Alles gute zum Geburtstag! Feier schön.
Beiträge von Lucius Duccius Silvanus
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Niemand in dieser Familie schien ein wahrer Frühaufsteher zu sein. Niemand ausser Sontje, schien es. Nicht dass es besonders früh wäre. Rodrik nahm den Laib von Lando an und wollte schon zu einer Erklärung ansetzen, doch war für Lando das Thema schon erledigt, noch bevor es richtig angeschnitten wurde. Still schnitt er sich einen Kanten herunter und benötigte ein paar Augenblicke, da er sich nicht entscheiden konnte, ob er zuerst abbeissen oder Wasser trinken sollte. Der Sturz aus dem Bett war doch härter gewesen als er im ersten Moment gedacht hatte. Balder sei Dank wurde die Aufmerksamkeit von ihm abgelenkt, da zwei andere Familienmitglieder (zumindest glaubte Rodrik das) in die Küche eintraten. Himmel, wieviele Verwandte hatte er denn noch?
Als Lando dann sprach, hatte Rodrik wenig Ahnung über das Thema, und selbst das war zuviel gesagt, denn in Wahrheit hatte er gar keine Ahnung. Fragend blickte er Sontje an, doch nicht lange, denn dann kam Silko bei der Türe herein. Rodrik erinnerte sich, er hatte ihn schon gestern Abend kennen gelernt. Es sah so aus, als ob Silko schon wieder hart am Arbeiten wäre, so schwarz und dreckig er aussah. Bewundernswert. Oder? Rodrik riskierte unauffällig noch einen Blick. Für Schmutz war dies doch zu gleichmäßig und selbst wenn, konnte man sich doch waschen, bevor man in die Küche ging. Seine Mutter hätte ihn persönlich bei den Ohren zum Waschen gezogen. Als er an seinem Becher Wasser anzog und das kühle Nass seine wirklich staubtrockene Kehle benetzte, da fiel gleich ein ganzer Goldbarren. Das war ja gar kein Schmutz! In diesem Moment schlichen sich einige hinterlistige Wassertropfen in die Luftröhre, anstatt ihren vorgegebenen Weg zu absolvieren. Das Resultat war klar: Rodrik verschluckte sich und fing sofort an, lautstark zu prusten und zu husten.
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"Hmh?" Rodrik blickte an sich hinunter... und es stimmte. Er hatte seine Schuhe nicht angezogen. Er hatte es wohl vergessen. Gut möglich, denn zu Hause war es nur in den kältesten Tagen wirklich notwendig, Schuhe zu tragen. Ob es hier wohl anders war? Trug man hier immer Schuhe? Rodrik suchte fieberhaft nach einer Ausrede, um nicht komplett als ein Landei dazustehen. Und er hatte sogar einen Geistesblitz. "Nuja... ich... sie waren schmutzig. Ich wollte den Schmutz nicht überall verteilen." Aber eigentlich konnte er nicht wirklich schnell genug reagieren, da sass er schon, zwischen Phelan und Sontje. "Oh! Oh... kein Met, nein danke. Wasser bitte, das wäre sehr nett." Und seine Kehle würde es ihm danken. Und sein Kopf vermutlich auch, der gerade pochte und pochte. Und pochte. Er war schon etwas überfordert mit der Situation. Denn nicht nur kämpfte er mit den Nachwirkungen vom gestrigen Abend, er fühlte sich immer unbehaglich zwischen Fremden. Auch wenn sie zu seiner Familie gehörten. Aber da er sie nicht kannte, sie nie zuvor gesehen hatte (vielleicht doch, vor Jahren), waren sie für ihn fremd. Genauso wie der Mann, der gemächlich seinen Haferschleim aß. Und der auch keine Ahnung hatte, wer er, also Rodrik war. "Heilsa." stellte er sich Lando vor. "Ich bin Rodrik."
