Natürlich war sie solch schmeichelhafte Worte nicht gewöhnt, denn diese Seite zeigte der junge Grieche erst seit einiger Zeit, warum auch immer. Und besonders ihr gegenüber wollte er nun doch ausdrücken, wie wichtig sie ihm eigentlich war.
"Jawohl, die Kithara. Wir haben hier ein Zimmer, alleinig zum musizieren. Vielleicht kann sie dir ja etwas beibringen, wäre das nicht fabelhaft?"
Timos wusste sehr wohl, wie gern Pasiphaë den Klängen von Instrumenten lauschte und erinnerte sich mit einer Mischung aus Freude und Schwermut an die einen Tag, der schon lange zurück lag. Er hatte sie damals zu einer Vorführung im Theatron in Memphis eingeladen. Dort gab es weit weniger Sitzplätze, als hier in Alexandria und es war auch nicht annähernd so prunkvoll wie das Theatron Alexandrias es einst war, doch die Vorführung war wundervoll gewesen. An die Vorstellung selbst konnte er sich nicht mehr so genau erinnern, aber die Nähe zu Pasiphaë, ihr helles Lachen, ihr Duft und ihre Freude, als sie das Theatron wieder verließen waren ihm immer im Gedächtnis geblieben. Der Rest des Tages verlief irgendwie in schwammigen Erinnerungen an eine Cena im Haus eines Freundes, doch mehr wollte Timos auf Anhieb nicht mehr einfallen.
Und dann riss Pasiphaës Frage nach seinen Erlebnissen ihn aus seinem Tagtraum. "Öhm..."
Er setzte sich aufrecht auf die Cline und kratzte sich am Hinterkopf. Als er seine Gedanken gesammelt hatte, begann er ein bisschen aus seiner jüngsten Vergangenheit zu erzählen.
"Nun, du weißt von den Geschehnissen damals auf unserem Hof...wir, also Ilías, Ánthimos und ich waren von Tyche begünstigt worden und überlebten. Aber das weißt du ja. Nachdem wir also am Strand angespült worden waren, haben wir hier in Alexandria einen Neuanfang versucht. Und wie du siehst, waren wir durchaus erfolgreich." Verschmitzt lächelte er und deutete um sich. "Das alles hier haben wir erst seit kurzer Zeit. Früher mussten wir mit einer Mietwohnung in einem nicht halb so guten Viertel wie diesem hier auskommen, teilten uns das Haus mit einer lärmenden, ägyptischen Großfamilie und einem mürrischen Vermieter. Wir drei begannen als Schreiber bei Prytanen und traten bald nach Erlangung der Ephebia selbst zu Ämtern an.
So wurde ich Strategos und Ánthimos Agoranomos. Ilías ist da noch ein Spezialfall, der kommt nicht so zurecht wie ich es mir wünschte."
Resignation schwankte in Timos' Stimme mit, als er von seinem jüngsten Bruder sprach. Der Kleine hatte Mist gebaut und das würde Konsequenzen haben. Doch darüber wollte er jetzt lieber nicht reden, denn das musste er ohnehin noch genauer mit dem Jungen klären. Timos schaute Pasiphaë durchdringend an, als er fortfuhr.
"Aber nach all dem Leid, der Verzweiflung nach dem Desaster, der Trauer um unsere Eltern und verlassenen Freunde und dem überstandenen Neuanfang..." Er lächelte leicht und fuhr sich mit der Hand durch's Haar, während er eine kleine Pause machte.
"...muss ich sagen, dass ich mich verdammt nochmal freue, dich hier wohlbehalten vor mir sitzen zu haben! Du sollst wissen, dass ich oft mit Freude an unsere gemeinsame Zeit zurückdenke und diese nicht missen möchte."
Jetzt grinste er verlegen und nestelte an seinem Weinglas herum, bevor er einen großen Schluck nahm und Pasiphaë einfach nur fröhlich anlächelte.