Beiträge von Germanica Calvena

    Mit ihrer Frage hatte sie ihn absichtlich etwas in die Enge getrieben. Sie kannte ihn nicht wirklich, konnte ihn auch noch nicht einschätzen und verließ sich auf sein Wort, dass er eben ein Quintilier war. Er schwieg einen Augenblick ehe er dann recht vorsichtig auf ihre Frage antwortete.
    Schmieden, das war immerhin etwas, damit könnte er es auch beim Militär zu etwas bringen, diese konnten Männer mit diesen Fähigkeiten immer gebrauchen. Aber das erwähnte sie nicht, da er ja von vornherein diesen Vorschlag abgelehnt hatte.
    Ganz leicht zog sie verwundert eine Braue in die Höhe, als er ihr erzählte er habe einen Amboss zerstört. Wie gelang einem denn dies? Die Frage stand ihr wohl ins Gesicht geschrieben, denn er fügte eilig hinzu, dass er selbst nicht wusste wie.
    Calvena ließ ihn erst einmal erzählen und nippte kurz an einem Becher mit verdünnten Wein. Es war mehr Wasser wie Wein, da es noch früh am Tag war, Bassus hingegen, stürzte einen Becher unverdünnten Wein hinunter. Was dafür sorgte, dass sie ihm einen kritischen Blick zu warf. „Ich habe zwei Pferde, du darfst gern einmal ausreiten. Phoibe und Koios, sie stammen aus der Zucht meines Onkels!“ erzählte sie ihm. Auf diese Weise bekamen die Tiere wenigstens ein wenig Bewegung. In ihrem Zustand war es nicht ratsam zu reiten. Alles in allem aber schien Bassus recht tollpatschig zu sein, oder aber er erzählte Absichtlich von seinen Misserfolgen, damit sie ihn nicht weiter bedrängte.
    „Nun… dann verlasse ich mich darauf, dass du Avarus einen Besuch abstattest. Kann ich dir sonst noch behilflich sein?“

    Leise seufzte sie, anscheinend lag ihm keine Arbeit. Er hatte wohl gehofft bei seinen Verwandten ein Leben ohne Verantwortung führen zu können. Völlig Sorglos. Das sie ihm einfach Geld in die Hand drückte, damit er tun und lassen konnte, was er wollte. Doch sie würde es sicherlich nicht dulden, dass er ihnen auf der Tasche lag. Sie würde sich sicherlich nicht ausnutzen lassen.
    Wenigstens wollte er es einmal versuchen, das war immerhin etwas, auch wenn sie so gar nicht glücklich war. Dennoch konnte sie es sich nicht verkneifen, leicht schnippisch zu fragen: „Welche Arbeit würde dir denn liegen?“ Das war natürlich eine kleine Fangfrage. Außerdem wollte sie wissen, ob er überhaupt irgendwelche Fähigkeiten hatte. Er war in ihrem Alter und er konnte doch nicht glauben, dass er sich nur durchmogeln konnte.
    „Du kannst Avarus dann liebe Grüße ausrichten“, trug sie ihm auf. Sie würde sicherlich nicht locker lassen, bis er einmal bei ihrem Verwandten war und sich um eine Stelle bemüht hatte.

    Calvena hatte nur sein Wort, dass er der war, für den er sich ausgab. Melina kannte ihn nicht und Valerian war ja nicht hier um sich seinen Verwandten anzusehen. Von daher blieb sie lieber vorsichtig. Zwar war da noch ihre weibliche Intuition die sagte, dass der Bursche ein netter Kerl war, aber sie konnte sich auch irren.
    „Das Kämpfen würden sie dir beibringen“, entgegnete sie nur, seine Antwort klang viel zu sehr nach Ausrede. Aber sie konnte ihn nicht zwingen. Also musste etwas her, bei dem er sich beweisen konnte.
    Nachdenklich runzelte sie dir Stirn. „Es gäbe auch noch den Cursus Publicus. Die suchen auch immer wieder Leute welche die Post über die Alpen nach Roma oder aber nach Gallien bringen. Germanicus Avarus, mein Großonkel, weilt zufällig derzeit hier in Mogontiacum. Du könntest bei ihm vorsprechen und sagen, dass ich dich zu ihm geschickt hätte“, schlug sie dann vor. „Den Winter über wird er wohl nicht mehr aufbrechen!“ fügte sie noch hinzu. Ob ihm dazu auch noch eine Ausrede einfiel? Sie würde es ihm glatt zu trauen. "Er ist der Legatus Augusti des Cursus Publicus", fügte ich nich erklärend hinzu.

