Beiträge von Titus Decimus Vestinus

    "So ein Mist." dachte Titus. Er legte sein Schild beiseite und begann mit seinen 20 Liegestütze.
    Ärgerlich begaben sich auch die zu Boden, die alles richtig gemacht hatten.
    "Aber so ist das, hier in der Legion." dachte er weiterhin. "Wenn welche Mist bauen, dann sind alle dran. Eigentlich ein interessantes System. Ob da wohl irgendwann Groll entsteht?"


    Nach einiger Zeit erhoben sich einige Köpfe, so auch seiner. Geduldig standen sie auf ihrem Platz und warteten darauf, dass alle Kameraden fertig wurden.

    Im ersten Moment war Titus schon etwas verwirrt. Sollten sie tatsächlich gleich zusammenrücken oder hatte er sich verhört? Dann blickte er nach vorn und auf das Gesicht Licinus'.
    "Grinst der Centurio?" fragte er sich "Oder bilde ich mir das nur ein?" Von so weit hinten waren jegliche Gefühlsregungen tatsächlich schwer zu erkennen - und nun stand er auch noch vor einem Zwiespalt. Sollte er blind dem Befehl gehorchen oder selbst denken und entweder zur Mitte rücken oder - was letztendlich auch eine Möglichkeit war - gar nichts machen?


    Ein relativ einfacher Grund führte dazu, dass er sich nicht mehr lange mit dieser Frage quälen musste: Er wurde einfach nach vorne gedrückt, denn einige seiner Hintermänner hatten sich anscheinend dazu entschieden, denn Befehl genau auszuführen.
    "Gut, mach ich halt mal mit." sagte er zu sich selbst und erfuhr gleichzeitig, was es bedeutete, von einem scutum verdrängt zu werden.


    Während er da so nach vorn tippelte, spürte er, dass sich sein Nebenmann immer weiter an ihn herandrückte. Das waren dann wohl die, die die Schilde doch erst schließen wollten. Ein Pedant war er auch noch; der, der neben ihm stand, denn peinlich genau legte er sein Schild Kante an Kante mit dem des jungen Decimers.


    Der beste Anblick allerdings bot sich ihm, als er zwei Reihen weiter nach vorn spähte. Einer der probati schien es mit den Befehlen noch genauer zu nehmen, denn während der nach vorn stampfte, ließ er sein Schild über den Boden schleifen. Titus überlegte kurz, dann fiel es ihm ein "Natürlich." dachte er. "Immerhin wurde der Befehl zum Anheben diesmal nicht erwähnt."

    Titus war wohl nicht der Einzige, der innerlich lachen musste, als er das gedehnte "Also" Licinus' vernahm. Direkt vor sich sah er zwei junge Männer, die sich gegenseitig angrinsten, nachdem einer der beiden den anderen in die Seite geknufft hatte. Die sahen sich echt ähnlich. Waren das Zwillinge?
    Von irgendwo her vermeinte er auch ein unterdrücktes Kichern zu hören.


    Er, der Centurio, erklärte es wirklich langsam. Alles noch einmal. Somit müsste es dann auch der letzte verstanden haben.
    "Junge, bin ich ihm dankbar, dass er die Worte nicht so lang hat werden lassen wie die des anderen." dachte der junge Decimer. Denn wenn er etwas nicht leiden konnte, dann war es die übertriebene Langsamkeit anderer Leute, sei es beim Sprechen, beim Laufen oder in Situationen, in denen das Fällen von Entscheidungen verzögert wurde, die schon längst eindeutig waren.


    Der die Frage stellende probatus bedankte sich und merkte aus-füüüüührliiich an, dass er nun verstaaaandeen hatte, wie er sich bewegen musste.

    Titus atmete ein und wieder aus und ein und aus. Ganz regelmäßig, um seine Kraft möglichst schnell zu regenerieren und die noch vorhandene aufrecht zu erhalten. Er konnte sich auch nicht verkneifen, seinen Arm kurz auszuschütteln.


    Dann lauschte er der Taktik. Gut, nun sollte die ganze Geschichte langsam Gestalt annehmen. Von Formationen hatte er schon oft gehört, aber selbst noch keine aus nächster Nähe erlebte, geschweige denn an sich selbst.


