Beiträge von Lucius Iunius Merula

    Merula folgte der Aufforderung der beiden Sklaven und nahm Platz. Als der Princeps der Veneta mit seinen Ausführungen über das vergangene Jahr begann, hörte der Iunier interessiert zu. Einige Dinge wusste er bereits, von so manchem Namen hatte er hingegen noch nie etwas gehört. Also verhielt er sich ruhig, schloss sich zögerlich dem Beifall für den Mann namens Dareios an und wartete ab, was dieser zu erzählen hatte.

    Übergangsweise bezog Merula eine kleine Stube in der Casa Iunia. Das iunische Anwesen war ähnlich verwaist wie bei seinem letzten Besuch in Rom, doch da der Sacerdos noch nicht so genau wusste, wo er sich letztendlich längerfristig niederlassen wollte, beließ er es vorerst bei diesem kleinen, aber umso behaglicheren Wirkungsfeld.

    Unter denen, die bei den Türstehern um Einlass ersuchten, befand sich auch Iunius Merula. Der erst vor einigen Tagen in Rom angekommene Sacerdos hatte den öffentlichen Aushang gelesen und sich als langjähriger Anhänger der Veneta spontan dazu entschlossen, den 'Blauen' beizutreten.
    Welche Bedingungen oder Voraussetzungen an eine Mitgliedschaft geknüpft waren, wusste der Iunier zwar noch nicht, doch eine bessere Gelegenheit als heute, dies in Erfahrung zu bringen, gab es wohl nicht.

    Merula folgte dem Vorarbeiter in den Stall und hörte ihm aufmerksam zu. Die Geschichte dieses Duccius Rufus bedachte er jedoch nur mit einem beiläufigen Nicken und ließ sie ansonsten unkommentiert stehen.
    "Bis vor einigen Tagen durfte ich eine iberische Stute mein Eigen nennen. Ein sehr gutmütiges Tier, das mir so manche Ungeschicklichkeit verziehen hat. Wenn ihr etwas in dieser Richtung habt..."
    Einen Moment überlegte er, dann fügte der Römer noch hinzu: "In jedem Fall muss das Pferd bei mir keinen militärischen oder größeren ästhetischen Ansprüchen genügen. Weder habe ich vor, in den Kampf zu ziehen noch benötige ich ein Prestigeobjekt."

    Der freundliche Germane schien seine Absichten erraten zu haben. Was wohl auch nicht so schwer war, gab es doch für einen sich ganz offensichtlich auf Durchreise befindlichen Römer keinen anderen Grund, das Gestüt aufzusuchen. Merula, der in seiner Heimat als ein Mann galt, der seine privaten Finanzen nicht immer ganz im Griff hatte, nahm sich in jedem Fall vor, sich nicht von der Zuvorkommenheit des Mannes zu einer schlechten Investition verleiten zu lassen, auch wenn er, wie er sich selbst eingestand, seine guten Vorsätze bisher selten hatte erfüllen können.
    "Salve Leif! Iunius Merula aus Tarraco. Tatsächlich ist es so, dass mir mein Transportmittel abhanden gekommen ist und so suche ich nach gutem Ersatz.
    Es sollte jedoch in jedem Fall ein gutes Durchhaltevermögen mitbringen, da ich beabsichtige, es nach Italien mitzunehmen."

    Die ungewöhnliche Konversation mit dem Pförtner (oder was der Mann auch immer für eine Funktion hatte) noch in Gedanken, folgte Merula der Straße bis zu besagtem Eingang in der Gartenmauer und ging hindurch.
    Die Ausmaße der Anlage schienen deutlich weitläufiger gestaltet zu sein als zunächst von ihm erwartet. Denn zumindest in seinen Augen war Germanien immer noch eine rückständige Provinz, bewohnt von Halbbarbaren ohne vernünftige Kultur und Zivilisation. Ein von Einheimischen geführter, fortschrittlicher Pferdezuchtbetrieb übertraf jedenfalls seine Vorstellungen.
    Von diesen Eindrücken ein wenig erschlagen, blieb der Fremde erst einmal stehen und schaute sich nach einer hilfsbereiten Person um.

