Beiträge von Penelope Bantotakis

    Penelope war zwar auch ein klein wenig stolz auf sich, aber die Sorge, den Gymnasiarchos irgendwie verärgert zu haben, war im Moment noch ein klein bisschen größer. Hoffentlich war der Abschied nicht zu hastig oder ungeduldig gewesen. Nikolaos war es sicher nicht gewohnt, dass man jemand anderen ihm einfach vorzog und das auch mehr oder minder deutlich machte.
    “Hm? Ach, du meinst den Zettel. Nichts wichtiges.“
    Penelope war sich ja selber nichtmal sicher, was das genau auf dem Zettel war, aber sie wollte die Information, die ja offensichtlich vertraulich war, nicht gleich herausposaunen. Wenn der Gymnasiarchos das gewollt hätte, hätte er es auch laut gesagt. Und Pelo erachtete diese doch recht seltsame Einladung als doch recht harmlos und kein Grund zur Besorgnis.

    Penelope nahm die Blumen entgegen und roch einmal daran. Ihr süßer Duft war einfach wundervoll, und sie glaubte, sie hatte noch nie etwas so schönes Geschenk bekommen. Außer vielleicht ihr Chiton, wobei das hieß, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Sie behielt den Strauß ein wenig im Arm und schnupperte verliebt an den Blüten. Gut, dass gleich eine Vase mit dabei war, Penelope hätte sonst hier drinnen keine gehabt. Aber wo stellte sie sie am besten hin?
    “Bislang haben sie mich glaube ich noch nicht gefunden, der Gymnasiarchos war der erste, der um Unterricht gebeten hat. Aber findest du den Raum nicht ein bisschen groß? Ich meine, die Akkustik ist toll, aber… der Raum hier sieht so wichtig aus. Ich trau mich fast gar nicht, mich an den Schreibtisch zu setzen und muss alle Stunde an Türschild nachschauen, ob ich auch im richtigen Raum bin.“
    Hell und klar musste Penelope lachen. Es war schon verrückt, wie jemand wie sie zu einem solch gewaltigen Raum kam. Sie hätte sich das nie träumen lassen. Schon gar nicht, dass sie wirklich Philologos wäre.
    Schließlich fand sie einen Platz dafür an der rechten Seite ihres Schreibtisches. Dann wirkte er auch nicht mehr so riesig, und sie konnte sich beim Arbeiten immer an den hübschen Blüten erfreuen.

    “Nein, das hab ich letzte Woche gemacht, als du einen Tag herumreisen musstest wegen irgendeiner Betriebserlaubnis. Ich weiß nicht mehr, welche, aber die Chance musste ich natürlich gleich nutzen.“
    Penelope umarmte ihren Mann leicht und gab ihm einen sanften Kuss, als Xenocles in seinem Raum verschwunden war.
    “Es freut mich, dass es dir gefällt. Dann lass uns noch das Schild über die Tür hängen, und dann gehen wir heim, damit ich dich auch ordentlich kneifen kann.“
    Mit einem schelmischen Grinsen kniff sie ihm aber jetzt auch einmal ganz kurz in den Po, ehe sie ihm mit dem Schild half. So ein Ladenschild war doch ganz schön schwer, wenn man es über einer Türe anbringen wollte.

    Xenocles genoss das Lob sichtlich, aber nicht so, als dass man ihm sein Lächeln hätte negativ auslegen können. Penelope fand, dass er ruhig offener lächeln hätte dürfen und es nicht zu verstecken brauchte. Aber er war auch ihr erster Sklave, da kannte sie das noch nicht, was Sklaven durften und was nicht.
    Sie hingegen folgte Anthi in kurzem Abstand durch den Raum und beobachtete, wie er sich drehte und sich alles anschaute.
    “Nur noch eine ganz kleine. Mithridates Castor war so nett, mir schon mal vorläufig eine Betriebserlaubnis gleich auszustellen. Du musst ihm dann noch sagen, dass das wirklich deine Zografia ist, damit er eine permanente daraus macht.“

    Xenocles schien einen Moment nachzudenken, ob er darauf etwas antworten musste, schwieg aber dann. Dafür redete Pelo umso fröhlicher.
    “Glaub es ruhig. Ich kann dich auch wieder kneifen, wenn du magst.“
    Diese kleine Anspielung auf ihren ersten Spaziergang musste einfach sein.