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Eine Küche zu finden war im allgemeinen nicht schwer. Im Zweifelsfalle immer der Nase folgen, dann fand man schon die richtige Richtung. Wenngleich es für Rodrik dennoch unglaublich war. In seinem Dorf im Hause seines Großvaters, in welchem er und seine Mutter lebten, war alles... nuja, kleiner. Und das, obwohl sein Großvater eigentlich der Anführer seines Dorfes war. Ihn fröstelte es, als er das Atrium durchquerte und ertappte sich bei der Frage, warum hier ein Loch in der Decke eingebaut wurde. Deswegen kopfkratzend trat er zur Küche, aus welcher er auch Stimmen hörte. Er erkannte Phelan und Sontje, den anderen Mann jedoch kannte er nicht. Unbehaglich und etwas schüchtern trat er in die Küche. "Öhm... guten Morgen."
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RUMMS! machte es und nur einen winzgen klitzekleinen Augenblick später wachte Rodrik auf. Was war passiert? Er war aus dem Bett gefallen. "Wwwas? Wwo bin ich?" fragte er sich selbst schlaftrunken, kaum in der Lage seine Augen ordentlich aufzumachen. In den ersten Momenten völlig verwirrt, dauerte es etwas, bis er sich an den Abend zuvor erinnerte und dass er sich an seinem ersten Abend in der Casa bereits besoffen hatte. Wie peinlich... was machte das nur für einen Eindruck? Er patschte sich auf seine Stirn. Und im nächsten Moment wusste er, dass das eine der schlechteren Ideen seines Lebens war. "Au!" rief er aus. "Oh Mann... mein Kopf..." Mit der gleichen Hand, mit der er sich gerade auf seine Stirn gepatscht hatte, rieb er sich eine Schläfe. Allerdings half ihm das nicht, also stand er etwas umständlich auf. "Hui... es dreht sich noch immer..." sagte Rodrik und bemerkte dann, dass er einen merkwürdigen pelzigen Geschmack im Mund hatte und seine Kehle trocken wie an einem heissen Sommertag war. Er brauchte unbedingt etwas Wasser. Und etwas zu futtern. Und letzteres fand man immer in der Küche eines Hauses.
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So besoffen war Rodrik zwar noch nicht, dass er das Gehen verlernt hätte, aber Sontjes Antwort gab ihm einen wichtigen Anhaltspunkt, was er als nächstes zu tun hätte. Als er aufstand, hatte er den bösen Eindruck, als würde sich das Zimmer um ihn herum drehen. "Hui..." entkam es ihm. Welch ein Glück, dass er neben sich einen festen Angelpunkt hatte. Obwohl ein Berauschter wie er denken konnte, dass auch Sontje nicht ganz so fix im Erdmittelpunkt verankert war, wie er sich das erhoffte. Insgesamt schien die Welt gerade schräger zu sein als normal. Wenn bloss diese Übelkeit nicht wäre... Auch sein Gedächtnis litt, denn im Grunde wusste er nicht mehr genau, wie er in sein Bett kam.
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Mit einem Plumps liess sich Rodrik ins Bett fallen. In seinem Dudel merkte er gar nicht, dass dieses Bett ganz anders war als sein Lager zu Hause. Zu Hause hatte er nur ein paar Felle zum darauf liegen und zudecken. Und diese Felle waren meistens schon alt, müffelten und kratzten. Seine Mutter natürlich hatte weiche Felle, sie begründete das mit ihrem Alter und dass er, Rodrik, noch jung sei und als Mann, der er (hoffentlich, wie sie immer dazu sagte) bald war, ohnehin mehr aushalten müsse. Aber wie gesagt, Rodrik bemerkte den Unterschied in diesem Moment nicht. Statt dessen war er beschäftigt, die sich drehende Welt zu besänftigen und wieder gerade zu rücken. Er war kaum erfolgreich. Eigentlich gar nicht. "Alles dreht sich... alles dreht sich... hui..." Und er wurde müde. Seine Augen fielen ihm zu, doch die Welt drehte sich noch immer, und er hatte das Gefühl, als würde er gleich vom Bett rutschen. Dennoch (oder vielleicht deswegen?) schlief er bald ein. Schnarchend, selbstverständlich.
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- Rodriks Zimmer -
Im Obergeschoss der Casa fand man auch Rodriks Zimmer, das mit dem nötigsten ausgestattet war. So stand darin ein Bett und eine kleine Truhe, worin der Bewohner seine Habseligkeiten verstauen konnte.