    So langsam wuchs das Misstrauen. Er hatte zwar bereits erwähnt, dass er wohl ein Pechvogel und auch Tollpatsch war, aber das hielt sie für eine Ausrede, damit er weiterhin einfach die Füße hochlegen konnte. „Das mag sein“, gab sie wenig überzeugt von sich. Es war offensichtlich, dass sie ihm kein Wort glaubte. Der Verdacht wuchs, dass er nur ein Betrüger war und versuchte auf ihre Kosten ein angenehmes Leben zu führen.
    „Ich bestehe darauf, dass du dich um eine Anstellung bemühst“, erklärte sie ihm. Sie würde unnachgiebig bleiben. Für den Cultus Deorum konnte er sich wohl nicht bemühen, weil er wohl anscheinend wusste, dass ich dann ein Auge auf ihn haben würde. Oder aber einen der Ministri beauftragen ein wenig wachsam zu sein, was den jungen Quintilier anging. Calvena wurde das Gefühl einfach nicht los, dass Bassus nicht der war, für den er sich ausgab. Zwar hatte er sich bisher nichts zu Schulden kommen lassen, aber darauf legten es Hochstapler an. Sie wiegten einen in Sicherheit um anschließend dann das Haus leer zu räumen.
    „Hast du schon einmal überlegt dich zu verpflichten?“ fragte sie dann nach. Vermutlich würde ihm dieser Vorschlag gar nicht gefallen.

    Elissa musste sie nicht bei jeder sich bietenden Gelegenheit daran erinnern, dass dies hier Germanien war. Das kalte eisige Germanien und nicht das milde Italia, wo der Winter mehr durch Regen und Sturm geprägt war, als durch Eis und Schnee. Aber es war ja nicht so, dass sie nackt durch die winterlichen Wälder streifte. Die Kohlebecken heizten ja auch schon bereits den Raum wieder auf. „Ich werde schon nicht krank“, versicherte sie ihr, obwohl sie doch ein ganz kleines bisschen fröstelte. „Deinem Rat vertraue ich, nur führst du dich ein wenig auf wie eine Glucke!“ entgegnete sie. Ins Bett würde sie nicht gehen. Auf ein Bad würde sie sich vielleicht noch einlassen, aber ins Bett ging sie sicherlich noch nicht.


    Doch dieser kleine Disput war schnell vergessen. Elissa überflog das kurze Schriftstück, welche sie ihr gerade gereicht hatte. Die Keltin wurde erst mal blass um die Nase und wirkte ganz, als würde sie nicht verstehen, was dies zu bedeuten hatte. Calvena blieb sitzen und gab Elissa die Gelegenheit zu begreifen, dass sie ihr soeben die Freiheit geschenkt hatte.
    Würde Elissa die Gründe dafür kennen, würde sie sich vermutlich weigern dies anzunehmen. Aber Calvena hatte nicht vor, ihr dies zu Erklärung. Wenn sie nachfragte, würde sie einfach und schlicht sagen, dass es ihr Wille war und nur gerecht. Denn Elissa war ihr eine Freundin und sogar eigentlich mehr wie das.
    Die sonst so unnahbar wirkende Keltin verlor die Fassung und brach erst einmal in Tränen aus. Sie legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Du hast es verdient“, sagte sie nur leise und umarmte sie dann.

    Zitat

    Original von Tiberius Quintilius Rufo


    Sie konnte ihrem Gegenüber ansehen, dass er sichtlich überfordert war mit dem schreienden Jungen an seiner Hand. Er bemühte sich um Freundlichkeit, trotz des fremden Kindes. „Den Jungen kenn ich leider nicht“, erklärte sie ihm mit einem leicht ratlosen Schulterzucken. „Mein Kind ist es nicht“, sie deutete kurz auf ihren runden Bauch. „Mein Kind kommt erst in wenigen Wochen“, erklärte sie mit einem kleinen amüsierten Grinsen.


    Leicht beugte sie sich zu dem Jungen hinunter. „Willst du mir verraten wie du heißt?“ fragte sie ihn, denn auf diese Weise würden sie wohl am ehesten erfahren, wer denn die Eltern des Jungen waren. Anscheinend war er auf diesen Gedanken noch nicht gekommen. Stattdessen hatte er das heulende Kind einfach mitgenommen.


    Überraschung zeichnete sich auf ihren Zügen ab, als er sich als ein Quintilius vorstellte. Noch ein Verwandter ihres Mannes. Es sah fast so aus, als würden diese einfach plötzlich vom Himmel fallen. Erst Bassus, wobei sie nicht so recht wusste, ob der junge Mann wirklich der war, für den er sich ausgab und nun dieser Fremde. „Ehm…“, gab sie recht überrascht von sich und strich sich kurz einmal durchs Haar. „Es freut mich dich kennen zu lernen. Ich bin Germanica Calvena und du bist dann wohl mit meinem Mann verwandt…“, es war so etwas wie Frage, doch sie klang wie eine Feststellung. Das war ja ein Zufall. Fehlte nur noch, dass Bassus aus heiterem Himmel auftauchte.

