Warum sollte es Penelope stören, wenn sie da saß? Es war ja nicht so, als würde sie sie mit Fragen löchern oder irgendeine Erklärung für ihr Tun verlangen. Sie saß einfach nur da und hörte zu, wie konnte das stören? Penelope schüttelte also den Kopf und widmete sich dann ihrer Arbeit. Sie ordnete die fragmente, suchte nach Mustern, Verbindungen. Sie odnete neu, verwarf, probierte. Selbst die beiden bereits zusammengefügten teile riss sie noch einmal auseinander, überarbeitete sie komplett, gab ihnen andere Fragmente zum Nachbarn. Es dauerte, lange sogar. Siv saß einfach nur da und hörte stumm zu, während Penelope immer wieder ihre Notizen stumm überarbeitete, erneut spielte, und die Änderungen wieder notierte. Langsam nahm das Werk Gestalt an, fügte sich zusammen, verband sich zu kosmischer Klarheit, als wäre jede andere, vorher probierte Möglichkeit nonexistent gewesen, da das Stück an sich gar nicht anders hätte sein können – als Siv sich auf einmal krümmte und mit einem Schnauben die Luft ausstieß.
Penelopes Kopf ruckte von ihren Tafeln hoch und sie beobachtete die Germanin einen Augenblick stumm und eindringlich. Sie sah die Haltung, die Knöchel, die sich weiß an ihrer Hand abzeichneten, weil sie sich so in die Lehne verkrallte. Sie sah den Schweiß auf der Stirn und die zweite Hand, die sich schützend auf den Bauch legte. Es dauerte nur einen Augenblick, bis Penelope begriff und die Tafeln und ihre Kithara beiseite legte.
Hektik nützte in diesem Fall nichts, man konnte ohnehin nichts beschleunigen oder verlangsamen. Alles geschah so, wie es Artemis gefiel. Also war Penelope auch ruhig, als sie aufstand und zu Siv hinüberging, ungefragt ihre Hand auf Sivs Bauch legte. Er war hart vor Anspannung, und Penelope fühlte, wie tief das Kind schon lag. “Warum hast du nicht gesagt, dass dein Kind kommt?“ fragte sie ganz ruhig, als die Wehe nachließ und fühlte der Frau die Stirn. Kein Fieber, das war schonmal gut. “Soll ich dich ins Gynaikon... ich meine, deine Räume, bringen? Und die Frauen rufen lassen?“ Bestimmt hatte diese Frau schon ihre Geburtshelfer. Sie musste Penelope nur sagen, wer das war, und sie würde sie schon herzubringen wissen. Penelope konnte sich nicht vorstellen, dass eine Frau ohne Unterstützung diese Erfahrung durchmachen sollte. Sie bezweifelte, dass das überhaupt ginge.
Beiträge von Penelope Bantotakis
-
-
An der Aussprache merkte Penelope mehr als an allem anderen, dass diese Frau keine Rhomäerin war. Und Griechin war sie auch nicht. Wahrscheinlich entstammte sie diesem Barbarenvolk des Nordens, die waren ja angeblich alle blond und bleich. Irgendwie passte diese Beschreibung. Ein klein wenig Skepsis mischte sich bei diesem Gedanken schon in Penelopes Blick. Nicht, dass sie grundsätzlich alle Barbaren für dumm hielt... nur eben nicht so gebildet wie die Griechen. Und sie wusste nicht, ob diese Frau so ohne Bildung auch wirklich verstehen konnte, was sie ihr zu erklären versuchte. Denn Musik war per se nicht sehr einfach zu erklären. Hören und empfinden konnte sie jeder, darin lag ihr Zauber, aber sie zu verstehen und zu begreifen war den wenigsten gegeben.
“Nun, Ordnung ist Schönheit. Das Wilde und Ungebändigte hat zweifellos auch Schönheit in sich. Pan in seiner Schöpfung hat allen Dingen eine gewisse Schönheit gegeben“ – und Penelope meinte mit Pan nicht nur den Gott, sondern die gesamte Natur – “aber wahre Perfektion entsteht erst durch Ordnung. So, um es einfach zusammenzufassen, ja, ich ordne das, was wild und ungezügelt meinen Gedanken entsprungen ist, um es zu einer Ordnung zu bringen. Ruhe, wenn du so willst.“
Penelope setzte sich wieder hin und nahm die nächste Tafel zur Hand. In Gedanken hörte sie die niedergeschriebene Melodie. Hübsch, aber sie passte nicht zu dem eben gemachten. Sie suchte nach weiteren Fragmenten, an denen sie anknüpfen konnte. Immerhin sollte sich das ganze zusammenhängend anhören und nicht wie ein Sammelsurium an Motiven. Kurz versank sie in ihrer Tätigkeit, ehe sie wieder ihres Gegenübers gewahr wurde.
“Hm, würde es dich stören, wenn ich etwas weiter arbeite?“ fragte sie ganz ungeniert. Sie hatte, um der Wahrheit die Ehre zu geben, nicht wirklich eine Ahnung, wie sie dieser Frau die ganze Komplexität dieses Vorgangs begreiflich machen sollte, da vieles nur sehr schwer in Worte zu fassen war. Wie erklärte man schon harmonische Akkorde und Gleichklänge, wenn der andere offenbar zwar ein feines Gehör, aber darüber hinaus nur wenig Ahnung besaß? So etwas zu erlernen dauerte Jahre, und selbst dann war nicht gesagt, dass derjenige wirklich verstand, wie es ging. Einige Musiker konnten ganz herrlich die Melodien anderer nachspielen, aber eine eigene Melodie, und sei es nur eine Variation, sich zu erdenken, das konnten sie nicht. -
[Blockierte Grafik: http://img40.imageshack.us/img40/5846/panthea1.gif]
Panthea schaute ein wenig verständnislos auf diese deutliche Ablehnung. Eben hatte er doch noch gesagt, Caius dürfe spielen, und jetzt doch nicht? “Und warum nicht?“ fragte Panthea also gleich mal zurück und war dann ein wenig verwirrt, wie er jetzt auf Mama und die Sklaven kam. “Doch, manchmal. Und mit Nebet, und Nebtawi. Hay und Bay sagen immer, das ist doof. Aber die sind auch schon groß.“ Das Corvinus ihre Freunde ja gar nicht kennen konnte, bedachte Panthea nicht, sie erzählte einfach und zählte dabei an den Fingern die Namen ab. Ein bisschen wehmütig wurde sie schon, weil sie ja schon ganz lange nicht mehr mit ihren Freunden gespielt hatte.
Allerdings war das vergessen, als ihr die Münze gereicht wurde. Mit kindlicher Freude drehte Panthea sie in den Händchen und rieb mit dem Zeigefinger über das Bild. “Die ist ja nur so groß“ zeigte sie mit den Fingern, maß sicherheitshalber nochmal die Figur auf der Münze und zeigte nochmal. Dann musste sie kichern. Das war aber eine lustige Göttin, die so klein war. Differenzieren zwischen einem Abbild und der göttlichen Macht konnte Panthea noch nicht. Für sie war ein Bildnis eines Gottes eben dieser Gott selbst, ohne dass sie sich dabei irgendwas dachte. Letztendlich war die größte Macht in ihrem jungen Leben ohnehin kein Gott, sondern die eigene Mutter, von daher war das auch nicht ganz so wichtig.
Die Frage nach eben jener ignorierte Panthea aber geflissentlich. Statt dessen schaute sie nochmal gebannt auf den Schreibtisch und schaute nach der Börse. Waren da wohl noch mehr Götter drin? Neugierig war sie schon, aber sie traute sich nicht, nachzuschauen. Aber schauen tat sie schon und es war ihr anzusehen, wie neugierig sie eigentlich war.
“In Alexandria ist auf den Münzen der Basilius drauf“ erzählte sie also einfach, ohne seine Frage zu beantworten. Dass das Wort falsch war, wusste sie nicht. Was hatte der auch so einen kompilifizierten Namen? “Der ist auch nur so klein“ zeigte sie dann wieder mit den Fingern. -
Der Morgen war noch frisch, klar und kalt. Penelope hatte sich noch immer nicht an dieses nasskühle Klima gewohnt, aber sie beklagte sich nicht. In ihrem edelsten Chiton – dem weißen mit den roten Stickereien aus Seidenfäden – betrat sie den Klassenraum und stellte ruhig und gelassen erst einmal ihre Kithara vorsichtig auf den Tisch. Das Instrument thronte mittig und geradezu unheilsschwanger auf dem dunklen Holz der Tischplatte, als würde es die vier Teilnehmer, die sich gemeldet haben, beobachten wollen. Erst danach wies Penelope den Sklaven an, ihre anderen Utensilien wie Wachstafeln, Papyri und Griffel, auf dem Schreibtisch abzuladen.