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Irgendwie wurde ihm, Rodrik, die ganze Geschichte etwas unangenehm. Die unglückliche Vermischung der Nähe einer ihm sozusagen unbekannten Frau (auch wenn sie mit ihm verwandt war) und eines beginnenden Streites zwischen dem grossen, schwarzen Mann und dem grummelnden Torwächter verbunden mit einer leichten, aufsteigenden Übelkeit infolge des Mets waren Dinge, die für Rodrik eine Spur zuviel waren. Und immer, wenn die Dinge über Rodrik hinauswuchsen (was sehr leicht passieren konnte, selbst bei Dingen, die jeder andere souverän meistern konnte), wurde er nervös. Sehr nervös. Und das zeigte sich gern beim Sprechen, denn dann fing er zu stottern an. Und zu schwitzen. So wie jetzt. Gut, letzteres konnte auch Met- und wärmebedingt sein. "I... ich d-denke, ein Lager w-wäre jetzt das beste, ja." Es roch hier nach Ärger, den er verursacht hatte. Ein Rückzug war in seinen Augen jetzt das beste, auch wenn es die Reaktion eines Kindes war und nicht das eines Mannes.
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Rodrik war gut drauf. Dieses dumpfe Gefühl, das er vorher spürte, machte ihn zugleich federleicht wie bleiernschwer. Eigentlich eine urkomische Situation, die er so noch nie verspürte. "Waffen? Nö, hat man nich." antworte er deswegen sehr gut gelaunt, was man sehr leicht an seinem Grinsen erkennen konnte, das ihm bald wegen seiner beharrlichen zeitlichen Länge Muskelschmerzen im Gesicht bereitete. "Hab ja nur meinen Dolch. Willst sehen? Ist Geschenk von Papa." Mit zwei schnellen Kopfbewegungen sah Rodrik sich um, aber seine Sachen waren nicht im Kaminzimmer, wie ihm gleich einfiel. Er patschte sich auf die Stirn. "Ist ja nicht da. Liegt ja draussen. Albin hat gesagt, ich soll meine Sachen dort hinlegen." Seine Sprechgeschwindigkeit war im Vergleich zu noch einer Stunde deutlich erhöht, seine Gesichtsfarbe röter, ihm war heiss. War dies vom Met oder von der Hitze des Kaminfeuers? Weil er gerade darüber nachdachte, hörte er Sontje im ersten Moment auch nicht zu, erst als sie ihn ansah und falsch anredete, war sein Geist auch wieder hier beim Geschehen, wenn auch etwas ramponiert vom Met. "Ragin? Wer ist Ragin?"
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Was Sontje sagte, klang in seinen Ohren durchaus nachvollziehbar. Warum sonst sollte man Fragen stellen? Man wollte etwas wissen und das bedeutete nun einmal Neugierde. Zumindest in einem gewissen Rahmen. "Öhm ja, macht Sinn." Konnte er ja doch nichts gegen sagen. Wollte er auch nicht, fühlte Rodrik seit einigen Augenblicken ein angenehmes, etwas dumpfes Gefühl, das er so noch nicht kannte. Und das ihn zufrieden mit sich und der Welt machte. Deswegen fiel seine Verwunderung über Phelans Beruf auch weniger deutlich aus, als es wohl im nüchternen Zustand gewesen wäre. Seine Welt war bisher sehr einfach gewesen: Ein Germane betete germanische Götter an, ein Römer römische. Aber hier in Mogontiacum wurde das wohl ein wenig anders gehandhabt. "Parallelen? Interessant." Rodrik hatte keine Ahnung, was Phelan wohl meinen könnte. Und es überkam ihm ein dumpfes Gefühl, dass dieses Thema nicht besonders gut geeignet zum Einstieg war. Das konnte aber auch der Met sein, der sich schön langsam seiner Sinne bemächtigte. Deswegen brauchte er auch einen Tick länger als die beiden Geschwister, zu bemerken, dass ein neu Hinzugekommener in das Kaminzimmer eintrat. Er beugte sich nach vorne, da er, genauso neugierig wie Sontje, wissen wollte, wer da eingetreten war. Ein baumlanger Kerl, dessen Haut schwarz wie die Nacht war. Das konnte für Rodrik nur eines bedeuten, was er auch sofort aussprach: "Oh, du kommst gerade vom Arbeiten, nich wahr?" Vermutlich hätte er seine Klappe gehalten und sich dies nur gedacht, aber Met machte redselig. "Heilsa. Ich bin Rodrik, Hagens Sohn." Wie von seiner Mutter gewünscht, immer brav dazusagen, dass Rodrik der Sohn von Hagen war.