    Penelope nahm Ánthimos einfach bei der Hand und zog ihn noch etwas weiter herein, damit er sich mal alles richtig anschauen konnte. Irgendwie schien er doch ziemlich geplättet von der Überraschung zu sein.
    Xenocles trat unterdessen ein wenig unruhig von einem Fuß auf den anderen. Penelope bemerkte es und wollte den armen Kerl nicht weiter so nervös sein lassen.
    “Achja, Xenocles hat auch eine Überraschung für dich.“
    Der Sklave schien einen kurzen Moment verwirrt und schaute Penelope fragend an. Doch dann strahlte er, als er verstand, dass er das Lob für das Schild für sich nehmen durfte und seine Herrin da nicht darauf bestand.
    “Ja Herr. Ich habe ein Schild gemacht. Für die Zografia.“
    Und geschickt holte er hinter seinem Rücken die schwere Platte hervor, die kunstvoll bemalt worden war.


    “Ja, das gehört alles dir.“
    Sanft gab Penelope ihrem Mann einen Kuss, als er sie über die Schwelle der Malerei trug. Dass das albern aussehen könnte, kam ihr dabei gar nicht erst in den Sinn, sie freute sich viel zu sehr, dass sie ein gutes Geschenk für ihn gefunden hatte. Im Inneren war alles blitzeblank geputzt. Nur von dem Sklaven war noch nichts zu sehen.
    Dafür aber zu hören, als ein Rumpeln aus dem Zimmer hinter der Theke kam. Penelope lächelte Ànthimos zuversichtlich zu.
    “Achja, einen Helfer hast du auch, wie du unschwer hören kannst. Lass mich mal runter, dann können wir ihn richtig begrüßen.“
    Als Anthi sie auf dem Boden abgesetzt hatte, kam auch schon Xenocles aus seiner Kammer. Offenbar hatte er gehört, dass sie gekommen waren, und hatte sich beeilt.


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    Der Sklave hatte schon das Schild hinter seinem Rücken dabei. Penelope hatte ihn ja angewiesen, eines zu machen, aber sie hatte eigentlich gedacht, er würde es verstecken. Nicht hinter seinem Rücken. Immerhin sollte es eine Überraschung werden. Aber das war es wahrscheinlich auch so.
    “Herrin Penelope. Herr.“ Xenocles verneigte sich bei jeder Begrüßung ein wenig, und Penelope lächelte ihn zuversichtlich an. Er schien ein wenig aufgeregt zu sein.
    “Chaire, Xenocles. Das ist Ánthimos Bantotakis, dein Herr.“
    Der Sklave nickte eifrig. Ein wenig ungeduldig schien er zu sein, als könne er es kaum erwarten, das Schild hervorzuholen, das er gemacht hatte. Penelope hatte es leider zeitlich nicht hingekriegt, es sich vorher noch mal anzusehen. Daher musste sie einfach darauf vertrauen, dass der Sklave das schon vernünftig gemacht hätte.

    Penelope zog sich sanft etwas näher an ihren Mann und gab ihm einen kleinen Kuss. Endlich hatte er es erraten. Sie freute sich so über seinen Gesichtsausdruck. Er sah vollkommen platt aus, und Penelope gluckste leicht vor Freude in seinen Armen.
    “Du weißt gar nicht, wie schwer das war, dir nichts zu verraten und das zu bewerkstelligen. Ich hoffe, du magst deine Überraschung.“
    Das war eigentlich eher rhetorisch, denn sie konnte allein an seinem Gesichtsausdruck sehen, dass er sich freute.
    “Nun, magst du mit mir mal reingehen und dir alles anschauen? Oder willst du mich über die Schwelle tragen?“
    Leicht glucksend wackelte Penelope mit den Beinen, um ihn daran zu erinnern, dass er sie noch immer hielt. Natürlich hatte sie auch nichts dagegen, von ihm getragen zu werden.
    Wenn der erst alles sehen würde, würde er vielleicht Augen machen! Hoffentlich freute er sich auch, dass sie Xenocles gleich mit gekauft hatte.

    Ach, wie süß! Er hatte wirklich absolut keine Ahnung. Am liebsten wäre Penelope ihm um den Hals gefallen, weil er grade so unendlich niedlich dreinschaute. Seit etwa einer Woche hatte sie ohnehin eine Vorliebe für alles niedliche und putzige und goldige in sich entdeckt, wie sie es vorher von sich gar nicht kannte, und da zählte sein Gesichtsausdruck nun eindeutig dazu.
    “Der neue Besitzer des Ladens? Och du kennst ihn, sehr gut sogar. Und ich auch, auch wenn ich ihm manchmal gern eins mit der Teigwalze überziehen möchte, wenn er mal wieder Blödsinn macht.“
    Es war kaum auszuhalten, es ihm nicht zu sagen. Penelope hatte schon eine Hand an der Tür, um sie hinter sich zu öffnen. Aber sie wollte sehen, ob er doch von selber draufkommen würde.