    Ich schließe mich Deinen Worten an. Ich wünsche allen einen Guten Rutsch ins Neue Jahr.


    Das Neue Jahr bringt Glück ins Haus,
    und schenkt dir alles, was du brauchst.
    Du musst auch etwas tun fürwahr
    Alles Liebe und Gute für das Neue Jahr.

    ... wollen wir natürlich nicht vergessen, dass jemand Geburtstag hat. Mittlerweile gehörst du auch schon zum alten Eisen und wir müssten Dich eigentlich in Rente schicken..... Schade wärs.


    Aus diesem Grund gratulieren wir Dir herzlich zum Geburtstag. Zum Geburtstag wünch ich dir haufenweise Gesundheit, Elan und Energie, Glück und Freude!



    Mit diesem Schreiben und dem Siegel der Germanicer gebe ich Germanica Calvena bekannt dass Elissa, Sklave der Gens Germanica, nach §2 Lex Germanica Servitium für ihre lange Treue und Verbundenheit zur Familie die Freiheit erhält. Sie kann ihre eigenen Wege gehen, oder aber als freie Frau weiter in den Diensten der Gens Germanica stehen, wie es ihr beliebt.


    III KALENDAS IANUARII DCCCLX A.U.C (30.12.2010/107 n.Chr.)


    gez. mit eigener Hand
    Germanica Calvena

    Sie starrte auf das Stück Pergament, welches sie soeben beschrieben hatte. Es wäre ein leichtes es einfach in ein Kohlebecken fallen zu lassen und es in Flammen aufgehen zu lassen. Oder aber an eine Öllampe zu halten. Es wäre so einfach. Doch nicht immer war die einfache Lösung, die Richtige. Alles beim Alten zu lassen, war bequem. Doch zum Leben gehörten Veränderungen. Es fiel ihr nicht leicht, aber dafür wusste sie, dass es das Richtige war.
    Calvena wurde aus ihren Gedanken gerissen, als Elissa das Zimmer betrat und sofort aufbrauste. Die Kohlebecken hatten bereits die eisige Kälte vertrieben, doch das Tablinum war wohl immer noch kühler, wie das restliche Haus. Calvena konnte es sich nicht verkneifen genervt mit den Augen zu rollen. „So kalt wie draußen ist es nicht mehr. Du übertreibst!“ entgegnete sie in einer Mischung aus lachen und leichtem Ärger. Sie war kein Kind, das sich einfach bevormunden ließ. Doch der Fürsorglichkeit Elissas konnte sie nicht entkommen oder etwas entgegensetzen. „Ins Bett?“ wiederholte sie ungläubig und schüttelte vehement den Kopf. Man sah ihr an, dass sie wenig begeistert war von diesem Vorschlag. „Zwingen kannst du mich nicht!“ fügte sie ein wenig verstimmt hinzu.
    Am Besten sie brachte Elissa auf andere Gedanken, ehe diese wieder zu schimpfen anfing und ihr einen langen Vortrag hielt. Sie kam sich vor, als wären die Rollen vertauscht. Oder aber als sei sie drei Jahre alt. Sie wusste ja durchaus zu schätzen, dass sich die Keltin Sorge um sie machte, aber es ging ihr dann doch auf die Nerven. Einfach aus Trotz, schüttelte sie den Mantel wieder ab.
    „Ich hab was für dich!“ meinte sie und hielt Elissa das Stück Pergament unter die Nase.


    Mit diesem Schreiben und dem Siegel der Germanicer gebe ich Germanica Calvena bekannt dass Elissa, Sklave der Gens Germanica, nach §2 Lex Germanica Servitium für ihre lange Treue und Verbundenheit zur Familie die Freiheit erhält. Sie kann ihre eigenen Wege gehen, oder aber als freie Frau weiter in den Diensten der Gens Germanica stehen, wie es ihr beliebt.


    III KALENDAS IANUARII DCCCLX A.U.C (30.12.2010/107 n.Chr.)


    gez. mit eigener Hand
    Germanica Calvena


    Natürlich hätte sie auch große Worte sagen können, oder irgendwie anders diese Freilassung veranlassen können. Aber diese schlichte kleine Geste war ausreichend. Elissa würde schon verstehen. Nur die Gründe dafür, würde sie für sich behalten.