    "Dann bedanke ich mich im Namen meines Herrn und wünsche dir noch einen guten Tag."
    Auf eine Klarstellung bezüglich seiner Person verzichtete Merula; es war eben nicht das erste Mal, dass sein kauziges Wesen für Missverständnisse und Irritationen bei anderen Menschen sorgte. Den Angaben folgend machte er sich stattdessen zügig auf zum Gehöft der Duccii.

    Die Skepsis in den Augen des Türöffners entging dem Iunier nicht, doch er versuchte die Bedenken des Germanen mit einem freundlichen Lächeln beiseite zu schieben. "Ich grüße dich, guter Mann! Iunius Merula verlor sein Reittier - und hier, so sagte man ihm, gäbe es die besten Pferde in der Gegend!"

    Kaum hatte Merula seinen Brief untergebracht, wurde er beinahe von einem offensichtlich sehr erregten Mann über den Haufen gerannt. Als dieser ihn auch noch anblickte, als erwarte er eine Antwort von dem Iunier, sprach ihn der Merkurpriester an: "Redest du etwa mit mir? Kann ich dir irgendwie helfen?"



    Sim-Off:

    Ich geh mal davon aus, dass Hispania zwar sim-off als bespielbare Provinz aufgegeben wird, mit Sicherheit aber nicht sim-on vom Römischen Reich abfällt. ;)

    Merula brachte den Brief selbst vorbei und bezahlte ihn auch sogleich.



    M.Aurelius Corvinus
    Villa Aurelia
    Roma


    L.Iunius Merula M.Aurelio Corvino s.d.


    Ehrenwerter Senator und Pontifex! Ich schreibe an dich als Vertreter des Collegiums der Pontifices und als mein Ansprechpartner im Cultus Deorum von Rom.
    Wie du dich vielleicht erinnern kannst, bin ich als Sacerdos Publicus pro Hispania in Tarraco für die Tempel des Mercurius zuständig. Bis vor kurzem bin ich dieser Arbeit auch mit großem Eifer und Freude nachgegangen. Doch nun sind sowohl in der Provinz Hispania Tarraconensis als auch bei mir persönlich einige Veränderungen eingetreten, mit deren genaueren Schilderung ich dich hier nicht belästigen will, die es mir aber unmöglich machen, weiter in meiner jetzigen Funktion tätig zu sein.
    Demzufolge möchte ich meine Versetzung als Sacerdos nach Italia beantragen, wo ich mich meinen Aufgaben mit dem gleichen Einsatz widmen werde, wie ich es in Tarraco bis zum letzten Tage meiner Anwesenheit tun werde.


    Mit den besten Wünschen aus dem winterlich kühlen Tarraco,



    Lucius Iunius Merula


    ANTE DIEM VI KAL FEB DCCCLIX A.U.C. (27.1.2009/106 n.Chr.)



    Sim-Off:

    bezahlt

    Ein letztes Mal ging der Iunier die Zeilen in dem Brief durch, den er soeben verfasst hatte. Es würde nicht einfach für ihn werden, diese Stadt und diese Provinz zu verlassen, doch die Gegebenheiten hatten sich dermaßen verkompliziert, dass an der Korrektheit seiner Entscheidung letztendlich keine Zweifel hängen blieb.
    Also siegelte er die Epistula und machte sich auf zur Annahmestelle auf dem Forum...

    Merula war anwesend und gewillt, den Fremden bei seinen Handlungen zu unterstützen. Da er nicht wusste, inwieweit der Hellene vorgesorgt hatte, lagen vor dem Eingang zum Tempel größere Mengen Weihrauch und weitere Opfergaben bereit, an denen sich der Gast, wenn nötig, schadlos halten konnte.
    "Ich grüße dich. Wie ich sehe, hast du selbst für alles notwendige gesorgt!" sagte er mit einem Blick auf den Widder und die prall gefüllten Körbe. "Dann sollten wir sogleich zur Tat schreiten und mit dem Voropfer beginnen."
    Der Sacerdos begab sich an eines der Wasserbecken, reinigte seine Hände darin und bedeutete dem Mann, der sich ihm als Mithridates Castor vorgestellt hatte, es ihm gleichzutun. Dann betrat Lucius Merula das Heiligtum und gab dem bärtigen Mann zu verstehen, dass dieser nun beginnen könne: "Wenn du soweit bist..."