    “Wärmer.“
    Jetzt musste Penelope schon so sehr grinsen, das es fast schon weh tat. Er würde Augen machen! Sanft zog sie ihn noch ein wenig weiter, deutete dabei über die Tür des Ladens. Phrynons Schild war schon abmontiert. Nur das neue Schild fehlte noch, aber das hätte die Überraschung verdorben. Und außerdem hätte Xenocles das nicht allein anbringen können, dafür brauchte er doch Hilfe.
    “Phrynon gehört der Laden nicht mehr.“
    Jetzt musste er doch drauf kommen! Sie zog ihn noch ein wenig weiter, bis direkt vor die Eingangstür.

    Als Anthi sie so hochnahm, presste es kurz die Luft aus Penelopes Lungen, so dass sie nicht gleich antworten konnte. Auch konnte sie ihn natürlich nicht so einfach ungeküsst dastehen lassen, also dauerte es ein wenig, bis sie wieder auf ihren eigenen Füßen stand und ihn halb entschuldigend anlächelte.
    “Nein, falsch geraten. Oh, aber wir können das noch machen lassen, wenn du willst. Ich dachte, du wolltest vielleicht selber…“
    Manche Männer legten auf sowas unendlich viel Wert, dass die erste Wiege, das erste Spielzeug oder das Kinderzimmer von ihnen selbst erbaut worden war. Das war so etwas wie ein Begrüßungsritual für das neue Leben, schätzte Penelope, und das wollte sie ihm natürlich nicht einfach so nehmen. Da hätte sie ihn vorher gefragt.
    Aber bevor sie zu viel grübeln konnte, kam schon das Lächeln wieder. Ganz unsicher zog sie ihn ein wenig näher zu dem Haus. Sie hoffte so, es würde ihm gefallen. “Rate nochmal.“

    Alles war fertig und bereit! Sie hatte die – wenn auch vorläufige – Betriebserlaubnis von Mithridates Castor erhalten, die Räumlichkeiten waren soweit hergeräumt und sauber und Xenocles hatte sich sein Zimmer auch schon hergerichtet. Er war ein wirklich netter Sklave, Penelope mochte ihn richtig. Er war so vertrauensvoll, und er arbeitete sehr sauber und genau. Sie war richtig stolz darauf, ihn gleich mitgekauft zu haben.
    Mit Ánthimos hatte sie sich an diesem Abend auf den weg zum Fremdenmarkt gemacht. Sie hatte ihm gesagt, sie habe eine Überraschung für ihn. Auch wenn der Weg sie nicht ins gemeinsame Schlafzimmer in der Diamerisma führte, kam ihr Mann dennoch freudig mit. Ab und zu schaute er zwar etwas komisch, wo sie ihn hinführte, aber Penelope lächelte einfach und zog ihn immer weiter. Sie hatte schon überlegt, ihm die Augen zu verbinden, aber auf dem Markt hätte das wohl arg albern ausgesehen und wäre zudem nicht ganz einfach gewesen. Hier gab es so viele stände und ein ständiges Durcheinander und Gewusel, da war sie froh, wenn er seine Augen auch auf dem Weg hatte.


    Nach dem langen Weg, auf dem sich Penelope ständig beherrschen musste, nicht schon vor Vorfreude etwas zu verraten, kamen sie schließlich auf dem Platz an. Penelope strahlte jetzt schon über das ganze Gesicht und war sichtlich aufgeregt. Sie hoffte, ihre Überraschung gefiel ihm.
    “Da sind wir“, sagte sie einfach, ohne näher zu erklären. Sie wollte ihn noch ein wenig schwitzen lassen, was denn seine Überraschung nun wäre.

    Zögerlich nahm Penelope die Hand mit dem Geld wieder zurück. Kurz fragte sie sich, ob es vielleicht ein Fehler war und sie den Gymnasiarchos doch beleidigt hatte, aber er lächelte sie an und sie lächelte sanft zurück. Sie nickte demütig und verstaute das Geld erst einmal sicher.
    “Gut, dann werde ich mich bemühen, ein passendes Geschenk für die beiden Götter zu finden. Ich danke dir, Gymnasiarchos.“
    Sie strengte sich ja immer an, wenn es um Opfergaben an die Götter ging, aber nach seinen Worten würde Penelope besondere Sorgfalt walten lassen, wenn sie mit Anthi gleich nach passenden gaben suchte. Immerhin wollte sie ihren Lehrer nicht enttäuschen.