    Titus war der Meinung, dass die Erläuterungen im ersten Moment etwas unscharf klangen, was wohl daran lag, dass er sich noch nicht so wirklich vorstellen konnte, wie das Ganze Schritt für Schritt auszusehen hatte. Wenigstens die Grundstruktur war ihm jedoch klar; zur Mitte, dann ranrücken und gut.


    Er wollte sich gerade melden, als ihm ein anderer zuvorkam. Der wedelte drastisch mit seinen Armen, schlug dabei dem etwas größeren probati neben ihm fast gegen den Kopf und begann, in sehr ausführlichen und langgestreckten Worten, zu erklären, was auch der Decimer noch nicht verstanden hatte: "Ceeeenturioo. Ich habe eine .... Frage. Verstehen Sieeee. Ich .... habe .. hm .... Ich habe noch nicht richtig verstanden .... verstanden .... wie .... also wieso .... genau .... wieso nuuuuuuur die hinteren Rei..hen nach .. nach voooorn rücken sollen." Er stockte kurz und richtete sich zu voller Größe auf. "Ich meine! Soll nur .. nur die eeerste Reihe stehenbleiben .. oder auch die zwei..te?"


    Da inzwischen einige Zeit vergangen war, dachte Titus, die Lösung nun selbst gefunden zu haben. Für ihn erschien es plötzlich sehr sinnvoll, dass alle, bis auf die erste Reihe, zusammenrückten, denn sonst wäre die Formation ja nicht wirklich geschlossen.
    Vielleicht irrte er sich auch. Mal sehen, was Centurio Licinus als Antwort parat hatte.

    Mit der Zeit wurden sie tatsächlich vorsichtiger und es war gut, dass sie ein wenig schreien durften. Niemand wollte dem anderen etwas Böses und deshalb gaben sich auch die, denen das Schild mit der Zeit viel zu schwer wurde, rege Mühe, dem Vordermann oder sonst irgendjemandem nicht näher zu rücken, als nötig.


    Hier und da war mal wieder das wohlbekannte Schnaufen zu hören und einigen Gesichtern konnte man einmal mehr ablesen, dass sie das doch schwere Schild am liebsten ablegen wollten. Titus bildete da keine Ausnahme.
    "Kommt es dir auch immer schwerer vor?" wurde er im Flüsterton vom probatus neben sich gefragt.
    "Ja." antwortete er. "Aber einfach stehen bleiben können wir nun auch nicht." fügte der junge Decimer einige Sekunden später grinsend hinzu.
    Dann verstummten sie auch schon, denn einmal mehr ertönte das Wort "Silentium!" und sie wollten nicht die einzigen beiden sein, die beim Reden genau identifiziert werden konnten.

    "Wie makaber." dachte Titus, als hier und da immer öfter das Wort "tot" über den campus flog. "Aber im Prinzip hat er Recht." Natürlich starb bestimmt nicht gleich jeder Legionär, der einmal sein Schild fallen ließ, aber wenn es in einer ungünstigen Situation geschah - und ungünstige Situationen sind in Schlachten zugegeben recht häufig - dann konnte es schon der Tod sein. Was nicht unbedingt anzustreben war.


    Also ließen sie es einfach, mal mit Murren, mal ohne, über sich ergehen.
    Außerdem hatten sie es, um ehrlich zu sein, noch relativ leicht. Gestern noch war es nur der eigene Körper, der über den campus geschleppt werden musste, heute schon Körper und Schild. Wer weiß, was noch alles dazukam. Wahrscheinlich würden sie alle viel mehr Muskelmasse bekommen. Denn Schlachtgetümmel, auch das war sicher, ging ebensowenig lustig wie leichtbekleidet von Statten.


    Irgendwann, viel später, zumindest hatte es den Anschein, als würde die Übung ewig dauern, bekamen die jungen probati mal wieder die Chance, zu verschnaufen und lediglich zuzuhören.


    Dann durften sie auch wieder laufen, mit Schild diesmal. Eigentlich hätte nun vermutet werden können, dass diese ganze Prozedur nicht so anstrengend und kompliziert sein wird. Schließlich hatten sie das Laufen schon am Tag zuvor geübt - ausgiebig. Doch diesmal liefen sie mit Schild und da begannen die Probleme.


    Kaum war das Schild gehoben, die ersten Schritte getan, riefen auch schon die ersten: "Pass doch auf!", "Mensch!" und "Oh, Verzeihung."


