Beiträge von Aulus Flavius Piso

    Sim-Off:

    Ach, den Thread gibt es ja auch noch... 8o


    Piso hob seinen Kopf und nickte damit einmal, langgezogen, wie man allgemein so anerkennend nickte. “Die Hochzeitsfackel hast du tragen dürfen! Na, dass nenne ich eine Ehre.“ Er nickte abermals.
    “Dann bist du eh schon ein Experte, hmm? Auf jeden Fall, was auf so einer Hochzeit passiert, das ist nicht nur ein bloßes Fest. Eine Hochzeit ist nicht dafür da, dass man sich dort vergnügen kann. Nein, vor allem ist sie dazu da, dass sich zwei Leute verheiraten, ein Mann und eine Frau. Sie schließen einen Pakt fürs Leben. Wenn zwei Fremde miteinander ein Kind haben, ist es ein Bastard. Und niemand will ein Bastard sein, oder? Wenn zwei Leute heiraten und ein Kind bekommen, ist es legitim. Das bedeutet, so ein Kind ist ein richtiges Kind, und ist ein richtiger Erbe seines Vaters. Bastarde nämlich erhalten den Status ihrer Mutter; richtige, eheliche Kinder den Status ihres Vaters.“
    Er überlegte kurz. “Eine Heirat ist auch dazu da, dass man seinen Stand festigt. Ein verheirateter Mann ist automatisch viel angesehener als ein unverheirateter Mann! Wir haben ja vorher über Integrität geredet, ja? Eine Ehe ist ein Zeichen von Integrität. Muss nicht heißen, dass der Mann wirklich integer ist, aber sowas deutet schonmal drauf hin.“
    Er räusperte sich. “Kurz gesagt, der Status der beiden Leute verändert sich durch eine Heirat. Aber wie, das hängt von der Art der Heirat ab! Wenn man eine Frau sine manu heiratet, dann hat der Mann die Hausgewalt über sie. Wenn eine Frau jemanden sine manu heiratet, bekommt der Mann das nicht! Kannst du dir vorstellen, was der Unterschied ist?“, fragte er Minimus.

    “Litatiooooooooooooooo!“, verkündete der Patrizier mit einem fast schon unbotmäßig langem o am Ende. Das Opfer war gut! Die Opferhelfer begannen nun, das Fleisch eifrig in die dafür vorgesehenen Kochtöpfe zu werfen. Die Eingeweide wurden gleich wieder herausgefischt und wieder auf das Tablett gelegt. Piso nahm es von einem Sklaven und schritt damit zu einem Opferfeuer hin, bevor er das Tablett ablegte und die Hände theatralisch erhob.
    “Dea Dia, wir danken dir, und überantworten deinen dir zustehenden Anteil deinem heiligen Feuer!“ Mit diesen Worten ergriff er das Tablett und haute die Eingeweide mit ein wenig Schwung ins Feuer. Das Feuer prasselte, als es die Innereien verzehrte; schwarz kohlte der Rauch hinauf, gen Himmel.
    Dann sorgte Piso dafür, dass der Rest des Tieres an die Arvalbrüder als Sportulae verteilt wurde; was übrign blieb, bekamen die Zuseher, welche, gierig nach Essen, zuschauten.
    Opfern konnte Piso; das war Routine. Viel schwerer jedoch gestaltete sich der nächste Teil des Ritusses, ein ausgefinkelter alter Brauch, auf den iso sich gar nicht freute. Aber es musste getan werden. Er hatte unbedingt Magister sein wollen, nun musste er dafür auch was tun!
    Doch zuerst kam etwas, was Piso wie eine Wiederholung des Voropfers anmutete. Er war im Übrigen der Letzte, der Weihrauch und Wein hier als Opfer vorbrachte.
    Er wiederholte die Worte, welche seine Vorgänger schon intoniert hatten, warf den Weihrauch ins Feuer, stellte den Wein aufs Altar, und wandte sich nach rechts.
    Nun kam der angesprochene Ritus. Piso und der Flamen jagten sich gegenseitig mit klappernden Töpfen über den Rasen. Wozu das gut war, wusste Piso nicht. Normalerweise hätte die schiere Kindischkeit dieses Treibens ihn angesprochen; allerdings war die Tatsache, dass der Flamen und Piso dabei erhebliche Matschspritzer sich einfingen, sehr unerquicklich. Missmutig schaute der Flavier hinunter auf seine betüpfelten Beine, als endlich Schluss war. Was konnte unästhetischer sein?
    Noch einmal ein Opfer, wieder Weihrauch und Wein. Wie originell! Piso agierte schon fast mechanisch; es war, als ob man eine Tür zusperrte oder aß, oder atmete. Man registrierte es nicht einmal wirklich, welche Bewegungen man da vollführte.
    Dann endlich stellten sich die Arvalbrüder in einer Reihe auf, artig, wie Musterschüler. Dabei hielten sie alle ihre Töpfe in den Händen, welche sie nach dem Opfer wieder aufgehoben hatten. Piso war der Erste, der nun den blöden Topfritus beendete. Er erhob seinen Topf hoch über seinen Kopf, rief den Namen der Göttin mit aller Kraft: “DEEEEEEEEEEEAAA DIIIIIIIIIIAAAAA!“ und warf dann mit Wucht den Topf die Treppen hinab, wo er zerschellte. Die anderen Arvalbrüder würden nun auch ihre Töpfe die Treppen hinabwerfen, dort ein Meer von Scherben hinterlassend.
    Anschließend nickte er seinen Mitbrüdern zu, und im Gänsemarsch schritten sie in den Tempel zurück. Dort gab Piso ein Signal, woraufhin alle anderen stehen bleiben würden. Der Flavier holte tief Luft und posaunte dann das alte archaische Lied der Arvalbrüder hinaus, während er gleichzeitig anfing, sich in seltsamen Hoppsern, die man wohl mit Müh und Not einen Tanz nennen konnte, sich vorwärts zu bewegen. Ach, die Ästhetik!
    Mit schrecklich falscher Stimmlage (deren er, der sich als großer Künstler gefiel, komplett unbewusst war) also entfleuchte seinen Lippen:
    “ Enos Lases iuvate
    enos Lases iuvate
    enos Lases iuvate
    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
    neve lue rue Marmar sins incurrere in pleoris
    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber
    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber
    satur fu, fere Mars, limen sali, sta berber
    semunis alterni advocapit conctos
    semunis alterni advocapit conctos
    semunis alterni advocapit conctos
    enos Marmor iuvato
    enos Marmor iuvato
    enos Marmor iuvato
    triumpe triumpe triumpe triumpe triumpe!“