    Penelope hatte ein paar Tage immer mal wieder gesucht und sich umgehört. Leider hatte sie jeden Tag nur ein wenig Zeit, denn Ánthimos sollte ja nichts von ihrem Plan erfahren. Immerhin sollte es eine Überraschung werden!
    Aber schließlich hatte sie das kleine Haus am Rande des Xenai Agorai entdeckt und war ins Gespräch mit dem Besitzer der unteren Räumlichkeiten gekommen. Der alternde Künstler Phrynon war sehr nett und zuvorkommend, als sie ihm ihre Pläne mitteilte, die Räumlichkeiten zu kaufen. Es war ja auch perfekt für die Einrichtung einer Malerei, war es doch bereits dafür ausgelegt. Natürlich trieb das den Preis auch entsprechend in die Höhe. Aber Penelope war nicht so ein leichtes Opfer, wie der Maler sich das wohl gedacht hatte. Wenn sie diese Räumlichkeiten nicht erstehen konnte, würde sie eben andere suchen. Es war ja nicht so, als ob sie es damit eilig hätte. Und das war eine wundervolle Verhandlungsposition.
    Schließlich hatten sie sich über einen annehmbaren Preis geeinigt. 200 Drachmen für die Räume waren zwar ein ganzer Batzen Geld, aber so gesehen war es auch nur eine Woche Arbeit für Penelope. Und Ánthimos hatte für ihren Chiton zwei Wochengehälter gerne geopfert und wäre noch weit darüber hinaus gegangen.
    “Achja, ich hab da auch noch einen Sklaven, Xenocles. Einfältiger Bursche, aber er kann gut Farben anmischen und alles. Ich werd ihn wohl auch verkaufen müssen, aber wenn du ihn gleich mitkaufen magst, kann ich ihn dir auch verkaufen. Es wäre mir lieb, wenn er hier im Betrieb bleiben könnte, hier ist er quasi aufgewachsen. Aber ich kann ihn leider nicht behalten.“
    Über dieses Angebot musste Penelope länger nachdenken. Sie hatte noch nie einen Sklaven besessen und irgendwie war ihr das nicht so ganz recht. Zwischen Armut und Sklaverei lag manchmal nur ein schmaler Grat, und sie war sehr lange sehr arm gewesen. Daher hatte sie nicht unbedingt das Bedürfnis, einen Sklaven zu besitzen. Aber andererseits würde Anthi eine Hilfe gebrauchen können, da er ja noch bei Mithridates Castor arbeiten musste und nicht immer Zeit haben würde für die Malerei. Da wäre eine gelernte Kraft sicher hilfreich.
    Schließlich besah sich Penelope den besagten Sklaven einmal. Der „Junge“ war schon ein Stückchen älter als sie selber. Penelope schätzte ihn so auf 25-30, aber im Vergleich zu seinem bisherigen Herrn war er wohl wirklich jung. Er wirkte auch sehr freundlich, bot ihr gleich einen Stuhl an und ließ alle Fragen über sich mit unendlicher Ruhe ergehen. Penelope beschloss, dass sie ihn gern hatte. Auch wenn er wohl nicht der allerhellste im Kopf war, denn bei manchen Fragen überlegte er doch etwas länger als es gewöhnlich war. Aber seine Antworten waren klar und verständlich und nicht von irgendwelchem Schwachsinn geprägt. Er war wohl nur ein bisschen langsamer als andere, oder schüchterner. Nichts desto trotz war er nett und schien auch was von Farben zu verstehen, denn sobald Pelo ihn da etwas fragte, leuchteten seine Augen und er erzählte freimütig von verschiedenen Schattierungen und Nuancen und Pinselführung und noch mehr Dingen, von denen die junge Musikerin keine Ahnung hatte. Allerdings tat er das mit einer euphorischen Leidenschaft in der Stimme, die sie selber von sich kannte, wenn sie von Musik erzählte.
    Nach dem Gespräch schließlich stimmte Penelope zu, den Sklaven auch mit zu kaufen. Mit 250 Drachmen war dieser zwar teurer als die ganze Malerei, aber dennoch glaubte sie, ein Schnäppchen noch gemacht zu haben. Xenocles würde noch ein paar Tage bei seinem bisherigen Herren wohnen, bis er sich in der Malerei das Zimmer hinter der Theke eingerichtet hatte, und schon schauen, dass alles geputzt und sauber war. Pelo ließ ihm dafür auch genug Geld da, er sollte ja nicht hungern.
    Schließlich verließ sie, nachdem die Verträge schriftlich fixiert wurden, das Geld den Besitzer gewechselt hatte und sie die Kaufurkunden in Händen hielt, die kleine Malerei. Jetzt musste sie sie nur noch anmelden, und dann konnte sie ihren Mann überraschen.