    Ob Centurio Licinus seine Freude daran hatte? Wenn es weiter so ging, würde er am Ende der Versuchung nicht widerstehen können, die ganze Mannschaft als tratschende Weiber zu bezeichnen.


    Überhaupt hatte es den Anschein, dass Übungen, bei denen man andere verletzen konnte, besonders dazu beitrugen, den Wortwechsel innerhalb der Gruppe zu bestärken.

    Nein, ihm war es nicht aufgefallen und wie man an den verwunderten Blicken einiger anderer ablesen konnte, war er nicht der Einzige, dem es so ging. Natürlich war dieses Schild hier recht schwer, aber in Anbetracht der Tatsache, dass er sein Schild zusammen mit vielen anderen Dingen durch die Gegend getragen hatte, war der phänomenale Unterschied nicht gleich offensichtlich.
    Er fand es aber gut. Die Idee überhaupt. "Wie damals, als ich mit zwei gefüllten Wassereimern den Fluss entlanggerannt bin." dachte er. "Die hatte ich auch nur dabei, um beim richtigen Lauf deutlich schneller zu sein."


    Wie immer erklärte Centurio Licinus zuerst alle Schritte, um sie im Anschluss von den probati ausführen zu lassen.


    Sie brachten sich in Position und nahmen das Schild wie beschrieben in die Hand.
    Auf den Befehl hin, stellten sie das Schild ab und griffen an den Schildrand.
    Als das geschafft war, wechselten sie wieder zur Schildstange und hoben es an.


    Die meisten der jungen Männer absolvierten diese Schritte ohne Probleme. Ein paar wenigen von ihnen wollte das Schild jedoch noch nicht so ganz gehorchen. Es glitt ihnen aus der Hand und fiel krachend zu Boden.
    Hier und da konnte man einige nicht Betroffene grinsen sehen. Den Unglücksraben selbst war nicht nach Grinsen zumute. Diese taten alles daran, ihre scuta so schnell wie möglich wieder aufzuheben und waren spätestens jetzt vollständig munter.

    Da waren sie doch gar nicht so schlecht. Gemeinsam hatten sie das wichtigste aufgezählt.


    Das beste allerdings schien erst jetzt zu kommen. Endlich fingen sie mit dem Waffentraining an. Titus konnte sich nicht wirklich erklären, warum er sich so darauf freute. Er wusste nur, dass es so war. Schon immer hatten Waffen eine besondere Faszination auf ihn. Da er sich jedoch ebenso für Bücher und Wissen im Allgemeinen interessierte, hatte er keinen Grund an seiner Kultiviertheit zu zweifeln.


    Nun standen sie vor dem Haufen scuta und ergriffen jeder eines. Glücklicherweise herrschte kein grobes Gedrängel, denn die meisten waren noch immer etwas schläfrig. So ging alles recht zivilisiert zu. Keine Schlägereien diesmal.
    Mit dem Schild in der Hand kehrten sie nach einigen Minuten zurück und an ihre Plätze.


    Wie er da so stand und wartete, hoffte Titus, einen motivierten Übungspartner zu bekommen und keinen, der nur mit halbem Herzen dabei war. Zumindest rechnete er damit, dass sie später in kleine Gruppen aufgeteilt würden, um gemeinsam zu üben.

    Es wurde später. Die meisten hatten ihren Wein verzehrt und die, die sparsamer gewesen waren, mussten nun die gierigen Blicke der anderen ertragen.
    Titus direkt gegenüber saß ein großgewachsener junger Römer, der genüsslich an seinem Wein - man kann schon fast sagen - schlürfte. Die Augen seines Nachbarn, die starrenderweise auf den Becher gerichtet waren, schienen ihn gar nicht zu stören.


    "Richtig so." dachte der junge Decimer. "Von nichts sollte man sich aus der Ruhe bringen lassen." - und Ruhe wollte nun auch er finden.
    Er stand auf, verabschiedete sich und machte sich auf den Weg zur Therme, in der Hoffnung, dass diese nicht zu voll sein würde, denn einige waren bereits vor ihm aufgebrochen.


    Ob es an diesem Abend noch zum Würfelspiel kam oder nicht, das bekam er nicht mehr mit.

    Da wollte er glänzen und nun wurde es nichts. In diesem Moment war Titus recht froh, nicht selbst geantwortet zu haben, denn er hätte die gleichen Waffen aufgezählt - keine mehr und keine weniger.
    Der junge Kamerad fuhr etwas zusammen, als er die vernichtende Richtigstellung vernahm. Ein gedonnertes "Falsch!" gleich an erster Stelle war nun einmal nie besonders angenehm.


