Beiträge von Manius Flavius Gracchus Minor

    Obschon er den bittenden Blick der Sklavin im Dunkel des Tempelraumes mitnichten erkannte, entnahm Manius Minor der flehenden Stimme doch die Pein Idunas, die es augenscheinlich sehr danach verlangte, die Villa Flavia Felix bisweilen hinter sich zu lassen. Sogleich lag selbstredend die Vermutung nahe, dass es ihr unter den Augen Aurelias an diesem Ort nicht sonderlich gut erging, was wiederum das Mitleid des Jünglings erweckte, welcher ja konträr zu seinen Familiaren sich doch um einen gedeihlichen Umgang mit dem Hausgesinde bemühte.


    Indessen verwunderte ihn doch ein wenig, dass die Sklavin seinen Worten in irgendeiner Weise entnommen hatte, dass sie ihn nicht mehr begleiten durfte, weshalb er sich zu klarifizieren bemüßigt sah:
    "Nun, es steht mir nicht zu deinem Dominus vorzugreifen, doch sofern du deine häuslichen Obliegenheiten ordentlich erledigst, darf der Vilicus dich mir gerne wieder einmal zuteilen, wenn ich weiterer Helferlein bedarf."

    Augenscheinlich grämte Scato noch immer jenes Fiasko seiner geplatzten Spiele, weshalb Gracchus Minor davon absah, diese intensiver zu thematisieren, obschon er sich fragte, ob ein derartiger Aufstand womöglich durch eine weniger beschwerliche Herrschaft über die Unfreien wäre zu vermeiden gewesen. Wieder dachte er zurück an die despektierliche Rede über das Gesinde, der etwa seine Stiefmutter sich zu befleißigen pflegte und runzelte die Stirne.
    "Durchaus erstaunlich, dass ein derart großer Aufstand den Schergen des Kaisers in seiner Präparation gänzlich entging."
    Sodann wandte er sich jedoch dem zweiten Zwischenfall zu, welchen Scato lediglich nebulös erwähnt hatte:
    "Wie ist aus einer Spende ein Strick zu drehen?"
    Selbstredend hatte den jungen Flavius in Germania keine Nachricht über die Anklage seines Vetters erreicht, sodass sein Vorwitz geweckt war.

    Einen Augenschlag erwog der junge Flavius, seinen Anteil am Friedensschluss ein wenig stärker zu pointieren, als dies womöglich redlich gewesen wäre, dachte dann jedoch an die Trinität der flavischen Normen, zu welchen neben Staat und Familie auch die Wahrheit zählte:
    "Nun, mir war einige wertvolle Unterstützung gegeben."
    Ein wissendes Lächeln umspielte seine Lippen, als er mit neuerlichem Staunen die Koinzidenz all jener förderlichen Faktoren gedachte, welche es beinahe nahelegten, dass die Unsterblichen selbst im Spiele waren gewesen.
    "So hatten wir kurz zuvor eine germanische Seherin inhaftiert, welche jedoch zu unseren Gunsten wirkte. Sodann litten die Chatten unter einer Hungersnot, welche ihre Aggressivität bändigte. Zum dritten geleitete mich jedoch eine Duccia, die ebenfalls als Seherin jenseits des Limes über einiges Ansehen verfügte und selbiges zu meinen Gunsten in die Waagschale warf. All dies dürften weitaus bedeutsamere Faktoren gewesen sein, warum am Ende die vernunftvollen Stimmen des Thing obsiegten."
    Er griff nach einem Becher Weines und nahm einen Schluck, um sodann ein kleines Gebäckstück sich einuzverleiben.

    Die Sklavin schien geradehin verschreckt zu sein angesichts der Kritik des jungen Herrn, obschon jener keineswegs selbige in irgendeiner Weise harsch hatte intendiert. Schon fragte er sich, ob Aurelia Prisca, die sich ja als überaus gestrenge Herrin hatte präsentiert, bereits ihr Regiment des Schreckens hatte installiert, sodass die armen flavischen Diener unter beständiger Furcht nun lebten, als sie auf ihren Dominus verwies, was lediglich sich auf Scato beziehen konnte. Durchaus vermochte der Jüngling zu imaginieren, dass sein Vetter ebenfalls ein gestrenger Herr war, doch wollte er nicht akzeptieren, dass er von ebenmäßiger Brutalität war.
    "Keine Sorge, ich vermute, ein geräuschvoller Hauch wird die Unsterblichen nicht allzu sehr erzürnen."
    , erwiderte er dennoch mit einem freundlichen Lächeln.
    "Verstehe meine Rüge eher als Belehrung für das nächste Mal."
    Sofern es ein solches gab.

    Der Jüngling lauschte aufmerksam, legte sodann jedoch die Stirne in feine Falten, als er an seine juristischen Studien zurückdachte.
    "Ist das Opus publicum nicht bereits die reguläre Strafe, in welche die alten Bestimmungen der Freiheitsstrafe umgewandelt werden?"
    , erwiderte er final, auf den Paragraphen 52.2 des Codex Iuridicialis anspielend, welchen er selbstredend lediglich nebulös memorierte, da die Rechtsgelehrsamkeit während seiner Edukation stets eher mäßiges Interesse evoziert hatte.

    Wieder erhob der Jüngling die Arme zum Himmel, um seine Handlung zu vollenden:
    "Ich erbitte von euch euren Segen, aufdass es mir vergönnt sein wird, euren Spuren zu folgen und in den Senat erhoben zu werden. So dies geschehen mag, gelobe ich euch ein Zicklein als Opfergabe!"
    Bereits sein letztes Gelübde war von Erfolg gekrönt gewesen, weshalb der junge Gracche auch diesmalig sich in einem Handel mit den Göttern versuchte. Dann jedoch war das Opfer bereits beendet und er wandte sich nach rechts zu seiner Entourage. Mit zwei Schritten trat er zu ihnen hin und nickte seinem Diener Patrokolos zu.


