Im Grunde wollte sie Laevina nur in ihre Schranken weisen. Diese war zu weit gegangen, als sie bei den Fontinalien auf sie zu gekommen war und mit ihren bösartigen, verletzenden und gehässigen Worten in ihre noch recht frischen seelischen Wunden herum gestochert hatte. Dies konnte sie ihr einfach nicht verzeihen. Diese Hexe ahnte ja nicht, was sie ausgelöst hatte. Ihre Alpträume waren zurück gekommen. Sie hatte geglaubt es endlich überwunden zu haben und dann, dann kam dieses Biest.
Plötzlich wurde der Tonfall Laevinas liebevoll und Verständnis voll, doch glaubte sie ihr erst einmal nicht. Misstrauen, welches sie jahrelang am Leben gehalten hatte, keimte in ihr auf und sie musterte die Alte skeptisch. Aber dennoch schenkte sie ihren Worten glauben, solche Menschen wie Laevina gab es viele, sie waren ehrgeizig und setzten das wohl der Familie über das Glück des Einzelnen. Es war eine Einstellung vor der ihre eigene Mutter geflohen war, in eine Welt, die sich völlig von dem römischen Idealbild abwich. Eine Welt, in die sie nun gekommen war, zum teil unfreiwillig. Aber sie hatte sich arrangiert und war auf dem besten Wege glücklich zu werden, doch vor Laevina fürchtete sie sich ein wenig. Sie befürchtete das die Germanica ihr dieses Glück nicht gönnen wollte. Dies war der Grund warum sie es nicht zulassen wollte, dass Laevina vielleicht eine Rolle einnehmen konnte in ihrem Leben, der ihr vielleicht helfen konnte. Denn es gab einiges was sie ihr voraus hatte, Lebenserfahrung, eine gewisse Weisheit und einige Fähigkeiten, die ihr fehlten. Jene, welche sie immer noch von vielen anderen jungen Frauen Roms unterschied.
Huch, was war das, da mischte sich Avarus doch tatsächlich ein, aber erst, nachdem sie ihre kleine Schlacht ausgetragen hatten. Eine von vielen. Sie zuckte von daher nur gleichmütig mit den Schultern. Für sie war die Sache vorerst vom Tisch, das dicke Ende würde noch kommen. 
Verdutzt sah Calvena Sabina hinter her, was war denn nun los. Sie warf Sedulus einen fragenden Blick zu, leider hatte sie nur die Hälfte von dem mitbekommen, was gerade statt gefunden hatte. Anscheinend war ihre kleine Cousine an diesem Abend sensibler als sonst, was wohl auch daran lag, dass sie sich auch nicht von ihrer besten Seite gezeigt hatte. Und schon bekam sie ein schlechtes Gewissen. Kurz warf sie Laevina einen giftigen Blick zu, daran war nur sie Schuld. Als Sedi dann auch noch das Kindermädchen los schicken wollte und anordnete dass, sie Sabina gefälligst zurück zu bringen hatte, seufzte sie innerlich auf. Vermutlich würde es das ganze nur noch schlimmer machen.
„Lass gut sein, Bia. Ich geh zu Sabina“ ,meinte sie dann kurz entschlossen. Manchmal war es besser, wenn sich mal eben nicht der Papa oder aber das Kindermädchen um das Kind kümmerte, sondern jemand, der dessen Gefühle verstand. Bia würde nur ihrer Pflicht nachgehen, Sedi würde Sabina nur Vorwürfe machen, Avarus schien völlig abwesend zu sein und sie traute es Laevina zu, das Ganze noch schlimmer zu machen. Außerdem musste sie sich eingestehen, war sie ganz froh über die Gelegenheit, denn nun entkam sie kurz der alten Schreckschraube. Für ihren Geschmack war es etwas zu viel Bösartigkeit gewesen, auch wenn sie dieses kleine Gemetzel für sich entschieden hatte. Gemessenen Schrittes folgte sie dem kleinen Ausreißer...