Ganz ruhig und ohne erkennbare Anzeichen von Nervosität wandte sie sich dem Raum nun zu und besah sich ihre 4 Acroatoi kurz und skeptisch. Da war sie ja nun mal gespannt, ob diesen Rhomäern auch der Geist gegeben war, die Kunst der Musik zu begreifen. Denn so einfach das Spiel auch schien, so schwer war seine Theorie und die Grundlage seiner Philosophie. Obgleich die meisten Römer es als leichten Zeitvertreib oder gar nur als Weg, das klappern des Geschirrs beim Essen zu übertönen ansahen, war es für die Philologe weitaus mehr als das. Und sie würde auch nicht zulassen, dass diese Barbaren – denn als Nichtgriechen waren sie das in ihren Augen – diesen Kurs mit solch belangloser Meinung wieder verlassen würden.“Mein Name ist Penelope Bantotakis. Ihr seid hier, weil ihr etwas über Musik lernen wollt“ fing sie ohne Umschweife an und eröffnete damit den Kurs. Sie hatte noch nie einen Sinn für freundliches Vorgeplänkel mit Vorstellungsrunden und Austausch der Lebensgeschichte übrig gehabt. Das hier waren Schüler, und sie war die Meisterin. Sie musste von ihnen nicht mehr wissen, als dass sie bereit waren, zu lernen und zu begreifen, und dass sie die Kugel etwa eineinhalb Ellen über ihrem Hintern nicht nur deshalb hatten, damit der Pilos nicht direkt auf den Schultern auflag.
“Doch was ist Musik? Ist sie Klang? Ist sie Melodie? Harmonie? Eine Abfolge von harmonischen Tönen, die unser Gemüt erheitern? Kunst? Vielleicht Weisheit? Ein Geschenk der Götter, eine Erfindung des Hermes in seinem kindlichen Übermut? Was ist Musik?“
Sie ließ die Frage einen Moment im Raum stehen, wartete auf Anzeichen der Erkenntnis in den Augen ihrer Schüler. Nur wenige befassten sich wirklich mit der Essenz einer Sache, versuchten, ihr tiefstes, reinstes Wesen zu erfassen. Den meisten genügte die oberflächliche Betrachtung eines Objektes, damit sie sich daran erfreuen konnten. Aber für Penelope war Musik nichts leichtes, das man einfach nur zu genießen brauchte. Und wenn ihre Schüler lernen wollten, mussten sie zuallererst verstehen und begreifen.
“Zu aller erst, und in ihrer tiefsten Seele ist Musik Mathematik. Sie ist Teil der Ordnung, die unsere Welt in gesetzmäßigen Bahnen hält, ist spürbarer, erlebbarer, fühlbarer Teil des Kosmos. In ihr verbinden sich Kosmos und Chaos zu einer Gesamtheit, die überdauernd und geordnet ist. Sowohl ihre dionysischen Teile wie auch ihre dem Apoll entsprungenen Gesetzmäßigkeiten sind Teile von ihr, und letztendlich sind sie wie ihre Mutter, die Mathematik, Weltsprache, die jeder vernunftbegabte Mensch verstehen sollte.“
Penelope ließ ihre Worte erst einmal sacken. Sie wusste nicht, inwieweit ihre Schüler ihr überhaupt folgen konnten, hatte sie sie bislang ja nicht zu Wort kommen lassen.
“Aus diesem Grunde wollen wir uns heute mit ihren mathematisch-philosophischen Teilen befassen. Ich hoffe, dass ihr im allgemeinen Disput über Aristoxenos und Phytagoras Erkenntnis sammeln könnt, so dass euch Verständnis geschenkt werde. So ich dies annehme, werd ich mit euch noch einen Test schreiben. Diejenigen unter euch, die es bestehen, können sich rühmen, wenigstens ein wenig von der Seele der Musik begriffen zu haben.“
Penelope hatte nicht vor, nett zu ihren Schülern zu sein, und so klangen ihre letzten Worte auch keineswegs lobend, sondern kühl und berechnend, so wie ihre ganze Gestalt kühl und methodisch wirkte.
"Sind bis hierher Fragen, oder besser, Argumente? Kann einer vielleicht sogar erläutern, was Phytagoras in Bezug auf die Musik auszudrücken versuchte, welche Experimente er unternommen hat, um seine Beobachtungen zu beweisen?" -
Ein wenig überrascht schaute sie aus, als Penelope sie ansprach. Aber was hatte sie denn erwartet? Dass sie die ganze Zeit weiterarbeiten würde, während jemand zusah? Nun, im Grunde hätte Penelope damit kein Problem gehabt, zuhause arbeitete sie auch immer weiter, egal, wer gerade das Zimmer betrat. Höchstens, dass sie kurz Antwort gab, oder denjenigen verscheuchte, der sie gerade unterbrach. Aber das hier war nicht ihr zuhause. Hier war sie nicht die Herrin über das Oikos und konnte jemanden hinauswerfen, wenn er sie störte. Hier hatte sie nicht die Herrschaft, wenngleich nur innerhalb der Mauern, war nicht die ordnende Kraft und letztendlich das Gesetz. Hier war sie nur Gast, und als solcher geziemte es sich nicht, mehr zu sein. Egal, wem gegenüber. Penelope war sich ja in Bezug auf Siv noch immer nicht sicher, was die junge Frau denn letztendlich nun war. Nicht, dass es eine besondere Relevanz besessen hätte.
Offenbar saß Siv auch unbequem, zumindest interpretierte Penelope das Zusammenzucken des Frauenkörpers so. Natürlich, durch die ständige Belastung durch den Bauch fühlte sich das weibliche Kreuz so manches Mal an, als wolle der Körper in der Hälfte außeinanderbrechen. Und diese Korbsessel waren nun nicht der Inbegriff an Bequemlichkeit, erst recht nicht für Schwangere. Ohne auch nur annähernd ein Einverständnis zu erfragen, nahm Penelope von ihrem Sessel ein Polsterkissen, knetete es einmal ordentlich durch und ging dann zu Siv, um es ihr mit einem zielsicheren Griff zwischen ihrem Rücken und der Lehne zu stopfen. Mit ganz leichtem Druck gegen Sivs Schulter bedeutete sie ihr, sich weiter zurückzulehnen. Penelope wusste noch zu gut, wie so ein Kissen im Rücken die Last einen Moment zu lindern vermochte. Undbeirrt von ihrer Handlung gab sie dann Antwort auf die wirklich intelligente Frage der Blondine.
“Die Antwort ist kosmische Klarheit und Schönheit.“ Sie setzte sich wieder und zum ersten Mal lächelte sie. Penelope philosophierte gerne über Musik. “Das hier sind ungeordnete Gedanken, Motive, Gefühle. Aber, damit daraus ein ganzes wird, eine Einheit, Perfektion, muss es noch der Ordnung unterworfen werden. Damit es wirklich das Herz so berührt, dass Zeit und Raum in Vergessenheit geraten, dass das Lied um seiner Selbst willen die Zeit überdauert und jeden, der es hört, unabhängig von seiner Stimmung, seiner Herkunft, ja selbst seines Glaubens zu einem tiefen Gefühl der Harmonie bringt, ihn zu einem edleren, gütigerem Menschen erzieht, indem er einfach nur lauscht... DANN ist es etwas, was eine Antwort ist.“
Penelope lächelte noch kurz und blickte dann in das einen Spur verständnislos wirkende Gesicht von Siv. Vermutlich waren ihre Worte doch einen Hauch zu lyrisch und zu theoretisch. Aber heute hatte Penelope einen guten Tag, vielleicht verstand die Frau ja doch etwas, wenn man es ihr nur als praktisches Beispiel vorführte und es nicht rein vergeistigt nur vortrug. Immerhin war über Musik zu reden in etwa so, als versuche man, zu Architektur zu tanzen. Wer nichts davon verstand, konnte nicht mitreden, und das meiste war letzten Endes, trotz aller Mathematik, das Gefühl, das man bei Musik hatte.
