Quintus Vatinius Auruncus
Nach der kurzen Vorrede war nun endlich die Literatio selbst an der Reihe. Mit ernstem Blick umschritt der Vatinier den Stier, der zu kontrollieren war, ehe er die Priesterschaft bei ihrem Weg um die Magistrate begleitete. Nachdem seine Reinheit festgestellt war, die sich von selbst verstand, da Aurelius Avianus, der Quaestor Consulum, ihn von jenem angesehenen Viehzüchter bezogen hatte, von dem das Heiligtum regelmäßig beliefert wurde, war die Weihe des Tieres an der Reihe. Die Herolde begannen für Ruhe zu sorgen:
"Favete linguis!"
Mit bedeutungsschwangerem Blick griff der Magister der Sacerdotes Cabenses, jener Priesterschaft, die einst zu einer längst erloschenen latinischen Gemeinde am Fuße des Mons Albanus gehört hatte und damit dem Collegium Pontificium in Rom an Würde gleich gekommen war, an den Rücken des Stieres, um ihm die Dorsulae zu entfernen und einem Opferhelfer zu reichen.
"Iuppiter Latiaris, Schutzherr der Latiner, Garant unsres heiligen Bundes!"
rief er die Gottheit dann laut an, woraufhin er die Hand in das Gefäß mit Mola Salsa - das Molucrum - legte, etwas von jenem Gemisch aus Getreideschrot und Salz aufnahm und zwischen die Augen des Rindes strich. Das Tier ließ die Prozedur brav über sich ergehen - wie bei derartigen Opfern üblich war es wohl halb betäubt, was wohl durch den Klang der Doppelflöten, die das Opfer untermalten, verstärkt wurde.
"Dieser Stier für Deinen Schutz!"
wurde der Weiheakt artikuliert, wobei Auruncus nun die Patera ergriff, in der Milch stand, um ihn nun ebenfalls auf das Haupt des Opfertiers zu gießen und dieses somit vollständig in den Besitz des Iuppiter zu überführen.
"Iuppiter Latiaris, nimm hinweg die Zwietracht, eine Deinen Stamm zu einem Bunde."
Immer wieder wiederholte der Priester diese Worte, während der Zug sich nun in Bewegung setzte: Vornweg ging der Vatinier, der von einem Jungen begleitet wurde. Dieser trug eine Schüssel mit Wasser, aus der Auruncus immer wieder einen Lorbeerzweig tränkte, um damit die anwesenden Vertreter jener sechzig latinischen Gemeinden zu besprengen, die vor Jahrhunderten den Latinerbund gegründet hatten. Ihm wiederum folgte das Opfertier, das sich weiterhin fromm von einem Helfer führen ließ. Diesem wiederum folgten die übrigen Cabenses, die schlussendlich von den Opferhelfern mit ihren Requisiten, darunter Weihrauchfässer, Opfermesser und Schüsseln, begleitet wurden. Rechts herum umrundete diese Gruppe nun den Platz mitsamt den Säulen, wobei alle Sacerdotes in den Reinigungshymnus einfielen, was ein gespenstisches Gemurmel bei den Magistraten ankommen ließ, der durch die schwer verfolgbaren Melodien der Tibiae teilweise überdeckt wurde:
"Iuppiter Latiaris, nimm hinweg die Zwietracht, eine Deinen Stamm zu einem Bunde."
"Iuppiter Latiaris, nimm hinweg die Zwietracht, eine Deinen Stamm zu einem Bunde."
"Iuppiter Latiaris, nimm hinweg die Zwietracht, eine Deinen Stamm zu einem Bunde."
"Iuppiter Latiaris, nimm hinweg die Zwietracht, eine Deinen Stamm zu einem Bunde."
SACERDOS CABENSIS - ITALIA