    Bei der nächsten Frage dauerte es eine Weile, bis sich jemand zum Melden durchringen konnte. "Wie schnell solch eine Einschüchterung funktioniert." dachte der junge Decimer. Er selbst hielt sich auch diesmal zurück und ließ einen blonden Jungen aus der Reihe vor ihm antworten. "Das scutum kann dafür eingesetzt werden, uns selbst zu schützen." sagte dieser. "In Formationen und auch im Kampf Mann gegen Mann, deshalb kann es zu den Waffen gezählt werden."


    Als nichts mehr kam, meldete sich Vestinus doch, denn er wollte etwas hinzufügen.
    "Das scutum." begann er. "Kann außerdem als Stoßwaffe verwendet werden. Wenn wir mit spitzen Gegenständen nicht schnell weit vordringen können. Es ist dann wie eine große Platte, die den Feind von uns wegschiebt."


    "Vielleicht kann man damit auch jemanden erschlagen." fügte er in Gedanken hinzu.

    Für jeden nur genau eine Ration. Titus musste grinsen, als er sah wie ein hoffnungsvoller probatus zurückschlich, der gerade auf dem Weg zur zweiten Ration Wein war.
    Er beobachtete ihn genau und bemerkte wie der Kamerad halb grinsend, halb hoffend, nicht unangenehm aufgefallen zu sein, zum eigenen contubernium zurückschlich.
    Jaja, die Stimme des Centurio verfehlte ihre Wirkung auch außerhalb des campus nicht.


    In der Zwischenzeit erfuhr er so einiges über seine Mitstreiter. Einige dachten über den legaten nach und darüber, ob sie einen guten Eindruck auf ihn gemacht hatten, in der kurzen Zeit, die er sie auf dem campus beobachtete und freuten sich übern den Wein. Die meisten jedoch erzählten von zu Hause, über die Familie und die Verwandtschaftsbeziehungen. Einige der Familien kannte er sogar, denn er hatte während seiner Kindheit in Rom von recht vielen Leuten gehört.


    Es war fast entspannend, jetzt hier zu sitzen, auch wenn er relativ schwitzte und in diesem Moment mit Sicherheit nicht unbedingt angenehm roch. Da dies die anderen jungen Männer aber ebenso betraf, fiel es nicht weiter auf.
    Es wurde geredet und getrunken und nach einer Weile war der junge Mann sich sicher, dass er sich mit so einigen wohl anfreunden würde. Es würde ein bisschen dauern, denn Titus brauchte immer eine Weile, um vollständig aufzutauen, aber es würde kommen, mit Sicherheit.


    Daweile sah er sich noch einmal um und kam nicht umhin zu denken, dass es in diesem Moment fast wie in einer taberna zuging. "Fehlt nur noch, dass jemand die Würfel auspackt." dachte er grinsend.


    Sim-Off:

    Ich hoffe, es ist okay, den Abend nach dem ersten Tag mit diesem Thread noch ausgebaut zu haben, auch wenn wir auf dem campus schon Tag zwei begonnen haben.

    "Den Göttern sei Dank, es sind tatsächlich alle pünktlich." Irgendwie war er erleichtert - und verwundert, denn eines war dem jungen Mann mit Sicherheit ganz und gar neu: Sich wegen den Taten der anderen einen Kopf zu machen.
    "Gehört vielleicht auch zur Ausbildung."


    Nun standen sie also. Still und stramm, mal abgesehen von dem einen Kameraden, dessen Arm nach Beendigung der Frage von Seiten des Centurio fast augenblicklich in die Höhe schnellte.
    Ermutigt begann der zu erklären: "Die Standardwaffen, das sind das gladius, der spatha, die hasta und das pilum. Nicht zu vergessen das scutum, falls der Feind doch einmal durchbrechen sollte." Dann endete er auch schon.


    "Kurz und knapp." dachte sich Titus. Die vier kannte er auch, das Schild ebenfalls. Er war bloß noch etwas träge. Der Gedanke daran, dass nach den Waffen gefragt wurde, beflügelte ihn jedoch. War diese Frage am Ende der Vorbote eines Waffentrainings am heutigen Tage?