    "Dann hast du den richtigen Weg eingeschlagen. Mercurius hat stets ein wachsames Auge auf diejenigen unter uns, die mit großem Fleiß ihren Geschäften nachgehen und dabei nicht vergessen haben, wessen Gunst sie ihren Erfolg zu verdanken haben."
    Dass der bärtige Alexandriner nicht genau zu wissen schien, wie ein größeres Opfer durchzuführen war, erstaunte den Iunier kaum. Immerhin sicherten ihm diese Leute regelmäßig einen Zusatzverdienst, der ihm nicht ungelegen kam.
    "Was den Ablauf angeht: Ich weiß natürlich nicht, wie groß deine finanziellen Mittel sind, aber einige Opferkuchen, Blumen oder auch etwas Wein für das Voropfer sind natürlich Pflicht. Als eigentliches Opfer würde ich dir einen gut gebauten Widder empfehlen. Oder auch einen Eber. Wenn du willst, kann auch ich ihn für dich besorgen.
    Hast du sonst noch Fragen? Wenn nicht, komm einfach in den nächsten Tagen vorbei und frage nach Iunius Merula. Ich bin momentan oft hier am Tempel anzutreffen."

    Merula war gerade damit beschäftigt, einigen Tempeldienern ordentlich die Leviten zu lesen, als er den bärtigen Mann bemerkte und auf ihn zutrat: "Kann ich dir im meiner Funktion als Priester des Merkur irgendwie helfen?"

    Ad
    Tib. Aurelius Avianus
    Decemvir Litibus Iucandis
    Basilica Ulpia
    Roma


    Salve, Aurelius Avianus!
    Als Antwort auf dein Schreiben teile ich dir hiermit mit, dass ich gewillt bin, das Erbe in der Angelegenheit meines verstorbenen Onkels Marcus Iunius Varus anzutreten.


    L. Iunius Merula


    ANTE DIEM V KAL IAN DCCCLIX A.U.C. (28.12.2008/105 n.Chr.)



    Sim-Off:

    Gebühr überwiesen

    Am Nachmittag des dritten Tages seit seinem Aufbruch von Tarraco war Caesaraugusta erreicht. Schon beim Betreten der Civitas fielen ihm die verrammelten Häuser und abgenutzten Straßen ins Auge, die offensichtlich dringend einer größeren Renovierung bedurften. Der trostlose Eindruck verstärkte sich noch beim Anblick des kleinen Pantheons im Zentrum. Auch wenn ein Anteil an ihrem Zustand sicherlich mit der Jahreszeit zu tun hatte, war eines klar: Die ganze Stadt hatte unwiderlegbar bessere Tage erlebt.
    Am Forum der Stadt angelangt, fragte er sich durch zu den Amtsstuben der örtlichen Magistrate, was aufgrund der Überschaubarkeit der Anlagen eine Frage von wenigen Minuten darstellte. Und es dauerte wiederum nur kurze Zeit, bis sich einer der Duumviren, ein Mann namens Oppius Carbo seiner angenommen hatte.


    [Blockierte Grafik: http://img142.imageshack.us/img142/5048/carboxp0.jpg] | Lucius Oppius Carbo


    Während sie zur Begrüßung einige Floskeln austauschten, unterzog Merula seinen Gesprächspartner einer genaueren Betrachtung: Ein durchschnittlich großer Mann in mittlerem Alter mit dem typischen Gesicht eines Mannes, der seinen Posten für seine Befähigungen als unwürdig ansah. Aber immerhin kam der Beamte recht schnell auf den Grund dieses Treffens zu sprechen:
    "Nun, Iunius, ich will dich nicht länger mit belanglosen Themen belästigen, sondern zu unserem Anliegen kommen."
    Carbo wartete einen Moment ab, vielleicht ob eines zustimmenden Kommentars Merulas, doch jener ließ es erst einmal bei einem auffordernden Nicken bewenden.
    "Du wirst es vielleicht schon bemerkt haben: Unsere Tempel bedürfen dringend einer größeren Sanierung.
    Die Planungen hierzu sind bereits recht weit gediehen, die Finanzierung ist - nun ja - halbwegs gesichert, doch eine gewisse Unterstützung durch die Verteter des Cultus Deorum von Tarraco sowohl in materieller als auch in personeller Hinsicht wäre doch vonnöten."

