Die gesamte Prozession erreichte die Kuppe des kapitolinischen Hügels und es dauerte eine geraume Weile, bis dass endlich alle Gruppen an den ihnen zugewiesenen Plätzen angelangt waren - jene, die kein namhaftes Amt oder eine angesehene Position in Rom inne hatten, mussten sich in die hinteren Reihen drängen oder auf der Straße vom Forum her ausharren. Fachkundig dirigierten die Opferhelfer den Ochsen, welcher dem Iuppiter bestimmt war, durch die Menschen hindurch bis vor den Aufgang zu dessen Tempelteil hin, die beiden Kühe je an die Seiten vor Iunos und Minervas Heim, um die Tiere dort mit den Führungsseilen an den in den Boden eingelassenen, ehernen Ringen zu befestigen. Unterdessen traten auch drei Pontifices aus der Gruppe des Collegium vor, um je ihren Platz an den Opferaltären einzunehmen - Cornelius Scapula neben den Ochsen, Sestius Gallius neben die Kuh für Iuno und Flavius Gracchus neben jenes Tier, das Minerva bestimmt war. Die symbolische Reinigung, die Pontifex Cornelius als Opferherr begann, indem er einen Pinsel aus Pferdehaar in eine Schale voll Wasser tunkte und damit die ihn Umstehenden besprengte, wurde von seinen Collegae über beinahe die gesamte Breite der Zuschauer vor dem Tempel fortgeführt. Sodann trat ein Herold einige Stufen zum Tempel empor, wandte sich der Menge zu und forderte mit lauter Stimme:
"Favete linguis!"*
Von weiteren, am Rande postierten Herolden wurde der Ruf weiter getragen, bis dass endgültig Ruhe in die Menge einkehrte und zu jeder Seite hin zwei tibicines mit ihrem leisen Flötenspiel begannen, um den Opferherren die Konzentration auf ihre Arbeit zu erleichtern.
Cornelius, Sestius und Flavius zogen je eine Falte ihrer Toga über ihren Kopf und Cornelius Scapula vor dem Altar des Iuppiters begann den Ritus.
"Iupiter Optimus Maximus, Höchster und Größter,
Allschaffender und allwissender König!
Deine Gunst, Iove, erbitten wir
für das Wohl unseres geliebten Imperators,
Gaius Ulpius Aelianus Valerianus,
Iupiter Optimus Maximus, Glückverheißender!"
Aus einer ihm dargereichten, goldenen Schale voll Weihrauch nahm der Pontifex eine Hand voll von diesem und streute sie auf die eherne Schale neben dem Altar, in welcher bereits die Kohlen für das Opferfeuer glommen. Sogleich erhob sich der graufarbene, nach Olibanum, Sternanis und Salbei duftende Rauch empor und verhüllte für einige Augenblicke den Blick auf Cornelius.
Währenddessen trat auch der Pontifex Sestius Gallius hervor, intonierte seinerseits die Bitte an Iuno.
"Iuno, gütige Mutter, Höchste und Größte,
Allgebärende und alliebende Königin!
Deine Gunst, Iuno, erbitten wir
für das Wohl unseres geliebten Imperators,
Gaius Ulpius Aelianus Valerianus,
Iuno, wohlwollende Schirmherrin Roms!"
Auch dieser streute eine Räuchermischung - Süßholz, Ahornharz und getrocknete Feigenblätter - über das Kohlebecken neben dem Altar, aus welchem ebenso wohlduftende Rauchschwaden empor zum Himmel leckten.
Den Abschluss der Voropfer für die Götter vollzog schlussendlich Flavius Gracchus am Altar der Minerva.
MFG