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Sontjes Reaktion nach zu urteilen war sein Vater nicht allzu bekannt in diesem Hause, oder Bruder und Schwester hier vor Rodrik waren schon zu weit entfernt verwandt. "Ähm... danke schön." antwortete Rodrik auf ihren Willkommensgruss etwas verlegen und kratzte sich am Hinterkopf dabei, was seine Verlegenheit nur noch mehr betonte. "Öhm... wie alt? Ich wurde 17 letzten Sommer. Warum?" Da bemerkte er, dass er noch wie blöde in der Gegend herumstand, und die beiden anderen sassen. Daher setzte er sich auch, wieder, nieder.
Und hörte zu, was seine "neue" Verwandtschaft für Positionen und Berufe ausübte. Bei Wodans Fresse, die waren aber umtriebig! Da sein Dorf schon allein vom Handel her viel mit den Römern zu tun hatte, wusste er, was ein Duumvir war. Er konnte sich noch erinnern, dass er zuerst nicht verstand, warum man einen Häuptling wählen sollte. Auch der Begriff des Sacerdos war ihm geläufig, ein Priester, wenn gleich die Priester, die er bis jetzt gesehen hatte, viel älter waren als Phelan. "Du bist Priester für die Römer?" Rodrik stutzte. Was ein Stationarius sein sollte oder was er so machte, das wusste Rodrik nicht. "Und was ist ein Stationarius?"
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Rodrik erschrak als die Türe sich öffnete. Fast so als wäre es seine Mutter. Und sie schimpfte auch fast wie seine Mutter, nur mit weniger Enttäuschung in der Stimme. Ob auch andere Mütter so mit ihren Kindern redeten wie seine Mutter mit ihm? Also zuhause, wenn niemand sonst bei ihnen war? Wenn sie ausserhalb des Hauses waren oder irgendjemand gerade bei ihnen zu Besuch, dann war Mutter auch anders, genauso wie die anderen Mütter. Und als Rodrik so darüber nachdachte, kam er eigentlich gar nicht dazu, weiter darüber nachzudenken, denn er wurde schon vorgestellt. Oder besser, sie, die da so stürmisch wie ein Herbstwind hereinbrauste, wurde ihm vorgestellt.
"Oh... äh... heilsa." Rodrik stand auf, oder besser gesagt er hüpfte auf. Nervös fuhr er sich durch das Haar. "Ich bin Rodrik, Hagens Sohn." beeilte er sich zu sagen, was ein Fehler war, denn jetzt fiel ihm nichts mehr ein, was er sagen oder fragen konnte. Wenn er langsamer gesprochen hätte, dann hätte er mehr Zeit zum Nachdenken gehabt!
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Rodrik war tatsächlich enttäuscht, als er die Nachricht ihrer Abwesenheit hörte. "Oh... sie ist gar nicht da?" wiederholte er sinnfrei. Irgendwie war ihm nun seine Anbindung, sein Hauptgrund seines Auftauchens verloren gegangen. Er dachte nach, was er nun machen sollte. Sollte er nach Hause zurückgehen? Oder sich hier ganz frank und frei einquartieren, wenngleich das schon sehr unverschämt wäre? "Wo ist sie? Alexandria? Wo liegt das denn?" Und da es ja durchaus möglich wäre, immerhin war Rodrik noch nicht sehr weit gereist, und wusste von Entfernungen noch nicht gar so viel, fragte er noch: "Ist das weit entfernt?" Wenn nicht, dann konnte er ja dorthin reisen und sie besuchen. Wenn doch... dann wäre er wieder bei seinen Überlegungen von vorhin.