    Sodann suchte sein Blick Iduna, welche durch ihr hektisches Gebaren seine Aufmerksamkeit hatte erregt:
    "Du solltest, sofern du ein weiteres Mal als Minister eingeteilt wirst, ein wenig stiller deinen Dienst vollziehen."
    , schalt er sie mit ernsten Worten, obschon er keineswegs erzürnt war, sondern lediglich sie zu belehren wünschte.

    Zufällig passierte der junge Gracchus mit seiner Entourage soeben das Forum, als Iulius Centho ansetzte, seine Wahlkampfrede zu halten, weshalb er inne hielt, um den Worten des Rhetoren zu lauschen. Diverse Male hatte der Jüngling den Iulius bereits von weitem beobachtet, insonderheit wenn dieser seine Pflichten als Augur versah, doch weder sein Vater, noch dessen politische Freunde schienen weitere Kontakte zu jenem Emporkömmling zu pflegen, sodass Centho ihm ein gänzlich unbeschriebenes Blatt war. Seine Worte indessen verrieten kein sonderlich innovatives Programm, was jedoch womöglich auch der Eindimensionalität des prätorischen Amtes war geschuldet.


    Nachdem final der Jubel der Plebs verklungen war, ließ Manius Minor, similär zu dem Rhetoren in die Toga candida gehüllt, gar sich zu einer kleinen Nachfrage hinreißen:
    "Verstehe ich recht, dass du die Strafen insonderheit zulasten von Fremden und Sklaven zu erhöhen gedenkst? Oder dreht es sich eher um eine allgemeine Verschärfung der Strafen?"
    Er runzelte die Stirne und fügte noch an:
    "Und welche Vergehen erscheinen dir als von vornehmlicher Dringlichkeit?"

    M' Flavius Gracchus
    Villa Rustica Flavia
    Baiae, Italia


    M' patri suo s.p.d.


    Ich sende dir heutig meine Grüße aus Roma, wohin ich kürzlich wieder wohlbehalten zurückgekehrt bin. Obschon es mir nicht mehr vergönnt war, persönlich mich von Duccius Vala zu verabschieden, den augenscheinlich die Lenkung der Provinz stark okkupiert, so war mir doch ein herzlicher Abschied durch meine Legion und gar den Praefectus Alae, mit welchem bisweilen ich zusammenzuarbeiten hatte, beschieden. Die Reise verlief sodann ebenso undisturbiert, zumal mir Titus Tiberius Merula, der Sohn eines Tiberius Antoninus, und sein Bruder Tiberius Verus, welcher kurioserweise als Centurio bei meiner Legion diente, Gesellschaft leisteten. Dennoch war mir auf meinem Weg einige Zeit des Reflektierens gegeben, welche in mir Gedanken evozierten, die ich bei Gelegenheit gern mit dir teilen würde.


    Indessen hält mir vorerst Rom gefangen, da ich entschieden habe, mich umgehend um das Amt des Quaestor zu bewerben und meinen Cursus Honorum fortzusetzen. Ich werde also zuerst den Wahlkampf hinter mich bringen müssen, ehe es mir vergönnt sein wird, dich für einige Tage in Baiae zu besuchen.


    Bis dahin kann ich dir versichern, dass auch hier in Rom alle wohlauf sind, dich jedoch nach wie vor vermissen. Auf einer Feierlichkeit des Aurelius Lupus, welcher sich um das Aedilat bewirbt, erkundigte sich selbst die Augusta nach dir, doch ebenso wünschen sich dein Haushalt und deine Familie deine baldige Rückkehr.


    Insofern hoffe ich, dass du dich inzwischen wieder besserer Gesundheit erfreust. Sollte es dir jedoch nicht vergönnt sein, uns baldig hier in Rom zu besuchen, werde ich, sobald die Wahlen vorüber sind, versuchen dir einen Besuch abzustatten.


    Vale bene!

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    ~~~ Gefangen in Morpheus' Reich ~~~


    Er saß auf auf seinem Ross und blickte hinab in das sanft abfallende Tal, in welchen brache Felder sich aneinander, durchbrochen von den irregulären Wendungen des Astico wie der Via Minor hinauf nach Patavium. Um ihn hatte die Legio II Germanica ihre Stellungen errichtet, zu seiner Rechten die VIII Augusta, zur Linken die I Traiana, doch würde es den Truppen des Usurpators impossibel sein, Stärke und Verteilung der einzelnen Einheiten auf dem bewaldeten Hügel zu identifizieren, so er sich nicht bemüßigte selbige zu erklimmen.


    Sie warteten. Seit Stunden hatten sie ihre Stellungen bezogen, doch hatte der Feind sich nicht aus seinem Lager begeben, doch gedachte auch Flaminius Cilo, ihr Kommandeur, nicht, die Sekurität seiner Stellungen zu verlassen, um das feindliche Lager zu attackieren.
    Folglich verblieben seinen Kommilitonen und ihm nichts anderes, als wachsam auf seinem Posten zu verharren und sein Equippement parat zu halten. Dies also unternahm er aufs Neue, kontrollierte den Sitz seiner ledernen Rüstung, prüfte die Fibel, welche sein Paludamentum hielt und erprobte den Sitz seines Gladius in der Scheide, aufdass es sich im Eifer des Gefechtes nicht würde verhaken.