    Natürlich war Penelope einverstanden. Sie war ja schon erleichtert, dass es alles so funktionierte. Sie wollte ihren Mann ja wirklich überraschen mit dem Laden und das ging ja kaum, wenn sie ihn vorher erst fragen musste.
    “Ja, ich danke dir, tausendfach. Der Name…“ Penelope musste kurz überlegen, denn um ehrlich zu sein hatte sie sich darüber noch keine Gedanken gemacht. Aber jetzt brauchte man schon einen Namen, das war ja klar. Also nahm sie etwas einfaches und schlichtes, was aber ihrem Mann in spe sicher gefallen würde. “… ist Zografia Bantotakia.“


    Nicht direkt am Hafen, sondern eher am Rande des Fremdenmarktes gelegen stand ein kleines Haus. In den letzten Monaten stand es leer, denn der alte Besitzer hatte leider nicht sehr viel Glück mit seinem Betrieb gehabt. Aber daher standen die Räumlichkeiten nun zum Kauf.
    Hohe, schmale Fenster konnten so geöffnet werden, dass viel Licht in den ersten Raum fiel und der Geruch des Hafens dennoch draußen blieb. Der Raum selber war groß und geräumig, mit angenehm hoher Decke und aus solidem Stein, fein mit weißer Farbe getüncht. Im hinteren Drittel stand eine Theke, die zwar alt war, aber mit etwas Pflege und dem Einsatz von gutem Öl wieder auf Hochglanz gebracht werden konnte.
    Das eigentliche Schmuckstück des Hauses war allerdings der hintere Raum. Hier waren insgesamt 8 Fenster so angebracht, dass man beliebig viel Licht in den Raum hineinlassen oder eben aussperren konnte. Der alte Besitzer dieses Hauses war ein Maler gewesen und hatte diesen Raum extra so bauen lassen, um für seine Kunst immer perfektes Licht zu haben. Aber neben einer Staffelei und einem Tisch war sonst nichts in dem Raum vorhanden.
    Ein kleiner Raum hinter der Theke bildete schließlich den Rest des Erdgeschosses.


    Der erste Stock war über eine separate Treppe an der Rückseite des Hauses zu erreichen und wurde an zwei Familien vermietet. Die eine war ein älteres Händlerehepaar, deren Kinder schon lange aus dem Haus waren und die hier in der Nähe ihres alten Geschäftes noch ihren ruhigen Lebensabend verbringen wollten. Natürlich stets mit Blick auf den Schwiegersohn, der dieses Geschäft nun geerbt hatte. Die andere Partei war ein jüngeres Paar, er Kreter, sie Parther, nun mit dem zweiten Kind im Haus. Die meiste Zeit arbeitete der Mann nicht weit entfernt am nahen Hafen, während die Frau an einem der Stände vor Ort verkaufte, die Kinder immer dabei.

    Einen Moment lang sah Penelope auf das Geld in ihrer Hand, dann schritt sie mutig zum Gymnasiarchos hinüber. Natürlich wäre es kein Problem, damit nun Trauben oder vielleicht sogar Wein für Herakles zu kaufen, und einen Opferkuchen für Hermes. Vielleicht sogar Sandalen, und auf jeden Fall die restlichen Münzen. Aber Nikolaos hatte etwas gesagt, was sie zögern ließ, dieses Geld von ihm anzunehmen.
    Also schritt sie, während die meisten ihrer Mithörer schon verschwanden, noch einmal etwas zögerlich zum Gymnasiarchos, um mit ihm zu sprechen.
    “Werter Gymnasiarchos? Ich glaube, ich kann das Geld nicht annehmen. Du musst wissen, dass Sosimos von Korinth zugestimmt hat, dass ich am Museion als Philologos arbeiten kann. Da wäre es denke ich nicht recht, wenn ich dein Geld nehme, wo ich doch eigenes verdiene. Wie du sagtest, es ist sicher nicht recht, sich vor den Göttern mit etwas zu schmücken, was man nicht selbst verdient hat.“
    Daher bot ihm Penelope wieder die Münzen an. Natürlich tat sie das erst jetzt, wo ihre Mitschüler gegangen waren und nur noch Ánthimos auf sie wartete. So bestand nicht die Gefahr, den Gymnasiarchos oder einen ihrer Mitschüler durch ihr Handeln zu beleidigen.