    Piso freute sich über den Knicks der Tiberierin. Wie entzückend mädchenhaft! Die Vestalinnen würden ihr noch beibringen, dass eine freie römische Frau, und vor allem eine Vestalin, vor nichts und niemanden buckelte. Weder vor anderen Leuten, noch vorm Kaiser, noch vor den Göttern.
    Als sie sagte, sie freute sich sehr, musste Piso schmunzeln. Er glaubte aufgrund der leicht gestelzten Antwort im Grunde nicht komplett, dass ihre Ansage mehr war als eine höfliche Floskel. Es war vielleicht wirklich nicht das Gelbe vom Ei, von jemandem gesagt zu bekommen, dass man sich jetzt gefälligst nach Misenum in Bewegung setzen soll, um dort vom Kaiser dorthin gesteckt zu werden, wo man nie die Ekstasen göttlichen Geschlechtsverkehrs kennen würde. Tja, so spielte es im Leben.
    “Ich werde dich abholen, wenn die Sonne am Höchsten steht. Wir reisen gemeinsam nach Ostia und schiffen uns nach Misenum ein. Wie lange wird das dauern? Hin und zurück 4 Tage, schätze ich. 5, falls die Captio nicht sofort klappt. Keine Sorge also, zuviel musst du nicht mitnehmen, einfach ein bisschen Kleidung. Für Kost und Logis ist gesorgt. Schließlich wirst du bald Vestalin werden, von da an wird der Staat die Verantwortung für dich haben.“
    Er lächelte sie abermals an.
    “Ich denke, das war nun alles. Du kannst jetzt nach Hause gehen. Du hast das alles sehr gut gemacht. Hier, als Entschädigung für die ganzen Reden...“ Er zog aus seiner Togenfalte ein Honiggebäck und hielt es zu Caerellia hin. Wir sehen uns in 3 Tagen!“ Ein Sklave stand schon bereit, sie heimzubringen—er würde den Beschluss des Collegiums auch den Tiberiern mitteilen.

    Mitsamt einer durchaus nicht unprächtigen Sänfte hatte sich Pontifex Flavius Piso vor die Villa Tiberia hinbegeben. Die Sklaven hatten ihn vor der Haustüre abgesetzt, und er wartete nun in der Sänfte. Er hatte einen Sklaven hineingeschickt, mit der Aufgabe, zu verkünden, dass Senator Flavius Piso da war und Caerellia sich nun von ihrer Familie ordentlich verabschieden sollte. Vielleicht war sein Vorgehen, nämlich, dass er nicht selber hineinging, etwas ungewöhnlich, aber er wollte nicht aufdringlich sein. So saß er in seiner Sänfte und putzte sich ausgiebig die Fingernägel.

    Pisos grinste. “Ein Römer also, ein wahrer Römer. Ohne römisches Bürgerrecht. Ein bisschen ein Oxymoron ist das schon, nicht war?“, warf er mit griechischen Fremdwörtern um sich. “Ich bin mir sicher, du gedenkst dies zu berichtigen. Zumindest mit der Zeit. Nicht wahr?“ Die meisten Peregrine suchten ja ihr Glück im Militär, wenn sie unbedingt das Bürgerrecht wollten. Nicht aber so Cafo. Irgendwie gefiel Piso das. Er hätte es auch so gemacht.
    Cafo schien im Übrigen keinerlei Widerspruch einzulegen gegen Pisos Sätze, also folgerte der Flavier daraus logischerweise, dass das, was er gerade gesagt hatte, einfach „Guten Tag, wie geht es dir“ und „sehr erfreut“ heißen musste. Man hatte ihn also doch nicht angelogen. Selbstzufrieden schaute er den Scriba an.
    Dann verlegte er sich darauf, grave zu nicken.
    “Ich weiß, was du meinst, ich weiß, was du meinst. Weißt du, dass ich einmal in der Kanzlei gearbeitet habe? Da staunst du, was? Mit meiner Hände Arbeit habe ich Dokumente für den Kaiser verfertigt.“ Er redete davon, ganz so, als sei es in guten Kreisen en vogue, einer ssinnvollen Arbeit nachzugehen, statt dem Müßiggang zu frönen und sich in der Freizeit zu vergnügen. Denn dass die bessere Gesellschaft bezahlte Arbeit kritisch beäugte, war kein Geheimnis. Doch Piso beschloss, sich mit seiner Geschichte nicht hinter dem Busch zu halten. Auf jeden Fall war es ehrbarere Arbeit als ein Handwerk oder so. Wie das Dasein als Aquarius.
    Er nickte, als Cafo laut überlegte. Das Angebot war gut, für beide Seiten. Piso würde einen besser ausgebildeten Scriba dadurch erhalten, und Cafo bessere Zukunftschancen.
    “Das war noch nicht alles, ich habe noch ein paar Fragen. Erstens: du weißt, dass ich Pontifex bin, ja? Also muss sich ein Scriba auch in religiösen Fragen auskennen. Kennst du dich in solchen Fragen aus? Zweitens: bist du auch diskret? Nicht die ganze Welt muss wissen, was hinter den mauern der Flavier vorgeht. Und drittens...“ Er beugte sich vor, um Cafo fest zu taxieren.
    “Wie, Sextus Cafo aus Corsica, hältst du es mit der Kunst? Du musst wissen, dass ich ein Ästhet bin, nicht unbedingt von geringem Rufe. Banausen!“ Er machte eine aufgeregte Geste und lehnte sich wieder zurück. “Banausen kann ich nicht gebrauchen.“ Er blickte Cafo erwartungsvoll an.