    Dann jedoch erschien ein berittener Bote, welcher in vollem Galopp die Ebene durchquerte, sodass die Hufe seines Rosses die Äcker unter sich umpflügten und Staub aufwirbelten, achtsam die Brücke des Astico überquerte und sodann den milden Anstieg der Hügelkette erklomm, auf welcher sie campierten.


    Voller Vorwitz ergriff er selbst also seine Zügel, um zu jener Stelle zu eilen, wo der Bote die Palisade würde erreichen, trieb seinen guten Trautwin vorwärts und erreichte ihn just in jenem Augenschlage, in welchem dieser die Stellung überwand.
    "Nun, was weißt du zu berichten?"
    , fragte er den Boten, aus welchem die Novitäten hitzig und in höchster Erregung förmlich erupierten:
    "Menenius Lanatus zieht ab. Der Praefectus Praetorio hat den Usurpator verhaftet und Rom okkupiert. Der Krieg ist vorüber!"
    Staunend fixierte er den Boten.
    "Welch ein Sinneswandel! Wie konnte dies geschehen?"
    "Offenbar hat dein Vater ihn überzeugt. Er reiste, als er aus Mantua verschwand, offenbar incognito nach Rom, um heimlich mit Decimus Serapio zu verhandeln. Und scheinbar hatte er Erfolg. Zumindest wurde er zum Praefectus Urbi gemacht, um über Rom zu herrschen, bis Cornelius Palma die Urbs erreicht hat."
    Incredibel erschienen jene Worte, welche in phantastischer Weise jenem grässlichen Konflikt ein Ende setzten, noch ehe er allzu viele Leben gekostet hatte. Obschon sie folglich all die Meilen über die Viae der Provincia Germania Superior und die beschwerlichen Alpenpässe vergebens gezogen waren, so stellte jene Novität doch zweifelsohne eine Relaxation für sämtliche der Legionäre dar, welche in größter Mühe in den vergangenen Stunden jene Stellungen errichtet hatten, um nun gegen ihre Brüder, Vettern und Freunde auf der opponierenden Seite das Schwert zu erheben und sich gegenseitig dem Tode zu weihen.
    "Welch erfreuliche Wendung!"
    , jubilierte er folglich und wandte sich zu seinem Cornicularius.
    "Lasst uns die Männer in Kenntnis setzen! Cornelius Palma hat triumphiert!"
    Selbstredend ließ er sich sodann die Details jener imprävisiblen Wendung in extenso explizieren, ehe schließlich lautes Jubilieren aus tausenden Kehlen die Unterredung mit dem Boten interrumpierte. Der Bürgerkrieg war zu Ende!


    ~~~


    Jenes Jubilieren in den Ohren erwachte der junge Flavius in seinem Bette. Für einen Augenblick bedurfte er der Orientierung, doch konträr zu den ihm so vertrauten nokturnen Disturbationen nach disturbierlichen Traumgesichten verspürte er heutig ein durchaus positives Gefühl, war nicht schreiend, sondern eher von aufwallender Freude aus dem Traume gerissen worden. Was als Knabe ihm verwehrt geblieben war, als Aurelius Ursus ihn, den blinden Passagier seines Kriegszuges, entdeckt hatte, hatte sich nun im Traume vollendet, indem er als Tribunus Laticlavius, welcher er nun in anderen Zeiten hatte verkörpert, an der Schlacht von Verona hatte partizipiert. Doch konträr zur wahrhaftigen Historie hatte jene überhaupt nicht sich ereignet. Und der Grund jenes unblutigen Reüssierens war niemand anders als der Erfolg Manius Maiors gewesen!


    Inmitten der Kissen und Decken seiner bescheidenen Bettstatt im Obergeschosse eines namenlosen Gasthauses, in welcher die Tiberii und er genommen hatten, richtete Manius Minor disturbiert sich auf. Selbstredend fiel es ihm nicht sonderlich schwer sich zu entsinnen, dass auf seiner Abreise nach Germania er jene Grabhügel passiert hatte, in denen die Gebeine der gefallenen Soldaten waren bestattet worden, ebensowenig, dass er, anstatt als Knabe an jener gewaltigen Schlacht zu partizipieren, damalig in relativer Sekurität unter dem Dach seines geschätzten Vindex war angekommen, sodass jener Traum faktisch nichts anderes als eine schnöde Gaukelei war gewesen, die nichts über die wahren Ereignisse jenes unsäglichen Tages, an dem so viele Söhne des Mars ihr Leben im Ringen miteinander hatten ausgehaucht, berichtete.
    Dennoch inspirierte jene alternative Narration den Jüngling zu spintisieren: Seit jener Nacht, als Manius Maior ihm unbemerkt den Rücken gekehrt hatte und aus Mantua entflohen war, warf Manius Minor insgeheim stets ihm vor, dass er ein Feigling sei, welcher nicht nur ihm selbst, sondern ebenso seiner Pflicht, auf dem Felde der Ehre den Heerscharen des Usurpators die Stirne zu bieten, entflohen war. Immer wieder hatte der junge Gracchus den älteren dafür verflucht, ein Feigling zu sein, und jene Schlacht von Vicetia, während der sein Vater irgendwo in Roma hatte geweilt, als Konfirmation herangezogen. Obschon sein Vater in jedem Gespräch erklärt hatte, nicht zum Kriegsmann geschaffen zu sein, ja selbst seine eigenen Pläne, unter den Adlern zu dienen, mit einiger Reserviertheit akzeptiert hatte, hatte er all dies lediglich als nichts weiteres denn den Ausfluss jener Feigheit verurteilt.