“Horch her. Das hier, das sind nur Fragmente.“ Penelope suchte sich ein paar der Notenstränge heraus, stand auf und nahm Harmonia zur Hand. Nachzuspielen, was sie aufgeschrieben hatte, war nicht so schwer. Überhaupt war die Melodie nicht allzu schwer, zwar traurig, aber doch hatte sie eine leichte Note. “Aber um es zu Verbinden, um es eine bleibende Einheit zu machen, um die verschiedenen Elemente zusammenzufügen, braucht es einer größeren Ordnung, einer Harmonie. Damit die Enden der Sequenzen nicht so hart aufeinander schlagen, damit sie verschmelzen, als wären sie siet jeher füreinander bestimmt gewesen.“
Die ganze Zeit klimperte Penelope während dem Reden ganz leise, kaum wahrnehmbar, weiter auf den Saiten herum, suchte diese kleine Verbindung, diese kleine Gemeinsamkeit, das Thema, wenn man so wollte, um ihre beiden Argumente zusammenzuführen. Es dauerte einige Momente, in denen sie die Augen schloss und auf diese winzigen Nuancen hörte, probierte, verwarf, erneut probierte, veränderte, variierte. Schließlich drückte sie mit dem Daumen ein paar der Symbole auf dem Wachs aus, schrieb neue, probierte noch einmal. Es war nur eine kurze Passage, und immer wieder musste sie absetzen und neu notieren, neu löschen und neu verbinden. Aber schließlich waren beide Teile verbunden, flossen in einer kurzen Symphonie ineinander, als hätte es nie zwei Teile gegeben, als wäre es schon immer bestimmt gewesen, dass es eine Melodie war. Die Töne waren andere als noch zu beginn, aber die Melodie, die Folge von ihnen, ihr Klang und ihre Stimmung, die war noch erhalten. “Verstehst du? Und wenn das alles ineinander greift, alles in sich schließt, als wäre es füreinander bestimmt, DANN ist es Perfektion. Wenn es keinen Ton, keinen Klang mehr gibt, denn man Weglassen kann, ohne die Melodie zu zerstören. Dann ist es eine Antwort.“ -
Das Mädchen schien ein wenig verwirrt zu sein. Sie setzte sich etwas zögerlich, was bedeutete, noch zögerlicher, als der Bauch es ohnehin gebot. Penelope erinnerte sich an die Verrenkungen, die man teils anstellen musste, um sich vernünftig und gemütlich hinzusetzen, weil das Gleichgewicht einen ständig nach vorne zu ziehen beabsichtigte. Und auch jetzt saß das Mädchen fast da, als wäre es ihr ein wenig unbehaglich zumute.
Nun, vielleicht war das auch Einbildung. Penelope sah nur den Glanz in ihren Augen und die leichte, klare Rötung auf den Wangen, die unzweifelbar verrieten, dass sie geweint hatte. Nun, es hatten schon einige bei ihrem Spiel geweint, aber Penelope hielt dieses Stück selbst noch nicht für perfekt genug, um so ergreifend zu sein. Dafür fehlte die Kunst, die einzelnen Stücke miteinander zu verbinden, ihnen Harmonie zu geben, sie den Regeln der Mathematik anzupassen, so dass perfekte Rhythmik entstehen und ihre Wirkung im Herzen des Menschen, das das Verständnis für Mathematik ja beinhaltete, zu entfalten. Aber noch war es nicht so perfekt, noch war es nur mit Leichtigkeit dahingespielte Melodie. Daher schob Penelope diese Reaktion eher dem Zustand der jungen Frau zu. Während des letzten Teils der Schwangerschaft lagen nur zu häufig die Gefühle blank da, nicht einzudämmen durch den Verstand, und suchten sich die widersinnigsten Gründe, an die Oberfläche zu treten und sich so offenkundig und unpassend zu zeigen. Sie selbst hatte diese hochemotionale Zeit vor allem rückblickend doch sehr verabscheut. Aber nunja, das war wohl der Lauf der Natur.
“Das war nur der Anfang. Die Frage, wenn du so willst, noch nicht die Antwort.“ Penelope weigerte sich, dafür jetzt schon ein Lob anzunehmen. Dafür war es noch nicht perfekt genug. Abgesehen davon, dass sie gelernt hatte, dass ein Künstler jegliches Lob bescheiden und kritisch annehmen sollte, denn letztendlich war man nur sterblich.
Der Name der Frau sagte Penelope nichts. Sie erinnerte sich nur daran, dass so kurze Namen in Rom meistens auf Sklaven hinwiesen. Andererseits trug das Mädchen keine Bulla und auch sonst kein sichtbares Zeichen. Nunja, wirklich wichtig war es eigentlich nicht. “Mein Name ist Penelope Bantotakis.“
Ohne sich von der Frau großartig stören zu lassen, besah sich Penelope weiterhin ihre Tafeln. Wenn sie nur alles verstehen könnte, was sie im Rausch des Moments so leicht aufgeschrieben hatte! Sie konnte die Melodie hören, während ihr Blick über die Noten flog, allein, es ergab wenig Sinn. Wie unzusammenhängende Fragmente, denen die gemeinsame Basis noch fehlte. Sie seufzte einmal leise und ließ den Blick wieder zu der Frau wandern.
Sie wusste nicht genau, was es war, vielleicht, weil sie schwanger war, aber Penelope wollte sie nicht mit ihrer üblichen Missachtung gegen alles und jedes strafen. Der Frau schien es gerade nicht gut zu gehen. Penelope war zwar weit davon entfernt, sich als Schulter zum ausheulen anzubieten – das lag nicht in ihrer Natur – aber ganz ignorieren konnte sie sie auch schlecht.
“Wie lange ist es noch?“ fragte sie also und nickte in Richtung des Bauches, während sie die Wachstafel aus der Hand legte. -
Gefangen vom Fluss der Melodie bemerkte Penelope nichts um sie herum. Wenn sie bei ihrer Musik war, dann war sie in einer anderen Welt, losgelöst von Raum und Zeit, wo sie sich gerade befand. Dann gab es kein Publikum, das vielleicht sich während ihres Spieles unterhielt, keine Sonne, die vielleicht blendete, keine Kälte, die sie vielleicht am Spielen hindern könnte. Es gab kein ablenkendes Vogelgezwitscher oder Klackern von Holzgriffeln auf den Rändern von Wachstafeln. Es gab einfach nur die Töne, die perfekte Ordnung, die weder Zeit noch Raum brauchte. Die jedes Wesen verstand, unabhängig von Sprache oder auch Rasse. Orpheus soll mit seiner Musik selbst die Steine tief im innersten ihrer Existenz berührt haben, Hades, den Tod selbst hatte er nur mit diesen Klängen erweicht. Sie berührte einfach jedes Herz, ob es wollte, oder nicht, sprach das aus, was nicht gesagt werden konnte, was aber auch nicht verschwiegen werden konnte.
Und an diesem vollkommenen Ort war Penelope, während sie spielte, frei von allem, was das Leben ihr auch sonst entgegenstellen wollte. Sie vergaß die Streitereien, die sie mit ihrem Mann gehabt hatte, vergaß, dass sie nun viele hundert Meilen von zuhause entfernt war. Wenn sie ihre Musik spielte, war sie zuhause. Sie vergaß ihre Vergangenheit, den blinden Großvater, der sie geprügelt hatte, die Zeit in Rhakotis, die ständige Angst. Sie vergaß die ganzen Zweifel, die sie hierher geführt hatten und sie immer begleiteten. Sie vergaß ihre Bedenken wegen der Römer, vor denen sie einen Kurs zu halten hatte, deren Wesen sie aber nicht verstehen konnte. All das war einfach aufgelöst in perfekten Klängen, es gab nur die Gegenwart, und die war wundervoll.
