Sisenna fand, dass ihr Sklave bei fast allem, was sie vorschlug, mitspielte. So auch jetzt beim Zöpfe flechten. Hätte sie ein wenig nachgedacht, wäre ihr bewusst gewesen, dass Sklaven in aller Regel so eingestellt sein mussten. Da ihre kindliche Unschuld bislang nicht zwischen Angestellten und Sklaven unterschied und außerdem Sofian sich noch nicht lange in seiner Rolle befand, wirkte sein Auftreten aus Sicht des Kindes wie das eines ganz normalen freien Mannes, der sie mochte und deswegen lieb behandelte. In Sisennas Vorstellung waren ohnehin alle Menschen frei, etwas anderes konnte sie sich nicht vorstellen. Wäre sie älter, würde es keiner speziellen Vorstellung bedürfen, damit sie zumindest zwischen Sklaven und Freien in ihrer rechtlichen Position unterschied.
Sie rutschte sich bequem zurecht und wartete darauf, dass Sofian begann. Immer darauf gefasst, dass er beim Frisieren an den Haaren ziehen würde, saß Sisenna mit eingezogenen Schultern auf dem Sessel. Sie atmete teils stoßweise, weil sie vor Spannung die Luft anhielt. Nach einer Weile, wo nichts passierte, entspannte sie sich jedoch.
"Du kannst das fast so gut wie Cara", stellte sie fest, ohne des Ergebnis sehen zu können. Sie hoffte, nicht allzu entstellt auszusehen. Andererseits wartete nur noch das Bett auf sie und das besaß keine Augen.
Als Sofian die Bürste wegwarf, zucke sie zusammen. "Fertig?", fragte sie noch einmal und überflüssiger Weise, bevor sie mit den Händen über das Werk auf ihrem Kopf tastete. "Hmmm." Sie verzog den Mund. "Ich weiß, dass ich sonst keinen Eierkopf habe", sagte sie schmollend. "Morgen früh hat hoffentlich Cara wieder Zeit. Es geht ihr nämlich nicht gut."
Sie stand auf und strich ihr Kleid glatt. "Ich gehe jetzt schlafen und du kannst dir bis morgen einen Namen einprägen. Wir werden morgen einen Jungen finden müssen. Er ist Fahrer im Rennstall meines Onkels und heißt Ma-r-sya-s." Schon grinste sie wieder, weil es ihr Spaß machte, Sofian mit Ungewissheit und Fragezeichen zu verabschieden.