    Etwas unsicher nahm Penelope den Zettel entgegen und überflog kurz das Geschriebene. Eine Woche vor Ende des Mechir… das war ja schon nächste Woche! Und ein Meister würde sprechen und wahre Freunde würden da sein? Das klang schon sehr kryptisch. Da hatte Nikolaos ja Glück, dass Penelope sehr integer war und mit seinen seltsamen Informationen vertraulich umgehen würde. Aber ein wenig verwundert blickte sie schon zum Gymnasiarchos herüber.
    “Danke“, meinte sie etwas unsicher, fing sich dann aber gleich wieder und redete einfach weiter.
    “Nun, werter Gymnasiarchos, wenn es von deiner Seite nichts mehr gibt, würde ich mich verabschieden.“
    Ihr Blick glitt mit einem Lächeln zu Ánthimos herüber, auf den sie sich nun schon freute. Die Blumen waren einfach wundervoll.

    “Ja. Das heißt, nicht direkt.“
    Jetzt kam der schwierigere Part, und Penelope hoffte, dass alles so funktionieren würde, wie sie sich das erhoffte. Immerhin sollte es ja eine Überraschung werden.
    “Ich bin Penelope, die Verlobte von Ánthimos Bantotakis.“
    Sie ließ dem Agoranomos einen Augenblick, mit der Information umzugehen. Sie wusste nicht, ob er von ihr schon gehört hatte oder wie viel Anthi schon erzählt hatte, und wollte ihm genügend Zeit geben, die Information gedanklich erstmal zu verdauen, ehe sie fortfuhr.
    “Und die Malerei, die ich anmelden möchte, ist für ihn. Es soll eine Überraschung werden.“

    Penelope hatte sich extra einen Tag ausgesucht, von dem sie wusste, dass Anthi nicht da sein würde. Er hatte ihr erzählt, dass er heute viel Laufarbeit zu erledigen hätte, und daher nicht in der Agora wäre. Und Penelope wollte ihn ja schließlich überraschen, konnte das aber wohl kaum, wenn er hier in der Arché sitzen würde und sie beim Agoranomos anmelden würde.
    Sie betrat also die Räumlichkeiten, in denen der Agoranomos zu arbeiten pflegte, in ihren feinsten Sachen. Immerhin wollte sie auch einen guten Eindruck auf den Arbeitgeber ihres Mannes machen, wenn sie schon mal hier war. Nicht, dass ihr unorthodoxes Vorgehen noch ein schlechtes Licht auf ihren Mann warf.
    Penelope wartete also im Vorraum, wo normalerweise auch Ánthimos arbeitete, und fragte, ob der Agoranomos kurz Zeit für sie habe, eine Betriebsgründung zu genehmigen.

    “Ich fühle mich durch dein Vertrauen in meine bescheidenen Fähigkeiten sehr geehrt, Gymnasiarchos. Aber ich muss ehrlich gestehen, dass ich mir um so etwas bislang noch nicht einmal Gedanken gemacht habe. Ich denke auch, dass sich bestimmt genug geeignete Männer finden werden, die dieser Polis weit besser dienen können als ich.“
    Zwar machte Urgulania ihre Arbeit gut, nach allem, was Penelope so hörte. Aber dennoch waren in ihrer Vorstellung Männer einfach besser für die Politik beschaffen. Und sie hatte in dieser Beziehung einfach keine Erfahrungen.
    “Aber für den Fall, dass sich wirklich niemand finden würde, der die ehrwürdigen Aufgaben dieser Polis übernehmen kann, wäre es mir eine Ehre, meinen Teil dazu beizutragen. Allerdings hoffe ich, dass dies nicht nötig werden wird.“
    Penelope wäre bestimmt weniger gut geeignet als Respektsperson der Stadt. Jemand, der nicht nein sagen konnte, hatte wahrscheinlich in einer öffentlichen Ämterlaufbahn wirklich nicht viel zu suchen.