So bemerkte Penelope auch nicht die Gestalt, die hereinkam und ihr zuhörte. Sie spielte einfach, die meiste Zeit mit geschlossenen Augen. Nur ab und an zwang sie sich heraus aus ihrem Tagtraum, um sich ein paar Notizen auf der Wachstafel zu machen, aber selbst da sah sie die blonde Frau nicht, die nicht minder verträumt wie sie selbst dastand und lauschte. Erst, als das Lied vorbei war und die Melodie leise zwischen den Regalen verklang, atmete sie einmal tief durch und besah sich zum ersten Mal richtig bewusst, was sie mitgeschrieben hatte. Kritisch schaute sie auf die Zeichen, die uneingeweihte wohl nur für verschiedene Haken und Symbole hielten, aber schwerlich als Noten identifizieren würden. Sie versuchte, sie in die richtige Reihenfolge zu bringen, die beinahe in Trance einfach nur dahingeschmierten, schiefen Zeilen zu ordnen und ihnen den richtigen Sinn abzugewinnen. Diese Arbeit war schwieriger als das Spielen zuvor, da es nun die freien Melodien in starre Regeln zwang, weil Penelope darüber nachdenken musste, was sie tat, was passte, was sein musste und was nicht sein konnte. Harmonie zu empfinden war einfach, Harmonie zu kreieren unvergleichbar schwieriger.
Und nun, während sie die Tafeln betrachtete, bemerkte sie auch aus den Augenwinkeln die Blonde, die da stand und zu ihr herüber sah. Langsam und bedächtig wandte Penelope ihr den Kopf zu, hob fragend die Augenbrauen und sah ihr entgegen. Dass das Mädchen schwanger war, war kaum zu übersehen. Sie trug ihren Bauch unübersehbar vor sich her. Penelopes strenger Blick wurde eine Winzigkeit weicher, und sie stoppte ihre exakte Musterung. Sie hatte keine Ahnung, wer diese Person hier war, aber sie würde sich sicher gleich erklären.
“Du solltest nicht so lange stehen in deinem Zustand. Setz dich lieber“, meinte sie in der ihr so verhassten Sprache der Römer leichthin. Sie wusste noch von ihrer Schwangerschaft mit Panthea, wie sich jedes bisschen Stehen am Abend rächte, wenn das Wasser in die Knöchel dann zog bei warmen Wetter. Gut, hier war es kalt, aber der Vergleich fehlte Penelope natürlich, denn in Ägypten war jeder Abend ausgesprochen warm. -
Es hatte eine Weile gebraucht, bis Penelope einen Raum gefunden hatte, wo sie in Ruhe ein wenig arbeiten konnte. Panthea hatte sie nicht gänzlich ohne Sorge in die Hände der aurelischen Sklaven gegeben. Ihre Tochter mochte den Nubier sehr gern, und anscheinend war er wohl weitestgehend vertrauenswürdig, so dass sie sich keine Sorgen zu machen brauchte. Allerdings dann einen wirklich stillen Raum mit einigermaßen ansprechender Akkustik zu finden gestaltete sich schon schwieriger. Immerhin war sie Gast und wollte nicht einfach irgendwo eindringen, wo sie keinen Zutritt hatte. Die kalte Luft des Gartens wäre zwar ein interessantes Experiment gewesen. Penelope konnte noch nie mit unterschiedlichen Temperaturen den Klang von Instrumenten testen, zumindest nicht mit kalten Temperaturen. In Alexandria schwankte zwar auch die Temperatur, allerdings nur zwischen warm und sehr warm. Hier war es so kalt, dass manchmal der Atem kleine Wölkchen bildete, ein Phänomen, dass die Griechin fast schon erschreckt hatte. Aber sie wollte nicht so ungerecht sein, und wenn für ihre Tochter der Garten verboten war, würde sie ihn auch nicht betreten.
So hatte sie die anderen Räume des Oikos, des öffentlichen Teil des Hauses aufgesucht. Auch wenn diese Villa sich doch von einem typischen, griechischen Haus sehr unterschied. Kein abgetrenntes Gynaikon, kein wirkliches Andron, alles etwas verwischter und verbundener. Weniger nach Verteidigbarkeit denn vielmehr nach Ästhetik erbaut, kam es ihr vor. So war es nicht einfach, die Räume auszumachen, die als Allgemeingut galten, um unter jenen einen auszuwählen, wo sie niemanden störte und dessen Klang angenehm war.
Schließlich aber war sie in der Bibliothek gelandet. Penelope schritt zwischen den Regalen mit Büchern und Schriften hindurch. Kurz glitten ihre Augen über ihre Menge, die Sorgfalt, mit der sie gehegt wurden. Wenigstens waren diese Bewohner hier keine Barbaren, die den Wert von Büchern zu schätzen wussten. Vielleicht konnte sie ja ihren Gastgeber noch nach seltenen Exemplaren, die es in Alexandria nicht gab,f ragen, um die große Bibliotheke im Museion zu vervollständigen. Vielleicht Schriften und Zeugnisse der Stämme des Nordens, die nicht bis in den Hafen am Nil kamen. Nikolaos würde gewiss entzückt sein.
Aber später, zunächst einmal wollte sie etwas Ruhe und Muse. Sie suchte eine Sitzecke auf, die bei einem kleinen Tisch aus blankpoliertem, dunklen Holz stand. Dort legte sie einige Wachstafeln ab, ehe sie den Trageriemen von Harmonia löste und die Kithara vorsichtig abstellte. Sie befreite das teure Instrument von seinem samtenen Schutz und besah sich noch einmal den Raum. Sie zupfte eine einzelne Saite an, ließ den Klang im Raum schweben, lauschte auf die vielen kleinen Echos von den Wänden, das Murmeln, mit dem er verklang, das dumpfe Schlucken der Schriftrollen. Angenehm, ruhig. Man würde sie nicht im ganzen Haus spielen hören, und dennoch wurden die Klänge kaum verfälscht, erzeugten ein sanftes Vibrato in der Luft, ehe sie verklangen. Ja, hier konnte sie Arbeiten.Auch, wenn man das Instrument allein schon seiner Größe wegen im Stehen spielte, ja bei Vorträgen und Symposien alles andere als unziemlich galt, setzte sich Penelope auf einen weichen Polstersessel und stützte Harmonia an ihrem Bein ab. Sie schloss einen Moment die Augen, suchte diese Melodie, die sie vergangene Nacht im Schlaf verfolgt hatte, versuchte sich an die Klangfolgen zu erinnern. Ganz langsam legten sich ihre schlanken Finger auf die Saiten, suchten den Anfang. Sie fühlte die Spannung in den Fingerspitzen, wo sie die Saiten berührte. Jeden einzelnen Finger hatte sie sich schon blutig gespielt, aber im Moment fühlte sie die elektrisierende Wirkung so deutlich, als wäre ihre Haut neu wie bei einem Neugeborenen.
Und dann spielte sie, ganz langsam, ließ die Töne fließen. Suchte die Melodie, die sie so lange hörte und nie zu fassen bekam. Nur ab und an setzte sie das Instrument ab, notierte ein paar Fragmente schnell auf dem Wachs, und spielte weiter, gedankenversunken.Sim-Off: Reserviert^^
-
[Blockierte Grafik: http://img40.imageshack.us/img40/5846/panthea1.gif]
Wie man keine Mittel für eine Flöte haben konnte, verstand Panthea nicht. Da ging man einfach zu seinem Opa, und der machte eine! Flöten waren ja keine schwierigen Instrumente wie Lyra und Kithara, sondern einfach Stöcke, die Musik machen konnten, wenn man reinpustete. Und die Syrinx war nur zusammengebundenes Schilfrohr. Aber die war auch schwieriger zu spielen, zumindest für kleine Kinderlippen, die das sanfte Darüberblasen über die Öffnungen nicht wirklich beherrschten. So sah sie Cimon nur etwas verschlafen und fragend an.