    Doch wenn er jenen Traum rekapitulierte, so erweckte er doch die Remineszenz an ein Gespräch, welches er vor vielen Jahren, als er von seinem Exil zu Cremona war zurückgekehrt, mit seinem Vater geführt hatte. Schon damals hatte er, zwar ein unmündiger Knabe, doch voller Zorn, seinem Vater jene Feigheit unterstellt und war nicht geneigt gewesen zu akzeptieren, was jener erwidert hatte. All die Jahre hatte er kaum einen Gedanken an jene Worte verschwendet, doch heute Nacht kamen sie ihm aufs Neue in den Sinn, da es ihm doch stets nur als minder ehrenhafte Ausflucht vor jenem höchsten Lebensopfer gegolten hatte, welches ein Sohn Roms auf dem Altar der Roma mochte darbringen: Manius Maior hatte Mantua den Rücken gekehrt, um Faustus Decimus Serapio, dem damaligen Praefectus Praetorio, auf die Seite der getreuen Quiriten zu ziehen, welche damalig als Verschwörer denunziert gewesen waren.


    Doch war jenes Ansinnen per se unehrenhaft, weil er misslungen war? Glich es im Grunde nicht jenem, das Gracchus Minor selbst verfolgt hatte, als er im vergangenen Jahr die Chatten hatte aufgesucht, um einen Frieden zu schließen, welcher nicht auf dem Blut zahlloser Soldaten, sondern wohlmeinenden Worten und dem hintergründigen Wirken beiderseits respektierter grauer Eminenzen ruhte? War es nicht ebenso ehrenhaft, eine Schlacht zu verhindern und brave Söhne Roms, deren limitierter Horizont ohnehin ihnen nicht gestattete, die Intersektionen der großen Politik zu durchdringen, die mindestens ebenso glücklich auf ihrer Scholle in Italia hätten gelebt als in den Castella entlang des Limes, vor dem Tode zu bewahren, ohne die Necessitäten einer gerechten Ordnung preiszugeben? Hätte, wäre Manius Maior erfolgreich gewesen, der Krieg und das Leid Unzähliger nicht ein weitaus früheres Ende genommen und wäre Rom darum nicht weitaus früher wieder erblüht? Und hatte er also in all jenen Jahren der paternalen Entzweiung seinem Vater nicht Unrecht getan?


    All jene Fragen okkupierten den jungen Flavius, während er in seinem Bette lag und in die Dunkelheit der Nacht starrte, ehe die Müdigkeit aufs Neue ihn übermannte und er zurück in Morpheus' Reich glitt, um an kommenenden Morgen in aller Frühe zu erwachen, wie es ihm während seines Tribunates zum Usus geworden war.

    Auch Manius Minor hatte entschieden, an der heutigen Festivität zu partizipieren, nicht lediglich um aus wahltaktischen Gründen seine Präsenz zu zeigen, sondern ebenso um jenen Heroen seine Referenz zu erweisen, die hier in Rom jenen Dienst hatten versehen, den eigentlich auch er im fernen Germania zu leisten gehabt hätte, wäre der Limes nicht just in jenem Jahr von größter Friedlichkeit gewesen.


    Als Sohn eines Consulars hatte man ihm einen Platz auf den Tribünen bereit gestellt, wenn auch ob der beengten Verhältnisse in den hinteren Reihen, wo er mit seiner Toga candida unter den übrigen Aristokratensöhnen, die heute weitgehend das ungefärbte Staatskleid zu tragen pflegten, ein wenig herausstach.

    Aus der Patera goss der junge Gracche den Wein auf den Boden, wo eine dafür präparierte Öffnung die Gabe ins Erdreich würde entlassen. Sodann reichte er, ohne die Cheruskerin eines weiteren Blickes zu würdigen, die Opferschale an sie zurück und wollte bereits fortfahren, als er ein pfeifendes Geräusch neben sich vernahm, welches prompt ihn aus der kultischen Routine warf.
    Irritiert blickte er zur Seite und warf der geräuschvoll atmenden Sklavin einen scharfen Blick zu, bis sie verstummte. Im Halbdunkel des Tempels erkannte er nicht, dass es sich um jene Sklavin handelte, welcher er vor Jahren sein Herz hatte einen Spalt geöffnet, sondern identifizierte lediglich einen disturbierenden Faktor innerhalb seines Rituals.
    Dennoch erschien es inadäquat, wegen einer derartigen Störung das gesamte Opfer zu unterbrechen, weshalb er sich wieder den Kultstatuen zuwandte, sich einen Augenschlag sammelte und sodann sich von einem anderen Sklaven die Opferkuchen reichen ließ.
    "Nehmt dieses Brot, die Nahrung der Lebenden und Unsterblichen!
    Gewährt mir dafür eure Hilfe, aufdass ich meiner Familie und meinem Staatswesen als Quaestor dienen mag!"

    Aufs Neue präsentierte er seine Gabe und legte diese nun im Foculus nieder, wo das harte Gebäck erstlich unter dem Duft frischen Brotes, sodann versengenden Holzes seine irdische Existenz beendete und verhoffentlich zugleich von den Divi Flavii wurde aufgenommen.

    Zitat

    Original von VETURIA SERENA
    "Nun ich hoffe, dass er Rom nicht mehr lange fernbleiben wird." Sagte die Kaiserin. "Und ich hoffe, dass du mir später etwas mehr von Germanien berichten wirst." Das es sie vor allem interessierte, weil ihre Klient dort weilte verschieg sie zunächst. Das konnte sie später ja noch erklären. Außerdem plante sie ja immer noch eine Reise in den Norden. Eigentlich war ja alles geplant gewesen doch dann kamm die Schwangerschaft. Da hatte sie es natürlich vorgezogen in Rom zu bleiben.


