Da habe ich dann eine edle Dame sicher zu ihrer Unterkunft geleitet, wenn sich eine an diesen fernen Ort verirrt hatte... naja, meistens waren das Besuche der Damen bei Verwandten ihrerseits. Offiziere, die unter mir dienten oder Beamte."
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Ich ging über den Markt, um mir ein paar neue Kleidungsstücke zuzulegen. Ich suche einen Schneider, der sowohl nach meinen Wünschen fertigen konnte als auch typische griechische Kleidung auf Vorrat hatte. Nach einigem suchen fand ich einen.
"Was kann ich für dich tun, Fremder?" fragte er höflich.
"Siehst du den Seidenmantel, den ich trage? Ich möchte zwei Mäntel in diesem Schnitt, aber in schwarz. Und aus diesem Stoff." Ich zeigte auf einen feinen, dünnen Stoff.
"Selbstverständlich." Der Schneider runzelte die Stirn. "Wenn du dir ganz sicher bist. Das Klima hier ist nicht ganz für so lange schwarze Klamotten geeignet, weißt du?"
"Ja, weiß ich. Und außerdem hätte ich noch gerne einen Chiton. In weiß, nein besser, blau. Geht das?"
"Ganz wie du meinst. Das geht sicher. Wie möchtest du zahlen?"
"Mit dem Seidenmantel, den ich trage. Schau dir genau an, aus wie viel Seide der besteht! Da kannst du ohne weiteres zwei Tuniken draus machen. Nun?"
"Na, ich weiß nicht. So viel ist das dann auch nicht wert. Sagen wir, der Mantel und zehn Drachmen?"
Ich lächelte und schüttelte den Kopf. "Nein. Dann kommen wir wohl nicht ins Geschäft!" Ich drehte mich um.
"Warte! Ein Mantel und ein Chiton gegen deinen Mantel!"
Ich ging los.
"Na gut, na gut, ich gehe auf deinen Vorschlag ein!"
Ich drehte mich um. "Sehr gut! Ich hole mir die Kleidung übermorgen ab. Dann gibt es auch den Seidenmantel. Bis dann!" Ohne eine Antwort abzuwarten, ging ich.
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Vor dem Tod hatte ich keine Angst, so lange er entweder natürlich oder für einen höheren Zweck war. Insofern fand ich die Vorstellung auch nicht deprimierend. Wesentlich schlimmer fand ich die Vorstellung, dass die Inder recht hatten und man immer wieder erneut geboren wurde und sich noch nichtmal aussuchen konnte, als welches Lebewesen. Die Lehre des Buddha gab da zwar einen Ausweg vor, aber lieber war es mir, wenn man auf jeden Fall nach dem Tod ins Elysium kommen würde. Das war definitiv ein Grund, sich mit Kronos gut zu stellen. Nicht, dass er einen nicht in sein Reich lässt und man dann tatsächlich wiedergeboren würde!
Nachdem Urgulania dem Priester einen Wink gegeben hatte, zu uns zu kommen, begab er sich sofort zu uns. Es schienen wirklich selten Gläubige in diesen Tempel zu kommen. Ich überließ meiner Begleiterin das erste Wort, schließlich hatte sie ihn ja auch hergewunken.
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Am nächsten Tag machte ich mich daran, mit meiner Übersetzung fortzufahren. Ich ging wieder in die Ecke der Bibliothek, wo ich allesso vorfand, wie ich es zurückgelassen hatte. Also nahm ich wieder das Schreibzeug und die Pergamentrolle und fuhr mit den nächsten Kapiteln fort.
Das Dao ist immer strömend.
Aber es läuft in seinem Wirken doch nie über.
Ein Abgrund ist es, wie der Ahne aller Dinge.
Es mildert ihre Schärfe.
Es löst ihre Verwirrungen.
Es mäßigt ihren Glanz.
Es vereinigt sich mit ihrem Staub.
