Rodrik betrat das Officium gleich nach Lando. Als er dem Praefectus vorgestellt wurde, nickte er, denn sein Latein war vielleicht passabel, aber bei weitem noch nicht perfekt. Zwischendurch blickte er ein wenig verstohlen herum, hatte er doch noch nie solch ein Officium gesehen. Allerdings hatte er auch nie ein Castellum von innen gesehen. Als der Praefectus auf die Liegen wies, war er ein wenig erstaunt. Er hatte solche Klinen, wie die Römer sie nannten, schon einmal gesehen. Natürlich. Aber soweit er wusste, wurden diese nur zum Abendessen oder bei Festen verwendet. Oder? Er entschied sich, es seinem Vetter gleich zu tun. Da konnte er nichts falsch machen, befand Rodrik. Also liess auch er sich nieder und beobachtete die Szenerie und lauschte dem Gespräch. Immerhin sollte er hier etwas lernen, das hatte ihm Lando gesagt.
Beiträge von Lucius Duccius Silvanus
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Mehrere Stunden Reiten... für Rodrik eine nicht allzu oft getätigte Erfahrung. Sein Hintern schmerzte von der ungewohnten Fortbewegung, ein unangenehmes Gefühl. Selbst das Verlagern des Gewichtes von einer Pobacke auf die andere half nichts, ausser dass er sogar ein Ziehen in seinem Rücken spürte. Dann gab er es auf und sass wieder normal auf dem Pferd. Wie froh war er, als das Castellum der Ala immer näher kam, immer näher, und sie endlich absteigen konnten. Römische Soldaten. Rodrik hatte schon mehrmals welche gesehen. Aus seiner Sippe hatten hier schon etliche Dienst getan? Welche meinte Lando? Aus der Familie seines Vaters oder der seiner Mutter? Nein, er musste die Sippe seines Vaters meinen, die von seiner Mutter kannte Lando ja nicht. Er nickte also nur und folgte Lando, als sie passieren durften.
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Rodrik schnarchte sogar noch fröhlich vor sich hin als er rüde von Lando geweckt wurde. Aufgeschreckt blickte er herum, so als ob er nicht wusste, wo er sich überhaupt befand. Wusste er in diesem Augenblick auch nicht. Aber Zeit zum orientieren hatte er auch nicht, denn Lando sprach schon weiter und liess ihm so gut wie keine Zeit zu Überlegen. "Hä? Wat?" Rodrik brachte kaum seine Augen auf. Geschweige denn dass sein Gehirn schon wach war. Tunika... Wollmantel... römischer... Pferden. Wortfetzen drangen in sein Bewusstsein, das noch schlaftrunken und voller Nebel war. Chrrrrrr...
Nein, verdammt! Rodrik schreckte wieder auf und langsam schälte er sich aus dem Bett. Gähnend stand er auf, suchte in seiner kleinen Truhe nach den passenden Kleidungsstücken und zog sie dann. Und die Schuhe. Dann ging er hinunter, aber vorher wollte er noch pieseln gehen.
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"Welche Neckerei?" fragte Rodrik, als er seine Tunika wie befohlen über einen Stuhl hängte und sich zum Kamin setzte. Er rubbelte seine noch immer etwas feuchten Unterarme und blickte zu Sontje. Von irgendwo zog er sich eine Decke hervor und lullte sich darin ein.
Rodrik hatte an diesem Tag einen Gutteil der Casa kennen gelernt. Nicht alles, aber er hatte ohnehin sehr viel Zeit, um alles zu erkunden. Die Casa und die Stadt hier.
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In der Tat hatten sich beide etwas ratlos angesehen. Wenn man beide von der Entfernung sah, dann würde keiner auch nur ein Sesterz auf eine Verwandtschaft wetten. Wenn ihrer beider Geburten durch Sommer getrennt waren, dann waren es nicht viele, doch das ungefähr gleiche Alter war auch das einzige, das beide verband. War Alrik sehr groß und hatte blondes, wenn auch dunkelblondes Haar, ein markantes Äußeres und eine männliche Erscheinung, war Rodrik für einen Germanen maximal durchschnittlich groß, hatte dunkles Haar und wirkte pubertär. Und wie! Er hatte sogar noch Pickel!