    Es schneite, schon wieder. Weiße weiche Flocken fielen vom Himmel hinab und legten sich auf der ohnehin schon weißen Pracht nieder. In einen Mantel gehüllt, lehnte Calvena im Türrahmen. Den Blick nachdenklich auf den verschneiten Garten gerichtet. Im Tablinum war es eiskalt, die Kohlebecken brachten nicht wirklich Wärme, denn die Tür zum Garten stand sperrangelweit offen. Schon eine ganze Weile stand sie so da, ein wenig in der Kälte bibbernd und dabei zusehend, wir ihr Atem sich zu kleinen weißen Wölkchen bildete.
    Sie hatte frische Luft gebraucht, auch wenn diese eisig kalt war und recht schnell jegliche Wärme aus den Zimmern vertrieb und durch Mark und Bein ging.
    So wirklich nahm sie die Kälte nicht wahr, in Gedanken war sie wo anders. Ihre ganze Miene war verschlossen und nachdenklich. Ein guter Gesprächspartner war sie die letzten beiden Tage nicht gewesen. So ziemlich jeder Bewohner des Hauses schob es auf die Schwangerschaft, doch das war es nicht, was sie so beschäftigte. Vielmehr dachte sie darüber nach, wie sie zu Elissa stand und ob sie nicht einfach nur Egoistisch war.
    Es gab nur wenige die sich wohl den Zweifel an den eigenen Motiven stellten, aber sie sah sich ein wenig dazu gezwungen.
    Sie bezeichnete Elissa als Freundin, ihre Beziehung ging über das übliche Domina-Servus-Verhältnis hinaus. Doch war es nicht eigentlich Heuchlerei jemanden als Freund zu bezeichnen, wenn man ihn besaß und als Eigentum behandelte.


    Mit einem leisen Seufzen löste sie ihren Blick von dem winterlichen Garten und verschloss Tür und Vorhänge wieder um den Kohlebecken und der Heizung die Möglichkeit zu geben, doch wieder Wärme auszustrahlen. Ihr Blick richtete sich auf das Pergament, noch war es leer, aber Tinte und Feder lagen bereit und warteten nur darauf, dass sie es zur Hand nahm. Doch noch zögerte sie und war sich unsicher, ob es wirklich das Richtige war.
    Elissa hatte sich als wahre Freundin herausgestellt. Calvena hätte nicht gedacht, dass die Keltin solch ein Opfer auf sich nehmen würde. Elissa wusste nicht, dass sie ihr gefolgt war. Es war ohnehin nicht für ihre Augen und Ohren bestimmt. Sie war einem unbestimmten Gefühl gefolgt. Ob die Götter ihre Hand im Spiel hatten? Dem Wink der Götter sollte man schon folgen. Als Aeditua sollte sie es wohl am Besten wissen.


    Während sie das leere Pergament anstarrte rieb sie sich über die Unterarme, nur ganz langsam wurde es wieder Wärmer. Eigentlich hatte sie ja ihre Entscheidung schon getroffen und doch zögerte sie. Einfach aus der Angst heraus, jemanden gehen zu lassen, den sie gern um sich hatte, dem sie vertraute und mit dem sie reden konnte.
    Noch einmal seufzte sie leise. Mit einer Handbewegung löste sie die Fibel ihres Mantels und legte das Kleidungsstück auf die Kline neben sich, ehe sie sich setzte und die Feder zur Hand nahm. Es waren nur wenige Zeilen, aber sie würden wohl einige Veränderungen herbei führen.