Als er dann aber fragte, ob sie müde sei, musste sie ganz energisch abwehren. “Nein, ich bin nicht müde, ich bin schon groß!“ Und zum Beweis machte sie die Augen ganz weit auf. Naja, zumindest eine Weile lang, bis sie doch wieder kleiner und kleiner wurden. Aber freiwillig einfach so ins Bett, ohne dass Mama gesungen hatte? Niemals!Penelope unterdessen war mit ihrem Gespräch auch zu einem Ende gelangt. Ihr Gastgeber machte sich auch gleich daran, sich zu verabschieden und sie für die Nacht zu entlassen. Kurz überlegte Penelope, ob er vorhin nicht noch etwas von einem Abendessen gesagt hatte, aber sie war sich nicht ganz sicher. Nunja, dann würde sie eben ein andermal der Familie vorgestellt werden, wie es sich gehörte. Oder aber der Aurelier wollte eben jenes aus welchen Gründen auch immer vermeiden, was die Griechin aber unsinnig fand. Immerhin war sie nicht nur Gelehrte und eine gebildete Frau, überdies Gast, sondern auch die Siegerin des jüngst erfolgten Kitharodenwettstreites in Alexandria. Zumindest in den griechischen Poleis brachte das einigen Ruhm, allerdings hielten die Römer im Allgemeinen nicht so viel auf Musik, so dass es sein mochte, dass es nicht bis hierhin vorgedrungen war. Nun, ihr war es gleich. Zwar kränkte es sie ein wenig, dass sie, nachdem sie an der Tür schon beinahe nicht erkannt worden wäre, nun hier auch mehr oder weniger unter Verschluss gehalten wurde, anstatt, wie es in Alexandria üblich gewesen wäre, voller Stolz präsentiert zu werden als ehrenwerter Gast. Aber auf der anderen Seite war es ihr eigentlich ganz recht, jetzt erst einmal Ruhe zu haben und zeitig schlafen zu können. So musste sie sich nicht durch irgendwelche hohlen Phrasen quälen und mit stoischer Gelassenheit Leute über sich ergehen lassen, die sie unter Umständen gar nicht leiden konnte. Oder irgendwelche Fragen beantworten, die sie eigentlich lieber unbeantwortet lassen würde.
So lächelte sie nur nichtssagend und erhob sich ebenfalls als Zeichen des Respekts dem Gastgeber gegenüber.
“Ich denke, du hast recht, nach der ersten Stunde sehe ich gewiss klarer. Ich danke dir für deine Großzügigkeit und Gastfreundschaft.“
Sie verneigte sich leicht, aber nicht so sehr, als dass es wirklich demütig sein könnte, um ihn zu verabschieden. -
Penelope nickte nur besonnen und nachdenkend, während sie Ursus zuhörte. Gut, wenn es diese barbarische Sprache sein musste, musste es eben so sein. Sie hatte ja gewusst, auf was sie sich einlassen würde, es war ja nicht so, als hätte sie ernsthaft etwas anderes erwartet. Zugegebenermaßen war sie ja schon froh, dass sie mit ihrem Gastgeber in ihrer Muttersprache sprechen konnte und nicht auf seine Sprache zurückgreifen musste. Immerhin konnte Penelope so von ihm denken, dass er einen gewissen Bildungsstand vorzuweisen hatte, und das war gut für den Respekt, den sie ihm schuldig war. Das machte sogar fast den anderen, ersten Eindruck wett, den sie von ihm dank des anfänglichen Gebahrens des Sklaven hatte. Ganz zerstreut waren diese noch nicht, selbst wenn sie jetzt sah, dass der Nubier scheinbar entspannt zu sein schien und nichts von überhöhter Furchtsamkeit dem Herrn gegenüber zu sehen war. Aber wissen konnte man nie.
“Nun, das hängt von der Lernwilligkeit der Schüler und ihrer Fähigkeit zur Diskussion ab, würde ich sagen. Mehr als ein paar Tage wollte ich nicht im Allgemeinen lehren. Vielleicht findet sich der ein oder andere Schüler, mit dem eine weiterführende Diskussion lohnenswert erscheint, aber der Kurs als solches mit einem Abschluss, der der Schola gerecht werden sollte, sollte nicht mehr als eine Woche Zeit in Anspruch nehmen. * “
Penelope wollte sich da nicht an strikte Daten klammern. Es dauerte eben, so lange es dauerte. Wenn die Römer sich so anstellten, wie sie befürchtete, würde sie den Kurs abkürzen, wenn sie so lernwillig waren, wie sie erhoffte, könnte es einige Tage des ausgefüllten Diskutierens geben. Aber wissen konnte sie es jetzt noch nicht.[Blockierte Grafik: http://img40.imageshack.us/img40/5846/panthea1.gif]
Fröhlich nahm Panthea die Flöte wieder zurück und tanzte mit ihr in der Hand noch ein bisschen weiter, ganz ohne Melodie. Sie brauchte keine, tanzen konnte man auch so ganz hervorragend. Und es machte Spaß und gab so ein kribbeliges Gefühl im Bauch, wenn man sich drehte. Nur mit dem Geradeauslaufen war es hinterher nicht so einfach, aber das machte nichts. Als sie die Flöte wegräumen wollte, taumelte sie leicht und fiel kurz auf ein Knie, rappelte sich aber sogleich wieder auf und torkelte ein wenig zu der Truhe, worin sie die Flöte wieder recht sorglos zurückverpackte.
“Dann brauchst du aber auch eine Flöte, dann spielen wir zusammen“, meinte Panthea nur fröhlich und setzte sich dann unvermittelt auf den Boden, um sich alles anzusehen. Man merkte dem Kind an, dass es zwar aufgedreht, aber eigentlich doch müde war. Auch wenn Panthea das niemals zugeben würde, immerhin war sie ja schon groß!Sim-Off: *Meine Zeitplanung hab ich ja in die Ankündigung dazugeschrieben. Mal gucken, wie viele sich überhaupt melden, dann seh ich, wie lang das wohl braucht^^.
Und dann mal hoffen, dass dein Latein-Übersetzer schnell antwortet -
Sim-Off: Entschuldigt die lange Wartezeit, aber ich hab für den Charakter einfach grade nicht den rechten Kopf, sie noch so sehr auszuspielen.
Penelope war sich nicht sicher, ob sie die Vorreiterin bei so etwas wirklich sein wollte und damit die ganze Verantwortung über Gelingen oder Misslingen einer solchen Kooperation auf ihren Schultern lag. Sie war nur eine Frau, und nicht berechtigt, für das Museion als solches zu sprechen. Nikolaos Kerykes wäre da sicherlich ein weitaus ansprechenderer Gesprächspartner gewesen. Nur war der redegewandte Mann leider voll und ganz in seinen Posten am Museion eingebunden und nicht hier, im Gegensatz zu ihr.
“Wenn du meinst, dass solch eine Beschreibung den Interessenten hilft, werde ich gerne eine verfassen. Ich nehme an, in der rhomäischen Schrift?“
Penelope konnte auch die lateinischen Buchstaben lesen und schreiben, wenngleich sie die Griechische als ästhetischer betrachtete. Aber wie hieß es? Gehst du nach Rom, mach es wie die Römer. “Ich werde mich daran setzen, so dass wir sie morgen mit zur Schola nehmen können, damit der Kurs seinen Anfang finden kann. Immerhin wollen wir die Wissbegierigen nicht länger als nötig warten lassen.“
Penelope überlegte schon, was sie hineinnehmen sollte und was nicht. Vielleicht war eine Diskussion über die Philosophen doch etwas hochgegriffen? Die Basis aller Musik den Menschen näherzubringen erschien ihr einfacher, aber sie wollte nicht dieselbe Lehrstunde zweimal geben. Nun, sie würde sehen.Währenddessen tanzte Panthea einfach nur fröhlich zu der kleinen Melodie, die Cimon spielte, und klatschte dabei lachend in die Hände. Sie war aufgedreht von der Reise und den vielen neuen Eindrücken und würde sicher nach dem Abendessen wie ein Stein ins Bett sinken und einschlafen.
-
Auch von meiner Seite alles Liebe zum Geburtstag. Feier schön.
Achja, ich soll dir von Panthea noch was übergeben LINK
-
[Blockierte Grafik: http://img40.imageshack.us/img40/5846/panthea1.gif]
Das war aber fein! Dann hatte sie ja gleich einen Spielkameraden! Pantheas Augen leuchteten und sie grinste vergnügt. “Können wir dann verstecken spielen?“ fragte sie nochmal weiter. Anscheinend kannte ihr Gegenüber diesen Caius ja sehr gut und dann wusste er das ganz sicher auch.