"Eine Bauernkate? Öhm..." Das war auch für ihn neu. "Keine Ahnung, ich bin selber noch nicht lange hier." antwortete Rodrik wahrheitsgemäss. "Aber alle Römer haben solche Häuser. Also zumindest die, die Geld haben. Die anderen wohnen in Häusern, die nennen die insula. Da wohnen gleich mehrere Familien in einem Haus. plauderte Rodrik einmal drauflos, bevor er sich räusperte. "Also... willst du mal was echt schräges sehen?" fragte Rodrik, dann ging er zur Eingangstüre. "Komm mit." Rodrik öffnete die Tür und schritt voran ins Atrium. Dort angekommen zeigte er hinauf. "Kuck dir das an. Das haben alle Häuser. So ein Loch in der Decke."
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Seine Sprache... Seine Sprache war Rodrik in diesem Moment so richtig aufgefallen. So gewählt und so selbstsicher. Wie nannten das die Römer? Eloquent, oder? So sprach Alrik und in diesem Moment wusste Rodrik, dass seine, also Rodriks Mutter solch einen Sohn erwartet hatte.
"Öhm... Mhm." antwortete Rodrik einsilbig auf Alriks Aufforderung und begleitete den "Neuen" (der sich sicher viel schneller eingewöhnen würde als Rodrik) durch den Garten, der vor der Eingangstüre sein frühlingshaftes Grün zeigte.
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Die erste Zeit ging Rodrik neben dem alten Brummbär ohne ein Wort zu sagen. Als er dann merkte, dass Albin nicht mehr ganz so gut zu Fuß war, reagierte er darauf und fragte Albin ein wenig aus. Über das Haus, deren Inwohner (egal, ob zur Familie gehörend oder nicht) und über die Stadt und über die Römer. Da Rodrik noch nirgendwo gewesen war ausser in seinem Dorf und ein paar anderen Dörfern in der Umgebung natürlich konnte er sich nicht vorstellen, wie groß das Imperium Romanum sein konnte. Und dass es Orte gab, in denen noch mehr Menschen auf einem Platz zusammenlebten als hier in Mogontiacum, überstieg auch seine Vorstellungskraft.
Als sie dann nach einiger Zeit die Gräber erreichten, verstummte Rodrik von neuem. Jetzt nicht mehr, weil er so betroffen war, sondern weil es sich irgendwie so gehörte. Am Rande bemerkte er, dass sich Albin hinsetzte, er hatte also einige Zeit, um sich mit dem Stein, der die letzte Ruhestätte seines Vaters kennzeichnete, zu beschäftigen. Aber jetzt stand er da und... nichts. Die Jahre zuvor hatte er sich ausgemalt, was er seinen Vater fragen würde, wenn sie sich treffen. Noch auf dem Weg hierher waren ihm Gedanken in den Kopf gekommen. Doch jetzt: nichts. Rodrik stand einfach nur da und sah sich den Stein an. Und die Erde und das Gras daneben. Aber mehr als die Erkenntnis, dass er sein Leben auch weiterhin ohne seinen Vater würde führen müssen, gewann er aus diesem Augenblick nicht. Nach einiger Zeit sah er sich um. "Albin? Wer sind die anderen, die hier begraben wurden?"
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Rodrik war etwas verwirrt, als der alte Brummbär auf einmal etwas von Reiten sprach. Denn was das Reiten mit dem Grab zu tun hatte, erschloss sich dem jungen Mattiaker nicht sofort. Erst nach zwei Momenten des Nachdenkens (und des Verwirtt-Drein-Schauens) fiel bei ihm der Sesterz. Während Albin dann seinen Mantel holte, so machte es ihm Rodrik auch nach (und auf die Schuhe vergass er auch nicht) und holte seinen Mantel.
Eilig? Hatte Rodrik es eilig? Ja, weil er das Grab seines Vaters sehen wollte. Nein, weil er das Grab seines Vaters nicht sehen wollte. Klang wiedersprüchlich, war auch so. Er hatte nun die Geschichte seines Vaters erfahren, doch eigentlich gehofft, seinen Vater lebend zu sehen. Still ging er mit dem alten Brummbär mit.