    Sie hatte nicht schlafen können. Nachdem sie sich mehrmals hin und her gedreht hatte, hatte sie es aufgegeben, überhaupt einschlafen zu wollen. Da es im Haus schon spät war, fiel es nicht auf, dass sie sich eine Decke und eine Lektüre schnappte und es sich beim licht einer Öllampe im Tablinum gemütlich machte. Einer der wärmsten Räume im ganzen Haus, weshalb sie dort meist zu finden war. Calvena stellte fest, dass es durchaus seinen Vorteil hatte, einmal nicht schlafen zu können. Keiner der Sklaven wuselte um sie herum, keiner der Verwandten machte Lärm, das Haus lag still und friedlich da und sie konnte ganz ungestört durchs Haus streifen und auch mal wieder ein paar Dinge tun, ohne gleich einen besorgten Blick zu ernten. Es konnte schon recht lästig sein, wenn man die ganze Zeit über bemuttert wurde.
    Leicht schreckte sie zusammen, als sie dann im Morgengrauen leise Schritte auf dem marmornen Boden hörte. Verdutzt legte sie ihr Buch beiseite. Wer war denn um diese Zeit schon auf? Selbst Elissa, Simplex und Romaeus fielen erst gegen Sonnenaufgang aus dem Bett. Eigentlich.
    Neugierig geworden, wer denn da zu dieser Zeit ebenfalls schon im haus herum schlich, erhob sie sich von der Kline und konnte gerade noch sehen, wie Elissa eilig das Haus verließ. Es war doch sonst nicht die Art der Keltin, ohne ein Wort das Haus zu verlassen. Hatte Elissa vielleicht einen Liebhaber von dem sie nichts erzählt hatte und mit dem sie sich heimlich traf`? Calvena traute es ihr durchaus zu. Doch in den letzten Tagen war Elissa recht zerstreut gewesen. Nicht die Art Zerstreuung die dadurch kam, dass man verknallt war, sondern eher die Art Zerstreuung, die durch Sorge entstand. Nachdenklich sah sie Elissa hinter her und gab sich dann einen Ruck, als die Türe hinter der Keltin zuschlug. Sie hatte nicht bemerkt, dass Calvena bereits auf war. Was auch immer es war, dass Elissa beschäftigte, es lenkte sie ab. Sie machte sich Sorgen um die Keltin und vielleicht würde sie nun heraus finden können, was los war.
    So ganz wohl fühlte sie sich nicht dabei, Elissa zu folgen, aber es schien irgendwie unvermeidbar. Kurzerhand schlüpfte sie selbst in ihren gefütterten Umhang und die warmen Stiefel. Letztes war etwas umständlicher, der runde Bauch war etwas im Weg.


    Nach kurzem hin und her, verließ sie dann auch das Haus und konnte gerade noch sehen, wie Elissa um die Ecke bog. Die Keltin strebte geradewegs hinaus aus der Stadt. Das war wirklich seltsam. Das die Keltin weg laufen wollte, bezweifelte sie, so war Elissa nicht. Dafür kannte sie diese viel zu gut.
    Ein wenig befürchtete sie ja, Elissa würde sich umdrehen und entdecken, dass Calvena ihr folgte, aber die Keltin schien einen klares Ziel vor sich zu haben und achtete gar nicht auf ihre Umgebung.


    Die Häuser und Straßen von Mogontiacum ließen sie recht bald hinter sich. Im Zwielicht des nahenden Morgens, konnte sie sehen, wie Elissa zwischen den Bäumen verschwand. Eilig folgte sie ihr, blieb aber dann erst einmal ein wenig ratlos stehen, weil sie die Keltin aus den Augen verloren hatte. Den deutlichen Spuren im Schnee zu folgen, kam sie erst einen Moment später. Kurz vor dem Entschluss es einfach gut zu lassen und wieder zurück zu gehen. Zu dieser frühen Stunde war die Luft noch bitterkalt, außerdem war es anstrengend durch den hohen Schnee zu stapfen. Leise keuchte sie.
    Das war keine so gute Idee gewesen, stellte Calvena fest, als sie sich keuchend mit einer Hand an einem Baum abstützte und die andere auf ihren Bauch legte. Sie musste sich eingestehen, dass Elissa schon recht hatte, wenn sie ihr einfach jede Arbeit abnahm. Sie war verdammt schwerfällig geworden. Ein Wunder dass Elissa nicht hörte, wie sie durch den Wald stapfte, sie machte sicherlich so viel Lärm wie ne Horde Wildschweine. Das Beste wäre wohl, wenn sie einfach wieder umdrehte. Da war jedoch so ein unbestimmtes Gefühl, dass sie drängte, Elissa weiter zu folgen. Calvena setzte ihren weg durch den winterlichen Wald fort, blieb aber stehen, als sie zwischen den Bäumen erkennen konnte, dass Elissa an einem kleinen Weiher stand.


    Halb versteckt hinter einem Baum blieb sie stehen und beobachtete Elissa. Ein bisschen nagte das schlechte Gewissen schon an Calvena, weil sie ihr so einfach gefolgt war, obwohl diese offensichtlich allein sein wollte. Das Elissa sich ertränken wollte, hielt sie für unwahrscheinlich. Auch wenn diese sich die letzten Tage merkwürdig aufgeführt hatte, war es einfach nicht die Art Elissas einfach vor Problemen weg zu laufen. Doch warum schlich Elissa sich am frühen Morgen aus dem Haus? Grübelnd legte sie die Stirn in Falten und betrachtete den Rücken ihrer Sklavin.
    Eigentlich war Elissa für sie weniger eine Sklavin, sondern mehr eine Freundin. Eine Freundin der sie alles anvertrauen konnte.