    Piso rieb sich am Ohr, als er in den Himmel starrte und die Vögel weiter beobachtete. Ein Schmunzeln zierte seine Lippen. Endlich wieder an einem vernünftigen Platz. An einem Platz, wo es nicht nach Schweiß und Krankheit müffelte, sondern wo es frische Luft gab. Geradezu himmlisch... gierig sog er den Duft ein. War das... ah. Lilien. Nicht übel.
    Und dann hörte er es hinter sich. Ein Ruf. Aulus. Ah ja, das war sein Name, dachte er sich, aufnahmefähig wie stets, und richtete sich ein wenig auf. Aus den Augenwinkeln sah er, von wem der Ruf gekommen war. Von seiner Frau. Sehr schön, dieser Sklave hatte tatsächlich Folge geleistet. Sowas mochte man, sowas mochte man sehr.
    “Prisca!“ Die Nennung des Namens klang wie ein Jubeln, ein Jauchzen. Er raffte sich empor und blickte sie mit einem Lächeln an. Prisca kam geradwegs auf ihn zugestürzt, umarmte ihn, und schien vor lauter Freude direktgehend zu weinen. Hach, sie war soooo süß. Auf Pisos Gesicht erschien ein warmes Lächeln, welches aber auch Schadenfreude gegenüber allen ausdrückte, die mindere Eheweiber erhalten hatte. Nehmt das, ihr Versager, die mich einen schlechten Künstler nennt! Meine Frau ist besser als eure, also geht dorthin, wo der Pfeffer wächst!
    Mit sanfter Stimme wandte er sich dann wieder ihr zu. “Ich... ich fühl mich gut. Ganz ehrlich! Komsich, gestern liege ich noch im Bett und fantasiere. Weißt du, ich habe fast geglaubt, ich hätte Besuch von meinem Vater. Habe echt gelaubt, ich hätte seine Stimme gehört. Na, das wäre was gewesen!“ Theatralisch verdrehte er seine grauen Augen. Prisca war womöglich nicht entgangen, dass Piso von seinem Vater wenig hielt. Was er niemanden verriet, war, was der Grund für seinen unterdrückten Hass war—Aetius hatte seine Mutter ermordet. Hätte er dies nicht herausbekommen, wäre es bei Ablehnung und Geringschätzung geblieben, aber so entwickelte sich nun Hass—per definitione eine Obsession, eine Krankheit, fast ähnlich eines Geschwüres.
    “So nett, wieder mit dir im Garten sitzen zu können.“ Er seufzte, als er seine Frau liebevoll streichelte. “Weißt du was? Ich habe mir gedacht, hier...“ Er deutet vage nach vorne “gehört ein Löwe hin. Ein richtig großer, aus Stein. Mit seinem Rachen als Brunnen gestaltet!“ In Pisos Augen blitzte es auf, wie stets, wenn er ästhetische Überlegungen hatte, doch dann kam es ihm, dass er was vergessen hatte.
    “Wie geht es eigentlich dir, Prisca? Ich habe so wenig mitbekommen von der Welt da draußen... irgendwie war es, als ob meine Ohren voller Watte gewesen wären... uff...“ Er grinste ein bisschen belämmert.

    Piso, Jungsenator par excellence, grinste Cafo an, und nickte aufmunternd, als dieser sich daran machte, die Geschichte seines Lebens zu erzählen. Zeit hatte er für einen interessanten Bewerber auf jeden Fall immer, und, was äußerst angenehm war, zumindest fand Piso dies: der Scriba sah so aus wie jemand, der ein Ästhet war. Damit war nicht gemeint, dass er ein Künstler war, ein Schaffer, einer, der lange Monologe über pikante Details ablegen konnte. Es war damit jemand gemeint, der das Schöne sehen konnte, auch an unvermuteten Orten. Einer, der ein Gespür fürs Genaue hatte. Natürlich gab es rein gar nichts Handfestes, was Piso dazu veranlassen würde, dies zu glauben. Es war nur so ein Gefühl.
    Aufmerksam lauschte er den Worten des Mannes, der sich als Etrusker entpuppte. Er schien schon einige Erfahrung zu haben. Griechisch auch, nicht schlecht. Piso hob seine linke Augenbraue, nur, um sie dann wieder herabzusenken.
    “Ahhh. So. Etrusker bist du, aus Arretium. Interessant, ich habe mal ein paar Worte Etruskisch gelernt. Mein Eichenholzboot ist voller Aale. Meine Brustwarzen explodieren vor Freude!“[/quote] Voller Freude darüber, dass er zwei etruskische Sätze aus dem Mund gebracht hat, lächelte er Cafo an, nicht wissend, dass sie was gänzlich anderes hießen als das, was er glaubte, dass sie hießen.
    “Aus Korsika bist du? Ach, bei den Göttern, was für eine WUNDERSCHÖNE Insel.“ Die Art und Weise, wie er wunderschön aussprach, klang wohl ein wenig überdreht. Eine riesige Geste malte er durch den Raum. “WUNDERSCHÖN!“, juchzte er, bevor er sich besann, wo er war, und sich bedeutungsschwanger räusperte.
    “Du scheinst gute Qualifikationen zu haben. Es ist heutzutage selten, dass man Leute mit solch guten Kredentien findet. Ist es wegen der fehlenden formalen Qualifikationen, dass du nicht einfach eine Arbeitsstelle bei der Kanzlei suchst?“ Er blickte den jungen Mann an, überlegte einige Zeit lang, dann räusperte er sich wieder. [color=green]“Wie wäre es, wenn du bei mir arbeiten würdest, und im Gegenzug bekommst du von mir die Gebühren für deine Kurse bezahlt?“
    Der Kerl hatte durchaus was für sich, und Fragen kostete ohnehin nichts.