Zumindest wusste er auch, dass man nicht in den Garten durfte. Das war schonmal gut, dann bekam er auch keine Schimpfe. Der Hausherr musste wirklich furchtbar streng sein, wenn der wegen Blumen schimpfte. Dabei war so ein Blumenstrauß doch was ganz schönes! Und die wuchsen ja auch wieder. Aber Schimpfe war natürlich nicht schön.Aber bei der Musik brachte er was durcheinander. Auch wenn das mit dem Tempel toll klang. Wenn es da schön war, war das sicher gut! “Wer ist denn Concordia?“ fragte sie nach, sie kannte ja nur die Gottheiten, die in Alexandria verehrt wurden, und die waren aus dem griechischen und teils aus dem ägyptischen Pantheon.
“Und Mama spielt Harmonia. Das ist eine Kithara! Die ist sooooo groß, und hat ganz viele Saiten. Aber die darf ich nicht spielen, weil das darf man nur, wenn man ganz viel dolle geübt hat.“ Panthea erklärte unter Einsatz von Händen und Füßen, wie toll denn die Kithara war. Im Übereifer nickte sie dabei so heftig, dass die Locken nur so flogen. “Vielleicht zeigt Mama sie dir ja mal. Wenn du ganz lieb fragst, macht sie das bestimmt.“ -
[Blockierte Grafik: http://img40.imageshack.us/img40/5846/panthea1.gif]
Wie, er konnte nicht spielen. Sie hatte es doch eben gezeigt gehabt! Das hatte er doch nicht schon vergessen? Panthea sah Cimon skeptisch und streng an, bis er schließlich doch die Flöte genommen hatte. Aber er hielt sie ganz falsch.
“Nein, du musst die so halten!“
Ohne zu zögern griff Panthea mit ihren Kinderhänden nach Cimons Fingern. Wo sie ihre Fingerchen schon fast verbiegen musste, um an die Löcher im Holz zu kommen, da lagen Cimons viel größere Hände schon perfekt. Panthea zurrte und zupfte also nur ihre Position zurecht, so dass auf jeden der Löcher ein Finger lag, und dann grinste sie zufrieden.
“So, und jetzt pusten. Aaaaaa--“ , begann sie zu singen und hielt den Ton, bis Cimon gespielt hatte. Dann überlegte sie scharf und hob einen seiner Finger an für den nächsten Ton. “-lle“ und wieder eine Ummodellierung der Finger für den nächsten Ton. “mei-“ und nochmal “ne“. Jetzt musste Panthea schwer überlegen, damit sie die Finger alle richtig geordnet bekam, so dass der nächste Ton auf sich warten ließ. “Ent- musst nochmal pusten! -chen“, und wieder Finger umstellen. Puh, das war ja richtig anstrengend! “schwim-men auf dem...“ Und so ging es eine ganze Weile. Wenn Panthea gewusst hätte, wie schwer das war! Dann hätte sie Mama gerufen, die konnte das viel besserer!Penelope hingegen überhörte die teils schiefen Töne geflissentlich. Auch, wenn sie sich wünschen würde, dass ihr Kind eines Tages in ihre Fußstapfen treten würde, sie war nicht wie ihr eigener Großvater. Jetzt, im Erwachsenenalter, war sie ihm dankbar für die strenge Erziehung und die harten Lehrstunden, aber als Kind hätte sie gerne eine Kindheit gehabt. Und ihrer Tochter wollte sie die nicht nehmen, sie sollte einmal ein gutes Leben als Ehefrau mit einem guten Mann haben, den sie für sie aussuchen würde. Sie sollte nicht so viel und hart arbeiten müssen, sondern nur so viel, wie sie wollte.
Im Moment war ohnehin das Gespräch mit Aurelius Ursus wichtiger und forderte Penelopes Aufmerksamkeit. Und zum Glück lenkte er ein, auch wenn Penelope nicht sicher war, ob er ihren Argumenten zustimmte oder nur höflich sein wollte.
“Ja, das wäre mir sehr recht, wenn es keine Umstände bereitet. Wenn du denkst, es hilft, kann ich eine Kurzbeschreibung geben, daran soll es nicht scheitern. Vorkenntnisse sind natürlich immer hilfreich, so kann mehr Zeit auf die Diskussion verwendet werden und weniger auf die Erklärung. Daher ist es natürlich gut, wenn man weiß, wer Pythagoras oder Aristoxenos war, wenn man anschließend über sie diskutieren will.“ -
[Blockierte Grafik: http://img40.imageshack.us/img40/5846/panthea1.gif]
Na also, er konnte es ja doch. Freudig klatschte Panthea in die Hände, als ein klarer Ton aus der Flöte kam, wenn auch erst sehr leise. Das war ja aber auch schwer! Panthea hatte auch ganz viel geübt, und musste auch immer jeden Tag ganz viel üben. Bestimmt zehn Minuten jeden Tag, wenn nicht sogar noch länger! Da kannte ihre Mama keine Gnade.
Aber Cimon wollte wohl nicht weiter üben und streckte ihr die Flöte wieder entgegen. Aus seinen Worten schloss Panthea, dass sie nun was vorspielen sollte. Streng guckte sie ihn an, denn eigentlich sollte er ja was spielen. Trotzdem nahm sie die Flöte, die ab nun wohl Quietschie heißen würde, wieder entgegen und setzte sie hoch konzentriert an die Lippen.
Sie spielte eine ganz einfache Melodie. Vor jeder Note holte sie wieder neu Luft und überlegte, wie sie denn die Finger jetzt halten musste, so dass von einem zusammenhängenden Lied keine Rede sein konnte. Aber so ein Musikstück war ja auch schwer, auch wenn es nur aus 6 Noten bestand, die einmal raufwärts und einmal runterwärts gespielt wurden, wobei manche Töne auch zweimal oder gar dreimal gespielt wurden, ehe der nächste kam. Es war ein ganz einfaches Lied über Entchen, die auf einem See schwammen. Panthea konnte es auch singen, aber nicht, wenn sie Flöte spielte. Sie hatte es schonmal versucht, aber das klappte nicht so ganz.
Grinsend sah sie Cimon an, als sie fertig war und streckte ihm die Flöte wieder hin. “Jetzt musst du auch mal, du musst auch mal“, forderte sie einfach freudig und hatte dabei ganz vergessen, dass Cimon das ja wahrscheinlich gar nicht konnte.Penelope hingegen achtete nicht auf die spielende Tochter. Solange sie sie hörte, war alles in Ordnung. Aufmerksam wurde Penelope da eher, wenn es plötzlich leise war. Dann bedurfte Panthea eher ihrer Aufmerksamkeit. Im Moment aber konnte sie sich ganz auf die Beantwortung der Frage von Ursus konzentrieren.
Penelope war niemand, der vorschnell irgendwelche Antworten gab, die nicht genau durchdacht waren. Gedankenlos zu plappern lag nicht in ihrem Naturell, jedes Wort war daher genau gewählt und geprüft – und klang auch stoisch ruhig – als sie antwortete.
“Wenn du so direkt fragst, Aurelios, ja. Versteh mich nicht falsch, und ich möchte auch keinesfalls als undankbar erscheinen, doch ich nehme meine Arbeit sehr ernst. Ich weiß, viele halten die Musik nur für einen netten Zeitvertreib, etwas, das als Ablenkung beim Essen gespielt wird, um die Geräusche zu übertönen, oder um eine etwas angenehmere Athmosphäre zu erschaffen. Ich weiß auch, dass viele Rhomäer ihren Sklaven deshalb Unterricht geben lassen an Lyra oder der Kithara.
Doch du musst verstehen, dass es für mich etwas anderes ist. Für mich ist Musik Philosophie und Wissenschaft. Es ist Ausdruck einer kosmischen Ordnung, ist perfekte Harmonie, die die Mathematik zu ergründen sucht. Es ist kein Zeitvertreib und nichts, was leicht dahinplätschern sollte ohne Sinn und verstand.
Wenn ich also einen Schüler unterrichte, soll er sich dessen bewusst sein und sich dennoch dazu entschließen. Er soll es lernen wollen. Auf einem Instrument herumklampfen kann jeder. Ein Lied nachzuspielen bedarf nur ein wenig Übung. Alte Melodien zu erlernen kann man jedem Kind beibringen. Aber Musik, ihr Wesen, ihre Ordnung, das bedarf dem freien Weillen, es verstehen zu wollen.“
Penelope sah ihr Gegenüber unumwunden an. Sie sah keinen Grund, sich für ihre Worte zu schämen oder gar zu entschuldigen. Er wollte ihre Meinung wissen, und dann bekam er sie auch.