    Sim-Off:

    Ich misch mich mal wieder ein bisschen mit ein, damit du nicht mehr so traurig bist, weil keiner mitmacht. :D


    Es war nicht leicht, auf diesem Übungsmarsch, als probatus noch vor der eigenen Ausbildung.
    Titus Hauptaufgabe bestand darin, dazustehen und zu schauen. Außerdem musste er seine Gedanken ordnen.
    Was er hörte, verwirrte ihn. "Die eigenen Leute griffen an? Hä? Soll das ein Scherz sein?" Oder war es eine Überraschung, um den vielen Neuen zu beweisen, dass es auf einer Schlacht sehr chaotisch zugehen konnte? Vielleicht war das wirklich alles geplant und es taten alle nur so durcheinander.


    "Ich hätte bei den mulis bleiben sollen." dachte er sich. Andererseits wollte er sich auch nicht die Chance entgehen lassen, soweit wie möglich vorn zu stehen und alles aus nächster Nähe mitzubekommen. Irgendwie war das fast amüsant. Wie ein Theaterstück. Er musste grinsen bei dem Gedanken. Das war bestimmt das erste und letzte Mal, dass er die Chance hatte, als Beobachter zu fungieren. Sobald seine Ausbildung richtig anfing, würde auch er für alle möglichen Drecksarbeiten herangezogen werden.


    Er war wohl nicht der Einzige, der so dachte. Hier und da sah er die ungläubigen Blicke anderer junger Männer, die das alles wohl ebenfalls zum ersten Mal erlebten.
    Mal sehen, was noch so passieren würde.

    Seltsam. Der junge Römer hatte nicht das Gefühl, lange geschlafen zu haben, als er am nächsten Morgen den campus betrat.
    Auch hatte er das Gefühl, ihn eben erst verlassen zu haben. Was im Prinzip richtig war. "Die meisten Nächte sind eben einfach zu kurz." murmelte er vor sich hin und war sich dabei sicher, dies wieder zum ersten, noch zum letzten Mal im Leben festzustellen.


    Ausnahmslos alle schienen pünktlich. Zumindest fiel Titus nicht auf, dass jemand fehlte. Oder war er noch zu müde, um die große Masse überblicken zu können?
    "Hoffentlich ist jeder pünktlich." dachte er sich, denn er konnte sich schöneres vorstellen, als den Tag mit einem schlecht gelaunten Centurio zu verbringen, der gleich zu Beginn sauer wurde, weil von Anfang an nichts klappte.

    "Wahnsinn." dachte Titus, als er die Thermen betrat. Anscheinend war er nicht der Einzige, der die glorreiche Idee hatte, nach einem langen Tag baden zu gehen.
    "Wie zu Hause." dachte er sich. "Da sind die Thermen auch immer übervoll. Mal sehen, ob ich mich irgendwo dazwischenquetschen kann."


    Er hatte den Entschluss gefasst, sich ins caldarium zu begeben, denn heißes Wasser war das, wonach er sich am ehesten sehnte. Also entkleidete er sich und machte sich auf den Weg.
    Die Thermen hier waren bei weitem nicht so prunkvoll wie die in Rom, auch nicht so groß, doch das störte ihn nicht. Natürlich war ein hübscher Anblick in jedem Falle wünschenswert, aber aufs Wasser kam es an und das gab es schließlich auch hier.


    Nach einigen Minuten tauchte er ins Nass und versuchte, sich zu entspannen. Es war ziemlich laut, denn vor allem die neuen probati waren vielseitig miteinander ins Gespräch gekommen.
    Titus entschied sich dazu, vorerst nicht an den Gesprächen teilzunehmen, er wollte lieber ein wenig Ruhe haben, soweit möglich.
    Wenn jemand mit ihm reden wollte, würde er schon angesprochen und dann würde Titus auch gern antworten.

    Als Titus am Abend des ersten Tages zu seiner Unterkunft zurückkehrte, fand er die Bewohner dieser in heller Aufregung vor.
    Der Art der Aufregung jedoch war schon im ersten Augenblick anzumerken, dass es eine positive war.


    Die meisten seiner Kameraden waren vor ihm eingetroffen, woraus er schlussfolgerte, dass nicht alle, wie er, einen Umweg auf dem Weg vom campus hierher genommen hatten, um sich die anderen Teile des Lagers anzusehen. Noch war es schön, hier einen Spaziergang zu machen, aber noch war er neu, weshalb das alles etwas Aufregendes hatte. In wenigen Wochen würde der Anblick des Lagers eine solche Routine bergen, dass er sich nur wünschen konnte, die Stadt außerhalb zu sehen. Zumindest war er sich ziemlich sicher, dass es so kommen würde. Doch noch war es nicht soweit.