"Und... ähm... könnte ich noch etwas Met haben?" Nur weil er enttäuscht von der Abwesenheit seiner Tante war, lag für ihn ja kein Grund vor, unhöflich zu sein. Ein paar verstohlene Blicke drumherum riskierte er noch, bevor er die nächste Frage stellte. "Und... ähm... was macht ihr eigentlich so? Meine Ma... äh... meine Mutter hat mir nicht besonders viel von euch erzählt. Eigentlich gar nichts ausser von Papa und ein wenig von Tante Dagmar, noch weniger von Onkel Eike."
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Kaum hatten sich Phelan und Rodrik hingesetzt, dann hüpfte Phelan auch schon wieder auf. Etwas irritiert sah er Phelan nach, dann zuckte er mit den Schultern und liess sich weiter vor allem sein linkes Knie wärmen und guckte weiter herum, bis Phelan wieder zurückkam mit Met und Brot. Sein zweiter Becher Met an diesem Tag. Er fühlte sich richtig erwachsen. Zuhause durfte er nie mehr als einen Becher trinken, aber das wusste hier ja niemand. Da erst überkam ihm die Idee erst wirklich: seine Mutter konnte ihm hier nichts sagen. Mutterseelenallein in ihrer schönsten Form.
"Danke." Er nahm einen Schluck von seinem Met und griff nach dem Brot, biss aber noch nicht hinein. "Nuja, von zuhause, wie du dir denken kannst." Er grinste. Da er aber sicher war, dass Phelan keine Ahnung von Rodrik und seiner Familie hatte, fing er an zu erzählen. "Mein Vater war mit meiner Mutter verheiratet, sie ist Mattiakerin. Im Dorf ihres Vaters bin ich auch aufgewachsen." Erneuter Schluck. "Also bis vor ein paar Tagen. Meine Mutter hat gemeint, ich solle endlich die Familie meines Vaters kennen lernen und hierher kommen. Und vielleicht sogar was anständiges lernen." Und ihr nicht länger am Rockzipfel hängen. dachte Rodrik den Satz zu Ende. "Also bin ich hier um Tante Dagmar zu besuchen. Ist sie hier?" fragte Rodrik, bevor er endlich in das Brot biss, das er während der ganzen Zeit in seiner Hand gehalten hatte.
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Ich bitte auch um ein Konto.
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Rodrik sass eigentlich nur so rum. Wenn er gestanden wäre, dann wäre er wohl in der Gegend herumgestanden, aber im Sitzen kann man ja schwerlich in der Gegend herumstehen oder auch herumsitzen. Also saß er nur. Und wärmte sich vor allem sein linkes Knie, das noch am nächsten von all seinen Körperteilen am Feuer war. Es war eigentlich sogar schon merkwürdig, dass nur ein paar Fingerbreit mehr oder weniger so viel ausmachen konnte, was die Wärme vom Feuer anging. Warum das wohl so war? Und ob man diese Wärme bündeln konnte?
Diese und solche Fragen stellte sich Rodrik, als er eben so herumsaß und sich die Wärme ans linke Knie schienen liess. Und sich herumsah, denn mit der Größe der Casa hatte er sich noch nicht abgefunden. Eigentlich war dieses Zimmer fast so gross wie die Gemeindehalle seines Dorfes. Nuja, in Ordnung, ein doch ein grösserer Unterschied war schon, aber für Rodrik wars in diesem Moment einfach so. Und weil er so in seinen Überlegungen war, hatte Rodrik nicht sofort bemerkt, dass jemand anders an ihn herantrat.
"Oh... äh... heilsa." sagte er und stand auf. "Ich bin Rodrik, Hagens Sohn." Seine Mutter hatte ihm gesagt, er solle vor allem am Anfang immer sagen, dass er der Sohn von Hagen wäre. Weiss Thor warum. "Albin hat mich eingelassen." sprach er eigentlich relativ sinnfrei weiter, denn hätte Rodrik weitergedacht, dann wäre ihm schon der Einfall gekommen, dass hier niemand ohne Albin eingelassen wurde. Aber so weit war Rodrik zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Und da er generell noch nicht wusste, wie er sich den Leuten, immerhin seinen Verwandten, vorzustellen hatte (welch ein Versäumnis seiner Mutter!), waren dies auch seine ersten Worte an einen anderen Menschen der Casa Duccia. Nuja, fast, denn er hängte folgende Worte an: "Hübsch... hübsch habt ihr es hier."