“Wenn nun ein freier Mann sich im Bezug auf seinen Willen, das zu lernen, irrt, so kann er gehen. Oder wenn ich den Eindruck habe, dass er nicht geeignet sei, kann ich es ihm von Gleichem zu Gleichem sagen. Wenn allerdings ein Sklave diesen willen nicht hat oder nicht geeignet ist, geht das nicht. Hier ist nur der Wille des Herrn entscheidend, der dann aber auch gar nicht daran teilnimmt. Und gegebenenfalls erhält der Sklave auch noch eine Strafe, wenn er nicht besteht oder nicht versteht. Und das erachte ich persönlich schon als problematisch.“ -
Innerlich fragte sich Penelope, wie gebildet und klug jemand sein konnte, wenn er Vorbehalte gegen das Museion hatte, aber sie ließ sich nichts anmerken. So, wie die Griechen dachte, die Römer seien ungebildete Barbaren, so dachten die Römer, die Griechen seien verklärte Phantasten, das wusste sie sehr wohl. Deshalb war sie nicht wirklich enttäuscht, dass sie den Unterricht in der Sprache der Rhomäer würde halten müssen. Sie beherrschte ja diese Sprache, auch wenn ihr ihrer Meinung nach einiges an Charme und Präzision verlustig ging und sie bezweifelte, dass jemand die Philosophen wirklich verstehen konnte, der ihre Lehren nicht im Original gelesen hatte. Aber nunja, das hier war weder Ägypten, noch war es Griechenland. In letzterem hätte sie wohl auch keine Schülerschaft gefunden, immerhin war sie eine Frau.
Sie nickte also gerade und wollte zu einer Antwort ansetzen, als ein schrilles Pfeifen ihr Gehör störte. Instinktiv hielt sie sich eine Hand ans Ohr und schaute zu der Flöte. Panthea hatte schon lange gelernt, den Luftstrom zu beherrschen, außerdem war ihre Lunge nicht groß genug, um solche Töne hervorzubringen. Sie sah kurz kritisch hinüber, ohne etwas zu sagen, und wandte sich dann wieder ihrem Gastgeber zu. “Ja, es scheint beinahe so. Dennoch sind die Schüler der Schola doch alle zumindest freie Männer und Frauen?“
Penelope hatte nichts gegen Sklaven. Wirklich nicht. Sie behandelte ihre immer mit Sanftmut und Respekt, wurde nie laut und schlug sie nicht. Sie gab ihnen, wie es einer guten Hausherrin gebührte, gute Kleidung, Schutz im Haus, genug zu Essen und einen Schlafplatz. Sie hatten Freizeit und sogar etwas Geld, und wenn sie treu waren, wurden sie in ihrem Testament mit der Freiheit bedacht, einige würden diese sogar früher erlangen. Aber sie war zu sehr Kind ihrer Erziehung, um nicht tief in ihrem Inneren einen Widerwillen dagegen zu verspüren, Sklaven diese hohe Kunst beibringen zu sollen. Musik war höchster Ausdruck kosmischer Ordnung, war für Menschen fühlbare Mathematik, war Wissenschaft und Kunst zugleich. Ihr missfiel ja bereits jetzt schon die Vorstellung, dass Musik als entspannendes Geplänkel neben dem Essen gespielt wurde, geklampft ohne Seele und Verstand, nur nachgespielt, ohne eigene Gedanken dabei. Zwar sollte Musik auch unterhalten, aber das war nicht ihr Daseinszweck. Und in Penelopes Welt gab es einfach einen Widerspruch zwischen dem Sklavendasein und der hohen Bildung, die Musik letzten Endes bedeutete.[Blockierte Grafik: http://img40.imageshack.us/img40/5846/panthea1.gif]
Panthea hingegen scherte sich nicht um irgendwelche Bildung und Stellungen oder sonstiges. Für sie machte es gar keinen Unterschied, wer oder was mit ihr redete, sie kannte nur die zwei, großen Unterschiede: Mama und nicht die Mama, und als zweites mag ich und mag ich nicht. Das war alles, was es in ihrer kleinen Welt gab. Und so hatte sie keinerlei Bedenken oder Vorbehalte gegen Cimon, den sie gern mochte.
Als er so mit der Flöte quietschte, hielt sie sich ganz fest beide Ohren zu und sagte mit lauter Stimme – immerhin waren die Ohren noch immer zugehalten und verhinderten so eine Lautstärkenmodulation -“Nicht so dolle! Vorsichtig pusten. Fffffffff, nicht PFFFFFFFFFFFF!“ Sie versuchte, es ihm vorzumachen und pustete ihn einmal ganz vorsichtig, einmal aus Leibeskräften an. Dann grinste sie ihn an, wie nur ein kleines Kind eben grinsen konnte und merkte, dass sie die Hände noch an den Ohren, weil sie ja gar nicht hörte, was er so sagte.
“Du musst nochmal versuchen.“ Es klang streng und unnachgiebig, aber Panthea wollte Cimon jetzt Flöte spielen beibringen, und wie alle Kinder war sie dabei leicht ungeduldig.
Einzig die Frage nach dem Namen lenkte sie nochmal kurz ab und sie legte beim Überlegen den Kopf schief, wackelte leicht hin und her, so dass die Locken flogen. “Weiß nicht. Quietschie?“ War das ein guter Flötenname? Auf jeden Fall war es ein lustiger Name. “Quietschie-Föte“, kicherte sie vor sich hin und sah das Stückchen Holz an. -
[Blockierte Grafik: http://img40.imageshack.us/img40/5846/panthea1.gif]
So genau hatte Panthea da nie drüber nachgedacht. Es war halt eine Flöte, auf der sie Musik machte. Mama brachte es ihr bei. Aber ob sie was besonderes war? Sie schaute sich das Stück Holz nochmal eindringlich an, aber für sie war es immernoch dieselbe Flöte. Ungedeckelt, mit einem einfachen Mundstück, das, wenn man zu fest pustete, quietschende Töne hervorbrachte.
“Weiß nicht. Flöte?“ fragte sie Cimon, um dort eine Bestätigung zu bekommen. Die Flöte war ja nicht eine Million Jahre alt wie die Kithara, oder so alt wie der Großvater, wieso sollte sie da einen Namen haben? Aber vielleicht wusste Cimon ja einen.
“Kannst du auch Flöte spielen?“ fragte sie dann in kindlicher Unschuld. Er fasste sie ja gar nicht an, wie sollte er sie sich dann richtig anschauen? Auch wenn die Mutter immer sagte, dass man mit den Augen, nicht mit den Händen schaute, für Panthea gehörte das schon irgendwie dazu. “Ist ganz einfach, musst nur reinpusten. Guck!“ erklärte sie und pustete einmal vorsichtig in die Mundöffnung, so dass ein klarer, hölzerner Ton erklang. Pusten war einfach immer gut, ob nun für Musik, oder um zu heilen. Ein Allzweckmittel, sozusagen.
Erwartungsvoll hielt sie ihm die Flöte entgegen. So schwer war das ja wirklich nicht, er konnte das ganz bestimmt.Penelope unterhielt sich währenddessen mit dem Aurelier und lauschte seinen Worten. Zu seiner Kinderlosigkeit – oder überhaupt der Kinderlosigkeit des Hauses – sagte sie nicht. Zum einen stand ihr das nicht an, und zum anderen würden die Aurelier das schon noch mitbekommen und dnn auch merken, dass man so viel oder so wenig absichern konnte, wie man wollte. Manche Dinge waren scheinbar einfach dazu bestimmt, zu passieren, wie Bälle, die vom Garten losgeschossen in perfektem Winkel so durch eines der oberen Fenster hindurchgeschossen wurden, dass sie zwar den Spiegel und die Glaskaraffe verfehlten, dafür aber über fünf Banden die teure Vase der Großmutter zielsicher trafen.
Seine Worte zur Schola an sich waren ohnehin viel interessanter. Der Rector der Schola hatte also Vorbehalte und könnte unhöflich werden? Penelope lächelte höflich.