    Nun gab es auch erst einmal eine Extraportion Wein. "Ob es anlässlich des Abschlusses unseres ersten Tages ist?" fragte sich der junge Decimer. "Naja." dachte er weiterhin. "Ist auch egal."
    Da er sah, dass zwei eifrige Kameraden seines contubernium bereits Wein für alle besorgt hatten, gesellte er sich zu ihnen und kam mit ihnen ins Gespräch. Welch eine gute Idee, sich besser kennenzulernen. Auf dem campus fiel es schließlich nicht unbedingt leicht, zwischendrin ein Schwätzchen zu halten.


    Später würde er noch die Therme besichtigen, doch damit wollte er noch warten, da er mit zuviel Wein im Magen kein Bad nehmen wollte.

    "Jeder in seinem eigenen Tempo." dachte Titus. "Na gut." fügte er in Gedanken grinsend hinzu.


    Er hatte die Eigenheit, kurz, bevor sich etwas dem Ende neigte, alle Energiereserven sammeln und noch einmal richtig loslegen zu können. Vermutlich war der Ausblick auf ein Bad in der Therme seine Motivation.
    So sprintete er denn auch los.


    Freudig stellte er fest, dass er nicht der einzige war, dem es so ging. Einige seiner Kameraden jagten ebenfalls über den Platz und so hatte er nun welche, mit denen er sich gegen Ende des ersten Tages noch ein Wettrennen liefern konnte.
    Er kam nicht als erster an, fühlte sich aber dennoch gut, denn er hatte einen ganzen Tag voller Bewegung erlebt und hatte viel Neues gelernt. Das machte ihm immer Freude.


    Geschafft machte er sich auf den Weg zu den Quartieren.

    Da blieben sie wieder stehen. Sichtlich erschöpft. Obwohl es noch nicht einmal richtig Abend war, kam es manchen wohl so vor, als wären sie schon seit Jahren auf den Beinen.


    Auch Titus musste sich nun eingestehen, dass er die Anstrengungen des Tages in seinen Knochen spürte.
    Es wurde still. Sogar der Centurio verharrte für einige Augenblicke.


    Der junge Decimer rührte sich nicht, hier und da jedoch konnte er Blicke erkennen, die den Anschein erweckten, als hofften ihre Besitzer, sich bald vom campus entfernen zu dürfen.

    Bei der guten Nachricht ging wieder ein Grinsen durch die Reihen. Ein kleiner Witz, mal hier, mal da wirkte wirklich Wunder. Auch wenn alles sehr anstrengend war, hatte man so ein paar Sekunden zum Entspannen und Grinsen entspannte ungemein.


    Titus war sehr erstaunt, als der Centurio ihnen in seinem inzwischen gewohnt lauten Ton erklärte, warum es den Laufschritt gab und warum niemand vorauseilen sollte. Er erinnerte sich an einige der Gedanken, die er hegte, noch bevor er die castra betrat. Seiner damaligen Ansicht nach rechnete er damit, dass römische Soldaten in ihrer Ausbildung zuerst einmal machen, statt erfahren sollten. Ihm war schon am Anfang des Tages aufgefallen, dass er mit dieser Ansicht wohl einem kleinen Irrglauben unterlegen war, jetzt jedoch schämte er sich fast dafür, dass er einst dachte, hier im Lager würde, außer dem Körper, der Geist zunächst nicht angesprochen.


    "Gut, dass es doch anders ist." dachte er sich, denn der Decimer gehörte in jedem Fall zu den Menschen, die gern einen Sinn in ihren Handlungen sahen und gern wussten, warum sie etwas taten.
    Gern hätte er gewusst, ob es anderen ähnlich ging, aber hier und jetzt seine Nachbarn darauf anzusprechen, erschien ihm doch etwas unangemessen.


    Auf Befehl lief er dann los, mit den anderen. Etwas anderes wäre auch nicht möglich gewesen, schließlich stand er relativ in der Mitte.
    Was auch seinen Vorteil hatte, denn so gehörte er eher nicht zu denen, die manchmal leicht, aber doch recht häufig die vitis zu spüren bekamen.