    Ein Ast knackte unter dem schweren Gewicht des Schnees, kurz drehte sie den Kopf in die Richtung. Es war schon ein bisschen unheimlich. Außerdem fühlte sie sich kurz an einen anderen Tag versetzt, im Sommer, wo das Schicksal damals seinen Lauf genommen hatte. Es kam ihr vor, wie ein anderes Leben. Ein kleiner Schauer lief ihr den Rücken hinab.
    Erst als der Wind Elissas Stimme ihr zu wehte, wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder der kleinen Lichtung zu. Eine Gänsehaut bildete sich auf ihren Armen, als sie sah, dass Elissa ohne Schuhe und Mantel im Schnee kniete. Das war beeindruckend, sie selbst hätte das wohl nicht getan. Selbst in den dicken Winterkleidern fröstelte sie schon. Sie war eben an das mildere Klima in Italia gewöhnt.
    Unwillkürlich hielt sie die Luft an, als ihr bewusst wurde, was sie da beobachtete. Es wurde ihr ein wenig eng in der Brust und sie spürte Tränen in den Augenwinkeln brennen. Es fiel ihr schwer ein leises Schluchzen zu unterdrücken. Mit einmal Mal kam sie sich schrecklich egoistisch vor.
    Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen den rauen Stamm des Baumes und schloss kurz die Augen. Eine Träne rollte ihr dann doch über die Wange.
    Sie konnte nicht sehen, wie die Brosche kurz im Licht der aufgehenden Sonne aufblitze. Sie hörte nur wie das Schmuckstück die dünne Eisschicht durchbrach. Sie konnte nur ahnen wie es vom dunklen Wasser des Weihers verschluckt wurde und dann in die Tiefe sank. Schwer lastete plötzlich die Stille des Waldes auf ihr.


    Schweigen lag über dem Wald, nur durchbrochen von Elissas Schluchzern. Es wäre ein Leichtes zu Elissa zu gehen und sie einfach in den Arm zu nehmen. Aus Dankbarkeit für diese Freundschaft und auch aus Verständnis heraus. Aber Elissa hatte nicht gewollt, dass sie dies mitbekam. Das sie wusste, welches Opfer sie brach und das eigentlich nur für eine Frau, die sich als ihre Herrin bezeichnete, versteckt hinter einer Lüge aus Freundschaft. Calvena kam sich scheinheilig vor. Einen Moment noch, stand sie da, mit klopfendem Herzen und zweifelhaften Motiven. Dann löste sie sich vom Baumstamm und ließ die Keltin allein zurück.

    Innerlich aufgewühlt, trat sie den Heimweg an. Sie wollte nicht, dass Elissa mit bekam, dass sie ihr gefolgt war.



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    Ertappt! Die Verlegenheit stand ihm ins Gesicht geschrieben und der Verdacht, dass er sich hier nur eingeschlichen hatte, verhärtete sich. Misstrauisch verschränkte sie die Arme vor der Brust und wartete auf die nun folgende Erklärung oder weitere Ausrede. Wenn er glaubte, sie würde ihm einfach das Geld in den Rachen stecken, dann hatte er sich geirrt. Sie mochte durchaus hin und wieder etwas naiv sein, aber sicherlich nicht so Blöde, dass sie sich von ihm herein legen ließ.


    „Warum suchst du dir nicht eine Arbeit? Oft genug wird ein Scriba gesucht, viel wirst du nicht verdienen, aber es wäre ausreichend. Es würde wohl für einer Vorhaben ein Theaterstück einzustudieren dürfte es reichen!“ schlug Calvena vor, anstatt ihm Geld zu geben. Sie glaubte ihm kein Wort. „Oder Versuch es in der Curie, sicherlich wird man dich einstellen!“ Er konnte froh sein, wenn sie ihn nicht umgehend vor die Tür setzte. Da es tiefster Winter war, hatte sie dann doch etwas Mitleid.


    „Du kannst natürlich auch im Cultus Deorum anfangen“, schlug sie noch vor. Schließlich war sie ja selbst ein Mitglied des Cultus Deorum und konnte ihm sicherlich recht schnell eine Stelle beschaffen. Nur dann würde er auch arbeiten müssen und nicht nur auf der faulen haut liegen.

    Kaum dachte sie an ihn, da tauchte er schon auf. Leicht außer Atem und ziemlich verlegen stand er dann vor ihr. Reichlich verdutzt sah sie den Quintilier an. Hatte sie irgendwie magische Kräfte oder laut seinen Namen gesagt, oder warum stand der junge Mann plötzlich vor ihr? Jedenfalls ging dies nicht mit rechten Dingen zu. Vielleicht sollte sie einmal ganz intensiv an Valerian denken, vielleicht würde er dann auch direkt vor der Haustür stehen. Ein Versuch war es sicherlich wert.
    Doch erst einmal verlangte Valerians Verwandter ihre Aufmerksamkeit. Sie hatte so eine leise Ahnung, dass es ihr nicht gefallen würde, dass er sie gesucht hatte. „Ja, hier bin ich“, meinte sie und wartete gespannt darauf, was nun folgen würde.