Tief ist es und doch wie wirklich.
Ich weiß nicht, wessen Sohn es ist.
Es scheint älter zu sein als Gott.Kommentar:
Durch das Dao erhält alles das rechte Maß. Deshalb war der Kosmos in perfekter Harmonie, als das Dao herrschte und keine Götter.
Himmel und Erde sind nicht gütig.
Ihnen sind die Menschen wie Opferhunde aus Stroh.
Der Berufene ist nicht gütig.
Ihm sind die Menschen wie Opferhunde aus Stroh.
Der Raum zwischen Himmel und Erde ist wie eine Flöte, leer und fällt doch nicht zusammen; bewegt kommt immer mehr daraus hervor.
Aber viele Worte erschöpfen sich daran.
Besser ist es, das Innere zu bewahren.Kommentar:
Die Menschen sind für den Kosmos unbedeutend wie Opferhunde aus Stroh. Denn was ist der Mensch schon gegen den Kosmos? Durch Güte kann man keine Ordnung herstellen.
Der Raum zwischen Himmel und Erde ist erfüllt vom Dao, so wie alles. Deshalb kann er nicht zusammenfallen und gibt der Welt, was sie benötigt. Doch soll man nicht versuchen, mit Worten zu beschreiben, was man nur im Innersten erfahren kann. -
"Ich denke eher, dass die Menschen einfach nur versuchen, den Tod und alles, was damit zusammenhängt, zu ignorieren. Mit Ausnahme der Ägypter, die ja geradezu für den Tod leben. Beide Extreme sind falsch. Man muss akzeptieren, dass der Tod die logische Folge des Lebens ist und sich auf den Tod genauso vorbereiten wie auf das Leben. Es gibt kein Leben ohne Tod und keinen Tod ohne Leben. In der Tat vollendet der Tod das Leben, sofern er nicht durch eigene Hand wider den Willen der Götter herbeigeführt wird. Aber ich schweife ab. Vielleicht sollten wir mal bei Gelegenheit eine kleine philosophische Runde aufmachen und über solche Themen diskutieren?"
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"Die meisten Menschen scheinen nicht zu verstehen, dass Positives und Negatives Teil eines Ganzen sind. Das Positive ist unvollständig ohne das Negative und kann ohne dieses nicht existieren. Umgekehrt genauso. Deshalb ist Kronos eigentlich in sich komplett. Er macht zwar Angst, aber er gibt auch Hoffnung - Hoffnung auf die Elysischen Felder und das dort noch immer herrschende goldene Zeitalter."
Hatte ich gerade eine daoistische oder eine griechische Erklärung abgegeben? Ich wusste es nicht. Irgendwie war es beides.
"Abgesehen davon, gerade wenn man sich vor einem Gott fürchtet, sollte man ihm opfern, um ihn milde zu stimmen." -
Ich schüttelte den Kopf. "Nein, in Athen kleidet man sich wie in jeder anderen Polis. Die Kleidung, die ich trage, trägt man im Reich Han. Wenn man bis an die östliche Grenze des Reiches Alexaders des Großen reist, dann kommt man in Richtung Südosten nach Indien. Nördlich von Indien erstreckt sich ein hohes Gebirge. Wenn man das nordwärts umgeht und sich dann nach osten wendet, kommt man durch eine Wüste nach Han."
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Magus (und als Hintergrund Vampire (Maskerade und Dark Ages) und Werwolf), aber vor allem:
DSA 4 (zzgl. Myranor)!
Horasier und stolz drauf.
Hat scon mal jemand "Masken der Macht" gespielt?
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"Das mag daran liegen, dass alle Tempel prinzipiell den gleichen Zweck haben: Einer Gottheit zu huldigen und Opfer darzubringen," kommentierte ich flüsternd die Erwiderung.
Ich war etwas erstaunt, dass wir im Moment die einzigen Menschen im Tempel waren - mit Ausnahme eines Priesters, der in einer Ecke scheinbar eine Inschrift betrachtete.