    "Überaus gern."
    , erwiderte der junge Flavius mit einem Lächeln und begann bereits amüsiert zu imaginieren, wie er, stehend über allen Klinen hinweg, seine adventurösen Erlebnisse bei den Chatten würde zu Besten geben, um den Vorwitz der zahllosen Personen zu befrieden, welche bisherig ihn auf sein Tribunat hatten angesprochen.

    Zitat

    Original von Caius Flavius Scato
    "Nun, den Schock habe ich schnell überwunden Augusta, es ist mehr der Groll und den Ärger den ich noch mit mir herumtrage. Ich plane jedoch erneute Spiele um das Volk von Rom zu entschädigen, eventuell zu unserer Hochzeit?" entgegnete Scato und ergriff demonstrativ die Hand seiner Verlobten Sassia. Mit Brot und Spielen konnte man auch dem einfachsten Tölpel in den Gassen der Stadt die Verbindung zweier privilegierter Patrizier als etwas gänzlich verkaufen, und die Namen der Eheleute auf lange Zeit positiv besetzen.
    "Natürlich mit weitaus strengeren Sicherheitsvorkehrungen." fügte er noch hinzu, halb im Scherz halb ernst, und suchte dann mit seinen Blicken nach dem Duccier.
    "Werte Augusta, ich möchte dir meinen neuesten Klienten vorstellen, Caius Duccius Callistus, ein aufstrebender junger Mann mit dem Ehrgeiz es in Rom weit zu bringen."


    Als Scato nun aufs Neue seinen Klienten präsentierte, nahm Manius Minor endlich genauere Notiz von jenem Jüngling, der bereits die ganze Zeit sie hatte begleitet. Zweifelsohne gehörte er jener Gens Duccia an, deren Vertreter Bekanntschaft er in Mogontiacum zu Genüge hatte gemacht, obschon er, konträr zu seinen Anverwandten in der Heimat, einen weniger selbstsicheren Eindruck erweckte, was aufs Neue konfirmierte, dass eine weite Distanz bestand zwischen der Provinz, wo ein Eques bereits der absoluten Elite angehörte und wie ein kleiner König auftrat, und der kosmopolitischen Metropole Roma, wo auch die Großen der Peripherie zu kleinen Lichtern verblassten.

    Augenscheinlich war der Brief keineswegs in Vergessenheit geraten, wie Manius Minor mit einigem Bedauern erkannte, obschon seine Betrübnis sich mäßigte, als Scato nicht lediglich erwähnte, dass er seiner Einschätzung, wenn auch aus augenscheinlich differenten Motiven, konsentierte und ihm gar den Rat gab, seine Position zu halten. In der Tat wurde ihm erst nun bewusst, dass es ihm keineswegs anstand, sich in Furcht vor seiner Stiefmutter zu verkriechen, sondern er nunmehr ein Mann war, welcher mit demselben Recht den Haushalt verwaltete und seinen Vater vertrat wie jene aurelische Natter, ja dies womöglich gar eine Obliegenheit darstellte, die auch die Maiores ihm auftrugen.
    "Ich werde tun, was mir possibel ist."
    , erwiderte er somit nachdenklich und verfiel für einen Augenblick in spintisierendes Schweigen.


    Dann jedoch wandte er seinen Kopf wieder seinem Anverwandten zu und erklärte:
    "Aber ich wollte dich nicht mit meinen privaten Querelen torquieren. Sprechen wir lieber über Dinge größerer Bedeutung: Auf meiner Reise hierher begleitete mich ein jungen Tiberius namens Merula, ein Verwandter von Tiberia Lucia. Er berichtete mir extensiv über den Sklavenaufstand, welcher deine Spiele überschattete. Wie konnte es dazu kommen? Hat unser Besitz alles wohlbehalten überstanden?"
    Seitens der Flavii hatte Manius Minor keinerlei Informationen über den Aufstand erhalten, jedoch aus dem Fehlen expliziter Nachrichten geschlossen, dass seine Familie im Wesentlichen alles unbeschadet überstanden hatte, zumal er aus zweiter Hand hatte erfahren, dass der amtierende Aedil durchaus unbeschadet von seinen Spielen war zu evakuieren gewesen.

    Dass der Senat noch nicht darüber gesprochen hatte, war ein Umstand, welcher dem jungen Flavius zwar nur mäßig zupass kam, da es für seine Kandidatur zweifelsohne vonnutzen gewesen wäre, wären sämtliche Senatoren von offizieller Seite diesbezüglich informiert worden, doch würden seine Erfolge zweifelsohne auch so bekannt werden.


    Der Rapport an Purgitius Macer war diesbezüglich ein erster Schritt:
    "Wir reisten in die Lande der Chatten und visitierten einen kleineren dortigen Thing. Ich hatte die Ehre, die Gesandtschaft zu leiten und die Verhandlungen persönlich zu führen."
    Letztere Worte sprach er in einer Mixtur aus Stolz und Bescheidenheit, ehe sein Blick Vorwitz exprimierte, was der Consular zu jener Leistung mochte kommentieren.

    Noch ein wenig sprachen sie über das Tribunat des jungen Gracchen, wobei selbiger sich mühte, nicht allzu prahlerisch aufzutreten und vielmehr Scapula Minors Erfahrungen mit den eigenen zu parallelisieren, was im Weitesten vortrefflich gelang, ja dem Cornelius sogar selbst gewissen Raum zu brillieren offerierte, da selbiger weitaus militärischere Erfahrungen in der Wüste gesammelt und gar persönlich ein wahrhaftiges Scharmützel gegen einen Berberstamm hatte kommandiert. Philonicus erwies sich dementgegen, konträr zu den meisten Jünglingen seines Alters, als überaus kritisch gegenüber dem Militär und sämtlichen Belangen des Staatswesens, was Scapula Maior und Minor diverse Male zu kritischen Mahnungen nötigte. Der junge Flavius schwieg hierzu, da jene desillusionierte Haltung des Knaben ihn allzu sehr jener Phase seines Lebens gewahrte, welche noch immer er so verzweifelt zu überwinden sich mühte.