    Die Last der Verantwortung spürte Piso buchstäblich auf sich sitzen. Wobei dies kaum etwas sein sollte, was ein Thema sein sollte, schließlich war er Pontifex. Für ihn war es Routine, solch ein Opfer zu bringen. Er hatte hier schon geopfert, das letzte Mal gerade erst eben, als er zwei Schweine als Opfer dargebracht hatte. Er musste noch daran zurückdenken, wie er hier zum ersten Mal geopfert hatte. Eine schöne Sauerei hatte er hinterlassen! Das würde ihm nicht noch einmal passieren. Zumindest hegte er die ehrliche Hoffnung darauf.
    Piso hörte den Zug hinter sich zu einem Halt kommen. Es war nun die Zeit. Er drehte sich zum Flamen und nickte ihm kurz zu. Es konnte beginnen.
    Unauffällig kratzte er den Straßenschmutz von den Schuhen an einer marmornen Treppenkante ab, bevor er sich daran machte, die Treppen mit langsamen und würdevollen Schritten zu erklimmen. Wie gut, dass die Toga gut saß. Er ging durch eine Allee von Flötenspielern, die sich schon hier versammelt hatten, in der berechtigten Annahme, gleich würde das Hauptopfer kommen.
    Vorm Tempel atmete er noch einmal kurz aus, und trat dann ein. Ein Sklave reichte ihm eine Schüssel, leise konnte man das Schwappen im Gefäss hören. Piso steckte seine Hände hinein und murmelte die rituelle Reinigungsformel.
    Dann ließ er auch den Flamen dran, während er selber zum Altar der Dea Dia hinschaute. Die Sklaven hielten die Opfergaben schon bereit. Der Flavier nickte dem Flamen zu. Es konnte beginnen.
    Die Sohlen machten einen ledrigen Klang am marmornen Boden, während sich die beiden Priester zum Altar hinbewegten. Ein Sklave reichte Piso Weihrauch, dieser blickte ihn eine Sekunde lang an, als hätte er keinen Plan, was damit zu tun wäre, dann aber schmiss er endlich die einen der Steine in das Feuer im Foculus. Dann breitete er die Arme aus.
    “Dea Dia, große Mutter, Göttin des Wachstums. Nehme diesen Weihrauch an. Möge er dir zur Ehre gereichen.“
    Der zweite Brocken Weihrauch wurde in die Schale geworfen. Piso drehte sich nach rechts, und schritt weg, damit der Flamen seinen Platz einnehmen konnte. Dieser hüstelte, bevor er auch begann. Er hielt einen Krug Wein in seinen Händen, den er auf den Altartisch stellte.
    “Dea Dia, große Mutter, Göttin des Wachstums. Nehme diesen Wein an. Möge er dir zur Ehre gereichen“, wiederholte er fast Pisos Worte.
    Der Weihrauch qualmte noch immer fröhlich, so dachte Piso, es musste eigentlich alles gepasst haben. Schon etwas optimistischer schritt er nach draußen, der Flamen ging hinter ihm einher. Er selber würde das fleischliche Opfer darbringen, schließlich war er der Magister.
    “Favete Linguis!“, erschallte die Stimme eines Herolds, und ein Getute fing an, dass es einem die Ohren gellte. Eine unglaubliche Kakophonie veranstalteten die Flötenspieler, und nur wahre „Künstler“ wie Piso wussten so etwas zu genießen, zumindest war er sich darin sicher. Mit einem hintergründigen Schmunzeln auf seinen Lippen schritt er herunter, wo schon am Altar das Tier lag. Armes wolliges Schäfchen, komplett ding vor lauter Drogen, welche man ihm ins gefrässige Mäulchen gestopft hatte. Mit einer dramatischen Geste zeigte er auf das Tier.
    “Dea Dia, große Mutter, Göttin des Wachstums, sieh herab! Dir sei dieses Tier geweiht! Möge es dir gefallen, wenn es ein gutes Opfer ist!“
    Er streckte die Hände, nur, um sich abermals symbolisch die Hände zu waschen und sie dann mit einem rituellen Tuch abzutrocknen. Dann begutachtete er einen Opferhelfer dabei, wie er eine gesunde Portion Mola Salsa über das Tier streichte. Piso wurde derweil ein Messer gereicht. Nicht ohne Bewunderung warf er einen Blick drauf, ein feines Exempel römischer Schmiedekunst, ganz ohne Zweifel.
    Dann nahm er es fest in die Hand und strich damit hingebungsvoll dem Schaf über den Rücken. Er händigte das Messer zurück und sprach dann mit fester Stimme, während die Flötenspieler leise wurden, aber nicht komplett aufhörten zu spielen:
    “Dea Dia, große Mutter, Göttin des Wachstums, Göttin der Fruchtbarkeit! Du hast unserem Reiche schon oft fruchtbare Perioden geschenkt, gute Ernten und rasch wachsendes Korn! Ich, Aulus von den Flaviern, genannt Piso, rufe dich an. Schon oft habe ich, schon oft hat meine Bruderschaft dir reichhaltige, großzügige Opfer gebracht. So bringe ich dir als Magister der Arvalbruderschaft auch heute ein Opfer: jenes Schaf hier. Im Austausch, gewähre mir eine Bitte! Erhalte auch für das kommende Jahr das Wachstum der Pflanzen auf Roms Äckern und Weiden. Bewahre das Wachstum unseres Reiches, unserer Städte, unserer Macht als Römer! Wenn du dies tust, so werde ich, so werden wir dir auch in Zukunft weiter gute Opfer geben, so du gibst, wie ich gebe.“
    Mit diesen Worten erpackte er den Weinpokal, den man ihm von rehcts reichte, hob ihn hoch über sich selbst und goss dann den Wein auf das Schaf. Anschließend wandte er sich an den Victimarius. Dieser blickte ihn einen Moment dumm an, bevor es ihm zündete.
    “Agone?“
    Piso bestrafte sein Zögern mit einer Pause von der selben Länge.
    “Age!“
    Das Messer schnitt tief in die Kehle des fetten Tieres ein. Während es sich mit einem schwachen Blöken von der Welt verabschiedete, eilten Ministri her und fingen das Blut mit Bechern auf. Der Victimarius machte sich daran, den Bauch aufzuschneiden und die Eingeweide herauszuschneiden. Diese wurden auf ein Tablett gelegt und Piso gereicht. Piso blickte argwöhnisch auf jene, gespannt, welche Qualität sie haben würden.