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Der Mann machte ihm Angst. Nuja, das musste nichts heissen, denn im Prinzip bekam Rodrik leicht Panik. Obwohl das auch schon zuviel gesagt war, aber unwohl fühlte er sich schon. Dieser Blick, mit dem er von Alrik fixiert wurde, verunsicherte ihn. Rodrik wich unwillkürlich dem Blick aus, in dem er Richtung Boden sah und fuhr sich durch seine Haare. Dieses Verhalten, das ganz typisch für ihn war, hatte neben anderen auch dazu geführt, dass er in seinem Dorf trotz seiner Abstammung nie als möglicher Anführer in Frage gekommen war. Ein Quell grosser Enttäuschung für seine Mutter, die in weiterer Folge auch nie der Meinung war, dass er sich zumindest als Krieger eignen konnte. Doch daran dachte in diesem Rodrik nicht, sondern daran, was Sontje gerade gesagt hatte. Er sollte Alrik rumführen? "Nuja... kann ich schon, wenn du möchtest."
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Vom Pferd gefallen. Alle Knochen gebrochen. Das reimte sich sogar und wenn die Situation nicht so tragisch gewesen wäre, dann hätte Rodrik sich auch sicher darüber amüsiert. Kindskopf, wie er in solchen Momenten einmal war. Doch stattdessen blickte er einen kleinen Schmutzklumpen an, der still und friedlich vor Rodrik herumliegte, ein Fremdkörper, der nicht hierher gehörte und bald aus diesem Haus verbannt wurde. Zusammen mit all dem anderen Schmutz, der sich in den letzten Tagen angesammelt hatte. Rodrik nickte und blickte hoch zum alten Brummbär, als dieser ihn auf seine Schulter klopfte. Ein fester Griff übrigens. Er räusperte sich, damit seine Stimme fest klang und nicht zittrig. "Ja. Ich möchte es sehen." Er stand auf.
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Rodrik blickte Sontje verdutzt hinterher. Sie war ein richtiger Wirbelwind, genauso schnell und genauso schwer zu bändigen. Besonders letztere Eigenschaft schienen alle duccischen Frauen an sich zu haben. Obwohl er eigentlich ausser Sontje nur Eila kannte, neben den Bediensteten natürlich, die ja nicht verwandt waren mit ihnen. Soweit er wusste. Aber was wusste er schon. Und wieder stiefelte er hinter Sontje her, was noch immer bemerkenswert war, weil er noch immer keine Stiefel anhatte. Mehr noch, er hatte sogar seine nassen und jetzt schmutzigen Schuhe ausgezogen, sonst hätte Sveija ihn sicher geschimpft. Also tappte er barfuß im Haus, bis er im Kaminzimmer angekommen war. Im Gegensatz zu Sontje hatte er jedoch keine Lust, die nassen Kleider anzubehalten, also zog er seine Tunika aus. "Wieso beleidigt?" Etwas unschlüssig stand er im Raum herum. Etwas suchend. "Wo soll ich das da jetzt hinmachen?" Fragend deutete er auf seine Tunika.
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Rodrik blickte Sontje seinerseits völlig verwirrt an. Wieso sollte er nicht wissen, wo er war? Bei allen Asen und Vanen, er wusste ganz genau wo er war. Sein Pech war ja, dass er hier war und nicht an einem anderen Ort. Aber das würde Sontje nicht verstehen, egal wie viele Mühen er sich nehmen würde, ihr das zu erklären. (Denn es war gewiss, dass bei einer Erklärung von Rodrik die Menschen nur verwirrter waren und seine Gedanken selten folgen konnten... oder wollten.) Also beliess er es dabei und liess sich mitschleifen. "Ui, Fleisch! Was gibt es denn?" Zwei Augenblicke später fiel ihm auf, dass diese Frage wohl einer der dümmsten war, die er je gestellt hatte. Und wieder wurde er puterrot im Gesicht (zum wievielten Mal an diesem Tag?). Dumme Frage, Rodrik! Seeeehr dumme Frage! schalt er sich. "Äääh... vergiss, was ich gefragt habe." Auch er liess sich einen Teil geben und, da er mit der einen Hand noch immer von Sontje dirigiert wurde, sich weiterziehen. Zu Phelan.