    Schließlich war es zwischen letztem Hauptgang und Dessert an der Zeit, sich von der Vergangenheit ab- und der Zukunft zuzuwenden, was aufs Neue der ältere Scapula initiierte:
    "Nun, Flavius, wie sehen deine weiteren Pläne aus? Kann Philonica hoffen, endlich hier einzuziehen?"
    Die Wendung des Gespräches ergab sich für Manius Minor ein wenig prompt, zumal der alte Pontifex so unumwunden seine Eheschließung thematisierte, in welche er sich zu fügen beschlossen hatte, welche ihm indessen noch immer nicht recht behagte. Obschon er sich mühte, seiner Angetrauten nicht in die Augen zu blicken und stattdessen ihren Onkel fixierte, spürte er ihren fragenden, ja geradehin vorwurfsvollen Blick auf sich, als er antwortete:
    "Nun, ich hatte vor, gemäß den Mores Maiorum zuerst mich um einen Senatssitz zu bemühen, respektive erstlich die Quaestur zu bekleiden."
    Sein Blick, gedrängt von Compassion mit jenem deplorablen Geschöpf, welches einst seine Gattin würde sein, wich doch hinüber zu der hageren Gestalt des Mädchens. Sie war wahrhaftig keine Schönheit und zweifelsohne hatte niemals irgendein Jüngling um ihre Gunst gebuhlt, ja selbst er selbst hatte, obschon ihm bekannt war, dass die Courteoisie gebot, seine designierte Gattin zumindest in freundschaftlicher Weise zu traktieren, ihr lediglich in jenem Maße formalisierte Äußerungen der Zuneigung gewährt, in dem es unumgänglich war erschienen. Sie mochte ein nettes Mädchen sein, mochte über ein gutes Herz und zweifelsohne über eine profunde Bildung verfügen, doch änderte all dies nichts an dem Umstand, dass Manius Minor weder Interesse an, noch Zuneigung zu ihr empfand, ja ihre Präsenz ihm eher lästig erschien, da sie ihn beständig erinnerte, dass er seiner Pflicht, sie zu lieben, nicht nachzukommen imstande war.
    Ausdruckslos blickte er somit zu ihr hinüber, dankbar, ihren traurigen Blick ob der Proximität nicht recht identifizieren zu können. Dennoch fühlte er sich genötigt, einige aufmunternde Worte zu verlieren, grämte es ihn doch, dass jene Cornelia doch gänzlich unschuldig war an ihrem wie ihrem gemeinsamen Schicksal, dass zweifelsohne sie in noch weitaus höherem Maße mit ihm mochte hadern und sich einen alternativen Lebensweg wünschen. So nötigte final er sich zu einem Lächeln und erklärte, nunmehr wiederum an Scapula gewandt:
    "Ich werde jedoch all dies so schnell als möglich in die Wege leiten. Meine Kandidatur werde ich den kommenden Tagen postulieren, sodass wir verhoffentlich binnen der nächsten zwei Jahre den Ehebund werden schließen können."
    Jene Worte schienen sämtliche der Cornelii zu saturieren und Scapula Minor fühlte sich gar bemüßigt, das Wort zu ergreifen:
    "Nun, dann biete ich dir gern meine Unterstützung für den Wahlkampf an! Ich werde mit einigen Freunden sprechen und könnte dich vielleicht mit diesem oder jenem Senator bekannt machen."
    Der junge Senator blickte zu seinem Oheim.
    "Falls das notwendig sein sollte. Die meisten werden dir über deinen Vater vermutlich ohnehin bekannt sein."
    Für Gracchus Minor, der bisherig sich nur mäßig für die politischen Freunde seines Vaters hatte interessiert, war es schwierig zu ponderieren, welche Bedeutung weitere Kontakte über die cornelische Familie haben würden, doch dessenungeachtet geziemte es selbstredend, jene Offerte zu akzeptieren und mit freundlichen Worten zu bedenken:
    "Ich danke dir in jedem Falle. Dein Wort wird zweifelsohne überaus wertvoll sein!"
    Neuerlich schweifte sein Blick zu Philonica, die aufs Neue gleich verfehlt platziertem schmückenden Beiwerk auf der Kline neben ihren Brüdern lag, und er blickte beiseite, um für einen Augenschlag die Stirne zu runzeln. Die Cornelii waren keine schlechte Familie, seine Schwäger in spe durchaus amikable Zeitgenossen und selbst Philonica würde ihm zweifelsohne eine gute Gattin sein. Dennoch widerstrebte all dies ihm zutiefst und er war gewiss, dass eine Eheschließung weder ihr, noch ihm zum Glück würde gereichen.
    Indessen diente das Leben nicht dazu, glücklich zu sein.

    Dass der Purgitius freiheraus konzedierte, dass selbst unter seinem Kommando inkapable Offiziere ihren Dienst hatten getan, beeindruckte den jungen Flavius ein wenig, da dies doch die Einsicht bewies, dass selbst einem Feldherr nicht die Freiheit war gegeben, seine Unterkommandeure frei zu wählen. Indessen erweckte dies zugleich den Gedanken, dass auch er selbst nicht unbedingt der kapabelste aller Tribunen mochte gewesen sein, nachdem er doch bis heute ein eher mäßiger Soldat geblieben war, weshalb auch das Lob des Consulars unkommentiert verblieb.