    "Wenn ich dich soweit richtig verstanden habe, Oppius, geht euer Gesuch über das Stellen von Auguren zu den notwendigen Zeremonien hinaus. Ich werde die Anfrage sicherlich weiterleiten, auch wenn ich nichts versprechen kann. An welchen Umfang hattet ihr denn bei dieser Unterstützung gedacht? Und solltet ihr euch, was den finanziellen Aspekt angeht, nicht zuallererst an die Verwaltungsstellen der Provinz wenden?"
    "Das haben wir natürlich getan", versicherte Carbo schnell. "Dennoch hatten wir gehofft, dass die größeren, finanzstärkeren Tempel von Tarraco uns etwas unter die Arme greifen könnten."
    Ein gespielter Seufzer entfuhr dem Sacerdos, ehe er dem Duumviren antwortete:
    "Ich kann nur für den Mercuriustempel sprechen und muss dir diesbezüglich mitteilen, dass auch unsere Situation bestenfalls als angespannt zu bezeichnen ist. Doch wie gesagt: Ich werde deine Bitte weiterreichen."
    "Dann danke ich dir für deine Mühen", erwiderte Oppius, sichtlich bemüht, seine Enttäuschung zu verbergen. "Im übrigen wäre es den Vetretern der Stadt eine besondere Freude, dich noch einige Tage als Gast bei uns bewirten zu dürfen."
    Dies Angebot abzulehnen, kam Merula nun wirklich nicht in den Sinn. Die Aussicht auf etwas Wärme war einfach zu verlockend, doch nahm er sich vor, spätestens übermorgen wieder die Rückreise anzutreten.
    Man konnte von niemandem verlangen, sich allzu lange freiwillig an einem langweiligen Ort wie diesem aufzuhalten.

    Wenn sich ein Reisender aufmacht, von Tarraco aus nordwestwärts das hispanische Hinterland zu durchqueren, erreicht er nach mehrtägigem Fußmarsch die Colonia Caesar Augusta.
    Und dies war auch der Weg, den ein gewisser Lucius Merula zu dieser winterlichen Jahreszeit zu beschreiten hatte. Im Auftrag des Provinzkollegiums galt es, der an den Ufern des Iberus gelegenen, vor gut 100 Jahren gegründeten Civitas einen Besuch abzustatten und mit den örtlichen Duumviren eine Angelegenheit den Cultus Deorum betreffend zu besprechen.
    Im Ganzen eine Pflichtaufgabe, auf die der junge Sacerdos zumindest zu dieser Jahreszeit gerne verzichtet hätte.
    Und als ob Aiolos seinen Gedanken gelauscht hatte, wurde er gerade in jenem Moment von einer weiteren eiskalten Windböe erfasst, die an seiner Kleidung ebenso wie an seiner Stimmung zu zerren begann.
    Merula zog den Wollmantel enger um sich. Wenigstens hatte er bei der Wahl seiner Kleidung nicht falsch gelegen. Es war nur zu hoffen, dass am Zielort seiner Reise bereits ein gut beheiztes Zimmer und eine warme Mahlzeit auf ihn warteten...

    Inmitten der verschiedenen Bauwerke des Tempelbezirks war der große Mercuriustempel von Tarraco gelegen, also der Bereich, dem Merulas Augenmerk in nächster Zeit in besonderem Maße gelten sollte.
    Erfreut hatte der Iunier zur Kenntnis genommen, dass sich die Tempel der Stadt in recht gutem Zustand befanden; jedenfalls in einem besseren, als ihm das von so manchem Schwarzseher prophezeit worden war.
    Dennoch gab es natürlich einiges zu tun: Verstaubte Votive mussten entfernt, Gebrauchsgegenstände erneuert und unzuverlässige Tempeldiener durch verdiente, ergebene Kräfte ersetzt werden.
    Spätestens bis zum Beginn der Saturnalia jedenfalls, wenn die Tempel jedermann offenstünden, sollte sich das ganze Forum auf eine ansehnlichen Art und Weise präsentieren.