    „Was für eine Bitte?“ fragte sie und verschränkte die Hände auf ihrem kugelrunden Bauch. Und wie sie es bereits geahnt hatte, es ging um Geld. Leise seufzte sie. Seine Bitte verstärkte ihr Misstrauen. Doch dann horchte die gelangweilte Schwangere in ihr auf. Theater?!? Zwar hatte sie keine Ankündigung gesehen, aber sie hatte die letzten Tage das Haus auch nicht verlassen. Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass es nur eine fadenscheinige Ausrede war um sich Geld zu ergaunern, aber wenn es tatsächlich ein Theaterstück gab, dann wäre das die Gelegenheit der Langeweile zu entkommen. „Theater? Bei diesem Wetter? Also im Theatrum kann es nicht stattfinden, das hat kein Dach und dort dürfte der Schnee genauso hoch liegen, wie überall. Wo genau soll das Stück denn aufgeführt werden? Und welches Stück überhaupt?“ fragte sie nach. Die Theater im Imperium waren nach demselben Prinzip gebaut: Ein Rundtheater ohne Dach, mit Sitzreihen die sich halbmondförmig um die Bühne reihten und in die Höhe stiegen. „Du nimmst mich doch sicherlich mit?“ fragte sie dann noch nach. Sehr direkt, aber um der Langeweile zu entgehen, tat sie fast alles. Solange es in ihrem Zustand möglich war.

    Mit dem neuen Becher heißem Met, schlenderte sie absichtlich von Elissa weg. So gern sie die Keltin auch hatte, sie war froh deren aufmerksamen und besorgten Blicken zu entkommen und sich einmal ganz frei wieder bewegen zu können. Dennoch, nackt ums Feuer tanzen würde sie sicherlich nicht, stattdessen hatte sie vor den Männern bei ihren Wettkämpfen zuzusehen und anzufeuern.
    Doch kaum hatte sie diesen Entschluss gefasst, da stolperte ihr ein Mann entgegen. Derjenige mit dem brüllenden Kind an der Hand. Kurz sah sie sich um, aber anscheinend meinte er tatsächlich sie. „Heilsa!“ grüßte sie ihn dann, ob Germane oder Römer konnte sie auf dem ersten Blick im flackernden Schein des Feuers nicht sagen. „Wie kann ich Dir helfen?“ erst einmal versuchte sie es auf Latein, das verstand eigentlich fast jeder Bewohner dieser Stadt. Dem heulenden Jungen schenkte sie ein aufmunterndes Lächeln. Irgendwie kam der Junge ihr bekannt vor, jedenfalls nach den Gesichtszügen her. Vielleicht der Spross einer der unzähligen Duccii? Aber mit Bestimmtheit konnte sie es nicht sagen. Vielleicht bildete sie sich es auch einfach ein. „Warum weinst du so, kleiner Mann?“ fragte sie den Knaben, wieder auf Latein. Sollte er sie nicht verstehen, dann würde sie es einfach mal auf germanisch versuchen.

    Nicht zum ersten Mal überflog Calvena den Brief den sie von ihrem Mann bekommen hatte. Sie war erleichtert gewesen, als sie den Brief bekommen hatte, aber ihre Sorgen waren nicht zerstreut, schließlich wartete noch ein gefährlicher Rückweg bei Eis und Schnee auf ihn.
    Lang war der Brief nicht, aber zumindest so etwas wie eine Beruhigung, dass es ihm gut ging und er nicht von einer Lawine verschluckt worden war. Sie vermisste ihn auch und hätte ihm das am Liebsten geschrieben, aber den Brief würde er wohl nicht erhalten.
    Es grenzte ja auch schon an ein Wunder, dass sein Brief überhaupt den Weg über die Alpen gefunden hatte. Der arme Kerl, der die Briefe austrug, der dürfte einige kalte Nächte hinter sich haben. Und der Rückweg dürfte wohl erst einmal dem Boten des Cursus Publicus verwehrt bleiben, denn die Pässe waren zu. Sie hatte gehört, wie einige Händler sich darüber beschwerten, dass sie wohl bis Frühling in der Stadt bleiben müssten. Den längeren Weg über Galia wollten nur wenige auf sich nehmen. Bei diesem Wetter war jede Reise gefährlich und beschwerlich.
    Sie war sich ziemlich sicher, dass Valerian diesen Weg auf sich nehmen würde, einfach nur um wieder bei ihr zu sein, aber sie hätte auch Verständnis dafür gehabt, wenn er einfach wartete bis es wieder milder geworden war. Nur dass er dann die Geburt seines Kindes verpassen würde. Leise seufzte sie, sie war hin und hergerissen, zwischen vermissen und Sorge.