    Stattdessen wandte er sich der weiteren Frage zu:
    "Durchaus, durchaus. Wie Duccius Vala es ausdrückte: Beinahe zu ruhig."
    Der Jüngling lächelte, entsprach es seines Erachtens doch durchaus dem Naturell des duccischen Senators, selbst die positiven Dinge als Bedrohung zu definieren.
    "Indessen war es uns vergönnt, selbst mit den Chatten, deren Unzähmbarkeit dir zweifelsohne noch in Erinnerung sein wird, einen Frieden zu schließen."
    Anstatt prompt mit seinen Verdiensten zu prahlen, beließ Manius Minor diesmalig es vorerst bei jener Information, um auf mögliche Nachfragen erst seinen Anteil an selben zu präsentieren, was ihm angesichts des seinerseits bescheidenen Senators als die adäquateste Gesprächsstrategie erschien.

    Wie gewöhnlich, wenn der junge Herr etwas unternahm, führte Patrokolos, sein Leibdiener, das Regiment unter dem Gesinde, sodass auch an diesem Tage er wenige Schritte hinter dem Opferherrn über die Situation wachte. Iduna war ihm selbstredend bekannt und er wusste nicht recht, warum Sciurus ausgerechnet sie für den heutigen Dienst hatte eingeteilt, es jedoch mit Gleichmut akzeptiert, wie er als getreuer Diener stets die Order seiner Vorgesetzten akzeptierte.
    Mitnichten akzeptierte er hingegen vorwitziges Fragen inmitten einer religiösen Zeremonie, weshalb er schroff ein
    "Still jetzt!"
    zischte und dem Mädchen die Patera reichte, sie hurtig mit ein wenig Wein befüllte, sodass Iduna sie ob des flachen Randes würde sorgsam balancieren müssen, und sie voran schickte, um zur rechten Zeit seinem Herrn die rechte Gabe bereitzustellen.


    Unterdessen war Gracchus Minor noch immer gefangen in seinen Meditationen hinsichtlich seiner Ängste, weshalb er von dem Trubel hinter sich kaum Notiz nahm. Konzentriert breitete er die Hände aus und intonierte sein Gebet:
    "O Divi Flavii!"
    Ehe Iduna ihren Auftritt hatte, erreichte ihn nun zuerst ein weiterer Sklave mit der Acerra, aus welcher der junge Flavius nun einige Weihrauchkörner sammelte, um sie in den parat stehenden Foculus zu werfen und somit die Verbindung in die Gefilde der Seligen aufzunehmen.
    "Gleich dem Weihrauch, welcher gen Himmel aufsteigt, so mögen meine Bitten aufsteigen zu euch und an euer Ohr dringen!"
    Manius Minor blickte hinauf in das breite, wissend lächelnde Antlitz des Divus Vespasianus, dessen Züge er mehr erahnte denn erkannte, was indessen kaum vonnöten war, da seit frühester Kindheit sich sein Bildnis in seinen Geist hatte eingeprägt gleich dem eines lebenden Anverwandten. Er mochte leichtlich lächeln, da doch kaum jemand ernstlich zweifelte, dass dieser Heroe, welcher dem Bürgerkrieg ein Ende setzte, Roms Feinde unterworfen und das Imperium in einen Hort des Friedens hatte verwandelt, in den Gefilden der Seligen, wenn nicht auf dem Olymp selbst seine Ewigkeit verbrachte.
    "Seit jeher wacht ihr über unsere Familie und beschert uns die Gnade der Unsterblichen.
    Ihr beschenkt uns mit Weisheit und Segen, um unsere Pflichten für die Res publica zu erfüllen und damit zu unserem und eurem Ruhme beizutragen.
    Ihr gewährtet meinem Vater das Consulat, meinen Großeltern Sitz und Stimme im Senat, Scato das Aedilat und ließet es geschehen, dass die Gens Flavia allseitig höchstes Ansehen genießt."

    Sein offiziöser Tonfall stockte und er senkte ein wenig die Stimme.
    "Ihr rettetet mich aus höchster Gefahr und offeriert mir einen Weg, mein Fortleben im Jenseits zu retten."
    Die Sklaven sollten nicht hören, was ihr Herr seinen divinisierten Ahnen gestand, obschon selbstredend keinem mochte entgangen sein, dass dem jungen Gracchen während seines Vigintivirates Ernsthaftigkeit und Vernunft ein wenig mochte entbehrt haben, dennoch schämte er sich jenes Lebenswandels selbst vor seinen eigenen Unfreien.
    "Wir danken euch, indem wir euch gerechte Gaben darbringen."
    , vollendete er final sein Gebet. Nun war der Auftritt Idunas und ihrer Patera. Ohne darauf zu achten, wer es war, der ihm die Opfergabe reichte, griff er nach demm flachen Gefäß und präsentierte es den Kultstatuen.
    "Auch heute gebe ich euch meine Gabe: Nehmt diesen Wein, den Trank der Freude!
    Gewährt mir dafür eure Hilfe, aufdass ich meiner Familie und meinem Staatswesen als Quaestor dienen mag!"