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Als nächstes im Kaminzimmer angekommen, folgte Rodrik ganz brav und setzte sich in den Sessel vor dem Kamin. Und sah sich weiter um. Das Kaminzimmer war schon mächtig gross. Im Haus, wo er aufwuchs, dort gab es zwar auch ein Kaminzimmer, so sagte man es ihm, aber da durfte er nie hinein. Also konnte er auch nicht sagen, ob das Kaminzimmer von dort so gross war wie das Kaminzimmer hier, aber er schätzte mal, dass dieses hier grösser war als das dort. Oder so. Im dortigen Kaminzimmer hatte immer nur seine Mutter zu tun, und die wollte nicht, dass er sie störte. Weder dort im Kaminzimmer, noch in ihrem persönlichen Zimmer. Eigentlich sollte er sie nirgends stören. Aber das war Vergangenheit, jetzt war er hier. Und wartete. Auf irgendjemanden, der kommen möge.
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Kaum hatte Rodrik einen sicheren Tritt ins Heim, da wurde er schon wieder verunsichert.
"Hö? Warum sollte mich ein Gallier um die Ecke bringen? Der weiss ja nichts von mir." entgegnete Rodrik erstaunt. In seinem Leben hatte er bisher keinen einzigen Gallier gesehen. Nur Mattiaker und ein paar andere Germanen von den anderen Stämmen sozusagen in der Nachbarschaft. Also so richtig bewusst, natürlich. Und natürlich auch die Römer, klar. Er schüttelte den Kopf und folgte Albin auf dem Fusse, der auch seltsame Vorstellungen von Familie hatte. Zeit seines Lebens hatte niemand von der Familie seines Vaters sich für Rodrik interessiert. Rodrik selbst hatte auch kein Problem damit gehabt, hatte er doch genug Freunde im Dorf, wo er aufwuchs. Daher verstand er auch nicht, was Albin ihm sagen wollte. Aber vielleicht hatte Albin auch nur Bauchschmerzen. Er, also Rodrik, war auch immer sehr schlecht gelaunt, wenn er Bauchschmerzen hatte. Und da alte Männer immer Probleme mit ihrem Stuhlgang hatten, mussten sie ja sozusagen ständig mit Bauchschmerzen leben. Von daher nahm Rodrik es dem Albin nicht krumm. Aber die besten Freunde wurden sie heute und hier nicht. Daher folgte Rodrik ihm einfach und sah sich weiter um.
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Rodrik verstand nicht auf Anhieb, was da gerade vor sich gegangen war. Deswegen stand er noch etwas unschlüssig herum, überlegte, was dieser Umschwung jetzt zu bedeuten hatte, bis bei ihm der Groschen fiel.
"Oh... Oh! Ich verstehe! Das war eine Probe, nicht wahr? Hehehe." Leise lachend folgte er Albin in das Haus hinein. Und erstaunte schon im nächsten Moment. Diese Hütte sah ja von innen noch grösser aus als von aussen! "Nett... habt ihr es hier." bemerkte er dazu. Auf die Aufforderung von Albin hin legte er seinen Beutel, in dem nur etwas Kleidung, etwas Geld und sonstiges kleines Krimskrams zu finden waren, hin und schälte sich aus seinem Mantel, den er schlampig gefaltet auf den von Albin gezeigten Schemel legte.
"Weswegen? Nuja... Meine Mama hat gesagt, ich soll." Mann, wie klang denn das? Als ob Rodrik noch ein kleines Kind wäre. Er beeilte sich also, folgendes hinzuzufügen: "Also sie hat gesagt, ich soll die Familie meines Vaters kennen lernen. Sie meinte, es wäre wichtig für mich." Und er hatte nichts dagegen gehabt, im Gegenteil.