    Calvena zog sich die Decke über die Schultern und legte den Brief erst einmal bei Seite, im Augenblick konnte sie nur warten. Warten, dass ihr Mann nach Hause kam, darauf warten, dass das Kind zur Welt kam und darauf warten, dass die Langeweile verschwand. Sie hatte es ja bereits geahnt, der Winter würde eine Geduldsprobe für sie sein. Im Haus eingesperrt zu sein, weil der Schnee sich vor dem Haus türmte, war furchtbar. Vor allem furchtbar langweilig, auch weil Elissa und die anderen guten Hausgeister ihr jegliche Arbeit abnahmen. Es ließ sich auch niemand mehr von ihrer schlechten Laune beeindrucken, es wurde einfach weiter gemacht, als wäre hätte sie sich nicht beschwert.
    Ihre Finger schlossen sich um einen Becher mit heißem Gewürzwein und die Kohlebecken sorgten für eine angenehme Wärme. Alles in allem war es ja schön gemütlich im Haus, aber eben total langweilig. Vielleicht sollte sie einfach einmal Cara einen Besuch abstatten. Mit Catiena war leider nicht viel anzufangen, diese hatte sich erkältet und ihrem Zimmer eingesperrt und Melina, die war mal wieder nur mit sich selbst beschäftigt.


    Vielleicht sollte sie einmal Bassus näher kennen lernen. Der Quintilier hatte aus heiterem Himmel plötzlich vor der Casa gestanden, völlig mittellos. Calvena war sich gar nicht mal so sicher, ob der junge Mann überhaupt ein Verwandter ihres Mannes war. Es konnte sich auch gut um einen Hochstapler handeln. Ein Blick in den Stammbaum hatte zumindest ein paar Zweifel zerstreut, aber sie war sich immer noch nicht sicher ober Bassus wirklich der war, für den er sich ausgab. Melina kannte ihn jedenfalls nicht und Valerian konnte sie im Augenblick nicht fragen. Mit einem unguten Gefühl, hatte sie ihn erst einmal aufgenommen. Simplex behielt ihn aber im Auge, nicht dass sich der Verwandte als verrückter Massenmörder herausstellte. Eines stand jedenfalls fest, wirklich nützlich machte er sich nicht oder bemühte sich um Arbeit. Ambitionen oder Ehrgeiz schien er auch nicht zu besitzen.
    Es war schon merkwürdig.

    Cubiculum
    Caius Quintilius Bassus


    Es ist ein recht kleines, aber komfortables Zimmer. Rechts neben der Tür steht ein Schrank, Gegenüber an der Wand ein schlichter Schreibtisch mit einigen Papierblättern, einer Feder mit Tinte und einem Krug Wein mit einem Becher daneben. Auf der linken Seite der Tür steht in der Ecke ein Bett, worauf eine Decke und ein Kissen liegen. Mit mehr ist dieses Zimmer nicht geschmückt, da der Bewohner dessen auch nicht viel an Besitz hat.

    Calvena schenkte Elissa erst ein verschmitztes Grinsen, zog dann aber einen kleinen Schmollmund, als diese sich lustig über sie machte. Die Keltin hatte eindeutig ihren Spaß daran. Wirklich böse war sie ihr nicht. Ein Grinsen zeigte sich dann wieder auf ihren Zügen.


    Sie musste schmunzeln, als Valgiso der Neugierde nachgab und Elissa eine Frage stellte. Dass er einen wunden Punkt traf, konnte er ja nicht wissen, aber so wie Elissa war, gab sie dann auch eine recht freche Antwort. Für den Moment war die Aufmerksamkeit der Keltin abgelenkt und Calvena ein wenig außen vor. Genau der richtige Augenblick um sich vielleicht einfach zu verdrücken und Elissa ihren Spaß zu gönnen. So unauffällig wie möglich löste, sie sich von der Keltin. „Ich geh mir noch nen Met holen!“ meinte sie und schon war sie einfach verschwunden und ließ die Beiden stehen. Recht schnell hatte sie einen weiteren Becher ergattert, ehe sie dann einfach noch mal eine Runde ums Feuer drehte. Vorbei an einem überfordert dreinblickenden jungen Mann mit einem Kind an der Hand.