Ein Blinzeln brachte den Schmerz.
Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, aber es ließ genug Licht zu seinen Nerven durchdringen, um sämtliche Synapsen in seinem Schädel explodieren zu lassen. Wie die Wellen, die ein Stein kreisförmig über eine geschändete Wasseroberfläche jagte, zog der Schmerz durch seinen Kopf, und das einzige, was ihm als adäquate Reaktion darauf einfiel war ein Fluch, der hier aufgrund des Jugendschutzgesetzes keine genauere Erläuterung erfahren darf.
Er drehte die schmerzenden Glieder (ein zünftiger Kater darf sehr wohl als Ganzkörpererfahrung betrachtet werden) so weit, dass er das Gesicht in dem gewickelten Kissen vergraben konnte um sich zumindest für einige Sekunden dem schmerzhaften Licht zu entziehen. Das allerdings lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Ohren, die gerade vor dem Gebrüll der Vögel vor dem Fenster kapitulierten. Dann meldete sich auch noch seine Blase zu Wort, was ihn schließlich aus dem Bett trieb. Oder genauer gesagt: ihn aus dem Bett fallen ließ. Als er sich wieder aufrappelte, stieß er mit dem linken Fuß gegen einen Tisch, der große Zeh brach mit einem laut vernehmbaren Knirschen und der untere Schmerz überrannte den oberen wie die Goten Rom wenige Jahrhunderte später: ohne Gnade, ohne Gefangene, ohne Mitgefühl. Ein lauter Schrei war die konsequente Folge dessen, und als er laut fluchend auf einem Bein, mit immernoch halb geschlossenen Augen durch das Zimmer hüpfte konnte das Schicksal nicht anders, als ihm seinen Nachttopf in den Weg zu stellen.
Einige Sekunden später lag Vala auf dem Boden, sich immernoch den vor Schmerz pochenden Fuß haltend, und als er wieder die Augen öffnete, blickte er in das vorwurfsvoll dreinschauende Gesicht seines neuen Leibsklaven.
Sirius
[Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/vala/valahelfer05.png]
"Ah, der junge Herr ist aufgewacht. Sehr schön.", das süffisante Grinsen, mit dem Vala bei diesen Worten bedacht wurde, muss man hier eigentlich nicht zusätzlich erwähnen, "Hat auch lange genug gedauert. Ich gehe davon aus, jemand sollte dieses Missgeschick entfernen. Oh.. und das sollte sich definitiv ein Medicus ansehen."
Vala brummte eine unverständliche Reaktion während Sirius zum Bett ging, und dieses gedankenverloren einige Sekunden anstarrte.
"Ich glaube, Fortuna hat dich heute als Wiedergutmachung für dein Glück am gestrigen Tage ordentlich gefickt, Vala. Ach, wo ich gerade dabei bin: was machen wir mit ihr?"
Er deutete auf das halbbedeckte Wesen, das immernoch tief schlummernd in Valas Bett lag. Er hatte sie vollkommen verdrängt, wobei der Alkohol ihm eine große Hilfe gewesen war.
Vala kratzte sich am Kopf, und versuchte seine Hirnzellen zu einer einigermaßen sinnvollen Aktivität zu reizen, scheiterte jedoch vollkommen: "Gnarf... weck sie auf und wirf sie raus."
Der Sklave schenkte ihm einen abschätzigen Blick: "Das scheint normalerweise zu funktionieren, aber es funktioniert nicht, wenn es sich um die Frau eines Gastes des Hauses handelt. Ich bin mir sicher, Precius Coriolanus wird sich so seine Gedanken machen, wenn er seine Frau nicht in ihrem Zimmer vorfindet. Dir sollte daran gelegen sein, dass er genau das nicht tut. Also raff dich auf, und spiel noch fünf Minuten lang den galanten Liebhaber. Vergrätz sie nicht, sie könnte sich rächen. Du bist verwundbar.. du hast die erste Stufe geschafft, aber macht dich noch lange nicht unantastbar."
Vor allem, wenn er davon ausgehen durfte, dass die anderen Bewerber nicht erfreut darüber sein dürften, von einem Duccius düppiert worden zu sein. Um potentielle Feinde musste Vala sich beileibe keine Gedanken machen. Eher um potentielle Freunde. Und der Precier war definitiv einer davon. Solange er nicht herausfand, was Vala mit seiner Frau trieb.
Also raffte er sich unter leisem Stöhnen auf, humpelte zum Bett und streichelte die junge Frau sanft aus dem Schlaf. Das junge Wicht kuschelte sich anscheinend instinktiv an ihn, und nur knapp konnte er dem Wunsch widerstehen, sie einfach von sich zu schieben. Es folgte eine nur allzu bekannte Vorführung der Schauspielkünste Valas:
"Liebes... du musst gehen. Es ist schon zu spät, dein Mann.. du weißt ja... wir wollen doch nicht... wer könnte schon... und du kennst.. nein, du kennst es nicht. In Ordnung... aber du musst... ja, natürlich werden wir... mach dir keine.. ich werde das niemals... du alleine... ganz sicher... nur du... auf bald... vergiss mich nicht... ich dich auch nicht."
Die Tür fiel ins Schloss, Sirius begleitete die junge Dame in ihr Zimmer, sicher gehend, dass niemand ihren Ortswechsel bemerkte, und bläute den prudentischen Sklaven absolute Verschwiegenheit ein. Währenddessen ließ Vala sich zurück ins Bett sinken und versuchte aus der Wolke an Schmerz das zu rekonstruieren, was gestern noch vorgefallen war.
Mein Gott, was ein Fest. Hatte der Quintilius wirklich... oh, er hatte. Und der Claudier? Meine Güte, das hätte er dem Mann nicht zugetraut... und der Precius erst. Vala versuchte sich daran zu erinnern, wann er das letzte Mal so besoffen gewesen war.. dass Linus sich einen Unbekannten klargemacht hatte, schimmerte immernoch in seinem Geist.. verdammter Grieche. Der Accius hatte sich selbst im größten Suff noch enorm diszipliniert gezeigt, Vorbildrömer durch und durch... und dann die Tänzerinnen.. wer hatte die nochmal bestellt? Der Prudentius mit Sicherheit nicht.. wer dann? Ach, egal... Vala würde sie eh nicht bezahlen müssen.
Irgendwann fing seine Nase wieder an zu arbeiten, und Vala entschied sich, ins Balneum zu humpeln um die Reste der Nacht von sich zu waschen. Und dann galt es noch, diesen verdammten Kater loszuwerden... und dafür zu sorgen, dass man den Vigintivir Duccius nicht so schnell vergaß.