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Nur wenige Augenblicke nach Sveija steckte Rodrik seine Nase durch die Tür. Er war auf der Suche nach Witjon, um mit ihm etwas Geschäftliches zu besprechen. Etwas Geschäftliches... das klang so hochtrabend. Aber irgendwie schon ziemlich geil. Da "nur" Sveija bei Witjon im Arbeitszimmer stand, die ihrerseits aber Sontje suchte, schob er den restlichen Körper hinter seinem Gesichtserker in das Zimmer. "Öhm... ich glaube Sontje ist gerade in ihrem Zimmer." vermutete er laut, als er eintrat. "Ehm, Moin." Er nutzte die Gelegenheit, um sich etwas umzusehen. Oft war er ja nicht in diesem Zimmer gewesen.
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Rodrik war früh aufgewacht. So ganz hatte er sich noch immer nicht an sein Bett gewöhnt (obwohl er hier schon enorme Fortschritte machte) und manchmal, so wie heute, erwachte er mit Rückenschmerzen. Sie waren nicht stark und mit Strecken und Katzenbuckel machen vergingen die Schmerzen auch ziemlich fix wieder. Die machte er aber im Bett, weil er die Bettwärme noch ein wenig ausnützen wollte, bevor er aufstand. Das Wetter war zwar schon recht warm, aber am frühen Morgen machte die Kälte nur ungern Anstalten zu weichen. Daher war er nicht unter den ersten zu finden, die am Gebetsfelsen eintrudelten. "Moinsen..." grüßte er die anderen mit einem verschlafenen Gesichtsausdruck. Nur weil er früh aufgewacht war, musste es ja nicht heissen, dass er auch tatsächlich ausgeschlafen war.
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Rodrik stand etwas im Hintergrund, als die Verwandten von ihrer Reise zurückkamen und sie begrüßt wurden. In den letzten Tagen war auch er beschäftigt gewesen mit dem Frühjahrsputz im Haus. Mittlerweile konnte er sich recht gut zurechtfinden, wenngleich er sich noch immer etwas merkwürdig fühlte. So noch nicht ganz eingebunden. Er machte sich aber darüber keine Gedanken, denn Rodrik war nicht wirklich jemand, der sich gleich in eine Gemeinschaft einfügen konnte. Dazu stand er sich selbst oftmals zu sehr im Weg. Und deswegen stand er in diesem Moment auch im Hintergrund. "Heilsa. Ich bin Rodrik." sagte er zu dem Neuen. Den überraschten Ausruf konnte er verstehen. Ging es ihm doch damals nicht anders. Wer er wohl war? Sohn des Leif... auch ein Name, den er nur aus Erzählungen kannte.
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Den Nacktheitsfreiraum verpasst. Den Nacktheitsfreiraum verpasst! Oh ihr Götter! Nacktheit! Nacktheit! Ouh, verdammt! Es wurde tatsächlich noch schlimmer für den armen Rodrik, denn jetzt dachte er an Nacktheit. An das Wort Nacktheit, nicht an eine nackte Frau, das hätte Rodrik in diesem Moment den Rest gegeben. Seine Augen wanderten fieberhaft hin und her, er atmete flach und gleichzeitig schnell, er versuchte wieder und wieder zu schlucken, doch sein Mund war einfach zu trocken. Was... was war denn das an seiner Taille? Er sah an sich hinunter und bemerkte zwei Hände, die sicherlich nicht ihm gehörten. Und er hörte eine Stimme. Eine Frauenstimme. Eine ganz nahe Frauenstimme. Er blickte in die Richtung, aus welcher die Frauenstimme kam. In Sekundenbruchteilen geschah dies. Rodrik erschrak. "Aaah!" rief er aus. Seine Augen ganz geweitet, ging sein Atem noch schneller als zuvor. "Alles in Ordnung! Es ist alles in Ordnung!" sagte er ganz schnell und löste sich aus ihren Händen. Ihren nackten Händen! Ouh, verdammt! Seine Lippen zitterten und wollten Worte formen, doch die Worte sträubten sich und machten es für Rodrik noch peinlicher. Wenn es noch überhaupt möglich war. "Ehm... ehm... ehm... es ist alles in Ordnung." presste er dann doch heraus. "Ehrlich."