    Ja, tatsächlich hatte Piso sich Gedanken gemacht um das Essen. Typisch flavisch hatte er den Tisch opulent anrichten lassen.
    Zu den Speisen gereicht wurde Wein, auch kostbarer Falerner, schließlich würde kein Flavier sich je nachsagen lassen, dass er sich lumpen lassen würde. Piso hatte sich dabei was gedacht, dass er
    Als Vorspeise gab es diverse Kleinigkeiten – Schafskäse, Brote mit Käseaufstrich, Trauben, und Salat, auf welchen großzügig Olivenöl hinaufgeschüttet worden war. Dazu wurden Eier gereicht. Und zwar in allen Formen. Spiegeleier, Rühreier, weiche Eier – der flavische Koch, Attalus, hatte darauf acht gegeben, dass die Eier ungefähr zu je einem Drittel verschiedentlich zubereitet waren. Auch gab es Hühnersuppe, besonders geeignet für die älteren Arvalbrüder, welche einfach nicht mehr so gut beißen konnten. Zudem wurden lukanische Würste gereicht.
    Als Hauptspeise gab es Huhn a la Fronto – eine Spezialität des flavischen Koches – mit Räucherfleisch und gedünstetem Gemüse als Nebenspeise.
    Zu guter Letzt rundete ein Nachtisch die Gaumenfreude ab. Datteln mit reichhaltig Honig gab es, sowie auch Obst.
    Piso hoffte, den Geschmack der Brüder getroffen zu haben, und gratulierte sich dazu, dass er einen so guten Koch zur Verfügung hatte. Attalus sah zwar so aus, als ob er schon mal jemanden umgebracht hatte, und es jederzeit wieder tun würde, aber kochen konnte er sehr gut. Ein Genie! Nie würde Piso ihn verkaufen, und er war sich auch ziemlich sicher, Gracchus würde es nicht tun.


    Sim-Off:

    Jeder, der hier mitmacht, bekommt eine Portion. ;)

    Piso genoss die Umarmung seiner Schwester—es fehlte nur noch, dass er zum Schnurren anfing wie eine Hauskatze. Ach, Nigrina. Seit dem Tod von Vera hatte er erst wirklich überrissen, was er an ihr hatte. Andererseits konnte man auch sagen, dass es vielleicht viel eher so war, dass er seine Gefühle für Vera auf Nigrina projizierte. Schließlich war es schwer, jemanden zu umarmen und zu umschmusen, der tot, kalt, in Asche umgewandelt, unter der Erde begraben lag.
    Nigrina jedoch war greifbar, und Piso fand das sehr, sehr schön—mit ihren Schwächen musste er halt einfach leben. Auch wenn er sich doch leicht ärgerte, dass er das Gefühl haben musste, dass der Umgang mit Nigrina manchmal wie ein Eiertanz war.
    Sich selber mental über sich komplett gleichenden Eiern gleitend sehen, ließ er wieder von ihr ab und unterdrückte den Zwang, ihr einen Kuss zu geben. Er hatte nun ja selber eine wilige Kussempfängerin, die auch dafür viel besser geeignet war als eine Schwester.
    Er deutete mit einer großzügigen, etwas außerhalb von allen Proportionen stehenden Geste auf die Liege, als ob sie als Geschenk intendiert wäre.
    “Legen wir uns doch mal drauf!“, machte er und schnippste mit den Fingern. “Mehr Wein!“ Der Sklave, der eben noch gerade Nigrina fast bewässert hätte mit dem edlen Nass, buckelte und zog sich zurück. Im selben Augenblick erspähte Piso zwar nicht die Leibwächter, aber die Amme. “Du da! Komm mal her!“ Piso hatte jetzt keine Ahnung, was Nigrina davon halten würde, wenn er die Amme herumkommandierte, aber er als Onkel hatte ja schließlich auch Anspruch darauf, seinen Neffen zu sehen.
    Mit einem Grinsen, welches schon halbe Ekstase wiederspiegelte vor Freude, endlich mal seinen Neffen zu sehen, wandte er sich an Nigrina. “Das ist ja dein Sohn, oder? Ich finde es so schön, dass du deinen kleinen Lucius mitgebracht hast. Hach, Kinder sind ja so süüüüüüß!“ In seinem letzten Satz schnellte seine Stimmlage empor, während er seine Augen nach oben verdrehte und seine Hände zusammenschlug zu einem Klatschen. Ähnliche Tonlagen gab er manchmal zum Besten, wenn er sang und sein Publikum mit besonders „ästhetischen“ Klängen zum Entzücken bringen wollte (wobei er viel eher verstand, Leute infolgedessen in die Flucht zu schlagen).