    Zitat

    Original von VETURIA SERENA
    Auch die Flavier vergaß sie natürlich nicht. „Flavius Scato und Graccus Minor. Ich freue mich euch zu sehen.Wie ich hörte warst du Flavius Graccus recht erfolgreich in Germanien? Ich hoffe du erzählst später mehr darüber. Wie geht es übrigens deinem Vater? Ich sah ihn lange nicht mehr. Wie ich hörte weilt er auf dem Land? Ich hoffe doch, dass er Rom nicht mehr als zulange fernbleibt. Richte ihm doch bitte meine Grüße aus.“ Dann wandte sie sich dem Älteren Flavier zu. „Flavius Scato. Ich bin wirklich froh, dich wohlauf zu sehen und hoffe, du hast den Schock über deine nun ja gescheiterten Spiele überstanden?“


    "Salve, Augusta!"
    , erwiderte der junge Flavius artig den Gruß der Augusta, welche persönlich sich darum sorgte, sämtliche Gäste der Festivität persönlich zu begrüßen, wie es schien. Ein wenig amüsiert nahm er aufs Neue zur Kenntnis, dass seine bescheidenen Triumphe in Germania bereits in Rom bekannt geworden waren, verzichtete indessen darauf, aufs Neue sie intensiver zu thematisieren, zumal, wie sich ebenso als Regularität erwies, jeder einen späteren Zeitpunkt zu ihrer Disputation präferierte.
    Folglich bezog er sich umgehend auf die zweite Frage der Augusta, die ohnehin für die Gattin des Pontifex Maximus weitaus bedeutsamer ihm erschien als die Belange eines kleinen Senatorensprösslings:
    "Mein Vater scheint das milde Klima Baiaes wohlzutun, insofern klagte er zuletzt kaum. Indessen befindet er sich auf Rat seiner Ärzte dort, weshalb auch nur sie entscheiden können, wann es an der Zeit ist, wieder hierher zurückzukehren."
    Nicht lediglich das Staatswesen, sondern ebenso Manius Minor wünschten sich herzlich, dass der Pater familias Rom in Bälde würde zurückkehren, um seine Obliegenheiten auf sich zu nehmen.

    Strömten am Dies Natalis Valeriani die meisten Menschen zum Ulpianum, so hatte Manius Minor es heute vorgezogen, nach dem Vollzug des offiziösen Staatsaktes einen alternativen Kaisertempel aufzusuchen. Als Flavius, welcher sich in der Schuld seiner Ahnen sah, war es ihm nämlich ein Anliegen, nicht allein den Staatsgöttern seine Referenz zu erweisen, sondern ebenso aufs Neue sich der Hilfe seiner Familiengötter zu versichern, obschon er noch immer von Zweifel war zerfressen, ob er mit seinem Mühen überhaupt imstande war, ihren Wünschen zu genügen.


    Stets geleitete ihn diese Frage, wenn er, wie er es nun regelmäßig tat, den Göttern und Laren opferte, wenn er Ehrungen empfing oder auch lediglich das Lob eines Anverwandten. Denn was nützte all die Admiration der Sterblichen, wenn am Ende doch der Zorn der Unsterblichen stand und sein Schicksal, so annehmlich und honoriert es im Diesseits mochte sein, in einem Jenseits der Qualen und insonderheit der Separation von seiner geliebten Mutter lag? Insonderheit der heutige Festtag hatte wieder die Zweifel des Jünglings gesät, erinnerte er sich doch noch trefflich, wie sein Vater scharfe Kritik an dessen Regentschaft hatte geäußert, während er nun als Gott verehrt wurde, als sei seine Herrschaft geradehin göttlicher Natur gewesen. Was also war das Urteil eines Sterblichen wert?


    Und doch erwies sich ein Fortschreiten als alternativlos, denn weder hatten die Unsterblichen ihm seit seiner maternalen Vision weitere Botschaften gesandt, noch hatten diverse Formen der Divination ihn zu überzeugen vermocht, inwiefern er auf dem rechten Weg sich bewegte.
    Also schritt er einfach weiter und klammerte sich an jene Hoffnung, dass ein Festhalten an den Mores Maiorum, welche niemand geringeres als die Maiores selbst ihm hatten übergeben, sie würde saturieren, dass er mit Opfern und Gelübden tatsächlich jenes Wohlwollen generierte, das man ihnen als Wirkung zuzusprechen pflegte.


    Angetan in der herkömmlichen Kleidung, bekleidet mit der Toga candida, deren hinterer Zipfel sein Haupt bedeckte, stand er folglich an diesem Nachmittag vor den Kultbildern des Divus Vespasianus, des Divus Titus und des vielfach geschmähten Domitianus, zu welchem Manius Minor dennoch gewisse Sympathie empfand.

    Der Jüngling nahm Platz und wartete artig, bis man ihm ein Getränk offerierte, ehe er sich der Frage des Consulars zuwandte.
    "Nun, es erging mir wohl."
    , setzte er an und genehmigte sich eine kleine Pause.
    "Obschon ich fürchte, dir von niemandem Grüße bestellen zu können, da kaum jemand mehr aus den Zeiten deiner Legatur im Offizierskorps dient."
    Obschon Purgitius Macer noch nicht wie ein Greis wirkte, war dem jungen Gracchen bewusst, dass er bereits seit vielen Jahren seinen Dienst für Rom versah und seine Statthalterschaft sich noch vor seinem Aedilat ereignet hatte, was selbstredend einerseits für seine militärische Expertise sprach, die ihm eine derart bedeutsame Position als noch junger Mann hatte verschafft, andererseits jedoch darauf hinwies, wie lange sie zurücklag, sodass kaum ein Tribun oder Centurio nach derart langer Zeit noch bei jener Einheit weilte.
    "Nichtsdestoweniger kann ich dir versichern, dass deine Legion nach wie vor wohlauf und kampfbereit ist. Mir selbst war es vergönnt, Übungsmärsche mit ihnen zu vollziehen und damit ihre Leistungsfähigkeit zu erproben."