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Rodrik setzte sich, ein braver Junge wie er war, sogleich auf den Boden, darauf achtend, dass er sich auf einen bereits gekehrten und somit sauberen Platz setzte. Nicht, weil er Angst oder so vor dem Schmutz hatte, sondern weil er von Mama immer böse gescholten wurde, wenn er das zuhause getan hatte. Und das prägte. Auf ewig. Also hockte Rodrik im Schneidersitz und sah mit grossen, erwartungsvollen Augen hinauf zum grossen Brummbär namens Albin. Und er lauschte dem grossen Brummbär, aber die Dinge, die er von ihm hörte, gefielen Rodrik nicht wirklich. In zwei aufeinanderfolgenden Sätzen wurde das Bild, das er sich von seinem Vater gemacht hatte und jegliche Hoffnung, die ohnehin kaum mehr bestanden hatte, zerstört, ersteres enorm, letzteres unwiderruflich. "Papa... Papa ist tot? Was ist mit ihm passiert?" fragte er eher tonlos, kurz nachdem der erwartungsvolle Blick in seinen Augen verschwand und Trauer in seinem Herzen Einzug hielt. Denn anders als Albin dachte, wusste Rodrik noch nichts vom Tod seines Vaters, denn er hatte ja - wie er schon gesagt hatte - nichts von den anderen erfahren und Mama hatte ihm ja nichts gesagt und wer wusste schon, ob die anderen in seinem Dorf von Papas Tod erfahren hatten. Hätte Albin dann nicht weiter gesprochen, dann wäre Rodrik vielleicht gar nicht auf den Umstand der zweiten Heirat seines Vaters gestoßen... oder hätte es erst viel später realisiert. "Papa hat wieder geheiratet? Eine Römerin?" Ungläubig stierte Rodrik Albin an. "Unzucht?" Bei Thor und Loki, das wurde ja immer schlimmer!
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Katzen, die nicht kratzten, waren ihm viel lieber als Katzen, die kratzten, auch wenn der Wortwitz im letzteren Falle viel prägnanter war als im ersteren. Aber es war ohnehin viel wichtiger, dass die Katzen brav ihre Arbeit taten, nämlich Mäuse fangen. Rodrik stiefelte Sontje also hinterher, was auch schon bemerkenswert war, weil er nämlich keine Stiefel anhatte, und stiefelte also hinter ihr in den Stall her. Rodrik liess sich von Sontje alles erklären, wo das Futter war, wo man das Stroh herholen sollte, welche Stute gerade trächtig war und welche vor kurzem ein Fohlen geworfen hatte, wie die einzelnen Pferde hießen und welche Charaktereigenschaften sie hatten. Natürlich konnte sich Rodrik angesichts der Fülle nur wenig merken, viel zu wenig, aber es war ja auch nicht Sinn der Sache, alles auf einmal im Gedächtnis zu behalten, sondern den jungen Mattiaker vertraut mit dem Haus und daher auch mit dem Stall zu machen. Die jungen Katzen, die noch nicht kratzten, lagen bei der Katzenmutter, die natürlich kratzte, allerdings nicht Rodrik, weil dieser sich nicht zu nahe an die Katze wagte. Er beliess es daher bei einem "Wie niedlich!" und fragte sich, ob Katzenmuttermilch ähnlich schmeckte wie Menschenmuttermilch und dann, wie Menschenmuttermilch eigentlich schmeckte, denn als er im richtigen Alter für Erinnerungen war, war er schon im falschen für eigene Erfahrungen mit Muttermilch. Und umgekehrt. Vielleicht konnte er es nachholen. Allerdings zweifelte er daran. Nach einiger Zeit verliessen sie den Stall... und kamen prompt in einen Wetterguss. Beide fingen schnell zu laufen an, dennoch wurden beide nass bis auf die Haut. Rodrik schüttelte sich, ähnlich wie ein Hund, und strich seine Haare zurück. "Ohja. Sehr nass!" bekräftigte Rodrik. "Wir sollten uns warme Kleidung anziehen und uns am Feuer trocknen." Warme Kleidung? So ein Blödsinn! "Ehm, ich meine, wir sollten uns trockene Kleidung anziehen und uns am Feuer wärmen. So habe ich das gemeint." berichtigte sich Rodrik sogleich. Und wurde im nächsten Moment von Sontjes Niesen erschreckt. "Nanu? Erkältet?"