    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg| Acanthus


    Acanthus lümmelte auf seinem Stuhl im Vestibulum herum und dachte übers Universum nach. Insbesondere, ob die Formen des Universum eher zum Konvexen oder zum Konkaven hin tendierte. Gar nicht einmal einfach, diese Frage. Doch er wurde in seinen Grübeleien unterbrochen, als er das Klopfen hörte, das Klopfen an der Türe. Acanthus grummelte. Stand auf. Klopfte sich säuberlich den Staub von der Tunika und machte auf.
    Er erkannte sofort, wer da draußen stand, ohne dass der Sklave ihm erst großartig was erzählen musste. Nigrina! Er neigte seinen Kopf. “Salve, Domina. Der Herr wird verständigt werden.“
    Acanthus trat zur Seite, und Phoebus trat vor, verbeugte sich, und geleitete Nigrina stumm ins Atrium.

    Das Atrium hatte sich wohl, seit Nigrina die Villa Flavia verlassen hatte, nicht recht verändert. Wieso sollte es das auch? Die Flavier liebten ihre opulente, eher dekadente Villa so, wie sie war. Sogar die Liegen standen noch immer dort, wo sie normalerweise standen.
    Phoebus geleitete Nigrina zu einer Liege und deutete auf sie, sich verbeugend. Was den Parther und das andere Gesinde anging, so wurde dies ignoriert, egal, ob sie draußen warten mussten, mit ins Atrium kamen oder aber zu den flavischen Sklaven in die Küche gegangen waren.
    Ein anderer Sklave, ein älterer Grieche mit Bart, brachte Nigrina einen Becher Wein. Der Alte wäre jedoch fast über seine eigenen Füße gestolpert, kurz bevor er Nigrina erreichte, und hätte somit den Wein über sie verschüttet. Doch den Göttern sei Dank gelang es ihm, die Balance zu halten und nichts überschwappen zu lassen. Es wäre verheerend gewesen, wäre ihm dies passiert.
    Mit der vorsichtigsten aller vorsichtigen Handbewegungen reichte der Sklave Nigrina den Wein und suchte sich zu verdrücken.
    In diesem Augenblick jedoch ging die Türe zum Atrium aus einem der Flure auf. Piso, die Arme ausgebreitet, in einer grünlichen Tunika und mit einem strahlenden, überschwänglichen Lächeln auf seinen Lippen, schritt in die Richtung, wo Nigrina auf ihrer Kline lag (sofern sie sich wirklich, wie von Phoebus offeriert, hingelegt hatte).
    “Nigrina!“, freute sich Piso wie ein Honigkuchenpferd. Schon oft genug hatten sich er und seine Schwester gezofft, hatten mitunter ganz Ekliges ausgetauscht. Aber sie waren Geschwister. Und Piso liebte seine Familie, waren es doch Leute, die sich so wohltuend von den grässlichen Banausen rund um sie herum abhoben. Eindeutig hatte er die Intention, sie zu umarmen, entweder sich nicht besinnend, dass Nigrina nicht der „Knuddeltyp“ war, oder aber sich nicht darum scherend.

    Zitat

    Original von Sciurus


    [Blockierte Grafik: http://img232.imageshack.us/img232/9697/acanthusmj4.jpg] | Acanthus


    Mit dem grimmigem Antlitz der Professionalität eines Türstehers öffnete der Ianitor der Villa Flavia, Acanthus, die Porta und blickte den Davorstehenden von oben herab an. Ein Bittsteller, dies war ihm auf den ersten Blick klar. Andererseits suchte Flavius Piso wohl tatsächlich einen Scriba, und zerlumpt wirkte Sextus Cafo nicht eben, dass Acanthus ihn mit einem Fußtritt vom flavischen Anwesen befördert hätte.
    "Ich werde nachfragen lassen, ob er Zeit hat, dich zu empfangen", knurrte der Ianitor und schloss die Türe vor Cafos Nase, um dahinter einen Jungen zu seinem Herrn zu schicken.
    [/size]


    Es dauerte eine Weile, bis der Sklavenjunge, Phoebus war sein Name, zurückkehrte. Mit einem Katzbuckeln verneigte er sich vor Sextus Cafo, der, obwohl ein Peregrinus, wie es schien, doch sehr geschniegelt daherkam, und nicht so aussah, als wäre er aus der Gosse.
    “Der Herr hat Zeit.“ Fistelig klang die Stimme des Burschen, welcher sich, wie zur Sicherheit, abermals verbeugte und ansc hließend sich umwandte. “Folge mir!“ Kaum hörbar war das Stimmchen.
    Phoebus führte Cafo nun mit sich im Schlepptau zum Atrium.

    Im Atrium angekommen, verbeugte sich Phoebus noch einmal—die Frage kam unweigerlich auf, ob er es nicht langsam übertrieb mit den Deferenzbezeugungen. Cafo wurde kein Wein gebracht... es war eher etwas, was einem Civis zustand als einem Peregrinus, der, auch wenn er im Grunde, wie so viele Peregrini, mit einem römischen Bürger sehr viel gemeinsam hatte. Die Assimilierung nichtitalischer Volksstämme war eben schon weit vorangeschritten.
    Es dauerte nicht lange, da schritt Piso ins Atrium, in einer flamboyanten hellroten Tunika mit opulenten Zierstreifen, die Augen auf den sich bewerbenden Scriba gerichtet. Ein properes Bürschchen, kam ihm in den Sinn. Auf keinen Fall ein Sandler, wie der Typ, der letztens bei ihm Scriba werden wollte.
    Mit einer nonchalanten Bewegung ließ er sich auf die Liege vor Cafo fallen. “Salve. Sextus Cafo heißt du? Sehr angenehmen, ich bin Senator-Pontifex Aulus Flavius Piso. Du möchtest mein Scriba werden, habe ich gehört?“ Er blickte Cafo wach an. “Dann erzähl mal“, gab er Cafo ein etwas unangenehmes, da komplett freies und offenes „Interview“-Thema.