"Es ist hier nur deutlich weniger los als in anderen römischen oder auch griechischen Tempeln. An und für sich ganz angenehm," flüsterte ich Urgulania zu.
Der Altar sah so aus, als wäre er nur wenig benutzt worden. Jedenfalls war der Stein noch fast wie neu. -
"Nach meinen Erfahrungen in der Fremde zählt für mich nicht das Volk, zu dem jemand gehört, sondern die Person. Also macht es mir ganz sicher nichts aus, mit einer Römerin gesehen zu werden. Vor allem nicht mit einer so netten Römerin." Ich lächelte charmant. "Außerdem sehe ich ja auch nicht aus wie ein Grieche."
Ich ging neben ihr die Treppe zum Tempeleingang hinauf. Oben angekommen, ging ich zuerst durch das Portal, doch dem Altar näherte ich mich wieder neben ihr. Im Innern des Tempels war es zwar immer noch warm, doch immerhin etwas kühler als draußen. Ich sah mir die Architektur an. "Ein römischer Tempel mit griechischem Name... interessant," flüsterte ich. -
Haus der Iunier? "Oh, du bist eine Römerin? Das hätte ich bei deinem Attisch gar nicht gedacht. Du hörst dich an wie meine Landsleute - meine gebildeten Landsleute." Es war die Wahrheit und zugleich ein Kompliment. Zumindest hoffte ich, dass sie es auch als solches verstehen würde. Ihr Lächeln machte sie mir auch irgendwie sympathisch.
"Wenn du sowieso den Tempel betreten wolltest... ich würde mich geehrt fühlen, wenn ich dich in den Tempel geleiten könnte." Ich lächelte wieder recht natürlich. Und ich war neugierig. Wenn man jahrelang keinen griechischen Tempel mehr von innen gesehen hatte, war das verständlich. Dafür hatte ich in Han und Indien mehr als genügend Tempel und Schreine diverser Götter und Ahnen gesehen. -
Die Frau war ganz sicher Griechin. Jedenfalls sprach sie so. "Ich wusste gar nicht, dass es hier einen Tempel des Kronos gibt. In der Tat ist das der erste Kronos-Tempel, den ich sehe... faszinierend."
Ich betrachtete den Tempel noch etwas, dann wanderte mein Blick wieder zu der Frau. "Wie unhöflich von mir, ich habe ganz vergessen mich vorzustellen. Mein Name ist Zixi... ähm... Marcus Achilleos." Ich lächelte höflich, fast schon schüchtern und verbeugte mich leicht. "Nach all den Jahren in der Fremde neige ich wohl noch dazu, den Namen zu verwenden, den ich dort hatte. Marcus Achilleos ist der Name, den mir meine Mutter in Athenae gab. Zixi De war der Name, den ich in der Fremde hatte. Und vermutlich wird dir keiner der Namen irgendetwas sagen." Ich lächelte wieder, diesmal aber natürlicher. Wie ungewohnt es doch war, zu lächeln, wenn man jahrelang höchste Disziplin gewahrt hatte.
"Ich habe dich nicht gerade von irgendetwas abgehalten, oder?" -
Nach all der Übersetzungstätigkeit brauchte ich frische Luft - die es in dieser Hitze natürlich nicht gab, aber daran würde ich mich noch gewöhnen. Möglicherweise war meine chinesische Kleidung auch einfach nicht sinnvoll in diesem Klima. Ganz sicher war sie es nicht. Nichtsdestotrotz machte ich mich auf, die Stadt ein wenig zu erkunden. Schließlich gelangte ich zu einem Tempel. Prinzipiell nichts Besonderes, doch irgendwie gefiel mir dieser. Dabei fiel mir eine Frau auf, die den Tempel betrachtete. Ich stellte mich neben sie. "Das ist ein wirklich schöner Tempel," sagte ich auf Attisch.