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So. Witjon hatte sich verabschiedet und jetzt stand Rodrik alleine da mit der Römerin. Und mit Sontje, aber die konnte ihm kaum eine Hilfe sein, da sie ja noch weniger Latein sprach als er. Eine dumme Situation. Und schon etwas peinlich. Sicher konnte man den Magistraten zuhören, Rodrik verstand auch recht gut, was sie da erzählten. Aber sonderlich spannend war es nicht. Eher zum Gähnen. Gelangweilt sah Rodrik in der Gegend herum. Es war unfassbar, wieviele Leute zu so einer Veranstaltung kamen. Ehrliches Interesse oder nur wegen dem guten Essen? Rodrik konnte es nicht einschätzen.
Dann blieb sein Blick auf die Frau neben sich hängen. Sie war kleiner als er, schlank, ihre Haarfarbe liess nicht auf eine Römerin schließen. Römerinnen hatten ja (hat man ihm gesagt) immer dunkelbraune oder schwarze Haare. Sicher war sie auch älter als Rodrik. Aber so schlank, so zierlich. Zerbrechlich. Ob römische Frauen immer so waren? Das konnte er sich gar nicht vorstellen. Mit solchen schmalen Hüften konnte man ja kaum Kinder gebären. Das hatte seine Mama immer gesagt. Wenn eine Frau breite Hüften hat, dann ginge das Kinderkriegen viel einfacher. Aber wenn man das Pech von schmalen Hüften hat, dann werden diese nach den ersten Kindern von selbst breiter. Hatte seine Mama gesagt. Demzufolge hatte die Römerin noch keine Kinder zur Welt gebracht. Vielleicht hatte sie noch keinen Mann, obwohl sie ja schon alt genug dafür wäre. Dies überlegte Rodrik, während er so danebenstand und seine Gedanken kreisen liess.
Nur wenige Momente später wurde ihm siedend heiß. Sein Gesicht wurde rot, sein Mund trocken, schnell blickte er zur Seite, strikt nach vorne. Trotz des trockenen Mundes versuchte er mehrmals hintereinander zu schlucken, sein Adamsapfel hüpfte daher förmlich von unten nach oben und wieder zurück. Er hatte es getan. Oh ihr Götter, er hatte es getan!! Bei all den Überlegungen, die er über das Kinderkriegen angestellt hatte, hatte er den Nacktheitsfreiraum versäumt! Er hatte ihn versäumt! Wie konnte er nur! Ab jetzt war es für ihn unmöglich, mit der Römerin ein auch nur halbwegs intelligentes Gespräch zu führen, und das wusste Rodrik. Du Idiot! Wieso hast du sie nicht angesprochen, bevor der Nacktheitsfreiraum vorbei war? beschimpfte Rodrik sich selbst innerlich und insgeheim. Doch jetzt war es zu spät. Dass er nun unter den Armen schwitzte, war dabei schon fast zu vernachlässigen.
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Brummbär. So nannte Rodrik den alten Albin heimlich. Brummbär. Rodrik fand, dieses Tier passe am besten zum bald schon greisen guten Geist. Brummbär. Höhöhö. Aber Rodrik war nicht zum Scherzen gekommen und er glaubte auch nicht, dass er mit Albin gut scherzen konnte.
"Nuja... es ist so..." fing Rodrik wie immer etwas zögerlich an. "Weißte... meine Mama hat mich ja hierher geschickt um etwas von meiner Familie zu erfahren. Und auch von Papa, auch wenn sie das nicht gesagt hat. Eigentlich sagt sie nie etwas über Papa." Das war sogar noch untertrieben. Sie schnitt einem regelrecht das Wort ab, wenn die Sprache auf Rodriks Vater kam. Nur in seltenen Fällen erinnerte sie sich selbst an ihn, das aber meistens dann, wenn Rodrik etwas angestellt hatte und sie ihre Enttäuschung über ihn Ausdruck verleihen wollte. Du bist wie dein Vater. sagte sie dann und es war selten, nein, eigentlich nie positiv gemeint. "Und die anderen hier haben mir auch nichts von Papa erzählt. Ich glaube sogar, sie wollten gar nich." Was Rodrik gerade im Gespräch mit Lando bemerkt hatte und ihm Anlass zu mehreren Spekulationen gab. Er atmete zweimal tief durch und richtete seinen Blick wieder zu Albin. "Was... was ist denn mit Papa passiert? Also... als er hierher kam."