    Ah. Wie gut war es doch, dass sein Neffe Piso so viel abgenommen hatte in den Vorbereitungen. Dieser Kerl war ein wahres Goldstück. Man konnte es dem Flavier noch immer ansehen, dass er noch nicht ganz über dem Damm war. Er hatte längere Zeit eine Grippe gehabt, welche ihn etwas beeinträchtigt hatte, doch dankenswerterweise hatte er sich wieder halbwegs erholt, sodass er nun auch an dieser Feierlichkeit teilnehmen konnte.
    Sein Blick fiel unmerklich auf das Bein des alten Tiberiers. Uiuiui. Noch immer nicht richtig erholt. Piso stellte sich vor, wie die Knochen des Alten aussehen würden. Vielleicht war das Schienbein nur noch ein schwarzer, fauliger Klumpen... wäh... bar jeglicher Ästhetik.
    Doch solche schrecklichen Gedanken konnte Piso sich gut vertreiben, indem er die Blumegirlanden anschaute, welche Flaccus da aufgehängt hatte. Pisos geschmack zufolge hätten sie ruhig noch ein wenig kitschiger sein können, aber er verbiss es sich, herumzukritisieren. Schließlich hatte er dies nicht gemacht, das war alles Flaccus‘ Werk.
    Pisos Toga war sorgsam über seinen Körper drapiert. Astarte, Pisos Lieblingsornatrix, hatte fast eine halbe Stunde es ertragen, sich von Piso ganz genaue Anweisungen geben zu lassen, wie seine Toga sitzen musste. Die Sklavin war schon daran gewöhnt, wie penibel Piso Wert legte aufs Schöne und Feine, und so hatte sie jegliche Nörgelei heruntergeschluckt. Auch, weil ihr als Sklavin Kritik am Herrn nicht gut bekommen wäre.
    Der Flavier fand sich so also, nachdem er die Speisen in der obligaten rituellen Behandlung berührt hatte—er konnte sie dabei leider nicht riechen, irgendwie waren siene Geruchsorgane noch immer nicht gänzlich in Ordnung—nun inmitten von Weihrauchdämpfen wieder. Mit Mühe und Not verhinderte er es, zu husten, schließlich würde es Dea Dia kaum behagen, besprotzte er ihre Statue mit Speichel. Er unterdrückte also seine Krankheitssymptome und schmierte die Göttin großzügig mit Salbe ein. Er fühlte sich, als verheirateter Mann, fast schon schlecht dabei, dass er eine komplett diebische Freude dabei verspürte, der Göttin linke Brust einzuschmieren. Aber Prisca war eh nicht hier!
    Zufrieden blickte er, als das Werk abgeschlossen war, auf die Eingeschmierte, wie ein stolzer Vater auf sein Kind, weder den leicht lüsternen Ausdruck des alten Tiberiers noch den erleichterten des Flaccus recht registrierend.

    Die Vögel zwitscherten, als Piso das Haus etwas unelegant in Richtung Garten verließ. Fast wäre er über die Schwelle gestolpert, als er nach draußen trabte, von seinem Zimmer kommend, wo er bis eben noch krank darniederlegen war. Verdammte Sandalen... geschlossene Schuhe musste man tragen, diese Halbschuhe hier luden doch nur zum Stolpern ein. Grummelnd trottete er in den Garten hinaus, vorbei am Gestrüpp und an einer Statue von Mars, welcher bedrohlich sein marmornes Schwert in die Höhe reckte, bereit scheinend, die Feinde der Flavier in den Staub zu werfen.
    Der Kiesel knirschte unter seinen Füßen, als der Flavier vorwärts schritt, stehen blieb, hustete, um sich schaute und sich dann wieder in Bewegung setzte, grimmig und entschlossen, seine Beine wieder zu gebrauchen, unbenommen der Tatsache, dass ihn die Grippe gepackt hatte.
    “Ist schon wieder besser...“, behauptete er halblaut zu sich selber—gut, dass er alleine war.
    Wenn man die Präsenz des Sklaven links von ihm nicht einbezog. Ein Sklave aus der flavischen Zucht—wie hieß der nochmal? Was Punisches. Gecko? Gucki? Nein, Gisco.
    “Gisco, ich habe einen Auftrag. Geh zu meiner Frau und sag ihr, ich möchte sie gerne hier sprechen.“ Der Punier spurte nicht sofort. “Na los! Beweg dich!“
    Erst jetzt nickte Gisco, ein Mann mit einer sehr langen Leitung, und galoppierte los, richtung Cubiculum der Domina.
    Piso seufzte und setzte sich hernieder, auf einen Hocker, welcher im Garten stand. Ein Stück von einem Baumstamm war es—Natürlichkeit war das Gebot der Stunde.
    Der Flavier blickte hinauf gen Himmel und schaute sich die Vögel an, welche dort oben herumflogen, und begann, gedankenverloren vor sich hinzupfeifen, in einem seltenen Beispiel von jemandem, der nciht äußerst guter Laune war, sondern mit den Gedanken nur unendlich weit weg und sich für ein paar Augenblicke einbildend, er sei ein Vogel.
    Folgerichtig schreckte er auf, als er merkte, wie übelst bescheuert das klang. Vielleicht sollte Piso mal wieder ein Gedicht schreiben, um seiner Kreativität ein Ventil zu verschaffen. Ihm fiel das Gedicht ein, welches er mal zusammengepatzt hatte, eines über Lucretia. Er hatte die Lust daran verloren, es weiterzuschreiben, auch wenn er das Ende und den Beginn schon kompositioniert hatte.
    Vielleicht würde es ihm auch gut tun, mal wieder unter die Menschen zu kommen, aber nun ja, Prisca würde hoffentlich eh gleich einmal auftauchen.