“Weißt du, Aurelios, ich halte mich da an einen alten Philosophen, was Unhöflichkeit angeht. Der sagte einst, dass Höflichkeit intelligent sei, und als logische Folgerung daraus Unhöflichkeit ein Zeichen von Dummheit. Und über Dummheit sollte man sich nicht ärgern, noch sollte man sich von ihr angegriffen fühlen. Höchstens sollte man sie bemitleiden.“ Und Penelope hatte nicht vor, sich von jemanden, der sich in ihren Augen also dumm benahm, ärgern zu lassen. Sie setzte sich etwas bequemer zurück und überlegte, was sie brauchen könnte.
“Ich denke, wenn eine Tafel vielleicht bereitgestellt werden könnte, und etwas Kreide? Falls etwas aufgezeichnet werden muss. Die Schüler der Schola sind des Griechischen mächtig, oder soll ich auf Latein dozieren?“ Immerhin war nicht jeder ein gebildeter Mensch, in Rom sollte es ja durchaus noch einige Barbaren geben, die kein Griechisch sprachen. Vielleicht sollte sie mit ihm auch über die Inhalte ihres Kurses sprechen. “Ich hatte angedacht, eine Diskussion über die Philosophen mit den Schülern zu beginnen. Also Phytagoras, Aristoxenos, vielleicht auch Plato. Denkst du, das ist ein zu hochgegriffener Ansatz?“ Er kannte ja die Bildung der Römer besser als sie selbst. Einem Schüler am Museion würde sie dergleichen wohl zutrauen. -
[Blockierte Grafik: http://img40.imageshack.us/img40/5846/panthea1.gif]
Wie konnte ein Geheimnis nicht wichtig sein? Wenn es Caius nicht wichtig war, warum war es dann geheim, und warum durfte er deshalb nicht spielen? Erwachsene waren manchmal sehr merkwürdig. “Darf Caius dann jetzt doch spielen, oder ist es noch geheim?“ fragte sie also nach und merkte dabei nichts von der wachsenden Verzweiflung ihres Gegenübers.
Dann aber fragte er sie plötzlich nach dem Garten, und Panthea sah ihn beinahe schon brüskiert an. “Neeeeeeeein, da daaaarf man nicht rein gehen. Weil da wohnen Blumen, die ganz schnell kaputt gehen. Die erschrecken sich dann und fallen tot um! Da darfst du nicht rein, sonst gibt’s Schimpfe!“ Besser, Panthea warnte Mikrocorax, bevor er auch noch Schimpfe vom Hausherrn bekam.
Auf die Frage, was sie denn spielt, schaute Panthea ihn an, als hätte er nicht mehr alle Amphoren im Regal. “Na Musiiiik“, erklärte sie ihm langsam, als wäre er schwer von begriff. Das hatte sie ihm doch grade erzählt! Erwachsene hörten auch einfach nicht zu! “Aber manchmal schreibt sie es nur auf und spielt gar nicht. Sie sagt, sie hört es in ihrem Kopf und muss nicht spielen. Und Harmonia singt ja sowieso alles ganz schön. Die ist ja auch groß!“ -
[Blockierte Grafik: http://img40.imageshack.us/img40/5846/panthea1.gif]
Das waren jetzt ein bisschen viele Fragen für das kindliche Gemüt, und instinktiv ging sie einen Schritt näher zur Mutter und schaute auch noch kurz etwas verschreckt zu ihrem neuen Freund Cimon. Was sollte sie denn jetzt sagen? Das waren soooo viele Fragen, die passten doch auf einmal gar nicht alle in ihren kleinen Kopf rein!
“Doch, ist ein hübscher Name“, meinte sie schließlich etwas schüchtern und meinte damit seinen Namen, was aber nicht wirklich zu erkennen war.Penelope lächelte einmal und streichelte ihrer Tochter einmal beruhigend über den Rücken. “Panthea, magst du Cimon mal deine Flöte zeigen?“ fragte sie kurz das Mädchen, um abzulenken. Noch immer hielt die Kleine den Blick auf Ursus und suchte scheinbar etwas bäriges an ihm. Zögernd nickte sie und ging dann auch schon los zu dem Sklaven, den Mama mitgebracht hatte. Der öffnete auch gleich die richtige Truhe und gab der kleinen eine einfache Holzflöte heraus, die diese auch gleich zu Cimon rübertrug.
“Guck mal. Die hat Opa für mich gemacht. Der kann nichts mehr sehen, aber hat die trotzdem aus einem Stock gemacht“, erzählte sie und hielt sie Cimon bereitwillig entgegen, damit der sie begutachten konnte.
Jetzt, da die Kleine abgelenkt war, verneigte sich Penelope leicht in Ursus Richtung. “Ich hoffe, du verzeihst, wenn ich seine Dienste kurz als Ablenkung beanspruche“, meinte sie nur leise und schaute noch einmal sicherheitshalber, was das Kind mit dem Nubier machte.
“Ich denke, heute ist es vielleicht etwas spät, ich wollte sie nach dem Essen zeitig schlafen legen. Wenn ihr hier mehrere Kinder haben werdet – und Isis möge euch segnen, euch dieses Glück zuteil werden zu lassen – werdet ihr das sicher besser verstehen.“
Egal, welch ein Sonnenschein Panthea auch sein mochte, wie alle Kinder war sie grantig und maulig, wenn sie müde war und nicht genug schlief. Und wie alle Kinder bekam man sie nur dann zum schlafen, wenn nichts spannendes mehr geschah.
“Aber wenn du sie uns morgen vorstellen könntest, und Panthea dann eine Spielkameradin hätte, wäre ich dir sehr verbunden.“
Penelope ging ein paar Schritte. Lange zu stehen machte ihr nichts aus, immerhin trug man als Kitharist seine Kunst im Stehen vor. Aber sie wusste nicht, wie es bei Ursus war. “Wollen wir uns vielleicht setzen?“ schlug sie daher vor und deutete auf die kleine Sitzgruppe.
Nachdem sie saßen, nahm sie das Gespräch wieder auf. “Ich werde Panthea erklären, dass sie nicht in den Garten darf. Mit Vasen und dergleichen ist sie sehr vorsichtig.“ Meistens jedenfalls, solange man ihr keinen Ball gab. “Ich werde mich bemühen, dass nichts zu Bruch geht, und ansonsten selbstverständlich Entschädigung leisten.“ Falls das die Sorge des Aureliers sein sollte, wollte sie ihn beruhigen. Ihr Kind war gut erzogen, und auch sie wusste durchaus, wie man sich zu benehmen hatte. Auch wenn sie es völlig vorwurfsfrei sagte.“Aber wenn wir gerade schon von der Schola sprechen... Ich hoffe, du hältst mich nicht für übereifrig, aber wann könntest du es einrichten, dass ich mir die Räumlichkeiten dort einmal ansehe? Und wann könnte man den Kurs in etwa abhalten?“ Penelope hatte keine Ahnung, wie diese Schola aufgebaut war. Sie wusste nur, dass sie, anders als das Museion, kein dem Gott Apollo und den Musen geweihter Tempel des Wissens war, sondern mehr eine rein staatliche Einrichtung. Das war aber auch schon ihr Wissen darüber. Und sie wusste gerne mehr über ihren Arbeitsbereich.
-
[Blockierte Grafik: http://img40.imageshack.us/img40/5846/panthea1.gif]
Seine Erklärung verwirrte Panthea mehr als alles bisher Gesagte. Wer war denn Caius? Und warum hatte der Geheimnisse? Und wer ließ den nicht mitspielen? Und wieso eifersüchtig, der andere konnte doch auch mitspielen! Dann spielte man eben Verstecken oder Fangen oder Dieb und Stadtwache, oder das Stöckchenspiel.
“Was für ein Geheimnis hat Caius denn?“ fragte sie also, völlig von dem Gedanken gefangen, und sah dabei den komischen Rabenmann ganz neugierig an.Nur leider hatte er die Frage nach der Mama nicht vergessen, und Panthea begann ein wenig, hin und herzuwiegen, fast ein wenig, als wolle sie tanzen, und drehte dabei ihre kleinen Händchen ein wenig. “Mama ist müde“, erklärte sie, während sie im Raum herumschaute, anstatt Corvinus in die Augen. “Sie hat ganz viel Musik gemacht in der Nacht, ganz leise, und ist jetzt müde. Mama macht schöne Musik. Hast du schon gehört?“