    Fieber. Schweiß. Mundgeruch. Flatternde Augenlider. Hatte er geschlafen? Ja, hatte er. Wie lange? Gute Frage. Einen Tag? Oder nur eine Nacht? Es war Morgen.
    Schemenhaft waren die Erinnerungen. Da war die Erinnerung davon, dass Piso sich einen Husten eingefangen hatte. Er hatte ihn anfang gering geachtet, doch hatte sich daraus nun eine Grippe entwickelt. Eine wunderbare Frühlingsgrippe, wie sie schöner nicht sein konnte. Er hatte einige Zeit im Bett verbracht. Krank. Alles war so verschwommen... so verschwommen.
    Konnte er aufstehen? Hoffentlich. Piso langte nach vorne. Schlug die Decke zurück. Kalt. Kalt war es, auch mit der langen Wolltunika. Piso verzog seine Lippen zu einem Ausdruck, welcher wie eine Mischung zwischen Ekel und Pein schien.
    “Bei Iuppiter...“ Es war eher ein Gegrunze als eine kohärente Formulation. Die Versuchung war verflucht groß, sich einfach wieder die Decke über den Kopf zu ziehen und weiterzuschlafen.
    Sein Blick wanderte nach rechts, als er sich überlegte, ob er schwach sein sollte. Dort stand Titus. Die Büste des Kaisers Titus. Nach links dann. Dort hing seine Toga an seinem Haken. Mit den Streifen, die er sich so lange ersehnt hatte. Er hatte nun alles, was er sich je ersehnt hatte. Wozu noch austehen?
    Weil er es seinen Ahnen schuldig war. Deshalb. Genau deshalb.
    Er ächzte. Schwang seine Beine aus dem Bett.
    Und stand dann. Wackelig. Kritisch blickte er an sich herab.
    Spürte die Bartstoppeln, die mit seiner Tunika in Kontakt kamen. Die Tunika war alt und fleckig. Schweißflecken, andere Flecken, weiß der Kuckuck was.
    Wieder ein Ächzen, als er einen Schritt anch vorne machte. War er denn ein Weichei, fragte er sich. Die Antwort kam sofort. Natürlich war er das! Aber wollte er es zeigen? Nein, sicher nicht.
    Ein Husten. Dann streifte sich Piso seine Tunika ab, nahm hastig eine neue her und zog sie sich über.
    Und nun? Einen kleinen Spaziergang durch die Gärten machen wäre nicht schlecht.
    Oder hatte er etwa Hunger?
    “Hunger...“ Er hatte es schon seit einiger Zeit nicht mehr verspürt. Das war ein gutes Zeichen. Er fühlte, er war vielleicht ein wenig ausgehungert durch die ganze Tortur. Krankheit. Piso hasste sie.
    Er stocherte mit seinen Füßen am Boden herum, bis er mit seinem Zehen seine Sandalen verspürte. Mit zittrigen Händen hob er sie empor. Zog sie an.
    Passten. Natürlich, warum nicht? Sein trüber Blick wandterte zum Nachttisch. Ah, ein Brot lag dort. Wie war es dort hingekommen? Wurscht. Piso ergriff es sich und begann, begeistert daran herumzunagen. Jawohl, das war Hunger. Das war sehr gut. Krochen etwa die Lebensgeister wieder in ihn zurück? Der Gedanke wäre schön.


    Wird fortgesetzt...

    Sim-Off:

    Ich erdreiste mich mal, mich wieder hier einzubringen. ;)


    Pisos Gedanken schweiften ab. In ein besseres Land, ein Land, wo der Mann von Welt, wo er auch hinging, nur über Schöngeistiges stolperte. Ja, das wäre eine feine Welt. Doch es war nicht diese hier. Die Regia, jede Pfiffe gründlich sauber geschrubbert von den Sklaven, welche hier arbeiteten, sofern man diese hundselende Schufterei als Arbeit bezeichnen konnte, bildete ein Refugium von den Straßen Roms, welche im Winter matschig, im Sommer staubig waren.


    Das Votum rüttelte ihn in die Realität zurück. Tiberia Caerellia? Nun gut. Wenn Manius es sagte, würde es schon passen. Er nickte also. Seine Stimme gab nicht den Ausschlag; fast einstimmig waren sie alle für die Tiberierin. Nun gut. Tiberia Caerellia würde die nächste Vestalinnenschülerin heißen.


    Piso erhob sich von dem Platz, wo er sich hingesetzt hatte. “Nun denn“, addressierte er die 3 anderen Mädchen. “Ihr dürft heimkehren. Vielen Dank, dass ihr hier teilgenommen habt. Mögen die Götter euch behüten.“ Der Dank war eine Floskel; wären die jungen Damen nicht hier aufgetaucht, hätte sich ein Weg finden lassen, ihre Obstinenz zu sanktionieren. Dies war aber nun nicht notwendig.


    Der Flavier wandte dann seinen Kopf zu Caerellia hin. “Nun, junge Tiberia, dir kommt die Ehre zu, Vestalin zu werden.“ Er nickte demonstrativ in die Richtung der Vestalinnen, in der Hoffnung auf ein schwesterlich-einträchtiges Lächeln.


    “Hier ist der Plan. Ich möchte dich gerne in 3 Tagen von der Villa Tiberia abholen. Wir werden gemeinsam nach Misenum reisen, zum Kaiser, damit dieser die Captio vollziehen kann. Von dort aus bringe ich dich direkt zum Atrium Vestae. Dort kannst du dich dann mit deinen Mitschwestern anfreunden und gleich mit deiner Ausbildung beginnen.“, machte er mit einem freundlichen Gesichtsausdruck, den er eigentlich nur für Kinder reserviert hielt. Piso wollte sich nicht als Kinderfeind beschimpfen lassen, das Kindliche sagte ihm zu, steckte doch selber so viel von einem Kindskopf in ihm.